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Rüben: Weniger Wirkstoffe bei höherem Pilzdruck?

Die Wirkstoffvielfalt nimmt ab und der Krankheitsdruck zu. Über Notfallzulassungen lassen sich Cercospora, Mehltau und Co. in dieser Saison aber voraussichtlich noch bewältigen.

Lesezeit: 10 Minuten

Unser Autor: Sebastian Adam, Arbeitsgemeinschaft Zuckerrübe Südwest

Cercospora ist neben Mehltau, Rost und Ramularia nach wie vor die wichtigste Blattkrankheit an Zuckerrüben. Der Pilz greift die Blätter an und zerstört sie. Es treiben neue Blätter aus, was die Pflanzen viel Zuckerreserven kostet. Ein früher Befall wirkt sich stark auf den Rübenertrag und Zuckergehalt aus – Verluste von bis zu 40 % sind möglich.

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Befallsfördernd sind ein milder Winter, gefolgt von einem warmen Frühjahr mit frühem Reihenschluss und hohe Niederschlagsmengen in den Monaten Juni und Juli. Zusätzlich wird das Auftreten von Cercospora durch eine hohe Luftfeuchtigkeit (über 90 %) und warme Temperaturen (tagsüber 25 bis 30 °C, nachts wärmer als 17 °C) begünstigt.

Mehltau, Ramularia und Rost führen dagegen meist nur regional zu Ertragseinbußen. Allerdings werden diese Krankheiten bei Cercospora-resistenten Sorten an Bedeutung gewinnen, da ihre Bekämpfung dort nötig werden kann.

Cercospora immer hartnäckiger

Seit einigen Jahren ist zu beobachten, dass der Cercospora-Erreger gegenüber Strobilurinen vermehrt Resistenzen bildet und die Produkte dadurch wirkungslos werden. Vor allem der Rheingraben ist von diesem Problem betroffen – hier zeigte sich die Resistenz recht schnell. In Starkbefallsgebieten wirken die Strobis in Rüben nicht mehr, so die Erfahrungen der Arbeitsgemeinschaften und der Offizialberatung.

Im Gegensatz zu den Strobilurinen ist bei den Azolen kein sofortiges Resistenzauftreten zu beobachten, sondern ein ,,Shifting‘‘. Das heißt, dass die Azole in voller Aufwandmenge zwar wirken, ihre Leistung aber über die Jahre kontinuierlich abnimmt. Daher wird in Starkbefallsgebieten der zusätzliche Einsatz von Kontaktfungiziden empfohlen (diese sind meist aber nur über Notfallzulassungen anwendbar). Der Einsatz dieser Multi-Site-Wirkstoffe verhindert eine schnelle Resistenzentwicklung der Erreger. Kontaktmittel greifen an mehreren Stellen der Pilzzelle ein, sodass sich keine Resistenz ausbilden kann bzw. vorliegende Resistenzen gebrochen werden können.

Generell trifft das zunehmende Resistenzproblem zurzeit auf ein immer engeres Wirkstoffportfolio. Das Auslaufen von Zulassungen fungizider Wirkstoffe beeinträchtigt mittlerweile den gesamten Zuckerrübenanbau erheblich. Mit der Aufbrauchfrist von Cyprocon­azol bis November 2022 (Mercury Pro, Sphere) verringert sich z. B. die Palette der Azole – dann stehen vorerst nur noch zwei Azole gegen Blattkrankheiten zur Verfügung. Das sind Tetraconazol (Produkt: Domark) und Difeno­conazol (Produkte: Score, Amistar Gold).

Notfallzulassungen für die Saison 2022

Zum Glück wurde Anfang Mai für sieben Fungizide eine Notfallzulassung erteilt (siehe Übersicht 1). Allerdings wird wohl die Verfügbarkeit auf dem Markt in der Saison 2022 der limitierende Faktor sein. Die verfügbaren Mengen sind in der letzten Spalte der Übersicht dargestellt.

