topplus Cercospora, Ramularia und Co.

Zuckerrüben: Bekämpfen Sie Blattkrankheiten gezielt

2024 war ein absolutes „Cercospora-Jahr“. Wie sich der Befall dieses Jahr entwickeln wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. So können Sie die Blattkrankheiten eindämmen

Lesezeit: 10 Minuten

Unser Autor: Dr. Bernhard Werner,

Bezirksstelle Hannover,

Landwirtschaftskammer Niedersachsen

Das Jahr 2024 zeichnete sich in den Zuckerrüben durch einen extremen Befall mit Blattkrankheiten aus. Unter anhaltend feuchten Bedingungen konnten sich vor allem die Cercospora-Blattflecken hervorragend entwickeln. Dieser starke Befallsdruck war mit Fungiziden kaum zu kontrollieren, insbesondere in anfälligen Sorten. Wie sich die Situation dieses Jahr entwickeln wird, bleibt abzuwarten.

Grundsätzlich treten Blattkrankheiten in der Zuckerrübe unterschiedlich stark auf – je nach Sorte, Standortbedingungen und Witterung. Auch regional können die Unterschiede oft sehr groß sein. Beobachten Sie die Befallssituation auf den eigenen Schlägen daher regelmäßig und gehen Sie gezielt gegen Befall vor.

In den Rüben ist nur noch eine überschaubare Anzahl wirksamer Fungizide zugelassen. Mit vielen Mitteln sind alle Blattkrankheiten zusammen nur noch begrenzt bekämpfbar. Durch drei Neuzulassungen in den letzten Jahren hat sich die Situation hier aber etwas verbessert.

Das ist neu in diesem Jahr

Durch den Wegfall wichtiger Azol-Wirkstoffe wie Epoxiconazol und Cyproconazol vor einigen Jahren, war die Mittelpalette der Zuckerrübenfungizide zuletzt deutlich zusammengeschrumpft. Zudem ist von den Wirkstoffen Difenoconazol (Score, Amistar Gold) und Tetraconazol (Domark 10 EC) wegen der fortschreitenden Resistenzen kaum noch eine Cercosporawirkung zu erwarten. Das Gleiche gilt für den Strobilurin-Wirkstoff Azoxystrobin.

Ein Lichtblick sind daher die Neuzulassungen von Diadem aus 2023 sowie von Panorama und Propulse aus 2024. Diadem enthält die Wirkstoffe Mefentrifluconazol (100 g/l) und Fluxapyroxad (50 g/l) und ist mit einer Aufwandmenge von 1,0 l/ha zugelassen; hier sind zwei Anwendungen möglich. Dieses Mittel ist gegen alle wichtigen Blattkrankheiten in der Zuckerrübe zugelassen und verfügt über eine mittlere Wirkung gegen Cercospora.

Propulse (Prothioconazol 125 g/l plus Fluopyram 125 g/l) hat in den Rüben eine reguläre Zulassung gegen Cercospora, Ramularia, Echten Mehltau und Rübenrost erhalten. Es lässt sich zweimal mit je 1,2 l/ha ausbringen.

Panorama (Prothioconazol 250 g/l + Metconazol 90 g/l) hat eine Zulassung gegen Cercospora und Rübenrost in Zucker- und Futterrüben. Auch dieses Mittel darf man zweimal ausbringen (je 0,6 l/ha).

Da Propulse und Panorama in den Vorjahren eine Notfallzulassung für einen begrenzten Zeitraum erhalten hatten, konnten viele Zuckerrübenanbauer damit bereits gute Erfahrungen sammeln. Eine Auswahl der aktuell zugelassenen Zuckerrübenfungizide finden Sie in der Übersicht 4.

Zudem wurden für die aktuelle Rübensaison wieder Notfallzulassungen für verschiedene Kupferpräparate beantragt. Wahrscheinlich könnten hier ungefähr die gleichen Mittel wie in den letzten Jahren zur Verfügung stehen, wie z. B. Funguran progress (Kup­fer­hydroxid 537 g/l), Grifon SC (Kupferhydroxid 208 g/l + Kupferoxychlorid 230 g/l), Recudo (Kupferhydroxid 483 g/l) oder Yukon (Schwefel 640 g/l + Kupfersulfat 80 g/l).

Wechseln Sie die Wirkstoffe!

