Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

topplus Ratgeber

Schädlinge nur noch regulieren?

Zunehmende Resistenzen und weniger Wirkstoffe machen die Schädlingskontrolle zu einer immer größeren Herausforderung. Daher gilt: Befall und Schadschwelle genau ermitteln und gezielt behandeln.

Lesezeit: 10 Minuten

Der Schädlingszuflug im Frühjahr ist regional oft sehr unterschiedlich. Wo mancherorts mehrere Insektizideinsätze notwendig sind, erntet man anderswo darüber nur Kopfschütteln. Das zeigt: Pauschal gibt es nicht, nur eigene Kontrollen ermöglichen zielgerichtete Maßnahmen. Die dafür zur Verfügung stehenden Mittel schwinden jedoch rasant.

Herausforderung Resistenzmanagement

Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Die Pyrethroide dominieren die Anwendungen – mit all ihren negativen Auswirkungen. Ihre Einflüsse auf Begleitinsekten sind nicht unerheblich. Zudem fördern immer gleiche Wirkmechanismen die Resistenzen.

So ist die Pyrethroidresistenz schon lange nicht mehr nur auf den Rapsglanzkäfer beschränkt, auch Rapserdfloh, Grüne Pfirsichblattlaus, Schwarzer und Gefleckter Kohltriebrüssler sowie Kohlschotenrüssler haben spürbar nachgezogen.

Überdenken Sie besonders die Anzahl der Anwendungen mit Präparaten dieser Wirkstoffgruppe. Doch das ist gar nicht so einfach. Denn mit dem Wegfall von Biscaya fehlt ein weiterer Wirkstoff außerhalb der Pyrethroide. Die inzwischen sehr stark eingeschränkte Wirkstoffpalette lässt realistisch betrachtet keine optimalen Wirkstoffwechsel mehr zu.

Umso wichtiger ist es, die Bekämpfungsrichtwerte strikt zu berücksichtigen, um unnötige Einsätze zu vermeiden. Denn wirkungsvolle Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz gibt es derzeit nicht. Daher treten mittlerweile Bekämpfungslücken zutage. Man muss sich wohl daran gewöhnen, nicht mehr von einer Bekämpfung, sondern einer Regulierung der Schadinsekten zu sprechen.

Gelbschalen früh aufstellen

Um den tatsächlichen Zuflug der Schädlinge präzise auf der eigenen Fläche zu ermitteln, ist die Gelbschale unverzichtbar. Jeder Landwirt sollte die Zeit für eine regelmäßige Kontrolle investieren. Die Gelbschale sollte je nach Region schon im Februar auf den Flächen stehen, um den Zuflug des Großen Rapsstängelrüsslers nicht zu verpassen. Das Frühjahr 2021 hat gezeigt, wie plötzlich ein Wetterwechsel von Winter auf Frühsommer im Februar den Zuflug auslösen konnte.

Besonders Südhanglagen erwärmen sich schneller, und die Käfer erwachen hier zeitiger aus der Überwinterung auf den letztjährigen Rapsflächen. Die Schalen sind mit Gittern zu versehen, um Hummeln fernzuhalten. Diese sind anders als Honigbienen auch bei deutlich kühleren Temperaturen unterwegs. Um die Gelbschalen „fängig“ zu halten, ist es wichtig, regelmäßig das Wasser (plus Spüli) zu wechseln.

Die Schädlinge im Überblick

Damit Sie entscheiden können, ob eine Bekämpfung erforderlich wird, ist es notwendig, Schädlinge und Schadschwellen zu kennen:

Sind die typisch auffälligen Verdrehungen der Stängel zu sehen, ist der Schaden durch den Großen Rapsstängelrüssler bereits gesetzt und eine Bekämpfung nicht mehr möglich. Diese muss bereits zeitnah (innerhalb von drei Tagen) mit dem Zuflug des Rüsslers in den Raps erfolgen, Reifungsfraß findet nicht statt.

