topplus Kalk-Bodenstruktur

Mit Kalk den Boden stabilisieren

Kalk ist in der Lage, die Wasserleit- und Tragfähigkeit von Böden zu sichern. Doch wie genau funktioniert das und worauf ist bei der Kalkung zu achten?

Lesezeit: 10 Minuten

Unsere Autorin Dr. Tina Frank, Ingenieur- und ­Sachverständigenbüro Thomas Baum, Münster (NRW), berichten.

Schnell gelesen

  • Die Kalkversorgung vieler landwirtschaftlicher Flächen in Deutschland ist unzureichend. Schlecht strukturierte Böden und sinkende Erträge sind die Folge.

  • Durch die Zufuhr von Kalk verbessert sich die Bodenstruktur, erhöht sich die nutzbare Feldkapazität und die biologische Aktivität im Boden steigt.

  • Versuche belegen, dass Kalkgaben ­dafür sorgen, dass überschüssiges ­Wasser besser ablaufen kann und Böden besser durchlüftet sind.

  • Eine intensive Einarbeitung des Kalkes ist hilfreich. Anschließend empfiehlt es sich, die Bearbeitungsintensität zu reduzieren.

Lang anhaltende und extreme Trockenperioden sowie immer häufiger auftretende Starkregenereignisse haben gravierende Auswirkungen auf die Struktur landwirtschaftlich genutzter Böden. Während zu wenig Regen die Böden austrocknen lässt, können plötzlich auftretende Starkregenfälle Erosion verursachen und die Bodenoberfläche verschlämmen. In der Folge wird Wasser künftig noch stärker zum begrenzenden Faktor in der Pflanzenproduktion, da strukturlose Böden nicht in der Lage sind, Wasser effizient zu speichern. Die Kalkung spielt daher eine immer wichtigere Rolle in der Landbewirtschaftung, wenn es darum geht, die Erträge zu sichern und die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten.

Viele Flächen unterversorgt

Derzeit sind noch immer viel zu viele Flächen nicht ausreichend mit Kalk versorgt. Laut einer Studie aus dem Jahr 2018 betrifft dies 42 % der Ackerflächen und 57 % der Grünlandflächen Deutschlands. Wie die Übersicht 1 zeigt, sind betroffene Böden mit den Kalkversorgungsklassen A und B schlecht strukturiert – Nährstoffe sind hier unzureichend verfügbar und nicht mobil, Schwermetalle hingegen liegen in pflanzenschädigenden Konzentrationen vor. Die Folge: gravierende Ertragseinbußen! In diesen versauerten Böden ist die Kalkung die wichtigste Düngungsmaßnahme zur Wiederherstellung der Produktivität (Gesundungskalkung). Sie beugt zudem Erosion, Verschlämmung und Verdichtung vor.

Auch bei optimal versorgten Böden (Klasse C) mit guter Bodenstruktur und Nährstoffverfügbarkeit helfen regelmäßige Kalkgaben von ca. 3 t/ha, um den pH-Wert im Optimum zu halten (Erhaltungskalkung, siehe Übersicht 2).

In den Kalkversorgungsklassen D und E ist eine Kalkung nicht notwendig, da ein erhöhter pH-Wert zu einer Fixierung von Spurenelementen und auch zu reduzierten Pflanzenerträgen führen kann.

Warum sinkt der pH-Wert?

Um den idealen Nährstoffzustand und pH-Wert gemäß der Empfehlung des VDLUFA zu erhalten, ist auf vielen Flächen mindestens alle drei Jahre eine Kalkung erforderlich. Ursachen für die natürliche Versauerung sind:

  • Nährstoffentzug (Ca++) durch die Pflanzen,

  • Auswaschung von Calcium,

  • saurer Regen,

  • Säuren, die im Boden entstehen oder

  • Säuren, die von Pflanzen ausgeschieden werden (vor allem auf intensiv genutzten Ackerflächen relevant). 

