Die europäische Pflanzenschutzbranche will eine größere Wertschätzung ihrer Arbeit in der Öffentlichkeit erreichen. Dazu hat sie eine Vision für die Zukunft Europas entworfen, in der sie sich klar zu einer nachhaltigen Landwirtschaft bekennt.
„Pflanzenschutzmittel leisten bei richtiger Anwendung einen Beitrag zu Umweltschutz und Biodiversität. Deshalb sind sie ein fester Bestandteil der europäischen Landwirtschaft“, erklärte Jean-Charles Bocquet, der Generaldirektor der EU-Dachvereinigung der Pflanzenschutzindustrie (ECPA), im Gespräch mit dem Presse- und Informationsdienst AGRA-EUROPE.
Moderne Substanzen bauten sich in der Umwelt schneller ab, wirkten zielgenauer und schonten so die Tier- und Pflanzenwelt, betonte Bocquet. Er hob auch die Bedeutung der europäischen Landwirtschaft auf internationaler Ebene hervor. Nur mit einer hohen Produktivität sei es möglich, den Herausforderungen des Bevölkerungswachstums und des Klimawandels erfolgreich zu begegnen.
Der Franzose räumte ein, dass Europa ein besonders schwieriger Markt sei. Das Einkommensniveau der Europäer trage dazu bei, dass gute Nahrungsmittel als etwas Selbstverständliches betrachtet würden. Die Menschen konzentrierten sich deshalb auf eventuelle Risiken der Produkte. Dem versuche man unter anderem mit Führungen auf Demonstrationsbetrieben, beispielsweise in Kooperation mit Bayer oder Syngenta, entgegenzuarbeiten. Ferner verfüge man über ein unabhängiges Beratungsgremium, besetzt mit Wissenschaftlern, Landwirten und Vertretern von Nichtregierungsorganisationen.
Wissenschaftliche Begründung wichtig
Von der Europäischen Kommission verlangt die ECPA laut ihres Generaldirektors Regulierung mit Augenmaß - und setzt darauf, dass der neue Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker für alle Politikbereiche eine verstärkte Prüfung der Notwendigkeit neuer Vorschriften angekündigt hat.
„Ja, Regeln sind wichtig“, so Bocquet. Aber sie müssten wissenschaftlich begründet sein und Risiken gegenüber dem erwarteten Nutzen abwägen. Der Inhalt bestimmter EU-Vorschriften stelle die Unternehmen vor große Herausforderungen und mache Innovationen immer schwieriger. Insbesondere kritisierte der ECPA-Generaldirektor eine zunehmende Abkehr von einem risikobasierten Ansatz hin zu Verboten, sobald eine Substanz chemisch gefährliche Eigenschaften aufweist. Es müsse jedoch immer der Kontext des Einsatzes berücksichtigt werden. Das tatsächliche Risiko könne kontrolliert werden, sowohl für die Gesundheit des Landwirts und der Verbraucher als auch für die Umwelt.
Als Beispiel nannte der Agraringenieur die laufende Diskussion um Stoffe, die den Hormonhaushalt stören könnten, sogenannte endokrine Disruptoren. Diese Substanzen würden in der Umwelt oft schnell abgebaut. Man müsse deshalb die Größenordnung der Effekte in Betracht ziehen. Umweltgruppen wollten davon jedoch nichts hören. Bocquet hofft, dass im Rahmen der für 2018 vorgesehenen Überprüfung der EU-Verordnung für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln Änderungen vorgenommen werden.