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Mit strikter Feldhygiene gegen das Unkraut

Ackerflächen verunkrauten und verungrasen schleichend. Steuern Sie rechtzeitig dagegen!

Lesezeit: 8 Minuten

Unsere Autoren: Gesche de Vries, N.U. Agrar und Dr. Ute Kropf, Fachhochschule Kiel

Dass sich Unkräuter und Ungräser auf unseren Ackerflächen massiv ausbreiten und zunehmend resistent gegen Herbizide werden, ist kein Geheimnis mehr. Noch kritischer wird es, wenn Wirkstoffe wie Flufenacet (z.B. Herold SC) oder Pendimethalin (z.B. Malibu, Stomp) wegfallen sollten.

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Dann müssen wir nicht nur über Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz nachdenken und unsere Fruchtfolgen ändern. Wir müssen uns auch damit beschäftigen, wie es zu dieser Entwicklung kommen konnte und was man in Zukunft für die Feldhygiene tun kann. Dazu gibt es auch die zwölf Praxistipps, um Unkräuter zu vermeiden und nachhaltig zu bekämpfen.

Bindung zur Scholle verloren

Jedes noch so kleine Distelnest wurde früher bekämpft und spätestens beim Sonntagsspaziergang mit dem Taschenmesser ausgestochen oder geköpft. Man kannte jede Ecke auf dem Schlag. Queckennester wurden extra bearbeitet, Feld- und Wegränder gemäht und die Ecken richtig ausgefahren. Lohnarbeiten mit Fremdmaschinen waren eher die Ausnahme.

In den 1990ern veränderte sich die Landwirtschaft rasant. Nach der Wende kam es aufgrund des Strukturwandels zu immer größeren Einheiten. Flächenzupacht, Betriebszusammenlegungen, hohe Schlagkraft und Lohnarbeit prägen seitdem den Ackerbau.

Die persönliche Bindung zur Scholle war nicht mehr aufrechtzuerhalten. Am Ende des Tages müssen Mitarbeiter, Aushilfen und Lohnbetriebe „Fläche“ geschafft haben. Für Detailarbeit bleibt keine Zeit mehr. Sinkende Erlöse und steigende Kosten führen zu Einsparungen bei Grunddüngung und Bodenbearbeitung. Die Bestände können sich nicht vernünftig etablieren und lassen mehr Raum für die Verunkrautung.

Bei Bodenbearbeitung und Produktionstechnik an die Feldhygiene zu denken war bislang aus Kostengründen nicht notwendig. Schließlich gab es gegen jedes Unkraut und -gras das passende Herbizid. Doch das hat sich geändert. Selbst die ausgefeilteste Herbizidstrategie stößt inzwischen auf den „Brennpunkten“ der Verunkrautung an ihre Grenzen.

Verunkrautung ist ein schleichender Prozess

Auf Standorten, auf denen heute die Probleme am größten sind, kann man gut erkennen, was das Aufkommen und Ausbreiten typischer Problemarten wie Ackerfuchsschwanz, Trespen, Windhalm oder Hundskerbel, Rauke und Schachtelhalm ausgelöst und forciert hat. Wichtig ist, die weitere Ausbreitung einzudämmen. Denn es besteht die Gefahr, dass Unkräuter eingeschleppt werden, für die es kaum mehr Wirkstoffe gibt. Zudem steigt die Wahrscheinlichkeit, resistentes Samenpotenzial von heute auf morgen im Schlag zu finden.

Verunkrautung tritt nicht spontan auf, sie entwickelt sich langsam. Meist beginnt sie an bestimmten Stellen im Schlag und breitet sich von dort aus. Die Nester der Ausgangsverunkrautung beachtet man oft kaum. Dringen Unkräuter, wie z.B. Kerbel oder Rauken, in den Schlag vor, halten Herbizide sie einige Jahre in Schach. Es gibt aber immer Exemplare in einer Population, die überleben.

