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topplus Spinnen, Schlupfwespen & Käfer

Diese Nützlinge im Raps haben Appetit auf Schädlinge

Im Raps sind nicht nur Schädlinge unterwegs, sondern auch viele Nützlinge. Versuche des JKI zeigen, dass sie einen großen Beitrag leisten können – wenn man einige Aspekte berücksichtigt.

Lesezeit: 7 Minuten

Unsere Autorin:Dr. Meike Brandes, Julius Kühn-Institut, Braunschweig

Dass sich im Raps eine Vielzahl an Schädlingen aufhält und vermehren kann, ist bekannt. Weit we­niger bekannt ist, dass auch jede Menge Nützlinge im Bestand auftreten und stark in die Populationsentwicklung der Schädlinge eingreifen können. Das machen sie, indem sie z. B. die Eier, Larven und Puppen der Schädlinge fressen.

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Darauf fokussiert sind unter anderem Laufkäfer und Kurzflügelkäfer sowie deren Larven. Sie sind auf dem Boden und im Bestand aktiv und haben ein breites Beutespektrum. Spinnen sind ebenfalls in der Lage, die Schädlingsdichte zu reduzieren. Mit ihren Netzen erbeuten sie z. B. Kohlschotenmücken, Larven oder die im Juni/Juli schlüpfenden Jungkäfer der Rapsschädlinge.

In einem Feldversuch des Julius Kühn-Instituts (JKI) bei Braunschweig wurde das Auftreten von Nützlingen im Raps ermittelt. Dazu haben wir zur Vollblüte (BBCH 63 bis 67) Fallen aufgestellt. Nach zwei Wochen konnten wir 28 Laufkäfer, 213 Kurzflügelkäfer und 32 Spinnen pro m2 nachweisen. Vor allem im Mai und Juni herrscht hohe Akti­vität, da zu dieser Zeit viel Nahrung für die Nützlinge verfügbar ist. Neben der Anzahl überraschte auch die Arten­vielfalt. So konnten wir bis zu 29 verschiedene Laufkäferarten, bis zu 55 Kurzflügelkäferarten sowie 49 Spinnenarten bestimmen.

Schlupfwespen: Das Grauen vieler Rapsschädlinge

Zu den im Raps vorkommenden Nütz­lingen gehören auch die Schlupfwespen. Bei den sechs wichtigsten Rapsschädlingen, die in Europa auftreten, konnte man mehr als 80 Schlupfwespenarten nachweisen. Diese sind in der Regel sehr spezialisiert. Viele parasitieren die Larven ihrer Wirte, einige aber auch die Eier oder die adulten Käfer.

Die Arten Tersilochus heterocerus ­sowie Phradis spp. z. B. konzentrieren sich auf Rapsglanzkäfer und sind in allen Rapsanbaugebieten weit verbreitet. Sie legen ihre Eier sowohl in die Eier als auch in die Larven des Schädlings. Beide Stadien des Rapsglanzkäfers können sich zunächst noch weiterentwickeln.

Haben sich die Rapsglanzkäferlarven aber nach abgeschlossener Entwicklung zu Boden fallen lassen und sich zur Verpuppung in den Boden eingegraben, töten die Schlupfwespenlarven ihren Wirt ab. Sie entwickeln sich anschließend zum adulten Insekt und verbleiben bis zum nächsten Frühjahr in ihrem Kokon im Boden.

Im Raum Braunschweig konnte in Versuchen eine Parasitierungsrate der Rapsglanzkäfer von bis zu 86 % nachgewiesen werden. Dazu wurden die zur Verpuppung abwandernden Larven mit Schalen aufgefangen. Zusätzlich entstehen Larvenverluste durch räuberische Insekten und Spinnen, Insekten befallende Pilze und Nematoden, aber auch durch Faktoren wie Trockenheit oder Nässe. All das führt dazu, dass im Sommer nur ein Bruchteil der zur Verpuppung abgewanderten Larven als Jungkäfer aus dem Boden schlüpft.

