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Spritzentechnik: Eher genauer als größer

Die Entwicklungen im Pflanzenschutzbereich sind dynamisch. Wir haben mit den Experten der Hersteller den Stand der Technik diskutiert.

Lesezeit: 10 Minuten

Die „Bauernmilliarde“ hat für einen Ausstattungsschub in der Pflanzenschutztechnik gesorgt – vor allem in der oberen Mittelklasse. Um in den Genuss der Förderung zu kommen, müssen die Geräte u. a. mit automatischen Lösungen zur Reinigung, Teilbreitenschaltung und Gestängeführung ausgestattet sein.

Wir haben die Bewegungen am Markt einmal zum Anlass genommen, um mit Spezialisten der Hersteller den Stand der Technik und neue Entwicklungen zu diskutieren.

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Größen

Die Wachstumsgrenze bei den einachsigen Anhängespritzen ist erreicht. Limits setzen die maximal zulässige Achslast (10 t) plus der erlaubten Stützlast, die je nach Anhängung zwischen 2 und 4 t liegt. Das heißt in der Praxis: Über 14 t ist Schluss. Das Leergewicht liegt in dieser Klasse oft bei 5 t oder sogar noch etwas mehr. Das ermöglicht 7 bis 8 m³ Behältervolumen. Käufer sollten in je- dem Fall darauf achten, ob sie mit vollem Behälter plus gefülltem Frischwassertank noch legal auf die Straße dürfen.

Einige Hersteller haben Modelle mit Tandemachse im Programm. Die aufwendige Achstechnik sorgt schnell für ein Plus von 30000 €. Das maximal zul. Gesamtgewicht dieser Maschinen beträgt 22 t, das Behältervolumen liegt im Schnitt bei 12, maximal 14 m³.

Generell geht die Nachfrage nach Anbauspritzen zwar zurück, trotzdem bleiben diese Maschinen wichtig. Der Markt teilt sich in gibt es dann für 6000 € 1000 bis 1500 l extra. Erfolgreich sind vor allem Anbieter, bei denen der Fronttank so integriert ist, dass er sich mit der Anbauspritze wie ein Behälter fahren lässt.

Generell raten die Experten dazu, sich beim Kauf die Preissprünge zum nächstgrößeren Behälter genau anzusehen. Denn weil Chassis, Pumpen, Regeltechnik identisch sind, fällt der Aufpreis oft geringer aus.

Chassis

Anhängung, Lenkung, Spurweite und Federung sind wichtige Details der Spritzenchassis. Oben oder unten, das ist die Frage bei den Anhängungen. Keine von beiden ist im praktischen Einsatz überlegen. Spritzen mit bis zu 4000 l laufen bei uns meist (noch) mit Obenanhängung. Weil sich Achse und Anhängung hier in etwa auf einer Ebene befinden, ergibt sich ein kleiner Vorteil in puncto Kippstabilität. Eine Untenanhängung mit K80 wird erst durch die höheren Stützlasten größerer Geräte notwendig. Trotzdem geht der Trend in diese Richtung.

Vor allem Deichsel- und Achsschenkellenkungen haben sich durchgesetzt. Deichsellenkungen sind einfacher, günstiger und im Bereich bis ca. 4000 l verbreitet. Sie bieten auf kleineren Flächen Vorteile. Durch den nach hinten verlegten Drehpunkt fahren die Geräte auf dem Vorgewende länger parallel, bevor sie in die Gasse einschwenken.

Größere Geräte laufen mit Achsschenkellenkung. Ein Plus ist u. a. die bessere Hangstabilität. Weil die Räder Platz zum Einschlagen brauchen, muss der Behälter entsprechend geformt sein. Oft ist er deshalb auch weiter vorne untergebracht, was die Stützlast erhöht und die Untenanhängung notwendig macht. Die Ansteuerung läuft meistens über einen Drehwinkelsensor auf der Deichsel, der per Gestänge bzw. dünne Drahtseile mit dem Traktor verbunden ist. Gyroskope als Steuerung sind seltener.

Bei der Spurweite entscheidet oft das Maß innen zwischen den Reifen: Wollen Sie zwei der drei Maisreihen zwischen die Reifen nehmen? Je nachdem wie viel Abstand zur Kultur bleiben soll, beträgt das Zwischenmaß 1,50 oder mehr. Das bedingt Spurweiten von 2,20 m bis 2,25 m. Oft ist die Anhängespritze „eine Nummer“ schmaler als der Schlepper bereift, um etwas Luft zu haben. Im Zweifel werden dann höhere Reifen montiert, um die nötige Aufstandsfläche erreichen.

Bei den Federungen gibt es grundsätzlich drei Bauarten: Kunststoffdämpfer (z. B. in der Deichsel), Luftfederungen und hydropneumatische Federungen. Oft wird die Federung als Basis für eine bessere Gestängehaltbar- keit bei Transportfahrten genannt. Die Experten sich da nicht ganz einig. Fest steht: Einige Firmen integrieren mittlerweile Dämpfungssysteme in die Parallelogramm-Aufhängung der Gestänge. Zusammen mit einem beweglichen Auflagepunkt fangen die Auf- hängungen auch auf der Straße Stöße ab. Dadurch sollen sich aufwendige Achsfederungen teils einsparen lassen.

