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Sortenwahl Weizen: So können Sie auf den Klimawandel reagieren

Durch den Klimawandel steht der Weizen immer häufiger unter Stress. Daher wird die richtige Sortenwahl immer wichtiger. Worauf Landwirte achten müssen und woran die Züchter arbeiten, erfahren Sie hier.

Lesezeit: 8 Minuten

Die nasse Aussaat 2017 und die lang anhaltende Dürre 2018 hatten die Weizenbestände unter enormen Stress gesetzt. Derartige Wetterextreme scheinen in ihrer Häufigkeit und Intensität zuzunehmen und steigern das Produktionsrisiko im Weizenanbau, beobachtet Florian Rekate, Produktmanager Getreide und Soja bei RAGT Saaten Deutschland.

Insbesondere flächenstarke Betriebe entscheiden sich häufig für den Anbau mehrerer Weizensorten, um sortenbedingte Jahreseffekte abzumildern. Moderne Winterweizensorten weisen hinsichtlich ihres Ertragsaufbaus große Unterschiede auf. Vor dem Hintergrund der Risikominimierung ist es darum sinnvoll, Sorten mit unterschiedlichem Ertragsaufbau zu kombinieren, lautet sein Rat.

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Die drei ertragsbildenden Parameter Bestandesdichte, Kornzahl pro Ähre und Tausend-kornmasse (TKM) würden zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Vegetationsverlauf festgelegt. „Witterungsbedingter Stress kann deren Ausbildung erheblich behindern. Die Folge sind zu dünne Bestände, reduzierte Ähren oder Kümmerkorn“, sagte Rekate bei einer Veranstaltung in Frickenhausen am Main weier. Wie gut Weizensorten damit zurechtkommen, sei auch eine Typfrage. Ist eine Sorte einseitig auf die gute Entwicklung eines dieser Parameter angewiesen, steigt das witterungsbedingte Risiko stark an, Ertragsverluste zu erleiden.

Dennoch sollte nicht alles auf eine Karte gesetzt werden. Da sich die größten Unterschiede im Ertragsaufbau zwischen Bestandesdichte- und Einzel-ährentypen finden, ist in vielen Regionen der Anbau eines Einzelährentyps wie RGT Depot (TKM × Kornzahl pro Ähre) die ideale Ergänzung und eine weitere Möglichkeit, mit Hilfe der Sortenwahl das Risiko zu streuen, erklärt der Fachmann weiter.

Er hält es nach wie vor für sinnvoll, das Gros der Weizenfläche mit Sorten zu bestellen, die sich bereits im Betrieb bewährt haben. Der Landwirt kann so seine Erfahrungen mit der Sorte nutzen, um das Produktionssystem zu optimieren. Winterweizensorten wie RGT Reform, die mehrjährig stabil hohe Erträge mit guten agronomischen Eigenschaften verbinden, würden Sicherheit bringen und den Anbauer vor bösen Überraschungen bewahren.

„Die offizielle Einstufung der Sorteneigenschaften fußt bei neuen Sorten auf der dreijährigen Wertprüfung und ist daher naturgemäß mit einem höheren Versuchsfehler verbunden als bei langjährig geprüften Sorten. Nicht selten offenbaren neue Sorten eventuelle Schwächen erst nach ihrer Zulassung. Dies trifft beispielsweise verstärkt auf die Merkmale Winterhärte, Saatzeit- und Standortflexibilität zu, da diese in der dreijährigen Wertprüfung schlicht nicht gefordert oder nicht beschrieben werden“, so Rekate.

So reagiert die Pflanzenzüchtung auf den Klimawandel

Wie die Saatgutzüchter auf das geänderte Klima reagieren, schilderte Gerhard Banzer, Gebietsleiter Getreide Süddeutschland.

So seien die Pflanzen durch extreme Wetterereignisse wie Trockenheit, Hitze, Kälteeinbrüche im Frühjahr, Starkregen und Überflutungen vermehrt Stress ausgesetzt. Bei den Pflanzenzuchtfirmen gehe es daher darum, innovative Strategien für eine nachhaltige, ressourcen- und umweltschonende Anpassung der wichtigsten heimischen Kulturpflanzen an die Folgen des Klimawandels zu entwickeln. Die moderne Pflanzenforschung könne hierzu wesentliche Impulse geben.

„Die Auswirkungen des Klimawandels können durch die Züchtung und Selektion stresstoleranter Sorten zwar eingeschränkt, jedoch nicht ausgeschlossen werden“, mahnt Banzer. Vor allem in der reproduktiven Entwicklungsphase (5 bis 10 Tage vor und 10 bis 15 Tage nach der Blüte), könnten Temperaturen über 30 °C den Ertrag beeinträchtigen und Temperaturen über 32 °C in Kombination mit Trockenheit den Ertrag um über 75% mindern.

