Der Insektenrückgang ist offenbar weitreichender als vermutet. Auf vielen Flächen tummeln sich heute etwa ein Drittel weniger Insektenarten als noch vor einem Jahrzehnt. Das geht aus einer Untersuchung eines internationalen Forscherteams unter Leitung der Technischen Universität München (TUM) hervor. Demnach sind vom Artenschwund vor allem Wiesen, die sich in einer stark landwirtschaftlich genutzten Umgebung befinden, aber auch Wald- und Schutzgebiete betroffen.
Laut dem Forscher am Lehrstuhl für Terrestrische Ökologie der TUM, Dr. Sebastian Seibold, konzentrierten sich bisherige Studien entweder ausschließlich auf die Biomasse oder auf einzelne Arten oder Artengruppen. Dass tatsächlich ein Großteil aller Insekten betroffen sei, sei bisher nicht bekannt gewesen, erklärte Seibold.
Den Hochschulangaben zufolge haben die Forscher zwischen 2008 und 2017 auf 300 Flächen in Brandenburg, Thüringen und Baden-Württemberg mehr als 1 Million Insekten gesammelt. Sie hätten nachweisen können, dass viele der fast 2 700 untersuchten Arten rückläufig seien. Einige seltenere Arten seien in den vergangenen Jahren in manchen der beobachteten Regionen gar nicht mehr gefunden worden. Sowohl auf Waldflächen als auch auf Wiesen hätten die Forscher nach zehn Jahren etwa ein Drittel weniger Insektenarten gezählt.
Die Wissenschaftler stellten laut TUM zudem fest, dass die Biomasse der Insekten in den untersuchten Wäldern seit 2008 um etwa 40 % zurückgegangen sei; im Grünland habe sich die Insektenbiomasse auf ein Drittel ihres früheren Niveaus verringert. Der Initiator des Projekts, Prof. Wolfgang Weisser, bezeichnete den Rückgang als „erschreckend“, der so nicht erwartet worden sei, aber in das Bild von immer mehr Studien passe.
Klöckner will Studienergebnisse „sehr genau“ prüfen
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat eine „sehr genaue“ Prüfung der Ergebnisse der Studie der Technischen Universität München (TUM) zugesichert. Darin hatten die Forscher festgestellt, dass der Insektenrückgang offenbar weitreichender ist als vermutet. Auch werde man schauen, so Klöckner, welche Insektenpopulationen rückläufig sein sollen. Die Land- und Forstwirtschaft seien auf Ökosystemleistungen der Insekten angewiesen. Die Ursachen des Insektenrückgangs seien vielfältig und komplex. Sie beträfen aber bei weitem nicht nur die Landwirtschaft, betonte die CDU-Politikerin.
Klöckner stellte klar, dass es ebenso um die Siedlungsentwicklung, um Lichtverschmutzung in den Städten, die Versiegelung von Flächen, zugepflasterte Gärten vor Haustüren sowie den Verkehr und die Verkehrsinfrastruktur gehe. „Da müssen wir alle ran“, hob die Ministerin hervor. Erstaunt zeigte sie sich über den Insektenrückgang im Wald, zumal die ökologischen Daten für die Biodiversität in den deutschen Wäldern von Inventur zu Inventur besser geworden seien.
Rukwied fordert mehr kooperativen Naturschutz
Der Deutsche Bauernverband (DBV) plädiert dafür, die Landwirtschaft an den Maßnahmen zum Insektenschutz zu beteiligen. "Die Studie zeigt uns, dass die Landwirtschaft Teil der Lösung sein muss. Kaum eine Branche ist so essenziell auf die Bestäubungsleistung von Bienen und Insekten angewiesen wie wir", so Verbandspräsident Joachim Rukwied bei Spiegel Online. Man setze auf kooperativen Naturschutz. In diesem Jahr hätten Bauern beispielsweise freiwillig mehr als 230.000 Kilometer Blühstreifen als Lebensraum für Insekten an Ackerrändern angelegt.
Grüne, Umweltgruppen und Biolandwirte fordern eine Trendwende
Die Grünen-Sprecherin für Naturschutzpolitik, Steffi Lemke, bezeichnete die Forschungsergebnisse als „dramatisch“. Sie forderte die Bundesregierung auf, eine Trendwende im Artenschutz einzuleiten.
Für den Vorstandsvorsitzenden des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, ist klar, dass die Art und Weise der Landnutzung eine entscheidende Rolle für die Lebenswelt spiele, auch wenn es nach Aussage der Forscher schwierig bleibe, die Ursachen für das Artensterben unmittelbar zuzuordnen. Es gehe nun nicht um Schuldzuweisung an Bauern, sondern darum, auch in der Landwirtschaft Wege zu finden, naturverträglich zu wirtschaften.
Aus Sicht der Abteilungsleiterin Biodiversität beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Silvia Bender, reicht das von der Bundesregierung vorgelegte Aktionsprogramm Insektenschutz nicht aus, um eine Trendumkehr beim Insektenschutz einzuleiten und „die weitere Ausrottung zu verhindern“. Sie forderte, die Fördermittel der EU-Agrarpolitik an die landwirtschaftlichen Betriebe zu geben, die mehr für den Erhalt der Artenvielfalt und den Schutz des Klimas täten.