Arbeitsbreiten und Gestängeführung

Auf eigenmechanisierten Betrieben im Süden und Westen haben nach Erfahrung der Hersteller 27 m Breite die lange üblichen 21 m oft abgelöst. 24 m sind eher selten im Einsatz. Betriebe mit 6-m-Drilltechnik setzen auf 30 m, in Ost- und Teilen Norddeutschlands fahren die Praktiker zunehmend 36-m-Ausführungen. Regionen mit Kartoffel- oder Sonderkulturanbau nutzen teils 39-m-Arbeitsbreite oder größer. Teils bieten die Firmen weiter die Möglichkeit, die Gestänge auch teilgeklappt zu fahren.

Für eine ruhige Gestängelage ist es notwendig, Chassis und Gestänge voneinander zu entkoppeln. Die meisten Hersteller lösen das mit einem Zwischen- bzw. Pendelrahmen, der mit Federn und Dämpfern ausgestattet ist. Die Aufhängung soll Schlaglöcher ausgleichen und gleichzeitig das Gestänge am Hang parallel zur Oberfläche führen. Zum Hangausgleich verschiebt der Fahrer die Neigung des Zwischenrahmens.

Eine automatische Gestängeführung ist eine Fördervoraussetzung: Sensoren messen hier den Abstand zur Zielfläche und regeln die Höhe der Aufhängung bzw. verschieben den Schwerpunkt. Eine aktive Gestängeführung arbeitet etwas anders: Hier gibt es eine feste Verbindung. Elektronische Systeme messen die Anregungen, die auf ein Gestänge wirken und steuern in Echtzeit aktiv hydraulisch oder pneumatisch gegen. Dazu sind sehr schnelle Regelimpulse nötig.

Die Zahl der Sensoren an den Gestängen wächst. Minimum sind zwei, viele sind aber schon mit fünf unterwegs. Wichtig ist eine strategisch gute Anordnung, wenn die Spritze auch teilgeklappt laufen soll. Ebenso anspruchsvoll ist die richtige Verrechnung der Sensorwerte, damit das Gestänge nicht in ein Wildschweinloch eintaucht. Der Aufpreis für eine automatische Gestängeführung bewegt sich im Schnitt bei 10000 €, mittlerweile sind nach Schätzungen 30 % der größeren Anhängespritzen damit unterwegs.

Leitung und Düsen

In Zirkulationssystemen ist die Brühe immer im Umlauf. Hier haben sich Drucksysteme gegenüber denen mit Nie- derdruck durchgesetzt. Der Trend geht bei den Düsen zu immer kleineren Teilbreiten oder direkt zur Einzeldüsenschaltung. Die Einzeldüsenschaltung reduziert Überlappungen auf ein Minimum, was sich besonders auf kleinen, unregelmäßigen Stücken deutlich auswirkt. Die meisten Düsen schalten über motorische Ventile.

Die Zeiten, dass man über die gesamte Saison mit einer einzigen Düse klarkommt, sind vorbei. Manuelle Mehrfachdüsenträger gehören meist zur Basisausstattung. Doch wenn man vom Feldrand zum Bestand hin oder je nach Tageszeit mit unterschiedlichen Düsen arbeiten möchte, sind elektrische Düsen- schaltungen komfortabler – auch wenn sie oft im manuellen Modus genutzt werden.

Ein interessantes Thema zum Einsparen von Aufwandmengen ist die Bandspritzung in Reihenkulturen. Das an sich ist nicht neu wohl aber der Ansatz per Feldspritze die Bänder zu behandeln und so das Hacken und Spritzen zu trennen. Eine Bandspritzdüse arbeitet ohne Überlappung, mit eher rechteckigem Ausbringbild. Deshalb muss die Düse präzise über den Reihen geführt werden, und das über die gesamte Arbeitsbreite. Die Hersteller versuchen, das mit aktiven Systemen wie z. B. eine Kameralenkung umzusetzen. Trotzdem kann es schwierig werden, weil die Drillbreite meist deutlich schmaler ist. Es kommt also auf das genaue Anschlussfahren an. Zudem sollte der Acker möglichst eben sein. Ansätze gibt es zwar von mehreren Firmen, doch die Verbreitung ist bisher gering. Über die Möglichkeiten der neuartigen Pulsweitenmodulation (PWM) haben wir schon häufiger berichtet. Ein Ventil öffnet und schließt mehrfach in der Sekunde. Über das Variieren der „offenen Zeit“ lässt sich die Ausbringmenge einer Düse bei konstantem Druck variieren. Das vergrößert den Bereich einer Düse erheblich. Auch unterschiedliche Mengen quer zur Fahrtrichtung sind möglich. So kann PWM z. B. in Kurven die Menge innen und außen konstant halten. Das ist allerdings auch mit automatischen Mehrfachdüsenstöcken möglich.