Wer seinen pH-Wert optimieren möchte, sollte wissen, dass dieser im Jahresverlauf schwankt und sich auf kleinster Fläche deutlich unterscheiden kann – etwa durch Bodenart, Nutzung oder Düngung. Sinkt der pH-Wert dauerhaft, leidet nicht nur die Nährstoffverfügbarkeit, sondern auch die Bodenstruktur, wodurch die Flächen verdichtungsanfälliger werden.

Kalk: Ein Dünger, viele ­Funktionen

Wird Kalk auf einer Fläche ausgebracht, hebt dieser nicht nur den pH-Wert an, sondern neutralisiert auch überschüssige Säuren im Boden und verdrängt schädliche Aluminium- und Manganionen. Vor allem aber stabilisiert der aufgebrachte Kalk (zum Beispiel kohlensaurer Kalk, CaCO3) die Bodenstruktur nachhaltig, indem das freigesetzte Calcium als Kittsubstanz zwischen Ton- und Humuspartikeln wirkt und damit die Bildung stabiler Bodenaggregate fördert. Folglich kann der Boden besser Wasser aufnehmen und speichern, Nährstoffe bleiben verfügbar und die Durchlüftung wird begünstigt. Zusätzlich werden die Böden tragfähiger, lassen sich besser befahren und sind weniger anfällig für Verdichtungen.

Besonders tonreiche oder lösshaltige Böden profitieren von der kalkbedingten  Strukturverbesserung . Denn dort führt Kalk zu einer schnellen Ausflockung der feinen Partikel, die sich dann zu stabilen Bodengefügen (der sogenannten Kartenhaus-Struktur) zusammenlagern (siehe Übersicht 3).

Tonreiche Böden enthalten außerdem in den Feinporen festgelegtes Wasser, das nicht pflanzenverfügbar ist (Totwasser). Verschiebt sich durch eine Kalkung der Porenanteil zugunsten der Mittelporen, nimmt in gewissen Grenzen der Totwasseranteil ab, was zu einer  höheren nutzbaren Feldkapazität  (nFK) führt.

Neben den physikalischen Verbesserungen der Bodenstruktur wirkt sich eine Kalkgabe auch deutlich auf die  biologische Aktivität im Boden  aus. Die mikrobielle Biomasse – also die Gesamtheit der lebenden Mikroorganismen – nahm in Untersuchungen des Thünen-Instituts auf den kalkbehandelten Böden signifikant zu. Das liegt vor allem daran, dass die pH-Erhöhung ein günstigeres Milieu für viele Bodenmikroorganismen schafft: Während in sauren Böden das Wachstum vieler Bodenmikroorganismen gehemmt ist, begünstigt ein neutraler bis leicht saurer pH-Wert ihre Aktivität und Vermehrung. In den untersuchten Böden konnte man einen durch die Kalkung verursachten Anstieg der mikrobiellen Biomasse um bis zu 40 % feststellen – ein deutliches Zeichen für eine gesteigerte biologische Aktivität.

Zusätzlich verbessert Kalk die  Nährstoffverfügbarkeit  von z. B. Calcium und Magnesium und verringert gleichzeitig die  Toxizität von Aluminium , die in sauren Böden ein Problem darstellen kann. Insgesamt entstehen bessere Bedingungen für vielfältige mikrobielle Gemeinschaften, die wiederum die Zersetzung organischer Substanz und die Nährstofffreisetzung fördern.

Versuche bestätigen weitere positive Effekte von Kalk

Da zwischen der Lagerungsdichte (bzw. dem Porenvolumen) und der Wasserinfiltrationsleistung ein Zusammenhang besteht, bedingt eine Zunahme des Porenvolumens eine höhere Wasserinfiltrationsleistung. Gleichzeitig wird auch das Wasserspeichervermögen des Bodens deutlich gesteigert.

