Der europäische Roggenanbau hat Zukunft. Davon ist die Saaten-Union vor allem mit Blick auf die eigenen Neuzüchtungen im Hybrid- und Turbohybridprogramm überzeugt.
Wie der Vertriebsleiter Roggen bei der Saaten-Union, Sönke Koop, vergangene Woche vor Journalisten in Berlin erklärte, wurde die europäische Roggenanbaufläche in den letzten Jahren vor allem in den drei wichtigen Ländern Polen, Deutschland und Dänemark kontinuierlich ausgedehnt. Diese Entwicklung liegt nach seiner Einschätzung an der steigenden Wettbewerbsfähigkeit des Roggens gegenüber anderen Getreidearten, die insbesondere aus einem schnelleren Ertragsfortschritt und den günstigeren Produktionskosten des Roggens resultierten.
Eine immer wichtigere Rolle spielten bei der Getreideerzeugung aber auch eine gute Winterhärte, Trockentoleranz und Nährstoffeffizienz. Der Hybridanteil im Roggenanbau gewinne deshalb wegen seiner herausragenden Eigenschaften in diesen Bereichen weiter an Bedeutung. Mit der breiten Nutzungsmöglichkeit für Mahl- und Futterzwecke sowie Bioenergie und Stroh böten sich dem Roggen in den nächsten Jahren weitere Marktperspektiven, betonte Koop.
Einen zusätzlichen Schub für den Roggenanbau erwartet der Leiter der Fachberatung der Saaten-Union, Sven Böse, von der Vermarktung sogenannter Turbohybriden, die sogar die Leistungen der gängigen Hybridroggensorten noch übertreffen.
Neuer Zuchtansatz für Turbohybriden
Die höhere Leistungsfähigkeit und Ertragsstabilität der Turbohybriden beruht laut Böse auf einem neuen züchterischen Ansatz der Hybro Saatzucht. Bei der Entwicklung neuer Linien werde in diesem Verfahren gezielt auf volle Einkörnung mit voll besetzten Ähren selektiert. Daraus resultiere eine veränderte Ährenmorphologie mit ausgeprägterer Offenblütigkeit für eine leichtere und sichere Bestäubung.
Ein zusätzlicher „Turboeffekt“ könne aus der Einmischung von 10 % Populationsroggen resultieren. Fremder Pollen steigert laut Böse den Heterozygotiegrad im Korn. Beim Fremdbefruchter Mais sind die daraus resultierenden Mehrleistungen nach seinen Angaben bereits wissenschaftlich belegt. Wertprüfungsergebnisse, Landessortenversuche sowie erste Praxiserfahrungen in Deutschland und anderen europäischen Ländern belegten zudem für die leistungsfähigsten Turbohybriden Mehrerträge zwischen 5 % und 10 % gegenüber den bisherigen Hybridroggensorten.
Besonders ausgeprägt seien die Mehrerträge auf Standorten mit ungünstigen Ertragsvoraussetzungen, also dort, wo Roggen überwiegend produziert werde. Mit einem Leistungsvorsprung von 20 % gegenüber den verbreiteten Populationssorten sowie einer besseren Blattgesundheit sei Hybridroggen nunmehr trotz höherer Saatgutkosten auch auf Grenzertragsstandorten die wirtschaftlichere Anbaualternative, betonte Böse. (AgE)