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Landwirtschaft im Dialog

Pflanzenschutz und Biodiversität – unvereinbar oder zwei Seiten derselben Medaille?

Ob sich Artenvielfalt und chemischer Pflanzenschutz zusammenbringen lassen, darüber wurde gestern im Format "Landwirtschaft im Dialog" in Berlin diskutiert.

Lesezeit: 5 Minuten

Wie kann der Pflanzenschutz der Zukunft aussehen, der wirtschaftliche Erfordernisse der Landwirte mit der Sicherung von Boden, Wasser, Luft und Biodiversität in Einklang bringt? Das war die zentrale Frage der top agrar-Veranstaltung, die gestern in der Vertretung des Landes Bremen in Berlin mit rund 150 Teilnehmern stattfand.

Dass mehr für den Arten- und Insektenschutz getan werde müsse, erklärte Jochen Flasbarth (BMU) in seinem Impulsreferat.

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„Die Zahl der Insekten auf den roten Listen nimmt weiter zu und zusätzlich sinkt laut einer neuen Studie die Insektenbiomasse“ - Flasbarth

Um diese Aufgabe anzugehen, die auch im Koalitionsvertrag steht, wurde vor wenigen Wochen das Aktionsprogramm Insektenschutz im Bundeskabinett verabschiedet. Weil der Schwund der Arten nicht allein auf die Landwirtschaft zurückzuführen ist, enthält das Programm auch Kapitel zur Verbesserung der Stadtnatur, Infrastruktur und Lichtverschmutzung.

Dennoch, so Flasbarth weiter, habe die Landwirtschaft beim Insektenschutz wohl eine herausgehobene Bedeutung. Deshalb sei die Liste von gesetzlichen Biotopen um artenreiches Grünland, Streuobstwiesen, Trockenmauern und Steinriegel erweitert worden – diese sollen künftig im Bundesnaturschutzgesetz als geschützte Biotope ausgewiesen werden.

Zusätzlich sollen im Rahmen des Programms Verbote von Herbizideinsätzen in Schutzkategorien wie Naturschutzgebieten, Nationalparks und FFH-Gebieten umgesetzt werden. Größere Vogelschutzgebiete seien davon teils ausgenommen (Ländersache).

Niederlande als Vorbild

Dass die Landwirtschaft die Artenvielfalt beeinflusst, sagte auch Agrarstaatssekretär Dr. Hermann Onko Aeikens. Sie wirke sich aber negativ und positiv auf die Biodiversität aus. Denn über die 2. Säule und über Agrarumweltmaßnahmen (AUM) ist auch schon viel Lebensraum geschaffen worden. Vielleicht, so seine Einschätzung, sind die AUM noch nicht intelligent genug konzipiert. Als Beispiel für einen besseren Ansatz nannte er die Niederlande. Hier zieht sich der Staat in diesem Punkt zurück. Stattdessen handeln Umwelt- und Landwirtschaftsverbände aus, wo und wie man noch mehr für die Arten tun kann.

Zum Insektenschutzprogramm führte Aeikens aus, dass von den geplanten Maßnahmen ca. 600.000 ha und inklusive aller möglichen Vogelschutzgebiete rund 1,3 Mio ha betroffen sind und nicht – wie oft behauptet – 1,6 Mio. ha. Zudem sollen Gelder in Höhe von 80 Mio. € für die umsetzenden Betriebe bereitgestellt werden. Zum Verordnungstext, so Aeikens weiter, ist noch keine Zeile geschrieben worden. Start ist am 20. November mit einem runden Tisch.

Ist ein Konsens möglich?

Dass die Landwirtschaft ihrer Verantwortung hinsichtlich des Artenschutzes bereits nachkommt, erklärte Eberhard Hartelt, Umweltbeauftragter der DBV. Das zeige sich z.B. an der Beteiligung an Agrarumwelt- und vielen freiwilligen Maßnahmen. Zudem seien viele Forschungsprojekte zu dem Thema auf dem Weg. Wichtig ist ihm, dass in der Diskussion die ökonomische Betrachtung nicht zu kurz kommt. Um die Arten zu schützen, ist eine ausreichende Vergütung für Maßnahmen erforderlich, sagt auch Silvia Bender vom BUND. Ihrer Meinung nach, ist für mehr Biodiversität aber auch eine schnelle Umsetzung der Düngeverordnung nötig, um Nitrateinträge zu vermeiden. Gern hätte sie, ebenso wie Jochen Flasbarth, die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln an Biodiversitätsauflagen geknüpft. Eine Alternative dazu sei aber auch der Refugialansatz.

Wichtig in der Diskussion ist aber auch, so Saori Duborg, Mitglied des Vorstandes der BASF, die beiden Verantwortungsebenen zu beachten. Neben dem Insektenschwund gebe es auch einen Flächenschwund - und das bei steigender Bevölkerung. Das heißt, dass die Effizienz im Ackerbau deutlich steigen muss. Dazu gehören ihrer Ansicht nach neue Technologien auch im Bereich der präzisen Anwendungstechnik. Zudem gebe z.B. die BASF pro Jahr 980 Mio. € aus, um Wirkstoffe mit noch besserem Umweltprofil zu erforschen. Auch biologische Lösungen seien denkbar, deren Effizienz zurzeit aber nur bei 60% liege.

„Hinsichtlich der toxikologischen Aspekte von Wirkstoffen sind wir bereits auf einem guten Weg“, sagt Prof. Dr. Holger Deising von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. So kostet die Zulassung eines Wirkstoffs rund 200 Mio. €. Davon entfallen ein Drittel auf die Analyse der Ökotoxizität. Wichtig ist dem Professor, dass man komplexe Zusammenhänge der Gesellschaft besser erklärt. Auch das führe zu mehr Verständnis und zu mehr Objektivität in der Debatte.

Dass die von der Umweltseite oft geforderte „Biodiv.-Anwendungsbestimmung“ rechtswidrig ist, erläuterte Peter Koof, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Agrarrecht in der Kanzlei Koof und Kollegen. Er sagte, dass es sich bei der Auflage um eine Kompensationsmaßnahme handelt, die gesetzlich festgeschrieben werden muss. Daher komme der Ansatz, ein mehr an Artenvielfalt über die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zu regeln, nicht infrage.

Das sagen Landwirte

Die Landwirtschaft hat, so Jürgen Paffen von der Agrargenossenschaft Weißensee in Thüringen, sicherlich einen Part bei der Insektendiskussion. Allerdings hat sich im Bereich präzisere Ausbringtechnik in den letzten Jahren enorm viel getan, z.B. satellitengestützte Einzel- oder Teilbreitschaltungen. Bei der Fruchtfolge, so Paffen weiter, sorgt die Zulassungspolitik dafür, dass Fruchtfolgen enger, statt weiter werden. In seinem Betrieb ist z.B. der Anbau von Erbsen wegen des Verbots von Herbiziden nicht mehr möglich.

Das immer weniger Mittel zur Verfügung stehen, sieht auch Reinhold Hörner, vom Weingut Hörner aus Hochstadt in der Pfalz sehr kritisch. „Wenn wir Krankheiten nicht vorbeugend bekämpfen, gelangt keine Traube bis zur Ernte.“ Sorgen bereitet ihm auch das Insektenschutzprogramm der Koalition. „In meinem Landkreis wären rund 2.500 ha betroffen“, sagt er. „Für die Betriebe, die es betrifft, steht die Existenz auf dem Spiel.“

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