Gegen die Erteilung von Patenten auf konventionell gewonnene Pflanzen und Samen hat sich das Europaparlament ausgesprochen. In einer parteiübergreifenden Resolution forderten die Abgeordneten in Straßburg die Europäische Kommission dazu auf, sich für einen offenen Zugang zu entsprechendem Zuchtmaterial einzusetzen.
Hintergrund ist eine Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes (EPA) vom Dezember 2018. Demnach hat das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) Vorrang vor den Durchführungsbestimmungen des EPA, so dass Patente auch auf konventionell gezüchtete Pflanzen erteilt werden könnten.
Dagegen hatte die Brüsseler Kommission zuletzt im November 2016 in einer Mitteilung noch daraufhin verwiesen, dass arteigene Merkmale, die durch im Wesentlichen biologische Verfahren - etwa Kreuzung und Selektion - in Pflanzen eingeführt würden, nicht patentiert werden dürften. Diese Auslegung wird auch von allen Mitgliedstaaten unterstützt. Schließlich änderte der Verwaltungsrat des EPA seine Politik dahingehend, dass keine Patente für Erzeugnisse erteilt werden sollten, die im Wesentlichen durch biologische Verfahren gewonnen worden seien.
Da die Technische Beschwerdekammer des EPA diese Entscheidung jedoch zurückgewiesen hat, ist es nun an der Großen Beschwerdekammer mit einer rechtskräftigen Entscheidung die Angelegenheit abzuschließen. Bis zum 1. Oktober 2019 sollen Dritte berechtigt sein, schriftliche Erklärungen zu diesem Thema an die Kammer zu übermitteln.
Meinungen
Der Agrarsprecher der Europäischen Volkspartei (EVP), Herbert Dorfmann, forderte von der Kommission, dem EPA einen „klaren Riegel“ vorzuschieben. Zum Wohle gerade der kleinen Züchter in der Europäischen Union sowie der Landwirte dürfe es keine Patente auf konventionelles Pflanzenmaterial und Saatgut geben, betonte der Südtiroler in seiner Rede im Parlament.
Der Agrarsprecher der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten (S&D), Prof. Paolo De Castro, verlangte „endlich mehr Rechtssicherheit“ für die Bauern in dieser Angelegenheit. Dies sei man den Landwirten in Europa schuldig.
Ulrike Müller, Agrarsprecherin der liberalen Fraktion „Renew Europe“ (RE), pochte ebenfalls darauf, dass die große Beschwerdekammer der EPA die Entscheidung der Vorinstanz revidiert. Die Bauern und Züchter bräuchten den Zugang zu den genetischen Ressourcen.
Derweil beklagte der Agrarsprecher der Grünen/EFA, Martin Häusling, ein Demokratiedefizit in dieser Angelegenheit. Bereits 2012 und 2015 habe das Europaparlament entsprechende Entschließungen vorgelegt, die das EPA aber jedes Mal ignoriert habe.
Der niederländische RE-Abgeordneten Jan Huitema warnte, dass bei einer Patentierung natürlicher Produkte wie Pflanzen und Samen mit erheblichen Gefahren für die Lebensmittelversorgung zu rechnen sei. Ferner drohten durch Monopole Innovationen gebremst zu werden.