Der züchtungsgetriebene Ertragsfortschritt moderner Weizensorten kommt auch unter suboptimalen Anbaubedingungen zum Tragen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie, an der neben der federführenden Universität Gießen auch das Julius Kühn-Institut (JKI) beteiligt war.
Wie die Forschungseinrichtungen berichteten, verglichen die Wissenschaftler die Leistung von fast 200 bedeutenden westeuropäische Weizensorten aus den letzten 50 Zulassungsjahren nicht nur unter optimalen Anbaubedingungen, sondern an jedem Standort auch im direkten Vergleich zu Varianten mit einer stark verringerten Stickstoffdüngung beziehungsweise ohne Pflanzenschutzanwendungen.
Nach Angaben der Universität konnte für die modernen Sorten eine durchschnittliche Ertragssteigerung von etwa 32 kg/ha pro Zulassungsjahr festgestellt werden; dies erkläre einen großen Teil der anhaltenden Produktionszunahmen der letzten Jahrzehnte und spiegele sich auch in den Bestimmungen der Sortenzulassung wider, für die eine Verbesserung vorausgesetzt werde. Entgegen den Erwartungen seien die Erträge der modernen Sorten jedoch auch bei den Anbauvarianten mit einem verringerten Düngemittel- und Pflanzenschutzaufwand gleichwertig oder sogar höher ausgefallen. Die neuesten Sorten hätten „durchweg die höchste Leistung gezeigt“.
„Es ist ein Mythos, dass alte Sorten unter extensiven Bedingungen besonders gut abschneiden“, erklärte Dr. Holger Zetsche vom JKI. Der Präsident des Instituts, Prof. Frank Ordon, wertete die Ergebnisse als Bestätigung für die Züchtungsstrategien. Laut Studie zeichneten sich die modernen Züchtungen im Vergleich insgesamt durch eine verbesserte Krankheitsresistenz, eine erhöhte Nährstoffnutzungseffizienz und sogar durch die stärkste Ertragsleistung unter Dürrestress aus. Offensichtlich habe die intensive Züchtung auf Ertrag indirekt auch die Gesamtleistung der Weizensorten unter diversen Stress- oder Mangelsituationen sowie die Ertragsstabilität verbessert.
Nach Ansicht der Wissenschaftler liegt die Ursache in der langjährigen Selektion auf Ertrag unter äußerst unterschiedlichen Anbaubedingungen, die im Lauf der Zeit eine ständige Akkumulation von vorteilhaften Genvarianten bewirkt habe. Deren Effekte seien im Einzelnen jeweils sehr klein, wirkten in der Summe aber stetig positiv auf Nachhaltigkeitsmerkmale wie die Wasser- oder Nährstoffeffizienz.