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Rüben: Herbizidsystem Conviso Smart geht an den Start

Ab diesem Frühjahr dürfen auch deutsche Landwirte Rüben aus dem Herbizidsystem Conviso Smart anbauen. Was das System leistet und worauf man achten sollte, haben wir von Experten erfahren.

Lesezeit: 9 Minuten

Weltweit wurde es 2018 in 25 Ländern eingeführt: Das Herbizidsystem Conviso Smart der Unternehmen Bayer CropScience und KWS. Offensichtlich erfolgreich – so lag der Marktanteil 2021 z.B. in Lettland, Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Moldawien bei über 50%.

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Zulassung: Warum so spät?

Bayer hat die Zulassung des Herbizids Conviso One bereits 2015 beantragt. Während des Zulassungsprozesses änderte das Umweltbundesamt den Faktor für die nationale Risikobewertung für Algen und Gewässerpflanzen. Diese Bewertung führte dazu, dass die beantragten Indikationen (Anwendungsnummern 01 bis 04) nicht zulassungsfähig waren.

Daraufhin erstritt sich Bayer im März Recht vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig (1 A 17/21). Seit dem 13. Juli 2022 gilt für Conviso One nun eine novellierte Zulassung mit voller Aufwandmenge als Flächenapplikation (1 x 1,0 l/ha bzw. 2 x 0,5 l/ha).

Die übrigen der insgesamt 14 Indikationen mit teils deutlich geringeren Aufwandmengen sind laut Bayer das Ergebnis des unsicheren, langwierigen Registrierprozesses von Conviso One in Deutschland. Lange sei es nicht klar gewesen, ob die ursprünglich beantragten Indikationen zugelassen würden.

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Doch nun startet die Vermarktung auch bei uns. Conviso Smart besteht aus zwei Komponenten:

  • Spezielle „Smart-Rübensorten“ von KWS, die gegen die im Herbizid enthaltenen Wirkstoffe tolerant sind. Sie wurden klassisch gezüchtet (das Unternehmen fand die natürliche und spontan auftretende Variation in einer von 1,5 Mrd. Zellen).
  • Das Herbizid Conviso One von Bayer, das 50 g/l Foramsulfuron (blattaktiv) und 28,92 g/l Thiencarbazone (blatt- und bodenaktiv) enthält. Die ALS-Hemmer sind für klassische Rübensorten unverträglich, während die Smart-Rüben überleben.

Wie sind die Sorten einzuschätzen?

Mittlerweile hat das Bundessortenamt folgende Smart-Sorten zugelassen:

  • Smart Manja KWS – sie ist gering bis mittel anfällig für Cercospora (BSA-Note 4) und laut Züchter mehrfach tolerant gegen Rizomania (RZ 2.0).
  • Smart Mirea KWS ist tolerant gegen Rizomania und ebenfalls gering bis mittel anfällig für Cercospora (BSA-Note 4).
  • Smart Thekla KWS ist tolerant gegen Rizomania und Nematoden. Gegenüber Cercospora ist sie mittel bis stark anfällig (BSA-Note 6).
  • BTS Smart 9245 N ist ebenfalls nematodentolerant.

Der Bereinigte Zuckerertrag der Sorten liegt bei relativ unter 100% – und zwar bei 89 bis 97%. Zudem erreichen sie noch nicht das Ertragsniveau der derzeit besten Standardsorten.

Die Vermehrung der Smart-Sorten führt KWS in Südfrankreich und Italien durch, abgegrenzt von der Produktion des klassischen Saatgutes. In der Praxis lassen sich die Saatgutschachteln anhand eines grünen Streifens, durch das Logo von Conviso Smart und das „Smart“ im Sortennamen von der klassischen Saatgutverpackung unterscheiden. Künftig, wohl ab 2024, sollen auch Sorten der Lizenznehmer SESVanderHave und weitere von Betaseed verfügbar sein.

Das leistet das Herbizid

Das passende Herbizid Conviso One hat Bayer in enger Abstimmung mit KWS entwickelt. Wichtig für die Praxis sind die vier ursprünglich beantragten Indikationen, die nun durch die novellierte Zulassung anwendbar sind.

Die volle Aufwandmenge von Conviso One liegt bei 1 x 1,0 l/ha bzw. 2 x 0,5 l/ha im Splitting in 200 bis 400 l Wasser/ha. Einsetzen lässt sich das Herbizid gegen Ackerfuchsschwanz, Einjähriges Rispengras, Hühnerhirse und einjährige zweikeimblättrige Unkräuter, je nach Anwendung bis maximal zum vierten Laubblatt.

