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PIK: Mehr Chancen für den Naturschutz auf Zeit!

Flächen sparen und hochwertigen Naturschutz erzeugen – das ermöglichen Produktions- integrierte Kompensationsmaßnahmen (PIK). Was braucht es zur erfolgreichen Umsetzung?

Lesezeit: 6 Minuten

Seit zehn Jahren steht im Bundesnaturschutzgesetz: Landwirtschaftliche Flächen sind beim Naturschutzausgleich zu schonen. Die Realität vor Ort sieht aber häufig anders aus. Erst fallen Acker- und Grünland für ein Bau- oder Gewerbegebiet weg, dann weitere Flächen für den Naturschutzausgleich.

Dabei muss der zweimalige Flächenentzug nicht sein. Landwirte können die nötige Kompensation auch mit Hilfe der Produktionsintegrierten Kompensation (PIK) in der laufenden Produktion erbringen. Gegen Entlohnung legen sie z.B. Blühstreifen, Kombinationsbrachen oder Extensiväcker auf ihren Flächen an. Die Vorteile:

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  • Kein Flächenverbrauch, denn der Ausgleich findet auf bewirtschaftetem Acker bzw. Grünland statt.
  • Man kann steuern, wo Naturschutz stattfindet, z.B. auf ertragsschwachen Ecken oder Abstandstreifen.
  • Positive Öffentlichkeitswirkung.
  • Die PIK-Entlohnung fließt unabhängig von Markt- und Wettergeschehen.

Trotzdem führen PIK vielerorts ein Schattendasein. Grund genug für die Technische Universität Dresden und die Hochschule Anhalt, PIK und ihre Anwendung in Praxisbetrieben zu untersuchen. Hier einige der Ergebnisse.

Ökologisch wertvoll

Insekten profitieren besonders von PIK-Maßnahmen. Wie viel z.B. ein zehn Meter breiter mehrjähriger Blühstreifen an einem 100 ha Schlag bewirkt, überraschte auch die Wissenschaftler: „Wir haben eine als ausgestorben gemeldete Bienenart gefunden und statt 7 Tagfalterarten lebten nach einem Jahr 22 Arten auf der Fläche“, berichtet Florian Etterer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Landschaftsplanung der TU Dresden.

Artenzusammensetzung und Pflege des Blühstreifens machen dabei einen großen Unterschied in der Naturschutzwirkung. Im Projekt drillten die Landwirte 100% Wildartensaatgut, mulchten zeitversetzt und ließen einen Teil über Winter stehen.

„Die beeindruckenden Ergebnisse fußen auch auf einer intensiven Beratung der Landwirte“, ist sich Florian Etterer sicher. Noch besser für die Natur ist, Maßnahmen zu kombinieren wie z.B. Blühstreifen und Lerchenfenster.

Was ist PIK-Naturschutz wert?

Die Naturschutzbehörden vor Ort sind von PIK oft nicht begeistert. Häufig fehlt die Zeit für Beratung, Monitoring etc. Dazu kommt die Bewertung der PIK-Maßnahmen, also die Frage wie viel Naturverlust z.B. durch eine Straße ein Quadratmeter Blühstreifen bestimmter Art ausgleichen kann. Hier berücksichtigen viele Leitfäden PIK-Maßnahmen nicht genug, die Behörden sind verunsichert.

Rechtlich knifflig

„PIK sind endlich, die Kompensation grundsätzlich unendlich“, so bringt es Rechtsanwalt Dr. Marcus Lau aus Leipzig auf den Punkt, der PIK in der Untersuchung rechtlich beleuchtet hat. Sein Fazit: Um den Ausgleich auf unbestimmte Dauer zu sichern, ist ein Grundbucheintrag zugunsten des Naturschutzes nötig – ein rotes Tuch für Landwirte, da dadurch Verkehrswert und Beleihungsfähigkeit sinken. Um PIK als Kompensationsmaßnahme rechtlich sicher durchzuführen, sieht Dr. Lau zwei Möglichkeiten:

  • Sicherungsfläche: Auf einer Ackerfläche der Gemeinde oder eines Landwirts erfolgt ein Grundbucheintrag als Kompensationsfläche. Sie wird ackerbaulich genutzt und dient als Sicherheit für die Naturschutz-Kompensation, wenn es keine anderen Flächen gibt. Tatsächlich führen den Naturschutzausgleich per PIK aber örtliche Landwirte durch, z.B. über Bewirtschaftungsverträge.



