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topplus DLG-Wintertagung

Paetow: Konventionelle Innovationen oft nachhaltiger als Ökolandbau

Die aktuellen Krisen sind für den DLG-Präsidenten kein hinreichender Grund, aus der nachhaltigen Ausrichtung des Agrarsektors auszusteigen. Gleichwohl müsse die Produktivität im Blick behalten werden.

Lesezeit: 5 Minuten

Die regelrechte Kaskade an Krisen in den vergangenen Jahren ist für manche Akteure in Politik und Praxis ein guter Grund zur Abkehr vom Prinzip Nachhaltigkeit und zur erneuten Fokussierung auf Produktivität und die Maximierung von Erträgen in der Landwirtschaft. Schließlich muss die globale Ernährung gesichert werden. DLG-Präsident Hubertus Paetow hält das jedoch für den falschen Weg.

„Es bleibt bei der Notwendigkeit, die natürlichen Ressourcen zu schützen“, stellte Paetow bei der Wintertagung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft gestern in Hannover klar. Zeitenwenden wie der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und dessen Auswirkungen auf die globalen Märkte sind aber auch nach seiner Überzeugung der richtige Moment, die eigenen betrieblichen Prozesse unternehmerisch zu prüfen und anzupassen.

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Erträge dürfen nicht leiden

Aus diesem Grund muss es nach Auffassung von Paetow auch mit Blick auf die knapp versorgten Märkte darum gehen, Landwirtschaft weiter nachhaltig auszurichten; das aber so, dass die Erträge nicht übermäßig darunter leiden.

Der DLG-Präsident meint deshalb, dass die Umstellung auf ökologischen Landbau heute nicht unbedingt „die nachhaltigere“ Lösung darstellt. Vielmehr seien innovative neue Anbauverfahren, wie präzise gesteuerte Düngung oder teilflächenspezifischer Pflanzenschutz oft der bessere Ansatz. Dies verspreche eben beides zugleich: Nachhaltigkeit bei stabilen Erträgen, so Paetow.

Versorgungslage bleibt angespannt

Das wäre auch wünschenswert, denn die internationale Versorgungslage wird laut Prof. Stephan von Cramon-Taubadel von der Universität Göttingen mittelfristig eher knapp bleiben. Er geht davon aus, dass die Ukraine wegen der kriegsbedingten Verwerfungen in diesem und in den kommenden Jahren deutlich weniger ernten wird und daher als Exporteur nicht wie gewohnt in Erscheinung treten kann. Mögliche Angebotsverknappungen in anderen Ländern dürften sich daher zu entsprechend starken Ausschlägen an den Terminbörsen führen.

Diese unsicheren Aussichten bei der internationalen Ernährungslage werden nach Cramon-Taubadels Darstellung zunehmend auch als sicherheitspolitisches Problem angesehen. Er wurde beispielsweise in diesem Jahr zum ersten Mal überhaupt auf die Münchener Sicherheitskonferenz eingeladen, um über den Klimawandel und dessen Auswirkungen zu sprechen, die nun einmal auch die Ernährung betreffen.

Der Göttinger Agrarökonom rät deshalb dem landwirtschaftlichen Berufsstand, Klimawandel und die weitere nachhaltige Ausrichtung der Produktion ernst zu nehmen. „Klimapolitik ist Sicherheitspolitik“, betonte von Cramon-Taubadel. Allen müsse bewusst sein, dass der fortschreitende Klimawandel zwangsläufig zu mehr Wetterextremen, Hunger und damit auch zu einer Zunahme der Migration oder des internationalen Terrorismus führe. Die Anstrengungen für mehr Nachhaltigkeit im Agrarsektor sollten allein aus diesem Grund nicht verringert werden, so der Agrarwissenschaftler.