Auf drainierten Flächen ist diese Aufwandmenge nur als Reihenanwendung (Hacke-Bandspritze) zugelassen. Alternativ wäre auf diesen Flächen zwar auch die halbe Aufwandmenge von 1 x 0,5 bzw. 2 x 0,25 l/ha zugelassen (laut BVL jedoch nicht gegen Ackerfuchsschwanz!), allerdings reicht diese geringe Menge z.B. gegen Weißen Gänsefuß nicht aus. Daher gibt es hierfür auch keine Empfehlung.

Der Hersteller Bayer empfiehlt für eine sichere Wirkung die Splittingbehandlung mit 2 x 0,5 l/ha sowie den Zusatz von Mero (Öl) im Verhältnis 1:1. Unter besonders trockenen Bedingungen kann man die Ölmenge auf die 1,5- bis 2-fache Menge von Conviso erhöhen.

„Bereits 2013 liefen erste Versuche mit Conviso One“, sagt Dr. Daniel Laufer vom Institut für Zuckerrübenforschung (IfZ) an der Universität Göttingen. Demnach erzielte das Herbizid gute Ergebnisse gegen typische Leitunkräuter in Rüben wie Weißer Gänsefuß, Winden- und Vogelknöterich sowie Bingelkraut. Eine Wirkungslücke bleibt bei Persischem Ehrenpreis.

Vor allem die Anwendung im Splitting sowie der Zusatz von Mero überzeugten 2018 auch in Versuchen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL). Gegen Weißen Gänsefuß sei die Wirkung im Vergleich zur einmaligen Behandlung deutlich besser gewesen, bis hin zu einer nahezu vollständigen Bekämpfung. Zudem ließen sich laut LfL auch fast alle anderen Samenunkräuter im Splitting sicher bekämpfen. Gegen Winden- und Vogelknöterich sowie Stiefmütterchen konnten obendrein deutlich bessere Wirkungen erzielt werden als mit einer konventionellen Spritzfolge (Dreifach-NAK).

Wie teuer wirds?

Den Vertrieb des Systems übernimmt KWS. Seit Anfang September ist Conviso Smart im Onlineshop verfügbar. Dabei werden Saatgut und Herbizid ausschließlich im Paket angeboten – sie können nicht unabhängig voneinander erworben werden.

Zwar stehen die aktuellen Ernteergebnisse der Vermehrungsstationen noch aus, doch KWS rechnet zurzeit damit, dass für das Anbaujahr 2023 ausreichend „Smart-Saatgut“ verfügbar sein wird. Wer bereits die Frühbestellung von klassischen KWS-Sorten im Online-Shop genutzt hat, kann stornieren.

KWS nimmt alle Stornierungen an, solange für die gleiche Fläche das Conviso Smart-System bestellt wird und die Stornierung mit der entsprechenden Zuckerindustrie abgesprochen ist.

Für das System ergeben sich laut KWS Kosten ab 480 €/ha für Smart Mirea KWS bzw. Smart Manja KWS. Für Smart Thekla KWS zahlt man ab 500 €/ha. Bei diesen Preisen ist ein Einführungs- sowie der Vorkassenrabatt von 20 €/ha bereits abgezogen.

Wie ist das System zu bewerten?

„Wesentliche Mehrkosten im Vergleich zu den gängigen NAK-Einsätzen entstehen durch das System eher nicht“, meint Dr. Bernhard Werner von der LWK Niedersachsen. Zwar sei es auf den ersten Blick teurer, allerdings fallen neben den Pflanzenschutzmittelkosten auch einige Überfahrten weg. Zudem vertragen die Smart-Rüben das Herbizid gut. „Augenscheinlich haben sich die Pflanzen nicht durch die Maßnahme beeindrucken lassen“, so Werners Beobachtungen aus mehrjährigen Versuchen.

Diese Vorteile sieht auch Dr. Christian Lang, Geschäftsführer des Verbands der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer. „Das Herbizidsystem ist tatsächlich eine große Chance. Wir können damit die Pflanzenschutzmenge insgesamt stark reduzieren und trotzdem noch sicher Unkräuter ausschalten“, sagt Lang. Durch Conviso Smart biete sich die Möglichkeit, in einigen Fällen Flächen auch zu reparieren. „Vor allem durch Unkrautrüben verseuchte Flächen lassen sich damit in den Griff bekommen“, ergänzt Daniel Laufer vom IfZ.