Wie gut ein Boden Wasser leitet, hängt somit stark von seiner Porenstruktur ab – also von den kleinen und größeren Hohlräumen zwischen den Bodenpartikeln. Bewerten kann man dies mit der sogenannten  gesättigten Wasserleitfähigkeit . Sie gibt Auskunft darüber,  wie schnell Wasser im vollständig mit Wasser gefüllten Boden versickern kann. Auch wenn dieser Zustand in der Praxis eher selten vorkommt, liefert diese Kennzahl wertvolle Hinweise über die Veränderungen im Porensystem – besonders die der größeren Poren, die für den Wasserabfluss entscheidend sind.

Versuche des Instituts für Bodenkunde der Uni Kiel belegen, dass unabhängig von der Bodenart Kalkungsmaßnahmen die Wasserleitfähigkeit von Böden deutlich steigern (siehe Übersicht 4). Gleichzeitig wurde auch eine erhöhte Luftleitfähigkeit im Boden gemessen. Das lässt darauf schließen, dass sich mehr größere Poren (Mittelporen und enge Grobporen) gebildet haben, während die kleineren, wasserhaltenden Poren (Feinporen) weniger wurden – ein Effekt, der besonders in tonreichen Böden auffiel.

Für die Praxis ist entscheidend, dass Böden mit hoher Wasserleitfähigkeit weniger anfällig für Bodenschadverdichtungen sind. Überschüssiges Wasser kann schneller ablaufen und der Boden bleibt länger belüftet. Das sind wichtige Voraussetzungen für ein effektives Wurzelwachstum und gesunde Pflanzen.

Ein weiterer Indikator, der Auskunft über die Stabilität der Bodenstruktur gibt, ist die  Zugfestigkeit der Bodenaggregate . Untersuchungen zeigen, dass die Zugfestigkeit nach einer Kalkung höher ist, was auf eine erhöhte Widerstandsfähigkeit der Bodenkrümel gegenüber mechanischer Belastung hinweist.

Der Hintergrund dafür ist, dass Kalk die Adhäsionskräfte zwischen den Bodenpartikeln erhöht – besonders in Mikroaggregaten (20 – 250 µm). Das liegt auch daran, dass wasserlösliche organische Stoffe durch den Kalk an den Übergängen zwischen Feststoff und Bodenlösung angereichert werden. Diese gestärkten Mikroaggregate bilden die Grundlage für größere, stabilere Makroaggregate (> 250 µm). Die Wirkung zeigt sich besonders deutlich in Böden mit höherem Tongehalt und bei ausreichender Kalkgabe.

Best practice der Kalkung

Checkliste

Um eine dauerhafte und nachhaltige Wirkung des ausgebrachten Kalks im Boden zu erzielen und eine erfolg­reiche Ausbildung der Bodenstruktur nach einer Kalkung zu ermöglichen, sollten Sie folgende Handlungs­empfehlungen beherzigen:

  • Bringen Sie den Kalk im Sinne der guten fachlichen Praxis nur bei geeigneten Witterungs- und Bodenbedingungen aus.

  • Arbeiten Sie den Kalk zeitnah in den Boden ein, um den Kontakt ­zwischen Kalk und Mineralpartikeln zu erhöhen.

  • Reduzieren Sie in den Folge­jahren die Intensität der Boden­bearbeitung und verzichten Sie – wenn möglich – auf den Pflug, um den Prozess der Strukturentwicklung nicht zu unterbrechen oder ­entgegenzuwirken.

  • Verwenden Sie für Böden, bei denen eine Gesundungskalkung notwendig ist, ausreichend hohe Kalkmengen (1,5-fache Menge der VDLUFA-Empfehlung), um ein gut vernetztes Porensystem mit höherer Bodenfestigkeit zu erzeugen. Alternativ können wiederholte Kalkanwendungen in z. B. zwei aufeinanderfolgenden Jahren sinnvoll sein.

Mechanische Belastung schadet der Bodenstruktur

Vor allem in den ersten beiden Jahren nach einer Kalkung verbessern sich die Wasseraufnahme und -speicherung – sowie die Belüftung deutlich. Kurz gesagt: Die Bodenstruktur wird insgesamt stabiler und leistungsfähiger. Dem entgegen wirken mechanische Belastungen, sei es durch intensive Bodenbearbeitung oder durch Überrollen mit hohen Radlasten, vor allem bei feuchten Bedingungen.