Kombinieren Sie die gängigen Mittel wie Score und Domark mit den kupferhaltigen Produkten, um dem Shifting vorzubeugen. Bevorzugen Sie zudem den Einsatz von Mefentrifluconazol (Diadem) oder Prothioconazol (Propulse, Panorama), um eine Resistenz der bisher dominierenden Azole zu vermeiden.

Die Arbeitsgemeinschaft Zuckerrübe Südwest erzielte in den letzten Anbaujahren mit dem Produkt Propulse sehr gute Ergebnisse in den Regionen Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg. Daher sollte der Einsatz in diesen Gebieten im Vordergrund stehen. Zu beachten sind dabei allerdings die Nachbaubeschränkungen.

Hinweis: Im vergangenen Jahr erreichten Behandlungen von Azolen kombiniert mit einem Kontaktfungizid höhere Rübenerträge und Zuckergehalte als ohne Kontaktmittel. Es gilt: Umso stärker der Befall, umso weniger ist der alleinige Einsatz der Azole noch wirksam.

Strategie: Der Behandlungstermin ist entscheidend

Nun zu den Empfehlungen für diese Saison: Da Cercospora in den letzten Jahren häufiger, früher und stärker auftritt, hilft dagegen nur eine gezielte Strategie. Dazu gehören vorbeugende Maßnahmen im Betrieb und die Auswahl von blattgesunden Sorten (siehe „Integrierte Kontrolle“), punktgenaue Spritztermine und die richtige Mittelwahl.

Generell besteht bei feuchtwarmer Witterung, stehender Luft und dichten Beständen die Gefahr, dass sich Pilzkrankheiten verbreiten. Ab etwa Mitte Juni – oder ca. 4 bis 6 Wochen nach Reihenschluss – können Sie mit einer Ausbreitung rechnen.

Seien Sie in dieser Phase besonders wachsam, um den ersten Behandlungstermin nicht zu versäumen. Die Schadschwelle lässt sich wie folgt erheben: Entnehmen Sie aus dem Bestand 100 Blätter (= 100 %) aus der mittleren Blattetage. Zählen Sie dann jedes Blatt mit Befall durch Cercospora, Ramularia, Mehltau oder Rost. Eine Behandlung sollte umgehend nach Erreichen der in Übersicht 2 aufgeführten Schwellenwerte erfolgen (oder spätestens nach erfolgtem Aufruf durch die Beratung). Grundsätzlich gilt: Der Behandlungstermin ist entscheidender als die Mittelwahl!

Empfehlungen für Ihre Rüben

Wichtig ist dann, die Fungizidstrategien an die jeweilige Region anzupassen. Sollten in Ihrer Region die Strobilurine noch wirken, empfiehlt sich zur ersten Behandlung ein Strobilurin-Produkt plus der vollen Menge eines Azols. Andernfalls wird nur das Azol eingesetzt. Die von der Arbeitsgemeinschaft Zuckerrübe Südwest empfohlenen Spritzfolgen entnehmen Sie der Übersicht 3.

In der Regel ist es angebracht, den Fungiziden noch 0,8 l/ha Dash als Additiv hinzuzugeben. Das verbessert die Wirkung von blattaktiven Fungiziden vor allem unter ungünstigen Bedingungen. Weiterhin gewährleistet es eine konstante Wirkung auch bei hartem Wasser, niedriger Luftfeuchte und bei Wärme.

Hinweis: Wer seine Rüben bewässert, muss seine Flächen häufiger kontrollieren. Denn eine Beregnung fördert das Auftreten einer Infektion rasant.



Tipps für den Einsatz

Während der Pflanzenschutzapplikation muss die gute fachliche Praxis im Vordergrund stehen. So sollte z. B. die Spritzung unterhalb einer Temperatur von 25 °C erfolgen, die Windgeschwindigkeit unter 5 m/s liegen und die relative Luftfeuchtigkeit hoch sein.