Auf drainierten Flächen – so Bernhard Werner – stößt das System allerdings an seine Grenzen. Denn wer dort die volle Aufwandmenge einsetzen möchte, benötigt zulassungsbedingt eine Hacke-Bandspritze – der Einsatz erfordert nach seiner Erfahrung aber viel Fingerspitzengefühl. Alternativ nur die halbe Aufwandmenge zu nutzen, bewertet er als kritisch, weil man dadurch Ungräser wie Ackerfuchsschwanz konditioniert und somit die Resistenzgefahr insgesamt erhöht.

Zu beachten ist auch Folgendes: Wächst z.B. Clearfield-Ausfallraps oder eine Restverunkrautung anderer Kulturpflanzen mit eingekreuzter Toleranz gegenüber ALS-Hemmern auf dem Schlag, sollte man auf den Anbau von Smart-Rüben verzichten. Denn Conviso One erfasst als ALS-Hemmer diese Pflanzen nicht. Zudem empfiehlt es sich laut Bayer, auf Flächen mit Verdacht auf ALS-Resistenz den Einsatz von Conviso One vorab kritisch zu prüfen. Falls die Resistenz als nicht handhabbar eingestuft wird, sollte man auch hier auf das Conviso Smart-System verzichten.

Darüber hinaus passen die derzeit angebotenen Sorten nicht auf jeden Standort. Im Süden sind laut Daniel Laufer teils auch Rhizoctonia-tolerante Sorten gefragt, im Südwesten sucht man dagegen dringend nach Lösungen gegen die bakterielle Rübenkrankheit SBR („Syndrom niedriger Zuckergehalte“). An Sorten mit Toleranzeigenschaften gegenüber Rhizoctonia, Vergilbungsviren, SBR sowie Cercospora (CR+) arbeite man mit Hochdruck, betont KWS.

Augen auf beim Anbau!

Wer sich nun dafür entscheidet, das System Conviso Smart auszuprobieren, muss dabei einiges beachten. Am wichtigsten ist es, klassische und herbizidtolerante Rüben keinesfalls zu verwechseln. Denn sonst sind die eigenen oder die Rüben der Nachbarfläche vernichtet. Berücksichtigen Sie zudem auch diese Aspekte:

  • Lagern Sie das Saatgut getrennt von den klassischen Sorten.
  • Säen Sie nur herbizidtolerante oder klassische Sorten auf einen Acker.
  • Reinigen Sie die Sämaschine!
  • Vermeiden Sie, dass Abdrift auf klassische Rüben gelangt.
  • Säubern Sie die Spritze intensiv!
  • Für Schosser gilt eine Nulltoleranz! Entfernen Sie diese unbedingt vor der Samenreife vom gesamten Acker. „Andernfalls stehen dort in drei bis vier Jahren gegen ALS-Hemmer resistente Schosser“, warnt Bernhard Werner.
  • Halten Sie sich an die Anbauempfehlung: Säen Sie je nach Aussaatstärke im Bereich 1 bis 1,2 Einheiten Rüben/ha und behandeln Sie diese mit 1,0 l/ha Conviso One plus 1,0 l/ha Mero.

Bedenken Sie, dass Conviso Smart in Rüben nur so lange funktioniert, bis die Unkräuter resistent werden. In Österreich zeigen z.B. Beifuß und Amarant bereits erste Resistenzerscheinungen. Das wundert Christian Lang nicht: „Wie auch in der Wildrübe sind Resistenzen gegen ALS-Hemmer im Unkraut natürlicherweise vorhanden.“ Der Vorteil von Amarant gegenüber der Rübe sei allerdings das unendliche Samenpotenzial. „Damit selektieren sich resistente Unkräuter im Feld deutlich schneller“, so Lang.

Doch nicht nur das steigert das Resistenzrisiko: Wirkstoffe aus der Gruppe der ALS-Hemmer werden über die Fruchtfolge auch in anderen Kulturen wie Getreide und Mais angewendet. Kommen sie nun auch über Conviso in Rüben zum Einsatz, gewinnt ein vorbeugendes Resistenzmanagement noch mehr an Bedeutung, betonen Unternehmen und Berater. Das rückt den integrierten Pflanzenschutz weiter in den Fokus (vielfältige Fruchtfolge, mechanische Maßnahmen nutzen, verschiedene Wirkmechanismen anwenden etc.).

„Wichtig ist nun ein sorgfältiger Umgang mit dem System! Denn danach bleibt nichts mehr“, hebt Christian Lang hervor. „Langfristig ist es wahrscheinlich, dass im Pflanzenschutz weitere Wirkstoffe wegfallen.“ Dass sich Unkräuter in Rüben künftig rein mechanisch bekämpfen lassen, glaubt der Rübenexperte nicht.

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