Begehrte Wirte weiterer Schlupfwespenarten sind auch die Larven von Rapserdflöhen, Großen Rapsstängelrüsslern, Gefleckten Kohltriebrüsslern und Kohlschotenrüsslern. Auch bei diesen Schädlingen sind hohe Parasitierungsraten bekannt.

So fördern sie die Nützlinge

Eine effiziente Maßnahmen, um Nützlinge zu fördern, ist der Verzicht auf eine wendende Bodenbearbeitung nach Raps. Der Grund ist, dass viele wichtige Schlupfwespenarten im Kokon im Boden überwintern. Der Pflugeinsatz würde diese in tiefe Bodenschichten vergraben und so die Zahl der Schlupfwespen, die im Frühjahr aus dem Boden schlüpfen, um 50 bis 75 % im Vergleich zum Grubber­einsatz oder zur Direktsaat verringern. Auch eine intensive Durchmischung mit rotierenden Werkzeugen kann die Schlupfwespen-Kokons mechanisch beschädigen.

Neben den Schlupfwespen profitieren auch andere Gegenspieler von ­einer konservierenden Bodenbear­beitung und können dadurch eine ­stärkere Reduktion der Schädlinge bewirken.

Rand- und Saumstrukturen zeigen ebenfalls positive Effekte. Sie dienen den Nützlingen (aber auch einigen Schädlingen) als Rückzugsraum und als Energiequelle – wenn Blühpflanzen vorhanden sind.

Insektizide nur ­zielgerichtet einsetzen

Um beim Insektizideinsatz die Nützlinge zu schonen, ist es das Wichtigste, sie von den Schädlingen unterscheiden zu können. Nicht selten werden die gewünschten Schlupf­wespen, die in ihrer Hauptaktivitätsphase um die Blütenstände herumschwirren, mit der Kohlschotenmücke verwechselt. Erfolgt wegen ihnen eine Behandlung, ist diese nicht nur unnötig, sie beeinflusst zudem die Schlupfwespenpopulation negativ. Das kann dann sogar die Ursache für eine stärkere Vermehrung der Schädlinge sein.

Tipp: Ein deutliches Unterscheidungsmerkmal der Schlupfwespen ist ihre Wespentaille, die die Kohlschotenmücke nicht aufweist.

Wichtig ist auch, Insektizide niemals prophylaktisch zu nutzen, sondern nur bei Überschreitung der Bekämpfungsrichtwerte (s. Übersicht). Nur mit einem wirklich zielgerichteten Insektizideinsatz lassen sich Mehrfachbehandlungen vermeiden. Damit sinkt auch der Selektionsdruck auf die Schädlinge, was einer weiteren Resistenzentwicklung vorbeugt.

In diesem Zusammenhang sollte man sich bewusst machen, dass sich Schädlinge in verschiedenen Entwicklungs­stadien sehr lange Zeit im Bestand aufhalten. Dadurch kommen sie immer wieder mit Pyrethroiden in Kontakt – auch wenn sie nicht das eigentliche Ziel der Behandlung sind. So entsteht ein ­zusätzlicher Selektionsdruck, der die Ausbildung von Resistenzen fördert.

Pyrethroid-Resistenzen lassen sich aufgrund des einseitigen Einsatzes dieser Wirkstoffgruppe bei vielen Rapsschädlingen bereits nachweisen. Die verfügbaren Pyrethroid-haltigen Mittel unterscheiden sich zwar in ihren Wirkstoffen, jedoch besitzen sie alle den gleichen Wirkmechanismus. Ein Wirkstoffgruppenwechsel mit dem Ziel, Resistenzen zu vermeiden, ist bei der derzeitigen Wirkstoffpalette nicht möglich. Lediglich zur Bekämpfung von Rapsglanz­käfern ist mit Acetamiprid noch ein alternativer Wirkstoff verfügbar.