Aufgrund fortgeschrittener Resistenzen bei den Strobilurinen und der ebenfalls sehr hohen Resistenzgefährdung bei den Carboxamiden, liegt die Hauptlast bei der Cercosporakontrolle weiterhin auf den Azolen. Die beiden bereits genannten prothioconazolhaltigen Fungizide Propulse und Panorama zeigten in dreijährigen Versuchen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen eine sehr gute Wirkung gegen Cercospora.

Hier schnitt Propulse geringfügig besser ab als Panorama (siehe Übersicht 1). Eine ebenfalls sehr gute Wirkung zeigte in den Versuchen das Prothioconazol-haltige Produkt Univoq. Für Univoq ist die Zulassung in Zuckerrüben beantragt,  wird aber in diesem Jahr wahrscheinlich noch nicht zur Verfügung stehen. Etwas schwächer in der Wirkung schnitt Diadem ab.

Alle drei zugelassenen Mittel Propulse, Panorama und Diadem haben eine deutlich stärkere Wirkung gegen Cercospora als die Difenoconazol-haltigen Mittel Score und Amistar Gold. Bei Score und Amistar Gold kann man eigentlich nur noch von einer Restwirkung gegen Cercospora sprechen. Gegen Ramularia, Rost und Echten Mehltau haben sie allerdings durchaus noch ihre Berechtigung.

Tetraconazol (z. B. Domark 10 EC) verfügt nur über eine geringe Cercosporawirkung und eine Teilwirkung gegenüber den anderen Krankheiten. Sofern aber mehrere Behandlungen notwendig sind, sollten Sie diesen Wirkstoff deshalb in Ihre Bekämpfungsstrategie einbinden, um zwischen den Azolen zu wechseln.

Kupferhaltige Fungizide haben in der Zuckerrübe momentan noch keine reguläre Zulassung – für verschiedene Mittel wurde aber eine Notfallzulassung beantragt. In Versuchen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen aus den Jahren 2022 und 2023 wurde die Zusatzwirkung verschiedener Kupferpräparate auf Cercospora getestet (siehe Übersicht 2). Dazu wurden den Basisbehandlungen mit Propulse und Diadem (Spritzfolge) jeweils die verschiedenen Kupfermittel zugesetzt. Die Wirkung gegen Cercospora ließ sich in diesen Versuchen um 7 % bis 14 % steigern. Weitere Versuche aus Niedersachsen zeigten in den letzten Jahren vergleichbare Ergebnisse.

Daraus folgt: Sobald wieder Notfallzulassungen vorliegen, lohnt es sich, die Kupferpräparate bei stärkerem Befallsdruck mit Cercospora zu der regulä­ren Fungizidapplikation beizumischen, um eine stärke Wirkung zu erzielen.

Die Empfehlungen für Ihre ­Bestände

Zuallererst – bevor Sie den Einsatz eines Fungizids überhaupt in Erwägung ziehen – sollten Sie Ihre Bestände unbedingt auf vorhandene Blattkrankheiten und ihre Bekämpfungswürdigkeit kontrollieren. Zu den wichtigsten zählen Cer­cospora, Ramularia, Echter Mehltau und Rübenrost. Außerdem kann Phoma auftreten – der Befall ist aber nur selten von wirtschaftlicher Bedeutung.

Besonders förderlich für Blattkrankheiten ist eine wechselhafte Witterung mit Niederschlägen und Temperaturen von über 20 °C. Neben der Witterung und etwaiger Beregnung beeinflussen die Fruchtfolge, die Anbaudichte in der Nachbarschaft sowie die Sortenwahl das Erstauftreten und den Verlauf der Blattkrankheiten erheblich. Behalten Sie Ihre Bestände daher im Blick.

Immer wieder zeigen sich in den Versuchen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen deutliche Befallsunterschiede zwischen einzelnen Sorten. Ob eine Bekämpfung notwendig wird, hängt also auch direkt von den Eigenschaften der ausgesäten Sorte ab. Die Beschreibende Sortenliste (BSL) des Bundessortenamtes nennt in erster Linie die Anfälligkeit gegenüber Cercospora und Mehltau. Bisher differenzierte die Einstufung für die Mehltauanfälligkeit deutlich stärker als die für Cercospora. Das hat sich mittlerweile geändert. Aufgrund neuer Züchtungserfolge gibt es inzwischen sehr gesunde Sorten mit einer hohen Cercosporatoleranz (CR+Sorten).

