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Wolf Maisernte Gülle und Wirtschaftsdünger

topplus Erste Standardverfahren

So wird der CO2-Fußabdruck ermittelt

Es gibt erste Standardverfahren, um die Klimabilanz in landwirtschaftlichen Betrieben zu ermitteln. Wir stellen Beispiele vor.

Lesezeit: 6 Minuten

Im Jahr 2021 war die deutsche Landwirtschaft nach einer Schätzung des Umweltbundesamtes für 54,8 Mio. t Kohlendioxid (CO2)-Äquivalente verantwortlich. Doch wie lassen sich diese Emissionen eigentlich messen? Und wie kann man die Treibhausgasbilanz eines Betriebes oder sogar von 1 kg Milch oder Getreide bestimmen?

Die Basis dazu liefert eine standardisierte Treibhausgasbilanz. Inzwischen gibt es auch Online-Tools, die die Arbeit erleichtern. Viele Bilanzmethoden gehen auf den „Berechnungsstandard für einzelbetriebliche Klimabilanzen“ (BEK-Standard) des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) zurück.

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Wo Emissionen auftreten

In der Landwirtschaft entstehen bei bestimmten Prozessen direkte oder indirekte Treibhausgasemissionen (THG).

  • Emissionen von Methan (CH4) aus dem Verdauungstrakt der Tiere oder aus dem Güllelager,
  • Emissionen von Lachgas (N2O) über die Düngung,
  • Emissionen von Kohlendioxid (CO2) bei der Düngung von Kalk oder harnstoffhaltigen Mineraldüngern,
  • CO2-Emissionen aus der Verbrennung von Diesel, Erdgas oder Heizöl,
  • CO2-Emissionen aus der Freisetzung von organischer Substanz.

Indirekte Emissionen können über den Austrag von Ammoniak (NH3) oder Nitrat auftreten, wenn diese in N2O umgewandelt werden.

Laut BEK-Standard werden bei der Bilanzierung die CO2-Emissionen nicht berücksichtigt, die bei der Atmung der Tiere oder bei der Verbrennung von Biogas in Blockheizkraftwerken ausgehen. Denn das Kohlendioxid haben die Futter- oder Energiepflanzen vorher per Photosynthese aus der Atmosphäre aufgenommen.

Umrechnung in CO2-Äquivalent

Die freigesetzten THG werden – wie auch in anderen Wirtschaftsbereichen üblich – in CO2-Äquivalente umgerechnet. Dabei spielt eine Rolle, dass z. B. Lachgas um den Faktor 298, Methan um den Faktor 25 klimaschädlicher sind als CO2.

Bei der Berechnung unterscheidet der BEK-Standard nach Betriebszweigen. Grund: Damit lassen sich die Potenziale zur Verbesserung der Bilanz besser ermitteln. Darum differenziert der Standard nach Pflanzenbau, Tierhaltung und Biogaserzeugung aus Wirtschaftsdünger und Energiepflanzen. Erneuerbare Energien wie Photovoltaik, Wind- oder Wasserkraft sowie Biokraftstoffe werden von dem Standard nicht erfasst.

Was zur Bilanzierung gehört

Bei der Bilanzierung fließen folgende Faktoren mit ein:

  • Vorbelastung („THG-Rucksack“) der Betriebsmittel wie Saatgut, Dünger, Pflanzenschutz- oder Futtermittel, Einstreu und Energie,
  • THG-Emissionen aus Umsetzungsprozessen wie Düngung, Humusumwandlung, Güllelager oder Weide, Gärrestlager oder Methanschlupf aus dem BHKW.

Aus beiden Bereichen lassen sich dann die THG-Emissionen für die Hauptprodukte wie Getreide, Milch, Fleisch und Strom sowie für Nebenprodukte wie Stroh, Gülle oder Wärme bestimmen.

Haupt- und Nebenprodukte müssen voneinander abgegrenzt werden. Dazu gehört die Erfassung, ob Nebenprodukte den Betrieb verlassen (z. B. Schlachtkühe) oder den Betriebszweig wechseln (z. B. Wirtschaftsdünger). Denn Nebenprodukte werden anders bewertet.

Nicht in Stein gemeißelt

Im Rahmen der Treibhausgasberichterstattung kommt es nach Angaben der Landwirtschaftskammer Niedersachsen immer wieder zu Veränderungen, die auch im BEK-Standard angepasst werden. Beispielsweise wurde für die letzte Berichterstattung der N2O-Emissionsfaktor für den ausgebrachten Stickstoffdünger von 1,00 % auf 0,62 % N2O-N je kg ausgebrachten N reduziert.

Zukünftig sollen die Faktoren, mit denen Methan und Lachgas in CO2-Äquivalente umgerechnet werden, geändert werden. Damit verändern sich laut Landwirtschaftskammer sowohl die Ausgangswerte als auch die Höhen der Minderungswirkungen.

Änderungen kann es durch weitere Maßnahmen geben, z. B. bei der Pflanzenzüchtung: Im Vergleich zu den Sorten, die in den 1980er-Jahren auf den Markt kamen, weisen die heutigen Weizen- und Roggensorten einen um 13 bis 23 % niedrigeren CO2-Fußabdruck auf. Das zeigt eine Studie des Julius Kühn-Instituts (JKI) in Zusammenarbeit mit dem Bundessortenamt und der Universität Hohenheim, die den Beitrag des Züchtungsfortschritts bei Roggen und Weizen zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks über mehr als 30 Jahre quantifiziert haben.