Erfolgt der Insektizideinsatz gezielt, funktioniert die Bekämpfung mit Py­rethroiden im Feld aktuell noch (Ausnahme: Rapsglanzkäferbekämpfung mit Typ II-Pyrethroiden). Voraussetzung dafür ist aber eine konsequente Überwachung des Auftretens der Schädlinge.

Im Frühjahr sind der Große Rapsstängel- und der Gefleckte Kohltriebrüssler gut mit Hilfe von Gelbschalen zu erfassen. Denken Sie allerdings daran, dass der Zuflug schlagspezifisch ist und somit auf jeder Fläche Gelbschalen ­stehen müssen. Für Rapsglanzkäfer und Kohlschotenrüssler eignen sich die Gelbschalen nicht. Hier gilt es, die Haupttriebe auszuklopfen, um den Befall zu erfassen (siehe Übersicht).

Raps kann viel Kompensieren

Nicht zu unterschätzen ist, dass der Raps bei guten Wachstumsbedingungen ein enormes Kompensationspotenzial hat und einen Befall durch Schädlinge relativ gut wegstecken kann. Das zeigte sich in einem Rüsslerversuch des JKI im Frühjahr 2022. Darin konnte man zum Ende der Blüte (BBCH 68) in der un­behandelten Kontrolle im Mittel rund 50 Rüsslerlarven pro Pflanze nachweisen. Eine Artbestimmung der Larven ergab, dass 98 % der Larven vom Gefleckten Kohltriebrüssler stammen. Beim Drusch gab es im Ertrag trotzdem keine signifikanten Unterschiede zwischen der unbehandelten Kontrolle (48 dt/ha) und den Varianten, in denen ein Insektizid zum Einsatz kam.

Ein weiteres Beispiel für die hohe Kompensationsfähigkeit des Rapses zeigte sich in einem Rapserdflohversuch, in dem im November 2021 in der unbehandelten Kontrolle im Mittel 60 Larven pro Pflanze gezählt wurden (nach dem Winter waren es sogar über 70). Es handelte sich in diesem Fall um einen sehr kräftigen Bestand, der den starken Befall gut verkraften konnte.

Förderlich war sicherlich auch der milde Winter. Trotz des starken Befalls wurden in der Kon­trolle 45 dt/ha gedroschen! Bei deutlich schwächerem Bestand und starken Frösten wäre dieser extreme Befall sicherlich nicht so glimpflich ausgegangen.

Fazit

Aufgrund der mangelnden Wirkstoffgruppenvielfalt, bereits vorhandenen Resistenzen, fehlenden nicht-chemischen Alternativen zur Schädlingskon­trolle und der Tatsache, dass Sorten­resistenzen gegen Schädlinge noch nicht in Sichtweite sind, ist es umso wichtiger, dem Raps gute Ausgangsbedingungen zu schaffen. Beim kostenlosen Pflanzenschutz, den die Nützlinge leisten, ist zu beachten, dass ihre Wirkung langfristig betrachtet werden muss. Viele Nützlinge reduzieren die Zahl der Schädlinge erst am Ende ihrer Entwicklung. Sie tragen aber in erheblichem Maße dazu bei, die Vermehrung der Schädlingspopulationen im folgenden Jahr auf einem geringen Niveau zu halten.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass dringend weitere nützlingsschonende Wirkstoffe mit neuen Wirkmechanismen benötigt werden, um im Falle eines Starkbefalls die Schädlinge zuverlässig kontrollieren zu können. Die aktuell noch verfügbaren Mittel gilt es gut zu platzieren, damit sie sicher wirken. Dafür ist es notwendig, den Zuflug zu überwachen und die Schädlinge identifizieren zu können. Das Potenzial der Nützlinge, die langfristig die Schädlingsdichten deutlich reduzieren können, ist nicht zu unterschätzen!

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