Beim Pflügen zum Beispiel wirken auf den Oberboden nicht nur Druckkräfte, die zu Verdichtung führen können, sondern es kommt auch zu sogenannten Scherbeanspruchungen. Beide Arten der mechanischen Belastung führen zu volumenkonstanten Verformungen. Dabei wird der Boden nicht zwangsläufig dichter, die Struktur des Porensystems kann aber stark geschädigt werden. Eine Bodenverdichtung läuft in mehreren Teilprozessen ab:

Erste Überfahrten: Zunächst werden durch die Belastung die Poren zwischen den Aggregaten (Interaggregatporen) zusammengedrückt. Die Bodenaggregate selbst bleiben noch intakt.

Zunehmende Überrollhäufigkeit: Mit jeder weiteren Überfahrt werden die Aggregate durch Scherkräfte zerlegt. Die Bruchstücke lagern sich in die verbliebenen Porenräume ein und blockieren sie. Dies führt zu einer stark verringerten Wasser- und Luftleitfähigkeit und zu einem Verlust an Strukturstabilität.

Homogenisierung: Im schlimmsten Fall bleibt am Ende nur noch eine rein texturabhängige Primärporenstruktur zurück. Das bedeutet, dass die ursprüngliche Porenstruktur des Bodens weitestgehend zerstört ist. Wasser- und Luftbewegung finden im Boden dann kaum noch statt.

Vor allem Grobporen, die für die Wasserleitung und Belüftung im Boden entscheidend sind, werden durch diese Prozesse schnell beeinträchtigt. Auch wenn sie bei leichter Verdichtung noch Luft transportieren können, ist die Wasserleitfähigkeit schon stark eingeschränkt. Der Hintergrund dafür ist, dass der Porenradius die hydraulische Leitfähigkeit ganz wesentlich beeinflusst – kleine Verengungen haben eine große Wirkung auf den Massenfluss.

Das Einarbeiten von Kalk durch Pflügen ist hilfreich, um eine optimale Verteilung im Boden zu erreichen und die Wechselwirkungen der Kalkkomponenten mit den Partikeloberflächen zu unterstützen. Die Empfehlung lautet daher: Arbeiten Sie den Kalk direkt nach der Ausbringung ein (auch der Pflugeinsatz ist sinnvoll) und reduzieren Sie dann die Intensität der Bodenbearbeitung (konservierend) und Überrollungen.

Fazit

Zusammengefasst bringt die Kalkung neben der chemischen Neutralisation von Säuren im Boden auch physikalische Vorteile: Sie stabilisiert Bodenaggregate, unterstützt die Ausbildung neuer Grob- und Mittelporen und fördert ein gut vernetztes Porensystem. Damit können die hydraulischen und pneumatischen Eigenschaften des Bodens – also die Wasser- und Luftleitfähigkeit sowie die Aggregatstabilität – wieder verbessert werden. Besonders auf strukturgeschädigten Flächen kann Kalk dazu beitragen, die negativen Effekte von Scherbeanspruchung abzumildern und die Bearbeitbarkeit und Belastbarkeit des Bodens langfristig zu sichern.

Wer also langfristig von einer stabilen Bodenstruktur und sicheren Erträgen profitieren will (auch unter sich wandelnden Klimabedingungen), sollte seine Bewirtschaftung anpassen. Kalk nimmt hier eine essenzielle Rolle ein, ist aber nicht der alleinige Schlüssel zum Erfolg. Viel mehr braucht es durchdachte, nachhaltige Strategien, die den Boden langfristig fruchtbar halten. 

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Warum mir das Thema Wichtig ist

Dass Kalk den Boden stabilisiert und damit Erträge absichert, weiß jeder. Da wundert es, dass noch immer so viele Flächen mit Kalk unterversorgt sind. Analysieren, kalken und ruhende Potenziale heben, lautet daher mein Appell. 

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