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Schwere Zeiten für den Pflanzenschutz

Der Zulassungsstau, die Diskussion um Biodiversitätsauflagen beim Einsatz bestimmter Mittel und die noch schwelende Glyphosatdebatte erschweren den Pflanzenschutz enorm. Wie geht’s nun weiter?

Lesezeit: 5 Minuten

Der chemische Pflanzenschutz steht im Kreuzfeuer zwischen Landwirtschaft und Umwelt. Dafür stehen beispielhaft die Diskussion über Glyphosat, der Dauerstreit der an der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln beteiligten Behörden und im speziellen die Forderung des Umweltbundesamtes, Wirkstoffe künftig nur noch mit einem verpflichtenden Biodiversitätsausgleich zuzulassen. Die Folge davon ist, dass immer mehr Mittel vom Markt verschwinden. Welche Fungizide z.B. betroffen sind, lesen Sie ab Seite 68.

Doch ohne eine Bandbreite zugelassener Mittel steigen die Ertragsrisiken, werden Ungräser und Schaderreger noch schneller gegen einzelne Wirkstoffe resistent und sind die steigenden Qualitätsanforderungen des Handels kaum zu erfüllen.

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Nachfolgend stellen wir Ihnen den aktuellen Stand der Streitthemen vor. Denn die teils kürzlich getroffenen Entscheidungen wirken sich maßgeblich auf die künftig zur Verfügung stehenden Produkte aus.

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Glyphosat: Einjährige Verlängerung für Glyphosat-Produkte

Kürzlich hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Zulassungen einiger glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel bis zum 15. Dezember 2020 verlängert. Im aktuellen Fall betrifft das Mittel wie Durano, Clinic, Taifun forte, Roundup Ultra oder Dominator Ultra.

Hintergrund für diese Entscheidung war, dass einige Hersteller nach der Genehmigung des Wirkstoffs durch die EU-Kommission im Dezember 2017 eine Erneuerung der Zulassung ihrer glyphosathaltigen Herbizide beantragt haben. Weil die Bearbeitung dieser Anträge aber nicht innerhalb der vorgeschriebenen EU-Fristen abgeschlossen werden konnte, besteht nun ein Rechtsanspruch auf eine Zulassungsverlängerung.

Je nach Pflanzenschutzmittel gibt das BVL unterschiedliche Gründe für die Fristüberschreitungen an. So habe z.B. der zonale berichterstattende Mitgliedstaat (zRMS) seine Bewertung der Anträge noch in Bearbeitung. Zudem ließe sich noch nicht prüfen, ob und unter welchen Bedingungen diese Pflanzenschutzmittel in Deutschland zugelassen werden sollten.

Das BVL ist nach der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in solchen Fällen verpflichtet, die betroffenen Zulassungen zu verlängern, um Händlern und Anwendern für die kommende Saison Planungssicherheit zu geben.

Wie geht es weiter?

Fest steht, dass die Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat auf europäischer Ebene am 15.12.2022 endet. Wegen des hohen Drucks der Glyphosatgegner in Deutschland haben CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag allerdings vereinbart, den Einsatz des Wirkstoffs „deutlich einzuschränken mit dem Ziel, die Anwendung so schnell wie möglich zu beenden“.

Erreichen will die Bundesregierung dies mit einer systematischen Minderungsstrategie. Demnach soll die Sikkation in Deutschland bereits ab 2020 nicht mehr zulässig sein. Auch den Einsatz von Glyphosat in Haus- und Kleingärten und auf öffentlichen Flächen will man noch vor Ende 2022 verbieten.

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Biodiversitäts-Auflagen: UBA bleibt in einer Verweigerungshaltung

Dass die umstrittenen Biodiversitätsauflagen – nach denen das Umweltbundesamt (UBA) Landwirte verpflichten will, bei Einsatz bestimmter Pflanzenschutzmittel auf 10% ihrer Ackerfläche biodiversitätsfördernde Maßnahmen durchzuführen – rechtswidrig sind, hat das Verwaltungsgericht in Braunschweig in seinem Urteil vom September 2019 entschieden. Weil das BVL als zuständige Behörde für Zulassungen keine Rechtsmittel gegen diese Entscheidung eingelegt hat, ist das Urteil rechtskräftig. Doch wie geht es jetzt mit den betroffenen Produkten weiter?

