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Das sind die standfesten Gerstensorten für Norddeutschland

Hohe Erträge lassen sich nur erzielen, wenn die Gerste vital bleibt. Mit den schwindenden Wirkstoffen wird dies immer schwerer. Wichtiger wird daher die Ausstattung der Sorten.

Lesezeit: 10 Minuten

Unser Autor: Dr. Ulrich Lehrke, Landwirtschaftskammer Niedersachsen

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes werden zu dieser Ernte in Deutschland etwa 1,22 Mio. ha Wintergerste angebaut. Damit ist die Fläche mit 1,4 % gegenüber dem Vorjahr geringfügig geschrumpft.

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Dennoch bleibt die Futtergerste für die kommende Aussaat weiterhin wirtschaftlich interessant, da sie, wie alle anderen Getreidearten, von den gestiegenen Marktpreisen profitiert. Gleichzeitig sind ihre Produktionskosten jedoch deutlich geringer als beim Stoppelweizen. Aktuelle betriebswirtschaftliche Berechnungen sehen die Gerste – u. a. aufgrund ihrer stabilen Erträge in den letzten Jahren – um 200 bis 300 €/ha vor dem Stoppelweizen.

Auch die diesjährige Ernteerwartung lässt erkennen, dass die Wintergerste wieder deutlich vor dem Stoppelweizen im Ertrag liegt, da diese mit der Vorsommertrockenheit deutlich besser zurechtkommt. Obwohl der Zwang zum Fruchtwechsel voraussichtlich noch um ein Jahr geschoben wird und Länder wie Niedersachsen darüber hinaus am Stoppelweizenanbau festhalten wollen, spricht auch in Zukunft vieles für den Anbau von Wintergerste. Zumal die Kultur immer öfter erfolgreich bis Mitte Oktober nach Blattfrüchten wie Mais angebaut wird.

Durch die frühe Ernte ergeben sich weitere ackerbauliche Vorteile: Arbeitsspitzen werden entzerrt und vor allem ist es möglich, Raps und Zwischenfrüchte früh und kostensparend zu säen.

Die gezielte und standortangepasste Sortenwahl unter Berücksichtigung von Ertrag, Gesundheit und auch Standfestigkeit ist eine wichtige Basis für den Anbauerfolg.

Vermehrungsfläche nimmt ab

In diesem Jahr wird in Deutschland auf 27.717 ha Fläche Wintergerste vermehrt. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Fläche damit um etwa 7 % zurückgegangen. Aufgrund des vergleichsweise hohen Anteils des Nachbaus ergibt sich daraus jedoch kein Problem für eine ausreichende Saatgutversorgung. Allerdings hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass interessante Sorten schnell vergriffen sind.

Anhand des Vermehrungsumfanges lässt sich ein guter Eindruck von der Anbaubedeutung einzelner Sorten gewinnen. Bei den  mehrzeiligen Sorten  liegt auch dieses Jahr die Sorte KWS Orbit in der Rangliste vorn. Allerdings ist ihr Vermehrungsumfang u. a. wegen ihrer stärkeren Anfälligkeit gegenüber Zwergrost um gut 500 ha zurückgegangen. Infolge hoher Erträge in der letzten Ernte liegt Esprit von der DSV in diesem Jahr etwa gleich auf.

Mit SU Midnight hat sich eine neue Sorte sehr weit nach vorne bewegt. Dahinter verbirgt sich jedoch vor allem die Hoffnung auf einen guten Markteinstieg zur Herbstaussaat, denn diese gegenüber beiden Pathotypen des Gelbmosaikvirus resistente Sorte hat zur letzten Ernte besonders auf schwächeren Standorten hohe Erträge erzielen können.

