Die Sorge in der Landwirtschaft vor der Ausbreitung der Schilf-Glasflügelzikade nimmt zu. Im Extremfall sorgt die Stolbur-Krankheit für einen Totalausfall der Ernten von Kartoffeln, Zuckerrüben, Möhren und immer mehr Gemüsearten, warnt der DBV Ende Mai. So sind inzwischen auch Paprika, Erdbeeren, Tomaten, Mangold, Sellerie und Spargel betroffen.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat daher Ende Mai die Notfallzulassung erweitert, so dass das Mittel Sivanto auch in Möhren, Rote Bete, Blumen- und Kopfkohl eingesetzt werden darf.
Insekt und Stolbur wandern nach Norden
Zum Erschrecken der Fachwelt entwickelt sich die Schilf-Glasflügelzikade evolutionär rasant weiter und es gibt noch kein richtiges Werkzeug zur Bekämpfung. Die Zikade ist kein heimisches Insekt und wahrscheinlich im Zuge der Klimaerwärmung von Frankreich zu uns gekommen, erklärt Johannes Zehfuß, der Vizepräsident des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Pfalz Süd, in der Bildzeitung.
Und auch DBV-Präsident Joachim Rukwied ist alarmiert: „Die Pflanzenkrankheit Stolbur macht uns sehr große Sorgen. Die Zikade breitet sich schnell aus und kann große Schäden bis zum Totalausfall auf unseren Feldern verursachen. Die Zikade ist eine echte Bedrohung für unsere Landwirtschaft und die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln.“
Nach Angaben von Rukwied hat sich der gefährliche Schädling von Baden-Württemberg über Rheinland-Pfalz, Bayern und Hessen weiter in den Norden verbreitet. Inzwischen seien auch weitere Bundesländer wie Niedersachsen und Sachsen-Anhalt betroffen. Er mahnt dringend, dass effektive Mittel zur Bekämpfung der Zikaden eingesetzt werden dürfen.
Tausende Hektar in Gefahr
Laut Rukwied sind 75.000 ha Zuckerrüben durch die Zikade gefährdet, das ist etwa ein Viertel der deutschen Anbaufläche. Nach Angeben der Union der Deutschen Kartoffelwirtschaft wurden rund 65.000 ha als Regionen eingestuft, in denen die Schilf-Glasflügelzikaden in diesem Jahr vorkommen und die Kartoffeln infizieren können. Das entspricht 23 % der gesamten Anbaufläche von Kartoffeln in Deutschland.
„Wenn wir die Zikade nicht in den Griff bekommen, wird es zu einer Verknappung von heimischer Ware führen. Das wird möglicherweise höhere Preise zur Folge haben“, warnt Rukwied.
Leserstimme
"Das ist das eine und das andere sind Unkräuter, die nicht mehr bekämpft werden können. Und verschleppt durch Betriebe die alles pachten, was nach Acker aussieht, egal wie weit entfernt." (Bernd Brunhöver)
Was ist Stolbur?
Die Stolbur-Erkrankung trat früher nur bei Zuckerrüben auf und wird in Deutschland umgangssprachlich als „Gummirübe“ bezeichnet. Der Erreger ist das Phytoplasma Candidatus Phytoplasma solani. Das Phytoplasma wird wie der Erreger von SBR in erster Linie durch die Schilf-Glasflügelzikade Pentastiridius leporinus übertragen. In der Regel wird bei einer Infektion mit dem Phytoplasma, auch der SBR-Erreger gefunden.
Phytoplasmen sind als gefährliche Erreger von zahlreichen Pflanzenkrankheiten in der Landwirtschaft und im Gartenbau weltweit bekannt. Phytoplasmen gehören zur Gruppe der Bakterien, sie sind aber zellwandlos, wesentlich kleiner und bilden damit eine eigene Gattung innerhalb der Prokaryoten (Zellkernlose Mikroorganismen).
Stolbur wurde in Deutschland in Zuckerrüben das erste Mal 2023 in größerem Ausmaß festgestellt. Symptome erscheinen ab Ende August im Feld. Der Blattapparat beginnt zu welken und stirbt ab. Die Rüben sitzen locker im Boden und lassen sich rausziehen. Die Wurzelspitze läßt sich verbiegen (Gummirübe) und die Wurzelspitze fault.