Da das UBA ursprünglich die Anwendung dieser Auflagen zur Bedingung für das Erteilen des Einvernehmens zur Zulassung für eine Reihe von Mitteln gemacht hat, wurden diese Produkte vom BVL zunächst nur befristet bis zum 31.12.2019 zugelassen. Gegen diese Befristung haben viele Hersteller Widerspruch eingelegt. Trotz des Urteils verweigert das UBA aber nach wie vor sein Einvernehmen.

Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat nun am 10.10.2019 entschieden, dass der durch die Antragsteller eingelegte Einspruch eine aufschiebende Wirkung hat. Auf dieser Grundlage konnte das BVL die Zulassung der betroffenen Mittel kürzlich um ein Jahr verlängern.

UBA-Auflage nicht vom Tisch

Das UBA will trotz der Schlappe vor Gericht die geplanten Biodiversitätsauflagen nicht ersatzlos fallen lassen, sondern andere „Lösungen“ außerhalb der Zulassungsverfahren finden. So wäre aus Sicht der Behörde auch z.B. der im Insektenschutz-Aktionsprogramm der Bundesregierung verankerte sogenannte Refugialansatz (Schaffung von Rückzugsgebieten für Insekten) geeignet, um Risiken für die Biodiversität durch indirekte Effekte von Mitteln weiter zu reduzieren.

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Behördenchaos und Zulassungsstau: Es bessert sich nur wenig

Noch immer dauert das Verfahren der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland viel zu lange. Das zeigen aktuelle Daten, die auf der Antragstellerkonferenz des BVL in diesem Jahr veröffentlicht wurden.

Demnach werden die Anträge zwar schneller abgearbeitet als noch vor drei Jahren. Trotzdem wurde kaum ein Antrag innerhalb der europaweit gesetzlich vorgeschriebenen Frist bearbeitet. Nach EU-Recht hat ein Mitgliedstaat, der einen Antrag erstmalig bewertet und die erste Zulassung erteilt, dafür 12 bis 18 Monate Zeit. Übernimmt ein Mitgliedstaat dagegen die Zulassung eines anderen (Grundsatz der Harmonisierung), liegt die Bearbeitungsfrist bei 120 Tagen. Diese Regelung schreibt die zurzeit geltende Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vor.

Obwohl die deutschen Behörden nach einem EU-Audit 2016 von Brüssel dazu aufgefordert wurden, die Dauer der Zulassungsverfahren zu senken, geht dies offensichtlich nur schleppend voran. Hauptkritikpunkt im damaligen Audit war, dass das Umweltbundesamt (UBA) als sogenannte Einvernehmensbehörde die eingereichten Anträge nicht nur auf EU-Anforderungen, sondern auch auf nationale prüft. Das erhöhe nach Ansicht der EU-Gutachter den Arbeitsaufwand deutlich.

Schwerwiegende Folgen

Die Verzögerungen in der Zulassungspraxis treffen die Landwirtschaft hart. Denn neue, innovative Produkte gelangen erst verspätet auf den Acker. Ein funktionierendes Resistenzmanagement, das im übrigen auch der Nationale Aktionsplan Pflanzenschutz fordert, wird so immer schwieriger.

Das Verstoßen gegen EU-Fristen hat auch rechtliche Folgen. So laufen gegen Deutschland mittlerweile 56 Klagen wegen nicht erteilter Zulassungen (inklusive Schadensersatzklagen). Und die Zahl der gerichtlichen Auseinandersetzungen nimmt derzeit noch zu. Zusätzlich schaden sich die deutschen Behörden mit ihrem Vorgehen auch selbst. Denn die Bedeutung Deutschlands als bewertender Mitgliedstaat im europäischen Zulassungssystem nimmt immer weiter ab. Im Gegenzug steigt der Anteil gegenseitiger Anerkennungen.

Die EU macht Druck

Nach dem damaligen Audit hat die EU-Kommission die deutschen Behörden aufgefordert, mit einem Aktionsplan den Zulassungsstau abzubauen. Die Maßnahmen dieses Plans laufen zurzeit. Ob sich die Situation verbessert, sollen Überwachungsverfahren zeigen. Bei Nichteinhaltung von Fristen wird es weitere Audits geben. Wenn nötig – so die EU-Kommission – droht ein Vertragsverletzungsverfahren.

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