Nutzen Sie diesen Zuchtfortschritt, damit Cercospora gar nicht erst zum Problem wird – wenn nicht in diesem Jahr, dann in Zukunft! Eine Einstufung der Ramulariaanfälligkeit gibt es bislang nur für wenige Sorten. Wer künftig vor allem auf solche blattgesunden Sorten setzt, kann den Fungizideinsatz oft deutlich reduzieren. Unabhängig von der Sorte sind Beregnungsstandorte besonders gefährdet, da die „künstliche“ Wasserzufuhr vor allem bei hohen Temperaturen ein ­optimales Mikroklima für Blattkrankheiten schafft. Ein deutlich höherer ­Befallsdruck kann auch dort auf­treten, wo im Vorjahr auf den benachbarten Flächen Zuckerrüben angebaut wurden.

Führen Sie daher regelmäßige Bestandeskontrollen in Zuckerrüben durch, indem Sie aus dem mittleren Blattapparat zufällig hundert Rübenblätter entnehmen und auf Befallssymptome untersuchen (Blattrupfmethode). Aus der Anzahl der Blätter, die mindestens einen Blattfleck von Cercospora, Ramularia, Rost oder Mehltau aufweisen, ergibt sich die Befallshäufigkeit.

Die in der Übersicht 3 beschriebenen Bekämpfungsschwellen sind zeitlich gestaffelt und bei frühen Infektionen deutlich niedriger als bei späten. Wenn die jeweilige Bekämpfungsschwelle überschritten ist, sollte der Fungizideinsatz zeitnah erfolgen. Die Dauerwirkung der Fungizide beträgt bei voller Aufwandmenge – je nach Witterung und Beregnungsintensität – bis zu drei Wochen.

Wer ein Spritzfenster anlegt, kann den Befallsverlauf im Vergleich zur behandelten Fläche gut kontrollieren. Wichtig ist, dass Sie Flächen auch nach dem erfolgten Fungizideinsatz weiter beobachten, um notwendige Folgebehandlungen rechtzeitig durchführen zu können. Online-Entscheidungshilfen und die Daten der amtlichen Blattkrankheitsmonitorings, finden sie unter  www.isip.de  oder in den Internetportalen der einzelnen Zuckerunternehmen.

Nach Befall rechtzeitig ­reagieren

Damit sich keine weiteren Resistenzen entwickeln, ist der Wirkstoffwechsel bei Spritzfolgen Pflicht – sofern passende Fungizide zur Verfügung stehen. Wie der Wirkstoffwechsel im Vegetationsverlauf aussehen könnte, sehen Sie in der Übersicht 6.

Sind vorrangig  Rost und/oder Mehltau zu bekämpfen, reicht oft eine Fungizidmaßnahme aus. Dazu kann man Propulse, Panorama oder Diadem einsetzen. Ist bei einer erneuten Schwellenüberschreitung eine Folgespritzung notwendig, lässt sich diese z. B  mit Amistar Gold, Score oder Domark durchführen. Ist ein zusätzlicher Schutz gegen einen möglichen Cercosporabefall erforderlich, kann man diese Mittel voraussichtlich mit einem kupferhaltigen Präparat flankieren.

Steht die Bekämpfung von  Cercospora  im Vordergrund, sollten vorrangig Propulse, Panorama (beide Prothioconazol-haltig) oder Diadem zum Einsatz kommen. Auch hier ist bei starkem Befall die Zumischung eines Kupferpräparates empfehlenswert, um die Wirkung abzusichern. Hinweis: Kupferpräparate dürfen voraussichtlich aber nur zweimal zum Einsatz kommen, entsprechend der erwarteten Notfallzulassung.

Bei  Starkbefall  ist eine Spritzfolge aus Propulse bzw. Panorama und Diadem sinnvoll. Wechseln Sie bei Nachbehandlungen grundsätzlich zwischen den Azolen. Folgekontrollen und Nachbehandlungen sind in anfälligen Sorten bereits nach zwei Wochen durchzuführen, in gesunden Sorten mus die Nachkontrolle spätestens drei Wochen nach der Vorbehandlung erfolgen. Setzen Sie die Fungizide immer zeitnah ein, sobald die Schwellen überschritten sind.