„Weizen ist einigermaßen hitzebeständig, allerdings führt die Kombination von überhöhten Temperaturen (über 35 °C) mit Trockenheit während des späteren Füllens des Getreides zu vorzeitigem Altern des Blattes (Assimilationsflußwird unterbrochen) und zur dramatischen Verringerung des Getreideertrages. Daher besteht das erste Zuchtziel darin, Weizensorten mit einer an die Zielumgebung angepassten Phänologie auszuwählen, die es der Weizensorte ermöglicht, Perioden von Hitze und Trockenstress während der Blüte und der frühen Kornfüllung zu entgehen“, erklärt der Fachmann weiter.

Die Reaktion der Weizenpflanzen auf die Verfügbarkeit von Hitze und Wasser sei komplex, Studien zur Genetik von Hitze und Trockenstress hätten quantitative TraitLoci (QTL) für die Toleranz gegen Hitze und Wasserstress auf jedem Chromosom identifiziert. In Studien konnten die beiden Phänomene häufig nicht zusammen untersucht werden, was zur Identifizierung von antagonistischen QTL führte.

Laut Banzer wurden acht Haupt-QTL-Cluster identifiziert, die mit Trockenheit und Hitzetoleranz assoziiert sind (Chromosomen 1B, 2B, 2D, 4A, 4B, 4D, 5A und 7A). Weitere Kartierungstechniken identifizierten spezielle Gene auf diesen Chromosomen. Die kontrollierende Hitzetoleranz befand sich auf Chromosom 3B, schilderte der Berater.

Züchtung auf abiotischen Stress bei RAGT

Die Firma RAGT setzt bei der Züchtung auf Stresstoleranz auf die Kennung von Vernalisationsgenen (Vrn), Tageslängengene(Ppd) und allgemeine Gene, die verantwortlich für die frühe Abreife sind. Die Selektion erfolgt früh ab der F3 an Standorten mit hohen Stressdifferenzen. (Silstedt, Buchbrunn Niederschläge <500 mm und Cloppenburg >800mm, Temperaturgefälle Mallersdorf-Bad Oldesloe). Jüngste Fortschritte in der Genomik ermöglichen die Selektion der wichtigsten Vrn- und Ppd-Gene mit Hilfe von SNP-Molekülmarkern, wodurch die Selektionseffizienz noch erhöht wird. Nach der Selektion der Zuchtpopulationen und Linien mit der richtigen Stress Phänologie folgt eine breite Ertragsprüfung an acht Standorten in Deutschland, vier in Österreich, vier in Polen, sechs in Benelux, drei in Dänemark, vier in Frankreich und vier in Großbritannien.

RAGT bringt dann gezielt neue und alte genetische Variationen (Wildformen, Landsorten, Sorten unterschiedlicher Herkünfte wie Russland, Kanada oder Australien) in das Elitezuchtmaterial ein. Beobachtet wird die molekulare Reaktion bei Winterweizen auf Hitze-und Trockenstress. Erwünschte Markergene und Merkmale werden anschließend für die Züchtung erkannt und erlauben eine bessere Vorhersage durch genomische Selektion quantitativer Merkmale.

„Neben den abiotischen Stressfaktoren durch den Klimawandel haben wir es auch mit neuen Pathogene beim Fusarium oder Rost(Schwarzrost) zu tun. Die RAGT-Züchter wählen dann noch die Sorten mit besserem Ernte-Index aus (Korn-Stroh-Verhältnis). Wir legen zudem Wert auf die Selektion von halbzwergartigen RHT Genen. Zuchtstämme mit produktiven Bestockungstrieben werden bevorzugt ebenso wie eine hohe Fruchtbarkeit der Ährchen für einen hohen Ertrag“ so Banzer weiter und schildert die Rolle folgender Parameter:

1. Begrannung

Studien bei CIMMYT (International Maize and Wheat Improvement Center) und RAGT haben gezeigt, dass das Vorhandensein von Grannen in heißeren und trockeneren Standorten vorteilhaft sein kann

  • Kühlung durch Beschattung,
  • Zusätzliche Photosythese über die Grannen möglich
  • Verlängerung der Photosynthese zur Kornfüllung bei bereits abgestorbenen Blättern
  • Kleinere Spaltöffnungen der Grannen – wenigerVerdunstung

Die Beweise für einen Zusammenhang sind jedoch nicht schlüssig. In Vergleichsversuchen erwiesen sich einige begrannte Linien als ebenso anfällig für Trockenheit und Hitzestress wie nicht begrannte.