  • Institutionelle Sicherung: Unkomplizierter ist es für Landwirte, wenn Institutionen wie Stiftungen, Landschaftspflegeverbände, Landgesellschaften o.a. die Kompensationspflicht vom Bauherrn übernehmen. Die Landwirte erhalten einen zeitlich befristeten Bewirtschaftungsvertrag für PIK. Die Institutionen organisieren den Ausgleich, beraten Landwirte, dokumentieren und kommunizieren mit den Behörden. Aktiv sind hier u.a. die Stiftung Rheinische Kulturlandschaft, die Stiftung Westfälische Kulturlandschaft, die Bayerische Kulturlandstiftung oder die Deutsche Landschaften GmbH, die PIK mit den regionalen Landschaftspflegeverbänden umsetzt.

Allerdings: Nicht überall finden Landwirte solche Ansprechpartner. Dann könnte ein vom Bauträger bezahltes Umweltbüro die Organisation übernehmen. Eine Idee wäre auch, sich mit mehreren Betrieben zusammenzuschließen und gemeinsam eine Ausgleichsmaßnahme zu übernehmen.

Naturschutz nicht auf Dauer!

Enden die PIK auf der Fläche, verschwindet der Lebensraum. Das ist für viele Arten wie Feldlerche, Kiebitz oder Rebhühner kein Problem, solange ein neuer Lebensraum in der Nähe entsteht. Haben sich andere geschützte Arten angesiedelt, könnte aber eine Verpflichtung zum dauerhaften Erhalt der PIK drohen, so die Befürchtung der Landwirte. Rechtsanwalt Dr. Lau empfiehlt daher, bereits in die Bewirtschaftungsverträge eine Ausnahmeregel nach § 45 Abs. 7 des BNatSchG aufzunehmen. Sie erlaubt ausdrücklich nach Vertragsende die Wiederaufnahme der ursprünglichen Nutzung.

Wer in Schutzgebieten wirtschaftet, sollte wissen, dass PIK auch andere Naturschutzauflagen wie z.B. Managementpläne für FFH-Gebiete mit abdecken können. Oft könnte es besser sein, Naturschutz von sich aus zu entwickeln, als darauf zu warten, dass die zuständigen Naturschutzbehörden ihre Bewirtschaftsauflagen durchsetzen.

EU-Förderung

Eine Doppelförderung von Naturschutzleistungen ist nicht erlaubt. Die einem Landwirt zu vergütenden PIK-Maßnahmen müssen also deutlich über das hinausgehen, was z.B. im Rahmen des Greenings für den Erhalt von Prämien ohnehin zu leisten ist. PIK sind auch deshalb im Vorfeld genau festzulegen. Der Ansprüche auf Betriebsprämien der ersten Säule bleiben aber weiterhin bestehen.

Wie viel Geld gibt es?

Die Entlohnung von befristeten PIK-Maßnahmen muss zumindest den DB-Verlust abdecken zuzüglich der entstehenden Kosten. Diese können immens sein: Wildsaatgutmischungen können z.B. 1.200 €/ha kosten. Die Ausgleichshöhe ist darüber hinaus individuell verhandelbar: „PIK-Maßnahmen sind eine Dienstleistung, auch mit Naturschutz darf Gewinn entstehen,“ so die Position von Florian Etterer. Von starren Kostensätzen rät er aber ab: „Steigt der Getreidepreis, muss auch für PIK mehr Geld fließen!“

Aufpassen müssen Betriebe, die über Bewirtschaftungsverträge hinaus die Sicherung von Ausgleichsmaßnahmen im Grundbucheintrag übernehmen: Hier kann der Verkehrswert sinken.

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K O M M E N T A R

Mehr PIK fürs Land!

Von Florian Etterer, TU Dresden

Politiker, die es mit der Flächenschonung ernst meinen, sollten PIK für den Naturschutzausgleich stärker fördern. Denn die Studie zeigt: Landwirte können mit PIK hochwertige Arbeit für Biodiversität und Artenschutz leisten. Damit sie einsteigen, braucht es aber

  • klare und praktikable Rahmenbedingungen.
  • laufende Beratung,
  • befristete Bindung,
  • schlanke Alternativen zum Grundbucheintrag.

Förderlich für PIK sind Siftungen oder Flächenagenturen für das Management. Sie sind aber nur in manchen Regionen verfügbar – es herrscht dringend Nachholbedarf! Gleiches gilt für die rechtlichen Rahmenbedingungen. Es kann nicht sein, dass Behörden PIK meiden, weil sie die Naturschutzleistung nicht rechtssicher bewerten können. Hier ist Bayern beispielhaft: Die Kompensationsverordnung benennt PIK ausdrücklich und konkretisiert die Anforderungen an die Praxis. Hier sollten auch andere Länder nachbessern.

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