In der weiteren Reihenfolge steht mit SY Galileoo – die erste  Hybridsorte  – auf Platz 4. Sie hat mit mehr als 600 ha ebenfalls deutlich zugelegt, da sie auf allen Standorten die verlässlichste Leistung aller Hybriden gezeigt hat. Als sehr anfällige Sorte hat KWS Higgins dagegen leicht verloren – ähnlich wie KWS Kosmos. Deutlich zugelegt haben die neuen Sorten Julia von der DSV (+ 900 ha) sowie KWS Exquise (+ 570 ha). Diese besitzt genauso wie Sensation (+ 380 ha) eine Resistenz gegenüber dem Gelbverzwergungsvirus.

Aufgrund guter Leistungen hat auch die ältere Sorte SU Jule wieder aufgeholt. Sie konnte vor allem auf den klassischen Gerstenstandorten durch hohe Erträge und eine optimale Standfestigkeit sowie eine gute Strohstabilität überzeugen.

Bei den  zweizeiligen Sorten , die besonders auf leichten Böden eine höhere Anbaubedeutung haben, dominiert die neuere Sorte Bordeaux (Zulassung 2020), die nochmals deutlich zugelegt hat. Dahinter rangieren die älteren Sorten Sandra und California sowie KWS Moselle. Vergleichsweise stabil bleibt die Winterbraugerste KWS Sommerset.

Übersicht 1: Ergebnisse der Landessortenversuche zu Wintergerste

Geringe Ertragsunterschiede

Das erste Kriterium bei der Sortenwahl ist der Ertrag. Bei der Wintergerste zeigt sich in den letzten Jahren jedoch ein recht enges Leistungsspektrum. Auf Grundlage der Einschätzung der Ertragsnote des Bundessortenamtes (BSA) weisen viele Sorten die Einstufung 8 (Ertrag hoch) auf. Zu nennen sind hier u. a. die Hybriden SY Galileoo, Jettoo und SY Baracooda sowie die Liniensorten Esprit, Viola, SU Midnight oder Teuto.

Die im Anbau dominierenden Sorten KWS Orbit und SU Jule sowie die ältere Sorte Quadriga (Zulassung 2014) weisen noch eine 7 auf. Von den neuen Sorten sind Julia und Avantasia mit einer 9 (sehr hoch) eingestuft. Weitere interessante neue Sorten, wie u. a. SU Hetti und Winni, sind mit der Note 8 ebenfalls hoch benotet worden. 

In den Landessortenversuchen (LSV) der letzten Jahre spiegelt sich diese vergleichsweise enge Leistungsdichte wider. Wie die Übersicht 1 oben verdeutlicht, liegen im dreijährigen Mittel auf den Lehmstandorten Südhannovers zwischen der besten Sorte Esprit (rel. 103 %) und der wichtigen Sorten SU Jule im Mittelfeld (rel. 101 %) nur 2 % Ertragsunterschied. Lediglich die zweizeiligen Sorten sowie die gegenüber dem Gelbverzwergungsvirus resistente Sorte Paradies fallen etwas deutlicher im Ertrag ab.

Hybriden setzen sich nicht ab

In Deutschland werden inzwischen seit annähernd 20 Jahren Hybrid-Wintergersten vermehrt und angebaut. In einigen Regionen haben diese auch Anbaubedeutung erlangt. Ihre Vorteile zeigen Hybriden häufig auf Standorten mit verhaltener Jugendentwicklung, u. a. in Höhenlagen sowie an der Küste. Im Ertrag können sie sich jedoch in den LSV nicht deutlich von den Liniensorten absetzen. Die Vorteile im Ertrag reichen meistens nicht aus, um die hohen Saatgutkosten auszugleichen. Auch aktuelle Spätversuche widerlegen die Behauptung, dass Hybriden besonders bei später Saat höhere Erträge bringen.

Allerdings punkten sie durch eine gute Leistungskonstanz. Einige Sorten wie Jettoo oder Galilieoo sind auch in der Gesundheit verbessert. Aufgrund ihrer Länge sind Hybriden jedoch häufig noch sehr lageranfällig und zeigen Schwächen in der Strohstabilität. Neuere Untersuchungen deuten an, dass Hybriden offensichtlich eine bessere Nährstoffaneignung besitzen. Diese Vorteile zeigen sich jedoch vorrangig auf schwächeren Standorten und müssen noch durch weitere Untersuchungen belegt werden.