2. Wurzelsystem

  • Reguliert die Wasserzirkulation
  • Regelt den Druckausgleich in den Leitgefäßen entsprechend des Angebots und des Bedarfs
  • Garantiert die optimale Verteilung Assimilate

Selektion auf ein großes und effektives Wurzelsystem. Messung der gebildeten Wurzelmasse unter Trockenstressbedingungen im GWH

  • Volumen-und
  • Gewichtsfeststellung an Pflanzenwurzeln, die in Töpfen ohne Boden gezogen wurden und in Zeitabschnitten gemessen und gewogen werden

3. Ertragsfaktoren

  • Regional sehr unterschiedliche Ergebnisse entsprechend der Niederschlagsverteilung
  • Typisch französische Sorten wie Boregar und RGT Sacramento unter diesen Bedingungen (2018 kaltes Frühjahr – keine Bestandesdichten) benachteiligt.
  • Späte Sorten erstaunlicherweise gut
  • Anpassungsfähige Sorten mit Kompensationsvermögen gefragt (RGT_Reform, Ponticus)
  • Einzelährentypen mit geringere Bestandesdichten unter Trockenstress günstig (RGT_Depot)
  • Mehrjährige Betrachtungsweise notwendig

4. Ploidiestufe und Photosynthese

5. C4-Photosynthese

C4-Pflanzen können bei hoher Lichteinstrahlung und hoher Temperatur in kürzerer Zeit mehr Biomasseaufbauen als C3-Pflanzen.

  • C4-Pflanzen vorwiegend an trockenen Standorten
  • Gräser und Nutzpflanzen, wie Amarant, Hirse, Mais und Zuckerrohr nutzen die C4-Photosynthese.
  • eine andere Art der CO2-Fixierung
  • in den sogenannten Mesophyllzellen
  • Chloroplasten enthalten hoch-CO2-affine Phosphoenolpyruvat-Carboxylase
  • GVO Übertragung aus C4 Gräser möglich aber nicht realistisch

6. Die Trehalose als wichtiger Regulator für den Stoffwechsel

  • Die Wechselwirkung zwischen Trehalose-6-phosphat (T6P) und SnRK1 (SNF1-verwandte / AMPK-Proteinkinasen) beeinflusst die Regulation der Kohlenstoffnutzung in der Pflanze

  • Die gezielte Ausrichtung von T6P auf bestimmte Zelltypen, Gewebetypen und Entwicklungsstadien führt zu einer Erhöhung des Ertragspotenzials und der Widerstandsfähigkeit.

  • Eine Erhöhung des T6P-Spiegels fördert die Biosynthesewege, die mit Wachstum und Ertrag verbunden sind,

  • während eine Verringerung des T6P-Spiegels die Mobilisierung von Kohlenstoffreserven und die Bewegung von Kohlenstoff fördert, und somit eine höhere Photosynthese von den Blättern nachfragt.

  • Dies macht deutlich, dass T6P das Gleichgewicht zwischen primären und sekundären Stoffwechsel regulieren kann, das Gleichgewicht der Akkumulation von Assimilat innerhalb von Bestandteilen des reproduktiven Gewebes und der Aktivität der Photosynthese.

  • T6P beeinflusst die Kohlenstoffallokation und die Biosynthesewege

  • Die chemische Intervention von T6P erhöht die Korngröße beim Auftragen auf Getreide und fördert die Wiederherstellung des vegetativen Gewebes nach Trockenheit

Gibt es ‚trockentolerantere‘ Sorten?

Laut Banzer gibt es Sortenunterschiede in der ‚Trockentoleranz‘

  • allerdings nur graduell und im Einzelfall oft überlagert durch Vielzahl anderer Einflüsse (Fruchtfolge, Saatzeit, Bodenqualität etc.)
  • nur bei einigen Sorten war eine Jahresreaktion 2018 mit Trockentoleranz erklärbar (RGT Depot, Opal, Dichter)

Entscheidend ist der Ertragstyp: BD Typen sind benachteiligt, KZ/Ähre Typen haben scheinbar Vorteile. Man solle daher die Sortenempfehlung beachten. Bei E- und A-Weizen sind ökostabilere Sorten besser als ertragsbetonte B-Weizen.

Ausblick

In Zukunft werden Fortschritte in der Grundlagenforschung der physiologischen Zusammenhänge von Hitze-und Trockenreaktionen eine bessere Manipulation der zugrunde liegenden Genetik und die Einführung nützlicher genetischer Diversität von verwandten Arten ermöglichen

Zum Beispiel:

  1. Schlüsselgene für die Stresstoleranz und die Ertragssicherheit müssen gefunden, markiert und gezielt kombiniert werden

  2. der Genpool ist zu erweitern, Sorten gebietsfremde Arten sind mit aufzunehmen, GVO

  3. die Photosyntheserate ist zu erhöhen mit Hilfe von Sorten diploide Arten und C4 Pflanzen

  4. N Effizienz ist zu verbessern

  5. Manipulation von Trehalose-6-phosphat

  6. Bewurzelungskraft und Wachstumsreaktion bei Wassermangel messbar machen

  7. Verbesserte Ähren-und Ährchenhydraulik (diskontinuierliches Xylem)

  8. Lagerung und Remobilisierung von löslichen Stammkohlenhydraten

  9. Form und Funktion der Stomata sind weiter zu (kleinere, dichter gepackte Stomata)
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