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So kontrollieren Sie Pilzkrankheiten integriert

Die politischen Vorzeichen stehen auf Reduktion von Pflanzenschutzmitteln. Das rückt den integrierten Fungizideinsatz wieder in den Fokus. Was dazugehört, lesen Sie hier.

Lesezeit: 8 Minuten

Die Politik fordert in den „neuen Ackerbaustrategien“ bzw. im Rahmen von „Farm to Fork“ mehr integrierten Pflanzenschutz. Der Kernpunkt davon ist, alle zur Verfügung stehenden Parameter ganzheitlich zu nutzen und zu bewerten. Nachfolgend stellen wir Möglichkeiten einer integrierten Kontrolle von Getreidekrankheiten vor:

Keine pauschalen Behandlungen mehr!

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Grundsätzlich bestimmt die jahresspezifische Witterung das Auftreten von Krankheiten. In der Regel ist in feuchteren Jahren wie 2021 mit höherem Krankheitsdruck zu rechnen. Bis dato hat die Praxis dann auch intensiver behandelt, sicherlich gefördert durch die Beratung von Handel und Industrie.

Dass eine pauschal höhere Intensität selbst in solchen Jahren aber unnötig sein kann, zeigen die letztjährigen Demonstrationsversuche der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen sehr schön. Die wichtigste Erkenntnis daraus: Die richtige Intensität ist unbedingt schlagspezifisch festzulegen. Denn startet z. B. eine Epidemie trotz feuchter Witterung verhalten, kann es sein, dass trotzdem eine einmalige Behandlung reicht. Um zudem erregerspezifisch behandeln zu können, ist es essenziell, die Krankheiten zu erkennen – was allerdings nicht immer einfach ist. Infos zu „schnellen und langsamen“ Krankheiten und mehr zu den Demoversuchen lesen Sie unter www.topagrar.com/integriert2022.

Mit der Bodenbearbeitung den Befallsdruck senken

Neben den Eigenschaften der Krankheiten wirken sich auch pflanzenbauliche Faktoren auf den Krankheitsdruck aus. Mit der Bodenbearbeitung kann man z.B. standorttreue Krankheiten enorm beeinflussen. Also solche, die auf der organischen Substanz, wie z.B. auf Strohresten, einen Ausgangsbefall (Inokulum) ausbilden. Das gilt vor allem für Fusarium und DTR. Wer das Maisstroh zusätzlich mulcht, um die Strohrotte zu fördern und dann pflügt, reduziert das Risiko einer Fusariuminfektion enorm.

DTR ist eine Krankheit, die mit starkem Befall nur in Stoppelweizen nach Mulchsaat auftritt. Wenn man das Maisstroh mit dem Pflug oberflächlich beseitigt, wird dem Pilz das Inokulum entzogen. Somit kann der Pflug bei beiden Krankheiten eine Behandlung einsparen. Zumindest werden dadurch frühe Fungizideinsätze gegen DTR überflüssig.

Weniger Pflanzenschutz dank gesunder Sorten

Auch mit der Sortenwahl lässt sich der Krankheitsdruck mindern. Die Züchtung stellt mittlerweile ein breites Spektrum unterschiedlich anfälliger Sorten zur Verfügung. Eingekreuzte Resistenzgene können z.B. Rost verhindern oder mit guter Toleranz den Befallsdruck reduzieren.

Die Resistenzeinstufung der vermehrungsstärksten Weizensorten zeigt die nachfolgende Übersicht. Hoch anfällige Sorten für Septoria tritici und Mehltau sind demnach kaum noch im Anbau. In Sorten mit einer Ausprägungstufe (APS) bis 4 wird Starkbefall mit Septoria selten vorkommen. Auch in der Anfälligkeit gegenüber Fusarium ließen sich Fortschritte erreichen. Sorten mit APS 3 (evtl. auch APS 4) kann man mit geringem Restrisiko sogar in Mulchsaat nach Mais anbauen.

Bei den Rostkrankheiten sind die dargestellten Anfälligkeiten leider nicht verlässlich. Denn eingekreuzte Resistenzgene lassen sich durch einen schnellen Rassenwechsel überwinden. Seit 2014 kommt wechselnder Gelbrostbefall alljährlich vor. Die in 2014 extrem anfällige Sorte Asano ist heute nur noch gering anfällig, wohingegen die Sorte Benchmark momentan als hoch anfällig gilt. Das Brechen von Resistenzgenen ließ sich auch beim Braunrost beobachten (vor allem 2018).