Der Greenpeace-Waldexperte Christoph Thies wertete die Ergebnisse der Studie als „alarmierend“. Die Tiere verschwänden massenhaft aus den Wäldern. Das sei die Folge einer Agrar- und Waldpolitik, die seit Jahrzehnten wirtschaftliche Interessen vor den Natur- und Artenschutz stelle. Thies forderte Klöckner auf, sich „endlich zu einem wirkungsvollen Waldschutz“ zu bekennen.
von Reiner Matthes
wir haben nun mal Klimawandel
und das bedingt auch Veränderung bei Arten, nicht nur Insekten. Sogar die Kirschessigfliege hat es nun nach Deutschland geschafft. Und andere Arten sterben nun mal aus. Mit oder ohne Schlaumeier von NABU und Co. Sorgt lieber dafür, dass der Urwald in Indonesien (wo das nachhaltige ... mehr anzeigen Palmöl herkommt) und am Amazonas erhalten wird oder wieder angepflanzt wird. weniger anzeigen
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von Markus Grehl
Wiesen umbrechen
Wo bleibt in der Studie die Forderung Wiesen umzubrechen und auf den Flächen Mais anzubauen?
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von Gregor Grosse-Kock
Alles
Erst mal nur Alarmschläger!! Schaut man sich die Finanzierung der Fakultät an der Uni an kommen über 90Mio € aus dem Staatssäckel, wen wundert das Ergebnis! Eigentlich haben wir mehr Fragen wie Antworten!!
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von Johannes Ameskamp
Was hat sich in diesem Zeitraum verändert?
Meiner Meinung nach ist in diesem Zeitraum nur der mobilfunk massiv ausgebaut und flächendeckend.
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von Rudolf Rößle
Klima
ich habe schon von Biologen gehört, dass durch die milden Winter das Aufkommen der Blühpflanzen und das Erscheinen der Insekten nicht mehr zusammenpasst. Somit verhungern die Insekten, weil die Pflanzen zu früh in die Vegetation starten.
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von Wilhelm Grimm
Auch der Prinz gehört zu den Anklägern der Landwirte, das ist dumm.
"Es gehe nicht um Schuldzuweisung an Bauern, sondern darum, auch in der Landwirtschaft Wege zu finden, naturverträglich zu wirtschaften". Ein astreiner Pharisäer, dem es eindeutig um Schuldzuweisung an fast alle Bauern geht, um diese zu diskreditieren. Er will mehr Staatsknete für sich ... mehr anzeigen und die Seinen. weniger anzeigen
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von Henrik Plaas-Beisemann
Starker Rückgang im Wald und auf Grünland
Das wirft Fragen auf. Was sich in diesem Betrachtungszeitraum im Wald geändert hat, ergründet sich mir nicht. Die Hitzesommer 18/19 liegen außerhalb des Betrachtungzeitraum. PSM kommen im Wald auch nicht in Frage. Beim Grünland lässt sich ein Teil des Verlustes noch mit dem ... mehr anzeigen Strukturwandel in der Milchviehhaltung und dem damit verbundenen Rückgang der Weidehaltung erklären. Die üblichen reflexartigen Erklärungsversuche Planzenschutzmitteleinsatz und Strukturverlust( gibt es im Wald in so kurzen Zeiträumen nicht) gehen offenbar am Problem vorbei. Es scheint ein massives Problem in extensiven Lebensräumen zu geben, für die scheinbar noch keine Erklärung existiert. Ohne stichhaltige Kausalität ist es schwierig die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Politik kann mit Vertragsnaturschutz und Förderung der Weidewirtschaft versuchen gegen zu wirken, wissen, was wirklich gerade in der Insektenpopulation passiert, scheint derzeit keiner. weniger anzeigen
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von Ernst Storm
insekten
Insektensterben? in den segeberger kalkberghöhlen überwintern 32000 Fledermäuse.die zahl hat sich in den letzten fast verdoppelt.sie leben NUR von insekten! wie paßt das mit Insektensterben zusammen? irgend jemand lügt bewußt und bösartig!!!ernst Storm
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von Wilhelm Grimm
Diese "Studie" kam in den Fernsehnachrichten ganz dicke raus !
Das nenne ich erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit, die wir noch nie geschafft haben. Aber mir machen unsere jungen Leute Spass, die die Möglichkeiten der neuen Medien hervorragend zu nutzen wissen. Ich bin da unterentwickelt und könnte eine Ausbildung gut gebrauchen, aber ich überlasse ... mehr anzeigen es lieber unserem Nachwuchs. Der aber darf sich nicht selbst zerfetzen, dann wären wir verloren. weniger anzeigen
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von Willy Toft
Es gibt wie immer bei solchen Studien, auch um ganz viel Meinung, bei der Ahnung sollte.....
man die Menschen fragen, die sich jeden Tag in den Gebieten aufhalten! Da gibt es Ähnlichkeiten, wie beim Messstellen- Netz des Grundwassers! Wenige Anhaltspunkte werden als umfängliche Dokumentation bemüht! Wo leben wir, hier herrscht nur noch die selektive Wahrnehmung, und da werden ... mehr anzeigen Schlüsse draus gezogen, die nicht mit Fakten sauber unterlegt sind! weniger anzeigen
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von Harald Butenschön
Wissenschaftliche Standards?
Die Gruppe um Seibold untersuchte nun 150 Standorte in Graslandschaften jährlich zwei Mal. Von den insgesamt 140 Waldstandorten wurden 30 einmal pro Jahr unter die Lupe genommen, der Rest an drei Jahren innerhalb des Jahrzehnts. Nun stelle man sich vor das Fernsehprogramm zu ... mehr anzeigen analysieren, in dem man 2 mal im Jahr "Das Erste", einmal jährlich RTL und in Zehn Jahren dreimal Arte einschaltet.... Ungenügend, Versetzung gefährdet liebe "Wissenschftler"! weniger anzeigen
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