Beikräuter rechtzeitig eindämmen

Durch einseitigen Herbizideinsatz und die Anwendung weniger Wirkstoffe kommt es zu einer Selektion bestimmter Unkräuter, die vorher kaum eine Rolle gespielt haben. So war der Hundskerbel (und andere Doldenblütler) kein Problem, solange man IPU-Produkte eingesetzt hat. Auch die Kornblume breitete sich weniger stark aus, als im Herbst gezielt Chlortoluron gespritzt wurde. Durch die Reduktion der Mengen oder den Wegfall der Produkte überleben aber immer mehr Unkräuter. Die Wahrscheinlichkeit, dass resistente Typen auftreten, nimmt zu. Schließlich kann bereits eine von 1 Mio. Pflanzen resistent sein.

Typische Stellen beginnender Verunkrautung sind Feldeinfahrten, Feldränder, Vorgewende und Senken. Kommen Ungräser und -kräuter dort zum Aussamen, trägt sie der Mähdrescher jedes Jahr weiter in den Schlag – soweit der Spreuverteiler reicht.

Samenpotenzial in Feldeinfahrten und Vorgewende mindern

Verunkrautete Feldeinfahrten sehen Landwirte oft als normal und unvermeidbar an. Der Grund: Sie nehmen an, die Kultur würde durch ständiges Ein- und Ausfahren dort so geschädigt, dass nur noch das robuste Unkraut wachsen kann. Falsch! Genau dort verteilt der (Lohn-)Mähdrescher als erstes das Samenpotenzial, das er von einer belasteten Fläche mitbringt. So wird (auch resistenter!) Ackerfuchsschwanz aus der Marsch in die sandigen Zupachtflächen der Geest getragen. Dieser breitet sich aufgrund seiner enormen Anpassungsfähigkeit auch auf den scheinbar ungünstigen Böden rasant aus.

Da der Mähdrescher nach der Einfahrt erst einmal das Vorgewende frei drischt, verbreiten sich die Ungräser zunächst dort. Die schwache Konkurrenzkraft der Kultur auf dem strukturgeschädigten Vorgewende fördert zusätzlich die Ungrasentwicklung. Auf diese Weise haben sich in den letzten Jahren Fuchsschwanz, Trespe, Hundskerbel, Kamille und Erdrauch massiv verbreitet.

Feld- und Wegränder richtig behandeln!

Häufig geht die Anfangsverunkrautung von Feld-, Graben- und Wegrändern aus. Ungräser wie Trespen und Quecke, die dort zur Samenbildung kommen, nutzen die Freiräume und erkämpfen sich immer mehr Standraum durch Verdrängung. An den Rändern bekommt die Kultur bei Scheibenstreuern weniger oder gar keinen Dünger, weil die Menge aus dem Überlappungsbereich fehlt, oder gar keine Nährstoffe wegen der Abstandsauflagen. Beim Herbizideinsatz gilt Vergleichbares: Entweder trifft die Unkräuter weniger Wirkstoff, wenn nicht Randdüsen eingesetzt werden, oder gar kein Wirkstoff aufgrund von Abstandsauflagen.

Eine schwächelnde Kultur und schlechte bis gar keine Unkrautbekämpfung sind Garanten für das Gedeihen einer unerwünschten Beikrautflora. Immer häufiger sieht man auch runde Ecken, die Zeit sparen sollen. Diese werden mit Düngerstreuer und Spritze nicht mehr ausgefahren.

Aber nicht nur die unbehandelte Spitze bekommt nichts, der beim Wenden überfahrene Außenbereich erhält wegen der höheren Drehgeschwindigkeit auch weniger Pflanzenschutz und Dünger. Das bedeutet: Mit 24 m Arbeitsbreite bleiben bei vier Ecken ganze 120 m² unbehandelt und auf 500 m² wird unterdosiert.

Senken und Kuppen: Beste Bedinungen

Auf den rauen Kuppen ist es eher trockener und die Senken sind verschlämmt, nass und häufig sehr humos. Zwei Dinge haben sie dennoch gemeinsam: Die Herbizidwirkung geht dort gegen Null und die Kultur ist ausgedünnt. Wie bei Einfahrten und Feldrändern sind hier beste Bedingungen für Vermehrung und Resistenzbildung gegeben. Mit jeder Ernte gelangen die Samen weiter in den Bestand.