Die Bekämpfungsschwelle liegt bei mehr als fünf Käfern pro Gelbschale innerhalb von drei Tagen im aktuellen Rapsbestand im Februar/März (Wert für Gelbschale mit Gitterabdeckung!). Das vorherige Erwachen wird auf der vorjährigen Rapsfläche festgestellt (mehr als 30 Käfer/GS). Resistenztechnisch ist die Welt beim Rapsstängelrüssler zum Glück noch in Ordnung.

Den Gefleckten Kohltriebrüssler erkennt man an dem weißen Fleck auf dem Rücken. Er vollzieht nach dem Zuflug in die Rapsbestände einen ausgiebigen Reifungsfraß. Für eine Bekämpfung bei mehr als 15 Käfern pro Gelbschale innerhalb von drei Tagen ab Vegetationsbeginn bis April (Wert für Gelbschale mit Gitterabdeckung!) besteht somit je nach Witterung ein 10- bis 14-tägiges Zeitfenster. In Resistenztests des JKIs zeigte sich eine beginnende Pyrethroidresistenz.

Der Rapsglanzkäfer fliegt bei wechselhafter, kühler Witterung teils sehr verzettelt ein. Dann gilt es, die Nerven zu bewahren und auf die Bekämpfungsschwellen zu achten. „Alles voll schwarzer Käfer ...“ ist auf jeden Fall kein Spritzargument. Erst das Auszählen pro Pflanze entscheidet über eine Maßnahme.

Mit den Starkbefallsjahren im Hinterkopf wird der Schaden des Rapsglanzkäfers häufig überbewertet. Die tatsächliche Schwelle liegt bei mehr als fünf Käfern pro Pflanze im geschwächten Bestand ab Knospenbildung bis Blühbeginn bzw. mehr als zehn Käfer pro Pflanze im vitalen Bestand.

Das Ziel des Käfers ist der Pollen. Der Schaden ist umso größer, je kleiner die Knospen sind. Beim Rapsglanzkäfer hat die metabolische Resistenz gegen Pyrethroide in den letzten Jahren weiter zugenommen. Zusätzlich muss man inzwischen von einer beginnenden Resistenz gegen Neonikotinoide sprechen.

Beim Kohlschotenrüssler liegt die Bekämpfungsschwelle bei einem Käfer pro Pflanze während der Blüte bei schwachem Auftreten der Kohlschotenmücke bzw. einem Käfer pro zwei Pflanzen bei starkem Auftreten der Kohlschotenmücke.

Die Pyrethroidresistenz (kdr-Resistenz) ist sehr stark fortgeschritten. Das ist auch kaum verwunderlich. Denn das zeitlich frühe Auftreten der Rüssler bedeutet oft, dass diese schon unfreiwillig eine Pyrethroidgabe im Rahmen der Rapsglanzkäferbehandlung erhalten.

Mit zunehmender Einsatzhäufigkeit steigt der Selektionsdruck und damit auch die Resistenzgefahr. Zusätzlich war viele Jahre lang die Blütenbehandlung eine kombinierte Maßnahme aus Fungizid und Insektizid. Später zufliegende Kohlschotenrüssler kamen dann nur noch mit Teilmengen des Pyrethroides in Kontakt.

Die Kohlschotenmücke hat – auch ohne die Vorarbeit des Kohlschotenrüsslers – die letzten Jahre an Bedeutung gewonnen. Allerdings ist sie schwierig im Bestand zu erfassen. Die alte Bekämpfungsschwelle (eine Mücke pro drei bis vier Pflanzen ab Blüte) ist schwer in der Praxis umsetzbar. Zusätzlich besteht Verwechslungsgefahr mit der Schlupfwespe.

Bei weichem Schotengewebe legt die Mücke auch ohne den Kohlschotenrüssler ihre Eier ab. Ihr späteres Auftreten verlangt in der Regel eine separate Spritzung zum Blütenende, entkoppelt von der Vollblütenbehandlung. Da die Mücke erst in die Bestände einfliegen muss und dies hauptsächlich bei windstillem warmem Wetter tut, reichen Randbehandlungen oft völlig aus.