Fokus auf Gesundheit und Standfestigkeit

Bei der Gerstensortenwahl werden auch die Eigenschaften Standfestigkeit und Blattgesundheit wichtiger, denn die Palette wirksamer Fungizide bröckelt. Beide Kriterien werden in den LSV anhand des Vergleiches zwischen der unbehandelten Kontrollparzelle sowie der behandelten Variante überprüft. Die Unterschiede zwischen den Sorten sind dabei teilweise sehr hoch.

Im letzten Jahr wiesen Sorten wie KWS Orbit und KWS Higgins hohe Ertragsverluste von bis zu 29 % auf. Das Verlustrisiko kann auf Grundlage aktueller Preise mehr als 600 €/ha betragen. Diese Verluste lassen sich vorrangig auf eine hohe Anfälligkeit gegenüber Zwergrost zurückführen, der in den letzten Jahren eine immer größere Rolle spielt. Auch Esprit, Viola, Finola oder Quadriga sowie KWS Memphis weisen auf einzelnen Standorten höhere Verluste auf. Bei den zweizeiligen Sorten betrifft dies besonders Bordeaux. Die höheren Verluste sind sowohl auf Krankheiten als auch auf Verluste durch Lager und Ährenknicken zurückzuführen.

Im Umkehrschluss zeichnen sich Sorten wie SU Jule, Teuto, SU Midnight sowie die meisten Hybriden durch geringe Ertragsverluste aus. Von den zweizeiligen Sorten birgt SU Laubella das geringste Verlustrisiko. In der Übersicht 2 sind die Eigenschaften der wichtigsten Sorten dargestellt.

In Hinblick auf die sehr schwer bekämpfbare Ramularia sind die Sorten inzwischen auch eingestuft worden. Die Unterschiede sind jedoch gering. In den Bonituren des letzten Jahres fiel u. a. die Hybride Jettoo mit der Note 3,6 als relativ gesund auf. Demgegenüber wies Finola mit der Note 5,3 den stärksten Befall auf. Bei den zweizeiligen Sorten ist Bordeaux ebenfalls anfälliger gegenüber Ramularia bewertet worden.

Klimawandel fordert ­Standfestigkeit

Der Klimawandel zwingt dazu, auch die Standfestigkeit bzw. die Pflanzenlänge bei der Sortenwahl ausreichend zu berücksichtigen, denn Lager kostet Ertrag und damit Geld. Durch längere Vegetationszeiten sowie durch höhere Risiken von Starkregen ist ein immer höheres Lagerrisiko zu beobachten. Besonders auf Standorten mit hohem Nachlieferungspotenzial sowie bei langjährig organischer Düngung ist die Wahl einer standfesten Sorte sehr wichtig.

Viele neuere Sorten sind jedoch in der Pflanzenlänge sehr lang. Dazu zählen besonders die Hybriden sowie Teuto, Melia oder auch Paradies. Diese Länge bedingt bei einigen Sorten auch ein hohes Lagerrisiko – wie u. a. bei Galileoo, Teutoo oder Paradies bzw. Sensation. Ein längerer Wuchs wie bei Quadriga, SU Jule oder SU Midnight muss aber nicht zwangsläufig mit einem höheren Lagerrisiko verbunden sein.

Kurzstrohige Sorten wie Viola oder auch die neue Sorte SU Hetti verbinden im günstigsten Fall beide Aspekte. Allerdings können auch kürzere Sorten wie KWS Exquis durchaus ein höheres Lagerrisiko aufweisen.

Daneben gilt es auch die Strohstabilität zu beachten. Abknickende Ähren können kurz vor der Ernte noch hohe Verluste nach sich ziehen. Als sehr stabil sind hier Viola, Esprit und besonders SU Jule zu nennen. Auch die zweizeiligen Sorten zeigen sich strohstabil.

