Schwerwiegende Auswirkungen bei einer vollständigen Wiederzulassung des Einsatzes der Neonikotinoide befürchtet die Europäische Wissenschaftsakademie (EASAC), und zwar nicht nur auf die Honigbienen.
Wie die EASAC in einem aktuellen Bericht moniert, reicht der alleinige Blick auf den Schutz der Honigbiene nicht aus, um eine nachhaltige Landwirtschaft zu gewährleisten. Die Zahl der Bienenvölker hänge außerdem von zahlreichen anderen Faktoren ab, von der landwirtschaftlichen Praxis selber, aber auch von den allgemeinen Klimabedingungen oder dem Honigpreis.
Um weitere Auswirkungen der Neonikotinoide zu erfassen, analysierte die EASAC Daten über Wildbienenarten, andere Bestäuber, Insekten mit natürlichen Schädlingsbekämpfungsfunktionen sowie weitere Indikatoren der Artenvielfalt wie die Zahl der Feldvögel. Hier zeigten sich bei allen große Rückgänge in den vergangenen Jahrzehnten. Allerdings wirkten auch hier viele Faktoren, so dass eine Messung der Einflüsse, die durch die Nutzung der Neonikotinoide entstünden, nicht einfach sei, räumten die Wissenschaftler ein.
Dennoch sieht die EASAC zunehmend Beweise dafür, dass die prophylaktische Anwendung von Neonikotinoiden negative Auswirkungen auf Nichtzielorganismen habe, die Ökosystemdienstleistungen einschließlich der Bestäubung und eine natürliche Schädlingsbekämpfung böten.
Es gebe zudem wissenschaftliche Beweise für subletale und damit nicht sofort tödliche Effekte auf Nicht-Zielorganismen, so die EASAC. Diese sollten in den EU-Zulassungsverfahren beachtet werden. Die Akademie will ihren Bericht diese Woche zur Diskussion stellen. Protest kam unterdessen bereits vom Europäischen Verband der Pflanzenschutzindustrie (CPA) und dem britischen Bauernverband (NFU).
Widerspruch zum integrierten Pflanzenschutz
Die derzeitige Praxis des prophylaktischen Einsatzes der Beizmittel steht nach Meinung der EASAC im Widerspruch zu den Grundprinzipien des integrierten Pflanzenschutzes. Die Verwendung von Neonikotinoiden, aber auch von anderen Pflanzenschutzmitteln schränke die Wiederherstellung der Biodiversität auf dem Ackerland ein.
Die EASAC sieht durch die Entwicklung auch den Anbau von Nutzpflanzen allgemein gefährdet, weil diese immer mehr auf eine Bestäubung angewiesen seien. In einigen Teilen Europas gebe es bereits nicht mehr genügend Bestäuberinsekten. Es sei daher auch nicht klug, nur auf eine Art von Bestäuber zu setzen. Vielmehr müsse eine Bestäubervielfalt wiederhergestellt beziehungsweise erhalten werden. Kritisch sieht die Wissenschaftsakademie zudem das Risiko, dass die Wirkstoffe auch über Pollen und Nektar weiter verbreitet werden könnten.
Mehr:
EU-Studie: Pflanzenschutz für Bienensterben verantwortlich (19.4.2015)