Mit Biscaya, das gezielt auf die Larven in der Schote wirkte, konnte man den Zuflug und die Eiablage abwarten. Das ist nun nicht mehr möglich. Pyrethroide funktionieren nur sehr schlecht, da das Kontaktmittel die Mücke kaum erreicht. Andere Produkte haben keine Zulassung. Dadurch entsteht eine Bekämpfungslücke, für die es momentan keine Lösung gibt. Ertragsverluste sind damit einzukalkulieren.

Nützliche Gegenspieler

Nützlinge tragen zur Bekämpfung von Rapsschädlingen bei. So ernähren sich z. B. Bodenräuber, wie räuberische Laufkäfer, Kurzflügler und Spinnen von zur Verpuppung abwandernden Larven. Die Eier der Kohlfliege und des Rapserdflohs stehen ebenfalls auf dem Speiseplan. In der Blüte sind Schlupfwespenarten (Tersilochus ssp., Phradis ssp.) aktiv, welche die Larven des Rapsglanzkäfers besiedeln und dort ihre Eier ablegen.

Insektizidspritzungen beeinflussen die Population der Schlupfwespen direkt. Mavrik Vita/Evure würden die Schlupfwespen z. B. schonen – Pyrethroide Klasse II dagegen nicht. Daher sollte, soweit es geht, bei der Wahl der Mittel auch auf den Nützlingsschutz Rücksicht genommen werden. Blühende Schonstreifen unterstützen die Nützlinge zusätzlich.

Den Bienenschutz im Fokus

Bei jedem Einsatz gilt es ausdrücklich, den Bienenschutz im Auge zu behalten. Die Angaben zur Bienengefährlichkeit der Mittel beziehen sich auf Solo-Anwendungen. Bei der Kombination mit Ergosterol-Biosynthese- Hemmern wie z. B. Tebuconazol kommt es zur Veränderung der Bienengefährlichkeit (B2 oder B1!). Nach guter fachlicher Praxis sollte die Kombination zweier B4-Insektizide unterbleiben, da diese in puncto Bienengefährlichkeit dann als B1 betrachtet werden. Alle B4-Insektizide haben die Auflage NN410 und sollten zum Schutz von Bestäuberinsekten bei blühenden Pflanzen nur abends eingesetzt werden.

Zielgerichtete Strategien

Die Voraussetzung für eine Bekämpfung muss immer das Überschreiten der Bekämpfungsschwellen sein. Pyrethroide sollten so wenig wie möglich zum Einsatz kommen. Folgende Strategien sind zu empfehlen, bei denen immer der Bienenschutz zu beachten ist:

Stängel- und Triebrüssler ohne Rapsglanzkäfer lassen sich bei frühem Auftreten (Februar bis März) mit Pyrethroiden der Klasse II in Schach halten, z. B. 0,075 l/ha Karate Zeon oder 0,08 l/ha Nexide (beide B4).

Bei spätem Auftreten mit erstem relevantem Rapsglanzkäferbefall sollten Pyrethroide der neuen Generation (Klasse I) zum Einsatz kommen, z. B. 0,2 l/ha Trebon 30 EC (B2). Mavrik Vita/Evure (B4) hat keine Indikation gegen Stängelrüssler.

Rapsglanzkäfer ohne Stängelrüssler sind ein Fall für Avaunt/Sindoxa (0,17 l/ha). Diese Möglichkeit des Wirkstoffwechsels gilt es zu nutzen. Der Einsatz darf aber nur so lange erfolgen, wie nichts blüht (B1!). Sind Blüten vorhanden, kann mit 0,2 l/ha Mavrik Vita/ Evure (Pyrethroid I) oder 0,2 l/ha Mospilan SG (= Neonikotinoid, Einsatz nur bis ES 59) gegen Rapsglanzkäfer behandelt werden (beides B4).