Unterschiede können sich ebenfalls bei der CO2-Bilanzierung von einjährigen Kulturen ergeben. „Die Pflanze nimmt CO2 auf, das innerhalb eines Jahres durch menschliche bzw. tierische Ernährung, energetische Nutzung oder durch mikrobiellen Abbau wieder an die Umwelt abgegeben wird. Dabei handelt es sich um einen geschlossenen Kohlenstoffkreislauf“, erklärt Dr. Daniela Dressler vom Experten-Netzwerk Treibhausgasbilanzierung und Klimaschutz in der Landwirtschaft am Technologie- und Förderzentrum (TFZ) in Straubing.

Nach dem Weltklimarat (IPCC) ist die CO2-Bindung und Freisetzung durch einjährige Kulturen klimaneu-tral. „Diese Nullsummenrechnung wird beim Erstellen von Klimabilanzen oder Treibhausgasberichten nicht berücksichtigt“, sagt die Wissenschaftlerin.

Beispiel Milch

Wie kompliziert die Bestimmung des CO2-Fußabdrucks ist, lässt sich am Beispiel Milch gut darstellen. Hierzu gibt es bereits mehrere Veröffentlichungen, z. B. „CO2-Fußabdrücke für Milch und Milchprodukte“ von Prof. Wilfried Brade (Tierärztliche Hochschule Hannover) in „Berichte über Landwirtschaft“ aus dem Jahr 2014.

Wie Brade darin ausführt, sollten die Fußabdruckanalysen bei tierischen Erzeugnissen die Emissionen von Methan (CH4), Lachgas (N2O) und Kohlendioxid (CO2) bei der direkten Erzeugung (= On-Farm) sowie in den zugehörigen vor- und nachgelagerten Bereichen (zum Beispiel die Futtererzeugung oder die Behandlung des Wirtschaftsdüngers) umfassen.

Rückgriff auf Datenbanken

Als Werte lassen sich Standardwerte, individuell berechnete Werte oder eine Kombination aus beiden verwenden. Praktisch lässt sich das u. a. mit dem „Klima-Check Landwirtschaft“ der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft nachvollziehen (www.lfl.bayern.de).

Die Kalkulationsmasken sind mit typischen Werten für die Produktionsverfahren Marktfruchtbau, Futterbau und Tierhaltung hinterlegt. Um zu ermitteln, wie sich eine Veränderung von einzelnen Produktionsbedingungen, z. B. eine Veränderung der Futterration im Vergleich zum Ist-Betrieb, auswirkt, gibt es im Programm einen Zielbetrieb, in dem einzelne Anpassungen vorgenommen werden können und im direkten Vergleich zum Ist-Betrieb aufgezeigt werden. Durch Überschreiben dieser Werte mit eigenen Zahlen kommt man den betriebsindividuellen Verhältnissen näher.

Vor allem Daten wie Erträge, Leistungen und Futterrationen sind dabei wichtig. Bei den Pflanzenbauverfahren ist es erforderlich, die tatsächlich ausgebrachten Düngemengen bei dem jeweiligen Düngemittel einzutragen.

Wie eine Bilanz am Ende aussehen kann, zeigt folgende Übersicht. In diesem Beispiel aus dem KTBL-Handbuch ergeben sich 0,851 kg CO2/kg Milch als Fußabdruck. Wie Prof. Brade in „Berichte über Landwirtschaft“ aus dem Jahr 2014 erläutert, haben britische Wissenschaftler zwischen 1,06 und 1,23 kg CO2/kg Milch ermittelt, in Kanada liegen die Werte zwischen 0,86 und 1,14 kg CO2.

Unterm Strich gibt es keine großen Unterschiede zwischen konventioneller und ökologischer Milchproduktion: Während in der ökologischen Erzeugung ein deutlich höherer Anteil der tierischen Methanemissionen ermittelt wurde, ist die Futtererzeugung in der konventionellen Erzeugung nachteiliger. Brade nennt weitere Einflussfaktoren: Mit steigender Milchleistung nehmen die Emissionen aus Verdauung und Düngerlagerung ab, dafür nimmt der Treibhausgas-Ausstoß bei der Erzeugung energiereicher Futtermittel zu.

Kosteneinsparung möglich

Die Berechnung der betrieblichen THG-Bilanz bzw. des CO2-Fußabdrucks von Produkten kann helfen, große Emissionsquellen zu ermitteln und die Bilanz zu verbessern.

„Die Klimaschutzziele für den Sektor Landwirtschaft sind ambitioniert – Nullemission ohne Kompensation ist unmöglich, aber es gibt Maßnahmen, um die THG-Emissionen zu mindern“, sagt Dr. Daniela Dressler (TFZ). Das ist ihrer Meinung nach nicht nur gut fürs Klima: Einige Maßnahmen können auch zu einer Kostenersparnis führen, z. B. ein optimierter Stickstoffeinsatz.

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