An heißen Sommertagen empfiehlt sich eine Behandlung in den frühen Morgenstunden. Ein leichter Taubelag wirkt sich positiv auf die Benetzung aus. Weil am frühen Morgen die Kutikula geschwollen und die polaren Poren geöffnet sind, verbessert sich auch die Aufnahme von Pflanzenschutzmitteln. Applizieren Sie Fungizide dagegen niemals auf nasse Blätter, um ein Ablaufen zu vermeiden. Beachten Sie zusätzlich noch folgende Hinweise:

  • Für eine gute Benetzung haben sich Wassermengen von 300 bis 400 l/ha bewährt. Bei fehlendem Taubelag in den Abendstunden sollte man keinesfalls am Wasser sparen. Gerade Kontaktfungizide verlangen eine optimale Benetzung!
  • Verwenden Sie zur besseren Benetzung und Bestandsdurchdringung zudem auch Düsen der Größe 04 und 05.
  • Führen Sie die Erstbehandlung unbedingt direkt bei Erreichen der Behandlungsschwelle durch. Wichtig ist auch, Fungizide nie präventiv, also vor Sichtbarwerden der Krankheit zu applizieren und immer die vollen Aufwandmengen zu wählen.
  • Um Resistenzen vorzubeugen, ist es angeraten, bei Mehrfachbehandlungen die Wirkstoffe zu wechseln. Bei einer immer engeren Wirkstoffpalette wird das allerdings zunehmend schwieriger.
  • Prüfen Sie, ob die zusätzliche Anwendung von Additiven wie z. B. Kantor sinnvoll ist. Generell verbessert der Einsatz die Anlagerung und Stabilisierung des Spritztropfens an der Blattoberfläche, verlangsamt das Eintrocknen des Tropfens und erhöht die Penetration. Abhängig von Klima, Witterung und Anwendungszeitpunkt kann sich der Einsatz positiv auswirken.

Hinweise zu Leistungen, Mengen und Preisen von Rübenfungiziden entnehmen Sie der Übersicht 4

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N E U H E I T

Langfristige Zulassung für neues Fungizid

Das Produkt Belanty wurde am 16. März für acht Jahre gegen Blattkrankheiten in Rüben zugelassen und erweitert nun die schmale Palette an noch vorhandenen Fungiziden. Es enthält den Wirkstoff Mefentrifluconazol (75 g/l). In Rüben darf man es gegen alle Blattkrankheiten einsetzen. In der Vegetation sind zwei Anwendungen mit 1,5 l/ha in 160 bis 400 l/ha Wasser erlaubt.

Das Fungizid Diadem, für das in diesem Jahr eine Notfallzulassung ausgesprochen wurde, enthält ebenfalls den Wirkstoff Mefentrifluconazol (100 g/l). Weil nach neuester Information das Produkt Belanty in dieser Saison wohl nicht verfügbar sein wird, ist es angeraten, in diesem Jahr Diadem zu nutzen, sofern sich das Produkt beschaffen lässt.

Zur Wirkung: In bundesweit durchgeführten Fungizidversuchen zeigte ein Prüfmittel mit dem Wirkstoff Mefentri­fluconazol eine hohe Wirksamkeit gegen Cercospora sowie gegen Echten Mehltau und Rübenrost. Vor dem Hintergrund der vorhandenen Resistenzen kann der neu zugelassene Wirkstoff daher einen wichtigen Beitrag zur Kontrolle von Blattkrankheiten in Rüben leisten – insbesondere, wenn mehrmalige Applikationen erforderlich sind.

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Integrierte Kontrolle: So beugen Sie vor!

Mit der guten fachlichen Praxis lässt sich der Krankheitsdruck von vorne­herein senken:

Mit der  Bodenbearbeitung  können Sie z. B. die Sporen von Krankheitserregern reduzieren. So ist es mit dem Pflug möglich, infizierte Erntereste ganzflächig einzuarbeiten, während bei konservierender Bodenbearbeitung das Rübenblatt an der Oberfläche verbleibt und eine Infektion begünstigt.