Positiv zu bewerten ist die zurzeit breite Sortenvielfalt in der Praxis. Dadurch lassen sich eingekreuzte Toleranzen längerfristig erhalten. Bei einseitigem Anbau von nur wenigen Sorten mutieren die Erreger, sodass Toleranzen schnell an Wirksamkeit verlieren.

In der Praxis kann man die Sortenwahl natürlich nicht ausschließlich anhand der Krankheitsanfälligkeit treffen. Ertrag, Qualität und agronomische Eigenschaften wie Winterhärte, Fallzahlstabilität, Standfestigkeit oder Frühreife sind ebenfalls wichtige Parameter. Trotzdem ist es angeraten, in puncto Krankheitstoleranz eine an den Standort angepasste Sortenwahl zu treffen. So ist in feuchten Regionen eine gute Septoriatoleranz wichtiger als z. B. in Ostdeutschland. Auf Standorten mit viel Mais in der Fruchtfolge ist Wert auf eine gute Fusariumtoleranz zu legen. Favorisieren Sie aber nicht unbedingt die gesündeste Sorte, weil ein hoher Resistenzgrad meistens Ertrag kostet.

Je nach Jahreswitterung kommt oft ein Erreger mit dominantem Befall und weitere mit geringem bis mittlerem Befall vor. Wie stark sich dann Toleranzeigenschaften von Sorten auswirken können, zeigt ebenfalls die Übersicht 1. So ließen sich in den geprüften Sorten der Landessortenversuche NRW im Jahr 2021 mit zwei bis drei Fungizideinsätzen Mehrerträge von 4 bis 26 dt/ha erzielen. Die erheblichen Unterschiede sind auf die Toleranzen der Sorten zurückzuführen – allerdings unter den Wetterverhältnissen von 2021. In einem trockenen Jahr, wenn z. B. Braunrost relevant wird, könnte sich ein anderes Bild ergeben.

Späte Saattermine mindern den Krankheitsdruck

Abhängig vom Erreger beeinflusst auch der Saattermin das Auftreten oder besser die Befallsstärke von Krankheiten. Das gilt besonders für Septoria tritici, da diese „langsame Krankheit“ den Befallsaufbau im Herbst benötigt, um bis zum Frühjahr hohen Ausgangsbefall zu bilden. Aber auch Roste, Mehltau, Halmbruch und Rhynchosporium profitieren im Frühjahr, wenn sich im Herbst stärkerer Ausgangsbefall aufbauen konnte.

Ein Beispiel: Wie stark der Saattermin das Auftreten von Septoria tritici beeinflussen kann, zeigt ein Versuch aus dem Jahr 2003 (siehe nachfolgende Übersicht). Dabei wurden vier damals weit verbreitete Sorten zu zwei unterschiedlichen Terminen ausgesät – extrem früh am 19. September und zu einem normalen Termin am 15. Oktober. Nach einer typischen Herbstwitterung blieb der Januar relativ mild mit hohen Niederschlägen.

Die wichtigsten Erkenntnisse: Bis zum 20. April konnte sich abhängig vom Saattermin Septoria-Ausgangsbefall entwickeln. Gegen Ende April und in den ersten Maitagen fielen erhebliche Niederschläge mit sehr guten Infektionsmöglichkeiten für Septoria. In der Frühsaat trat Septoria mit 10 bis 25 % deutlich stärker auf als in der Normalsaat. Bei der zweiten Bonitur um Anfang Juni wurden die Unterschiede um ein Vielfaches größer.

Derartige Unterschiede nur durch den Saattermin kommen natürlich nicht immer vor. Wäre 2004 in der Wachstumsphase von EC 31 bis 34 kaum Niederschlag gefallen, hätte Septoria tritici fast keine Rolle gespielt. Daher gilt folgende Empfehlung: Beachten Sie den Faktor Saattermin besonders in Abhängigkeit von der Region. In feuchten Regionen ist das Risiko erheblich höher als in trockenen Gebieten.