Exkurs: Die Bedeutung ­gesunder Sorten

Nicht jedes Jahr ist ein Befallsjahr. Cercospora spielte gerade in Norddeutschland witterungsbedingt in den Vorjahren oft eher eine untergeordnete Rolle – abgesehen von Beregnungsstandorten und hochanfälligen Sorten. Häufig dominierten in den Befallserhebungen eher Rübenrost und zum Teil auch Mehltau.

Im vergangenen Jahr 2024 trat Cercospora dann aber witterungsbedingt sehr stark auf, wobei erhebliche Sortenunterschiede sichtbar wurden. Gut erkennen konnte man das an den Befallsverläufen in einem Feldversuch (siehe Übersicht 5) auf einem Beregnungsstandort in Dollbergen, nordöstlich von Hannover.

Die Sorte Lunella als anfällige Sorte, BTS 6975N als gesunde Sorte und Blandina als CR+Sorte standen in diesem Versuch nebeneinander. Ein extrem früher Cercosporabefall in der Lunella führte bereits um den 20. Juni zur ersten Überschreitung der Bekämpfungsschwelle von 5 % Befallshäufigkeit.

Allein die Sortengesundheit verzögerte die Notwendigkeit der ersten Fungizidbehandlung in der BTS 6975N und der Blandina um ca. zwei bis drei Wochen. Zwar stieg in der Folgezeit die Befallshäufigkeit auch in den gesünderen Sorten (durchgezogene Linien) zeitverzögert an, aber die Befallsstärke (gestrichelte Linien) blieb in den beiden Sorten bis Ende August ohne Behandlung relativ gering.

Lunella war dagegen bereits Mitte August komplett abgebrannt; hier kam es zu 100 % Blattneubildung. In der Lunella wurde zudem die Wirkung verschiedener Spritzabstände getestet – sie sind hier nicht abgebildet.

Dabei zeigte sich, dass kurze Spritzabstände bessere Wirkungsgrade brachten als weite Spritzabstände. Dabei bezeichnen kurze Spritzabstände hier Folgespritzungen, die jeweils zwei Wochen auf die vorangehende Behandlung folgten. In den gesunden Sorten reichten Folgespritzungen in größeren Abständen hingegen aus. Nach diesen Erkenntnissen richten sich unsere Anwendungsempfehlungen, die auf der Sortenanfälligkeit basieren.

Fazit:

Wie sich das Befallsgeschehen in den Zuckerrüben weiter entwickeln wird, bleibt abzuwarten. In der Zwischenzeit sind Bestandeskontrollen unabdingbar.  Zur Cercosporabekämpfung stehen Ihnen in diesem Jahr drei Mittel mit einer guten Wirkung zur Verfügung.

Zugemischte kupferhaltige Mittel können helfen, das Resistenzrisiko zu reduzieren – falls sie eine Notfallzulassung erhalten. Es gilt aber nach wie vor: Nicht immer ist ein Fungizideinsatz notwendig, vor allem kein mehrfacher.

ChecklisteFungizideinsatz

  • Bekämpfungsschwellen-Methode (Blatt-Rupfmethode) zum gezielten Fungizideinsatz anwenden!

  • Keine vorzeitigen Fungizidmaßnahmen durchführen (unwirtschaftlich, fördert zusätzlich die Resistenzneigung).

Spritzstart:

  • Standortbedingungen einschätzen; auf Alt-Rübenschläge im Umfeld achten!

  • Blattkontrollen rechtzeitig beginnen und nach möglichen Sporenquellen ausrichten.

  • Zusätzliche Hilfen nutzen, z. B. ISIP/Cercbet. Warndienstaufrufe zur Feld­kontrolle beachten!

Nachbehandlung:

  • Bei besonders hohem Infektionsdruck Behandlungserfolg kontrollieren.

  • Rechtzeitig nachbehandeln, in anfälligen Sorten nach zwei, ansonsten nach ca. drei Wochen bei erneuter Schwellenüberschreitung (2. Bekämpfungsschwelle = 45 % Befalls­häufigkeit).

Fungizideinsatz:

  • Wirkstoffwechsel oder Kombination zur Resistenz-Prophylaxe beachten.

  • Strobilurinhaltige Mittel nur in Kombination mit Azol-Partner einsetzen und das nur, wenn noch eine Nachbehandlung mit einem azolhaltigem Mittel erfolgt.

  • Bei Notfallzulassung zusätzlich Kupferprodukte in die Spritzfolge einbauen!

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