Auch Finanzdienstleistungen sollen nachhaltiger werden

Auf EU-Ebene sieht es danach auch nicht aus, vielmehr setzt Brüssel mit Green Deal und Farm to Fork sich und den Landwirten ehrgeizige Ziele in puncto Nachhaltigkeit. Betroffen ist aber auch der Finanz- und Versicherungssektor, die teils schon jetzt bestimmt Nachhaltigkeitsvorgaben erfüllen müssen.

Wie der Vorstandsvorsitzende der Vereinigten Hagelversicherung, Dr. Rainer Langner, erläuterte, sind in der EU-Taxonomieverordnung sechs derartige Ziele definiert, von denen mit Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel zwei bereits den Finanzsektor betreffen. Die Auswirkungen seien, dass Versicherer und auch die Banken in der nicht finanziellen Berichterstattung zunehmend auch darlegen und offenlegen müssten, wie sie Themen wie Nachhaltigkeit angehen und was sie dafür tun.

Das werde auch Auswirkungen auf die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, Versicherungen und Banken haben, betonte Langner. Er empfiehlt der Landwirtschaft, sich darauf vorzubereiten, indem der Sektor jetzt selbst die Kriterien für eine nachhaltige Wirtschaftsweise definiert, bevor es andere tun.

Green Deal wird Agrarbranche verändern

Auch die Nachhaltigkeits-Koordinatorin der Agravis Raiffeisen AG, Dr. Bianca Lind, geht davon aus, dass die Umsetzung des europäischen „Green Deal“ die Agrarbranche verändern wird. Die Unternehmen seien gezwungen, ihre nachhaltigen Aktivitäten transparent zu dokumentieren. Es müssten neue Informationen erfasst, verarbeitet und in Kennzahlen abgebildet werden, verdeutlichte Lind. Außerdem werde der Druck höher, sich Ziele zu setzen und diese zu erreichen.

Auch wenn viele Informationen bereits in Unternehmen vorhanden sind, sei die Dokumentation aufwändig und würde knappe Ressourcen in Anspruch nehmen. Die Kunst werde es sein, Kennzahlen und Ziele zur Steuerung des Unternehmens zu nutzen, um die Firmen in eine nachhaltige Zukunft zu führen.

Kein Schwarz-Weiß beim Thema Nachhaltigkeit

Dr. Birthe Lassen vom Thünen Institut für Betriebswirtschaft betonte die Komplexität des Themas Nachhaltigkeit. In der Milchviehhaltung sei man beispielsweise als Milchviehbetrieb nicht einfach „nachhaltig“ oder „nicht nachhaltig“. Da gebe es kein „Schwarz-Weiß“. Alle Unternehmen hätten Bereiche, in denen sie schon heute gut aufgestellt sind, während es in anderen Bereichen Optimierungspotenziale gebe.

Jeder Milchviehbetrieb sei einzigartig und habe unterschiedliche Möglichkeiten der Anpassung, die genutzt werden müssten: Nicht zuletzt um die Wettbewerbsfähigkeit der Milcherzeugung in Deutschland zu erhalten, so Lassen.

Regionale Landwirtschaft ist nachhaltig

Nach Überzeugung von Landwirt Jörg Schrieber hat die Landwirtschaft im Ackerbau schon heute viel zu bieten, wenn es darum geht, Ressourcen zu schonen. Er sieht die europäischen Landwirte auch deshalb gut gerüstet, weil internationale Transportstrecken die Ökobilanz von Produkten oft am stärksten beeinträchtigen. Nahrungsmittel möglichst regional zu erzeugen, sei deshalb eine Antwort auf die künftigen Nachhaltigkeitsanforderungen.

Bei der Dokumentation empfiehlt auch Schrieber, dass die Agrarwirtschaft das Heft in die Hand nimmt und die Standards für Nachhaltigkeit selbst definiert. Die Landtechnikindustrie ruft er in diesem Zusammenhang auf, einheitliche Lösungen zum Datenaustausch zu Dokumentationszwecken anbieten um den Aufwand dafür zu verringern.

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