Bisher ist die PWM in Europa relativ selten. Allerdings haben alle Hersteller Maschinen im Test. Die Technik ist scheinbar robust, allerdings auch teuer. Die Experten nennen einen Faktor von 2,5-fach im Vergleich zur Teilbreitenschaltung.

Teilflächenspezifisch

In der teilflächenspezifischen Ausbringung liegt ein sehr hohes Einsparpotenzial. Hier gibt es unterschiedliche Ansätze. Der „einfachste“ Weg ist das Abarbeiten einer Applikationskarte, die vorher erstellt wurde. Das gibt es schon länger im Bereich der Wachstumsregler und Flüssigdünger. Auch die Kombination mit N-Sensoren sind möglich. Aber immer geht es um die mehr oder wenige flächige Ausbringung.

Neuere Ansätze sind anspruchsvoller. Hier geht es darum, Pflanzenschutzmittel auf den Punkt genau nur dort auszubringen, wo sie benötigt werden, in erster Linie Herbizide. Allerdings sind auch Einsätze mit Fungiziden denkbar (Befallsnester) oder sogar mit Insektiziden.

Jede einzelne Düse muss genau über der jeweiligen Zielfläche öffnen und direkt dahinter wieder schließen. Die Steuerung läuft entweder in Echtzeit über intelligente Kamerasysteme (online) oder über Applikationskarten (offline).

Je aktueller die Karten sind, desto gezielter die Maßnahme. Drohnen fliegen mit hochauflösenden Kameras über die Bestände. Ein Dienstleister wertet die Bilddaten aus und erstellt auf dieser Basis Applikationskarten, die dann per Spritze abgearbeitet werden. Die Systeme sind bereits heute in der Lage, ein zelne Unkräuter zu erkennen und zu lokalisieren. Weil Pflanzenschutz aber Terminarbeit ist, stellt sich die Frage, wie viel Zeit in der Saison für Drohnenflug und Auswertung durch Dienstleister bleibt.

Viele Firmen arbeiten an Onlineverfahren mit Kameras. Hier geht es zunächst um gezielte Herbizidgaben. Einstieg ist die Unkrauterkennung auf weitgehend unbewachsenem Boden (grün auf braun), die nächste Stufe das Erkennen in der Kultur (grün in grün).

Je schneller die Spritze fährt, desto schneller müssen Bildauswertung und Schaltimpulse laufen. Die Kameras können aber nicht unbegrenzt nach vorne blicken, weil sonst der Blickwinkel zu flach wird.

Drohnenbilder bieten zusätzlich die Möglichkeit, vorab eine Schadschwelle zu ermitteln und ggf. noch mit der Überfahrt zu warten. Online lassen sich aktueller Befall und notwendige Ausbringmenge nur schwer vorkalkulieren.

Direkt einspeisen

Systeme, die das Pflanzenschutzmittel erst kurz vor der Düse in das klare Wasser dosieren, werden schon lange diskutiert. Die Idee ist bestechend: keine Tankreinigung, keine Restmengen und vielleicht sogar ein teilflächenspezifischer Einsatz einzelner Komponenten. Es gibt unterschiedliche Lösungen, die sich aber noch nicht durchgesetzt haben. Unter anderem sind die Schaltzeiten und die Reinigung der Systeme anspruchsvoll.

Recht neu ist ein System, das ein weiteres Mittel in eine Grundmischung dosieren kann, z. B. zum Behandeln von Befallsnestern. Über eine zweite Leitung wird die damit „aufgeladene“ Mischung bis kurz vor der Düse bereitgestellt. Das soll die Zeit kurz halten, bis das Mittel in der gewünschten Konzentration aus der Düse austritt. Die Ansteuerung läuft entweder manuell oder per Applikationskarte.

CTS

Sogenannte Closed-Transfer-Systeme (CTS) sollen Anwenderkontakte und Punkt- einträge durch Verschütten verhindern. Die Idee ist eine geschlossene Übergabe vom Kanister in die Spritze – daher der Name. Es gibt derzeit vor allem zwei Lösungen: Das EasyFlow von Agrotop arbeitet mit Adaptern, die auf den Kanisterhals geschraubt werden. Bei easyconnect, das auf eine Ini- tiative von BASF zurückgeht, ist der Adapter im Schraubdeckel integriert. In beiden Fällen braucht es eine Übergabestation, entweder an der Spritze oder stationär am Befüllplatz.

Die Anforderungen sind bei beiden gleich: Sie sollen zu allen Mitteln/Gebinden passen, der Einsatz muss praxisgerecht sein – auch bei Tankmischungen. Gleichzeitig müssen sich auch Teilmengen sicher dosieren und die angebrochenen Kanister verschließen lassen. Schließlich ist die zuverlässige Reinigung von Station und leeren Behältern wichtig. Es bleibt abzuwarten, welches System sich am Markt durchsetzen wird.

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