Mitten im Schlag - wo kommt das Ungras her?

In den wenigsten Fällen ist eine Verunkrautung mitten im Schlag zufällig. Meist ist der Boden dort verdichtet und Staunässe zu finden, oder Bodenart, pH-Wert und Nährstoffversorgung wechseln an diesen Stellen. Auch hier leidet die Kultur und macht der Verunkrautung Platz. Samen können aber auch einfliegen. Dass sich Disteln so verbreiten, ist bekannt. Aber auch Windhalm und Ackerfuchsschwanz gelangen mit dem Wind aufs Feld. Resistente Typen können sich so über größere Strecken ausbreiten. Ein kleines Nest wird dann von Jahr zu Jahr immer größer.

Ohne erkennbaren Ausgangsherd ist über den Schlag verteilt immer häufiger Ackerschachtelhalm zu finden. Dieser wurzelt bis zu 2 m tief und versorgt sich mit dem Wasser aus Stauhorizonten. Da seine Rhizome unterirdisch über viele Meter wachsen können, muss die Störursache nicht dort sein, wo der Schachtelhalm steht! Wenn sich die Störschicht nicht aufbrechen lässt, wird man ihn nur schwer wieder los. Denn M-Wuchsstoffe unterdrücken den Schachtelhalm nur.

Fördern Mulchsaaten Verungrasung?

Der Verzicht auf wendende Bodenbearbeitung begünstigt Flachkeimer wie Fuchsschwanz, Windhalm und vor allem Trespen, aber auch Kamille sowie kreuzblütige Unkräuter. Der Samen reichert sich in den oberen Zentimetern an. Das erweckt den Eindruck, dass Mulchsaaten die Verungrasung fördern. Mit dem Pflug schafft man offensichtlich reinen Tisch.

Fakt ist aber, dass man das Samenpotenzial auf die Krume verteilt und das Problem damit nachhaltig erhält. Bei massivem Besatz mit Trespe ist Pflügen oft die einzige Chance, diese wieder in den Griff zu bekommen. Ein Trespensamen lebt nur zwei Jahre und überdauert das Einpflügen nicht, wenn er im nächsten Jahr nicht wieder hochgeholt wird.

Mulchsaat wird oft mit Extensivierung und Kosteneinsparung gleichgesetzt. Dass sie aber höhere Ansprüche an den Drusch, die Stoppelbearbeitung, die Optimierung von Saatzeit, Sorte und Saatstärke sowie an die Fruchtfolge stellt, haben nicht alle konsequent umgesetzt. Gerade auf den schweren Böden, auf denen es wenige Alternativen zur Fruchtfolge und Produktionstechnik gibt, pflügen Landwirte zu Wintergerste und Stoppelweizen wieder häufiger.

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Resistenzen: Wie entstehen sie?

Unser Autor: Prof. Dr. Klaus Schlüter, Fachhochschule Kiel

Resistenzen bei Unkräutern und -gräsern werden nicht durch das Herbizid ausgelöst. Sie entstehen in der Natur spontan durch Mutationen im Erbgut, mit einer Häufigkeit von einer mutierten Pflanze auf eine bis hundert Millionen (106 bis 108) der gleichen Art. Dieser Wert gilt für Selbstbefruchter, zu denen vor allem die Gräser zählen.

Dazu ein Beispiel für den Ackerfuchsschwanz: Eine resistente Pflanze findet man auf einem 30 ha-Schlag ab einem Besatz von 5 Pflanzen/m2, wenn man eine Mutationsrate von 1 : 106 unterstellt. Durch die ständige Vermehrung der resistenten Pflanzen wird deren Zahl immer größer, bis sie allmählich auffällt.

Fazit: Fördert man die Vermehrung einer Population durch Nichtbeachtung oder Spritzung mit Minimengen von Herbiziden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass resistente Typen auftreten. Nehmen Sie resistente Ungräser und Unkräuter ernst:  Wenn die Resistenz erst einmal etabliert ist, dann bleibt sie erhalten und entwickelt sich nicht zurück, auch wenn man eine Zeit lang auf die betroffenen Wirkstoffe verzichtet!  

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