Mehr resistente Sorten

Die Resistenz gegenüber dem Gelbmosaikvirus Typ 1 ist inzwischen bei den allermeisten Sorten Standard. Allerdings hat sich auf vielen langjährigen Gerstenstandorten auch der Typ 2 etabliert, sodass hier nur Sorten mit einer breiten Resistenz angebaut werden können. Mit KWS Memphis, SU Midnight, SU Hetti sowie Sensation hat sich das Angebot jedoch deutlich verbessert. Vor allem SU Midnight zeigte bereits im letzten Jahr, dass sie konkurrenzfähig ist.

Neue virusresistente Sorten werden auch im Ertrag konkurrenzfähiger.

Das Angebot von Sorten mit einer Resistenz gegenüber dem Gelbverzwergungsvirus nimmt ebenso zu. Mit Paradies stand bislang eine Sorte in den LSV, die im Ertragsvermögen jedoch noch nicht überzeugt. Dazu kommt die höhere Lagerneigung. Mit Sensation kommt eine weitere Sorte auf den Markt, die ebenfalls noch nicht ganz konkurrenzfähig ist.

Neu sind die Sorten Integral (Ertragsnote 8; EU-Zulassung), die im nächsten Jahr auch in Deutschland zur Zulassung ansteht, sowie die Sorte KWS Exquise (Ertragsnote 7). Auf Befallsstandorten hat sich gezeigt, dass die Resistenz bislang dazu beiträgt, dass auch ohne eine Insektizidbehandlung keine Befallssymptome auftraten und sich Ertragsverluste vermeiden lassen.

Kornqualität zeigt sich im Hektolitergewicht

Als Qualitätskriterium gilt nach wie vor das Hektolitergewicht – 64 kg sollte die Gerste nach Möglichkeit erreichen. Aufgrund des Witterungsverlaufs ließ sie sich 2021 auf vielen Standorten nur mit Abzügen vermarkten, da die Hektolitergewichte die geforderten Normen nicht erreicht hatten.

In diesem Jahr scheint die Qualität jedoch wieder zu passen. Dennoch sollten Sie bei der Sortenwahl das Qualitätskriterium beachten. Hohe Hektolitergewichte versprechen in jedem Fall die zweizeiligen Sorten SU Laubella, Bordeaux, KWS Moselle sowie LG Carthago.

Bei den mehrzeiligen Sorten überzeugen u. a. die Hybriden wie Jettoo sowie SU Jule und auch KWS Orbit. In der Qualität abgefallen sind besonders Viola, Paradies und KWS Morris.

Zusammenfassende ­Sortenempfehlung

Neben der Ertragsleistung gilt es, die Gesundheit, die Standfestigkeit sowie die Qualität im Blick zu haben. Auch zur kommenden Aussaat steht wieder eine Vielzahl von Sorten zur Wahl:

  • Eine hohe Anbaubedeutung im Bereich der mehrzeiligen Sorten haben aktuell die Sorten KWS Orbit, SU Jule sowie Esprit.
  • Die Hybriden wie u. a. Galileoo oder Jettoo behaupten sich besonders auf den Standorten mit langsamer Jugendentwicklung.
  • Sorten mit einer Resistenz gegenüber dem Gelbverzwergungsvirus sind häufig sowohl im Ertrag als auch in der Standfestigkeit nicht überzeugend. Ihr Anbau sollte daher zunächst auf Standorte mit hohem Infektionsrisiko erwogen werden, besonders bei sehr früher Saat. Die neueren im Ertrag und in den Eigenschaften verbesserten Sorten Integral und KWS Exquis bieten sich dagegen zum Probeanbau an.
  • Bei den zweizeiligen Sorten, die sich vor allem für leichtere Böden eignen, ist neben den bewährten älteren Sorten u. a. Bordeaux im Ertrag stark. Die Sorte hat jedoch auch deutliche Schwächen.
  • Für den Probeanbau kommen nach derzeitigem Stand u. a. die Sorten Julia, Avantasia sowie SU Hetti in Betracht. Beachten Sie auch die Sortenergebnisse, sobald diese von 2022 vorliegen.

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