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Moor muss nass! Aber wie?

Dass die Moore wiedervernässt werden sollen, ist politischer Konsens. Nur an der Umsetzung hapert es bislang. Was die Landwirtschaft braucht, wurde auf der Fachtagung Zukunft Moor in Bremen deutlich.

Lesezeit: 6 Minuten

Mutig waren die Moorbauern damals, als sie das Land urbar und ihm das Wasser abgerungen haben. In diesem Punkt waren sich heute auf der „Fachtagung Zukunft Moor“ alle Referenten aus land- und milchwirtschaftlicher Praxis, Wissenschaft und Politik einig. Zu dieser Auftaktveranstaltung hatten der Bremerische Landwirtschaftsverband und das Landvolk Niedersachsen nach Bremen eingeladen.

Einige waren sich die Beteiligten auch, dass Moorschutz nur gemeinsam funktioniert. Nur zu der Frage, wie man die Moorböden als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wiedervernässt, gab es keine abschließende Antwort.

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Niedersachsen ist beim Moorschutz besonders betroffen

Moorböden – und deren Wiedervernässung – sind gerade im Zuge des Klimaschutzes verstärkt in den Fokus gerückt. Niedersachsen ist als Moorland Nr. 1 besonders betroffen. Rund 550.000 ha gelten als kohlenstoffreiche Böden, gut drei Viertel davon werden landwirtschaftlich genutzt. „Durch die Idee der Wiedervernässung von Mooren entsteht gerade viel Verwirrung und Angst“, leitet Dr. Holger Hennies, der Präsident des niedersächsischen Landvolks, in die Veranstaltung ein. Es kämen Fragen auf, wie: Sollten Junglandwirte die Höfe noch übernehmen? Hausbesitzer noch sanieren? Lohnt es sich für ansässige Firmen noch, zu investieren? Oder sind die Flächen, Häuser und Gelände bald wertlos?

„Am meisten Angst“, sagt Hennies, „haben die Bewohnerinnen und die Bewohner der Moorregionen vor dem langsamen Dahinsiechen auf Raten. Ohne zu wissen, wie es weitergeht.“ Da das Bundesland Niedersachsen diese Aufgabe nicht alleine schaffen kann, fordert Hennies Unterstützung von der Bundesregierung. Weitere Forderungen für einen kooperativen und verträglichen Klima- und Moorschutz hat das Landvolk in einem Positionspapier zusammengefasst.

Özdemir: Finanzierung von Wiedervernässung sicherstellen

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir betont sodann, dass man den Moorbodenschutz mit den Landwirtinnen und Landwirten als Partner angehen wollte. Auf Augenhöhe, und ohne Maßnahmen überzustülpen. Wirksamer Klima- und Naturschutz stehe und falle dann auch mit der Finanzierung, so Özdemir.

„Zur Bewältigung der großen Herausforderungen soll das Aktionsprogramm ‚Natürlicher Klimaschutz‘ maßgeblich beitragen“, sagt der Minister. Das Programm unter der Führung des Bundesumweltministeriums sei mit einem Budget von 4 Mrd. € bis 2026 ausgestattet und schließe als wesentliches Element den Moorbodenschutz mit ein. „Das ist ein Quantensprung für Klimaschutz und für die Biodiversität in Deutschland“, sagt Özdemir.

Ergänzend solle noch diese Jahre die bundesweite Moorschutzstrategie wirken, die gerade in der Abstimmung sei. Zur Finanzierung der schrittweisen Wiedervernässung seien im Energie- und Klimafond 330 Mio. € bis 2025 vorgesehen.

Wiedervernässen bis zur Treibhausgasneutralität 2045

Dahinter steht die im deutschen Klimaschutzgesetz festgehaltene Treibhausgasneutralität bis 2045. Was das konkret für die Flächen bedeutet, zeigt Prof. Dr. Harald Grethe von der Humboldt-Universität zu Berlin in seinem Vortrag auf: Um bis im Jahr 2045 80% der Moorböden wiedervernässt zu haben (rund 1 Mio. ha), müsste man durchschnittlich 50.000 ha pro Jahr wiedervernässen. In Niedersachsen wären es bei einem Potenzial von 360.000 ha rund 18.000 ha jährlich.

In Richtung aller Beteiligten stellt Grethe klar: „Es geht hier nicht um eine Schuldfrage! Wir haben es damals einfach nicht gewusst.“ Deshalb müsse man die gesamte Gesellschaft fordern, die Herausforderung anzugehen. Und die Landwirtschaft auf Basis der Freiwilligkeit dabei unterstützen – anstatt sie in die Pflicht zu nehmen, weil sie früher das Land urbar gemacht haben.