In der Regel sind spätere Saattermine in den feuchten Regionen ertraglich nicht im Nachteil, weil dort der Weizen in der Kornfüllungsphase langsam abreift. Gegenteilig führt z. B. in Ostdeutschland die Vorsommertrockenheit oft zu einer vorschnellen Abreife, sodass sich bei verspäteter Saat das Ertragspotenzial nicht voll ausschöpfen lässt.

Keine Stickstoffschübe riskieren

Als weiteres Werkzeug im integrierten Anbau sollte eine an den Standort angepasste Düngung erfolgen. Die Grundnährstoffe Calcium, Kalium, Phosphor und Magnesium sollte man auf der Grundlage von Bodenanalysen düngen. Ob der Einsatz von Mikronährstoffen nötig ist, lässt sich in der Vegetation effektiv über Blattanalysen kontrollieren.

Wichtig ist auch eine standortangepasste N-Düngung in mehreren Gaben, die sich am Ertrag orientiert. Kurzzeitige hohe N-Schübe sind unbedingt zu vermeiden. Denn besonders Mehltau, Roste und Netzflecken reagieren hierauf mit erhöhter Anfälligkeit.




Integrierte Kontrolle: Fungizid-Empfehlungen für die Saison

Nachdem Sie die Krankheiten im Frühjahr richtig erkannt haben, gilt es, die Infektionsmöglichkeiten für die vorhandenen Erreger abhängig von der Wetterlage richtig einzuschätzen. Bewerten Sie auch die diskutierten pflanzenbaulichen Parameter.

Frühe Behandlungen gegen Septoria tritici werden nur dann notwendig, wenn früh gesät wurde, mildes Winterwetter mehrfache Infektionen zugelassen hat und zudem Sorten mit einer APS von 5 oder höher angebaut wurden. Treten zusätzlich Niederschläge auf, die eine anhaltende Blattfeuchte von mindestens 30 Stunden zulassen, müssen Sie behandeln. Setzen Sie dann vor Regenfällen wenig resistenzgefährdete Fungizide wie Folpan + Mirage ein.

In unsicheren Situationen können Sie noch warten, ob der Regen wirklich kommt, um dann mit gut kurativ wirkenden Mitteln wie Revystar oder Balaya zu behandeln. Bleibt es trocken, kann man zunächst auf die Behandlung verzichten. In Spätsaaten mit Anbau von gesunden Sorten ist mit hoher Sicherheit keine frühe Behandlung gegen Septoria nötig.

Wenn wenig Niederschläge fallen, hat nur Rost und manchmal auch Mehltau eine Bedeutung. Schadschwellen sind dann hilfreich. Erst wenn Befall vorkommt und die Witterung Neuinfektionen zulässt, müssen Sie abhängig vom Wachstumsstadium behandeln. Das kann bei Gelbrost in hoch anfälligen Sorten bereits früh ab EC 30 der Fall sein. In gering anfälligen Sorten passiert wenig, sodass Sie warten können. Gute Fungizide sind eradikativ wirksam und töten vorhandenen Befall vollständig ab.

In Sorten ohne Gelbrostbefall kann man sich auf Braunrost konzentrieren. Um stärkeren Befall auszubilden, sind mehrere Wärmephasen von über 20 °C mit morgentlichem Tau nötig. Bei kühler Maiwitterung und später Braunrostinfektion kann dagegen in gering anfälligen Sorten auf Behandlungen verzichtet werden, wenn nicht andere Krankheiten wie z. B. Ährenfusariosen drohen.

Schätzen Sie abschließend noch die Fusariumgefahr ein. Vor allem in feuchteren Regionen ist bei hohen Maisanteilen in der Fruchtfolge Vorsicht geboten. Fusarium infiziert, wenn ausreichend Sporen vorhanden sind und die Witterung zur Blüte feucht und warm ist. Fehlt eine dieser Bedingungen, kommt es nicht zur Infektion. Der Grund: Sporen werden auf dem Maisstroh in den Perithezien gebildet. Dazu muss aber eine gewisse Grundfeuchte vorherrschen. Das heißt, dass die auf der Bodenoberfläche vorhandenen Maisstoppeln durch ausreichende Niederschläge für ca. 10 Tage feucht gehalten werden müssen. Fehlt die Feuchte, findet keine Reifung der Sporen statt.

Wer also die pflanzenbaulichen Aspekte in die Entscheidung zum Fungizideinsatz einbezieht, kann die Intensität senken – derjenige handelt dann integriert.

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