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Regenerative Landwirtschaft: Boden als System begreifen

Dieter Weber stellte vor zwei Jahren auf Regenerative Landwirtschaft um und beherzigt seither konsequent deren Prinzipien. Aber nicht alles klappt auf Anhieb.

Lesezeit: 5 Minuten

Webers bewirtschaften das Hofgut Obere Wanne in Liestal (Schweiz) in siebter Generation – seit 25 Jahren nach den Knospe-Richtlinien. Doch Dieter Weber wurde immer unzufriedener: "Irgendwann dachte ich, dass wir uns im Denken kaum von konventionellen Betrieben unterscheiden. Unkraut-, Krankheits- und Schädlingsbekämpfung waren die Hauptaufgaben. Im Unterschied zu den konventionellen Kollegen einfach mit biologischen Mitteln und Methoden."

Auf der Suche nach neuen Ideen besuchte er den "Bodenkurs im Grünen" von Friedrich Wenz und Dietmar Näser, zwei Pionieren der Regenerativen Landwirtschaft. "Nach den ersten 30 min habe ich gewusst: Das ist es!" Seitdem setzt Weber den ganzheitlichen Ansatz der Regenerativen Landwirtschaft auf dem gesamten Betrieb konsequent um.

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Pflügen ist tabu

Der Boden solle möglichst nicht durch unbelebte Dünger, Pflanzenschutzmittel oder intensive (wendende) Bodenbearbeitung gestört werden, damit sich die Aktivität und Diversität des Bodenlebens erhöhten und Humus aufgebaut werde. Als allererste Maßnahme verkaufte der Landwirt also den Pflug: "Pflügen ist komplett tabu bei uns."

Stattdessen fräst er den Aufwuchs als Flächenrotte flach ein oder, wo es möglich und sinnvoll ist, wählt er Direktsaat. Zudem solle der Boden möglichst immer bedeckt sein. "Ich habe schon immer Gründüngungen angesät, doch nicht in den Zusammenhängen gedacht", sagt er.

Auch das konsequente Anlegen von Unter- oder Beisaaten mit hoher Artenvielfalt in allen Kulturen gehört zum System. Gegen Fäulnis im Boden beim Einfräsen der Organik verwendet er milchsaure Pflanzenfermente, die direkt beim Einarbeiten der Grünmasse eingespritzt werden. Auch legt er großen Wert auf eine weite Fruchtfolge und Vielfalt in den Kulturen. Alle Prinzipien der Regenerativen Landwirtschaft beherzigt er, dennoch klappt nicht unbedingt alles auf Abhieb.

Doppelter Reihenabstand

Auf einem Teil seiner 25 ha baut der Landwirt Körnermais an, dieses Jahr nicht mit dem üblichen Reihenabstand von 75 cm, sondern doppelt mit 150 cm (System Solarkorridor). Das Prinzip komme aus Amerika, aber gesehen habe er den Effekt auch im eigenen Maislabyrinth in den Jahren zuvor.

Entlang den Gängen, wo mehr Licht hingelange, wuchsen mehr und schönere Kolben. Diese Art des Anbaus bringe in den USA Erträge von + 10 % bis maximal - 15 %, aber zehnmal mehr Biomasse in der Untersaat im Vergleich zu 75 cm Reihenabstand und Untersaat. Die massige Zwischenreihenbegrünung wird Weber später als Flächenrotte in die obersten 5 cm Boden einarbeiten. Sollte es dafür im Spätherbst zu nass ein, wird er nach der Maisernte auf dieser Parzelle Dinkel im Direktsaatverfahren einsäen lassen.

Kartoffeln mit Mulchdecke

Zugedeckt mit einer bis 15 cm dicken Mulchdecke wachsen Webers Kartoffeln. Webers verwenden ein frostharte Winterzwischenfrucht von der Camena/Sativa mit Winterroggen, Winterwicken, Triticale, Inkarnatklee, Raps und Rübsen. Das Wintergrün wird im September des Vorjahres angesät und dann im Mai mit dem Mistzetter oder Kompoststreuer über die Dämme gestreut. Alternativ könne man auch Luzerne- Gras verwenden.