Moorbauern sind nicht schuld! - Harald Grethe

Wichtig ist es Grethe, zu differenzieren: Moorklimaschutz bedeute Wiedervernässung, Wiedernässung bedeute allerdings nicht Renaturierung, so Grethe. Dennoch sei die Wiedervernässung existenziell. „Landwirte werden künftig ihre Moorflächen nass bewirtschaften oder gar nicht mehr bewirtschaftet“, wirft Grethe einen Blick in die Zukunft. Dafür brauche es auch eine ausreichende finanzielle Unterstützung. Allein die Planungs- und Baukosten für die Wiedervernässung würden einmalig im Durchschnitt ca. 4.000 €/ha betragen.

Moorschutz geht nur mit langfristiger finanzieller Unterstützung

Nicht nur Landwirte sind durch Wiedervernässung betroffen, für ganze Regionen ist die Zukunft ungewiss. Klare Antworten können zu diesem Zeitpunkt weder Politik noch Wissenschaft liefern. Die Auftaktveranstaltung dient dazu, direkt zu Beginn alle Beteiligten an einen Tisch zu holen. „Denn mal eben so vernässen können wir nicht. Es funktioniert nicht“, stellt Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast fest. Zumal vor allem in Niedersachsen das Moor eng mit Grünland und somit der Milchkuhhaltung verbunden ist.

Was u.a. fehlt, um anzufangen, stellte sich im Verlauf der Veranstaltung heraus: Bislang gibt es keine Potenzialanalyse. Es ist also ungeprüft, welche Moorflächen sich für die Wiedervernässung eignen, welche nicht (weil z.B. tief gepflügt wurde) und wo nur teilweise wiedervernässt werden könnte. Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies erwartet diese Analyse im Sommer 2023 – die Ergebnisse daraus allerdings erst später.

Wiedervernässung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Erst danach könne man auch die vom Bund zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel abrufen, wirft Landvolkpräsident Hennies ein. „Wir brauchen langfristig Geld, um diese und alle weiteren Herausforderungen zu meistern“, fordert Otte-Kinast.

In Niedersachsen gibt es schon eine Vielzahl an Aktivitäten zu teilweise oder ganzer Wiedervernässung, Paludikulturen o.ä. „Wir brauchen ein Zentrum, das diese Kompetenzen bündelt, wo Praktiker, Wissenschaft und Politik alles zusammenführen können“, fordert die Ministerin. Die Gründung einer Kommission zur Moorzukunft, noch dazu auf Bundeseben, hält die Minsterin für nicht sinnvoll.

Und wer sieht die Moorbauern?

Wie betroffen die Landwirtinnen und Landwirte sind, machte sich in der Diskussion bemerkbar. Denn von Freiwilligkeit könne man schon jetzt nicht mehr sprechen, so ein Landwirt aus dem Publikum. Seit den ersten öffentlichen Gedanken zur Moorwiedervernässung sei eine Wertminderung der Flächen eingetreten.

Wichtig seien verlässliche Angebote durch die Politik – die Betriebe und die Regionen bräuchten Planungssicherheit. Und letztlich, so brachte es ein weiterer Redner auf den Punkt, werden nicht alle Moorbauern und Moorbewohner freiwillig ihre Bewirtschaftungsweise anpassen – oder gehen.

Neben der Vielzahl ungeklärter Fragen befürchten die Landwirte, dass sie den Moorschutz letztlich alleine leisten müssen – weil die Politik weder rechtzeitig einen realistischen Zeitplan vorlegen kann noch eine ausreichende Finanzierung zur Verfügung stellt.

Kurz kommentiert:

Endlich geht jemand das Thema Moorwiedervernässung konkret an – und hier ist es der Berufsstand, der die Politik fordert! Die Fachtagung zeigte, wie komplex die Thematik ist und wie viele Lösungen noch gefunden werden müssen.

Nun gilt es, zügig anzufangen. Denn auch, wenn das Jahr 2045 in weiter Ferne scheint, geht es in großen Schritten in diese Richtung. Eine Transformation der Moorregionen braucht Zeit, Geld und vor allem: emotionale Unterstützung. Schließlich verändert sich nicht nur die Wirtschaftsgrundlage sondern auch die Heimat der Moorbewohner extrem. Schade, dass weder der Bundeslandwirtschaftsminister noch Vertreter vom Ministerium bis zum Ende bleiben konnten, um über Strategien zu diskutieren und Stimmen aus der Praxis zu hören.

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