Breiten sich jahresabhängig Blattkrankheiten massiv aus, empfiehlt es sich (falls möglich), den Pflug vor der Aussaat der Folgekultur einzusetzen. Auf den meisten Betrieben ist das Weizen. Der Grund: Ein Starkbefall kann dazu führen, das sich Überdauerungsorgane des Erregers im Boden anreichern, was sich auf den Epidemieverlauf in den darauffolgenden Jahren auswirken kann.

Wichtig ist es zudem, grüne Brücken nach Ernte der Vorfrucht bis zur Grundbodenbearbeitung strikt zu vermeiden. Denn einige Pflanzen können der Wirt für eine Übertragung von Krankheitserregern sein.

Auch die Fruchtfolge im Betrieb beeinflusst die Verbreitung von Krankheiten. Eine Anbaupause von mindestens drei Jahren ist empfehlenswert. Achten Sie zusätzlich darauf, ob ihre Rüben in Nachbarschaft zu vorjährigen Rübenfeldern stehen – auch dies kann den Befallsdruck erhöhen.

Absolut essenziell, um den Krankheitsdruck zu senken, ist die  Sortenwahl . Probleme wie Krankheiten und z. B. Schädlingsbefall durch Nematoden lassen sich durch die Wahl von toleranten Sorten minimieren. Einige Sorten haben mehrere Toleranzen bzw. Resistenzen.

Zu bedenken ist folgendes: Je früher sich Blattkrankheiten im Bestand etablieren können, desto höher ist der Einfluss auf Ertrag, Qualität und Zuckergehalt – das gilt insbesondere für Cercospora. Der spätere Befallsbeginn, die geringere -häufigkeit und die geringere -stärke sind die Punkte, die eine blattgesunde Sorte ausmachen. Wie stark z. B. die Befallshäufigkeit zwischen einer Standardsorte im Vergleich zu einer blattgesunden Sorte variieren kann, finden Sie hier.

Somit bietet sich eigentlich die Wahl einer Sorte mit Cercospora-Resistenz an. Allerdings wird der Anbau wegen des hohen Saatgutpreises bei schwachem Befall nicht immer wirtschaftlich sein.

Unsere Untersuchungen zeigen, dass Cercospora bei den neuen Sorten später auftritt. Somit wird die 5 % Behandlungsschwelle ebenfalls später erreicht und die Ausbreitung im Bestand erfolgt langsamer. Sobald aber die Schadschwelle erreicht ist, sollte man auch diese Sorten umgehend behandeln.

Klar zu empfehlen ist eine blatt­gesunde Sorte auf Standorten mit hohem Cercosporadruck unter Beregnung. Tritt regional gleichzeitig SBR auf, sollte man allerdings eine SBR-tolerante Sorte wählen (eine nicht tolerante wird von Cercospora stärker befallen). Künftig wären blattgesunde Sorten mit SBR-Toleranz wünschenswert.

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Kommentar

„Es muss etwas passieren“

Der Wirkungsverlust von Fungiziden gegen Cercospora erfolgt schnell und oft flächendeckend. Zudem beginnt der Befall als Folge des Klimawandels und zunehmender Resistenzen früher und stärker. In dieser Situation kann es nicht sein, dass jedes Jahr auf Notfallzulassungen spekuliert wird.

Um die Wirkung der nur noch wenigen Wirkstoffe langfristig aufrecht zu erhalten, ist es nun wichtig, Kombinationen mit Kontaktfungiziden wie z.B. Kupfer künftig generell zu erlauben. Denn zu bedenken ist, dass ein Resistenzmanagement mit der derzeit engen Wirkstoffpalette nicht möglich ist.

Verlieren wir die Wirkung der Azole und erhalten keine Zulassung für Kontaktfungizide, kann nur noch der züchterische Fortschritt bei der Blattgesundheit helfen. Das allein wird aber nicht zielführend sein, da es auch bei den Sorten zu Resistenzbrüchen kommen kann. Fest steht daher, dass schleunigst etwas passieren muss! Die Zulassungsbehörden und das Bundesministerium sind gefordert, den Schutz vor Krankheiten sinnvoll und nachhaltig zu ermöglichen!

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