Die Mulchdecke schützt den Boden vor Austrocknung, minimiert oder verhindert gar das Keimen der einjährigen Begleitkräuter und erhält und fördert die Bodenstruktur. Insgesamt 20 Kartoffelsorten gibt es bei ihm. Alles alte Sorten – die älteste, "Parli", ist 250 Jahre alt.

Da es sich hier nicht um Hochleistungssorten handelt, fällt die Ernte mit 40 bis 80 dt/ha eher mager aus. Das ist nur ein Bruchteil dessen, was im Bioanbau mit den aktuellen Hochleistungssorten möglich wäre. Webers machen dies aber durch die Preise wett. So kosten ihre sortenspezifischen ProSpecieRara-Kartoffeln im Hofladen zwischen 6 und 10 CHF/kg (5,50 bis 9,22 €).

Dinkel mit Komposttee

Nicht ganz zufrieden ist Weber mit dem Ur-Dinkel: "Er müsste eigentlich doppelt so dicht stehen." Auch hier wählte er doppelten Reihenabstand von 24 cm bei gleicher Saatmenge. Damit ermöglicht er der vielfältigen Untersaat bessere Bedingungen. Aber im November 2020 sei die Saat aufgrund der Nässe nach Kürbis nicht ideal gewesen.

Nährstoffe führt er im Dinkel in der Regel keine zu, sondern vitalisiert die Kultur in Form von drei bis vier Kompostteegaben, die er zwischen dem Dreiblattstadium und Beginn des Schossens ausbringt.

Als Untersaat wächst die mit elf Mischungspartnern artenreiche Green- CarbonFix-Mischung, die speziell auf die Regenerative Landwirtschaft ausgerichtet ist und einen Leguminosenanteil von 38,8 % aufweist. Im Gegensatz zum Dinkel mit 28 dt/ha Ertragserwartung gedieh in diesem nassen Jahr die Untersaat prächtig. Sie wird circa sechs Wochen nach dem Dreschen in Flächenrotte gebracht werden und so den Humusaufbau massiv fördern.

Breit aufgestellt

Der wichtigste Betriebszweig der Familie sind die rund 4 ha Kürbisse, die im eigenen Kürbisland auf dem Hof vermarktet werden. Zum Betrieb gehören aber auch eine Gärtnerei, wo die Familie Gemüse- und Blumenjungpflanzen verkauft, weiter ein alljährliches Maislabyrinth, ein großes Blumenfeld, alte ProSpecieRara-Kartoffeln, über 100 Baumnussbäume und Legehennen. Dazu kommen Biohimbeeren zum Selberpflücken sowie mehrere Hektaren Biodiversitätsflächen wie Hecken und Magerwiesen.

Fazit von Dieter Weber

Die Regenerative Landwirtschaft sei kein System, das man überall auf die gleiche Art anwenden könne. "Man muss auf die eigenen Standortbedingungen achten und das System daran adaptieren." Erst das Zusammenspiel aller Maßnahmen und deren konsequente Anwendung führten zum Ziel, sagt Weber.

Wichtig sei der Austausch mit Gleichgesinnten. Dafür ist er Mitglied in einer WhatsApp-Gruppe, die sowohl Bios als auch konventionelle Praktiker der Regenerativen Landwirtschaft versammelt. Auch finde ein- bis zweimal pro Monat eine Beratungssession via Zoom statt, die von Simon Jöhr und Alex von Hettlingen von regenerativ.ch organisiert werde. Feldbegehungen und regelmäßige Arbeitskreistreffen sind ebenfalls wichtig, um sich mit Gleichgesinnten auszutauschen.

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