Gegen Kohlschotenrüssler und -mücke gibt es eine Bekämpfungslücke. Mospilan SG ist nicht erlaubt. Pyrethroide weisen gegen Kohlschotenrüssler in einigen Regionen Resistenzen auf und wirken gegen Kohlschotenmücken nur minimal. Zudem hat der Pyrethroideinsatz, vor allem Klasse II, in der Blüte negative Effekte auf die Schlupfwespen als natürlichen Gegenspieler.

Was bewirken Alternativprodukte?

In Versuchen auf zwei Standorten in Schleswig- Holstein wurde neben den klassischen Insektiziden auch die Wirkung von zwei Alternativprodukten getestet. Neudosan Neu (nur zu Versuchszwecken, zurzeit im Raps nicht zugelassen), ein Kaliumsalz natürlicher Fettsäuren, wirkt nur auf direkt getroffene Schädlinge. Tropfnass ausgebracht, profitiert das Produkt von einer lang anhaltenden Blattfeuchte.

Im Gegensatz dazu bevorzugt Eradicoat als Maltodextrin (Mehrfachzucker auf Basis von Glucose) eine schnelle Antrocknung. Beide Produkte wurden mit 600 l Wasser pro ha ausgebracht. Die Ergebnisse:

Bei der Bekämpfung gegen den Rapsglanzkäfer erreichten die alternativen Präparate insgesamt Wirkungsgrade um 50 %. Auffällig waren die Schwankungen zwischen den Boniturterminen, die keine eindeutigen Rückschlüsse erlauben.

Neudosan Neu ähnelt von der Wirkung her ansatzweise einem Pyrethroid, allerdings mit deutlich geringerem Wirkungsgrad. Es profitierte zudem von dem ausbleibenden Neuzuflug. Trebon 30 EC zeigte dagegen in den Versuchen eine starke Sofortwirkung, die auch lange anhielt, da kein neuer Zuflug nach der Behandlung einsetzte. Avaunt realisierte eine gute Dauerwirkung. Das Neonicotinoid konnte die Wirkung hingegen nicht bis zum Schluss durchhalten.

Der Befall mit Kohlschotenmücken lag in der Kontrolle deutlich unter dem Vorjahresniveau. Die Behandlungen zum Hauptzuflug der Kohlschotenmücke mit Mavrik Vita, Neudosan Neu und Eradicoat, zeigt die begrenzten Einflussmöglichkeiten auf die adulte Mücke. Alle drei Produkte weisen eine ausgeprägte Kontaktwirkung auf, die bei so filigranen und bewegungsfreudigen Insekten wenig zielführend ist. Wirkungsgrade, bestenfalls um 40 %, reichen besonders bei stärkerem Zuflug nicht aus.

Perspektiven für den Raps

Die Perspektiven für den Raps sehen mit Blick auf die Schädlingskontrolle nicht besonders gut aus. Je nach Schädlingsdruck werden in der Saison zwischen drei und sechs Insektizidmaßnahmen notwendig. Vor allem der Rapserdflohdruck im Herbst erfordert höheren Insektizideinsatz als in der Vergangenheit.

Alternativprodukte zu den klassischen, resistenzgebeutelten chemischen Pflanzenschutzmitteln zeigen bisher keine ausreichenden Wirkungsgrade. Auch kommt erschwerend hinzu, dass in den roten Gebieten mit dem um 20 % verringerten N-Düngebedarfswert nicht ausreichend Stickstoff zur Verfügung steht, um Bestände besser zu etablieren.

Was den Raps noch hält, ist seine unbestritten exzellente Vorfruchtwirkung. Auch sind Zuckerrübe und Mais nicht für alle Betriebe Alternativfrüchte, um enge Getreidefruchtfolgen zu brechen. Glücklicherweise waren zur letzten Ernte Erträge und Preise wieder erfolgversprechender als in den vergangenen Jahren. Damit steht 2021 auch wieder etwas mehr Raps auf den Flächen. Bleibt zu hoffen, dass die Erträge abermals überzeugen können. Die Preise geben derzeit jedenfalls positive Signale.

Mehr zu dem Thema

Die Redaktion empfiehlt

top + Top informiert in die Maisaussaat starten

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.