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Stoffstrom-Bilanz: Vorschläge der Gruppe um Prof. Taube unter die Lupe genommen

Das von Prof. Taube vorgeschlagene 120/120-Modell bei der Stoffstrom-Bilanz hat bei den top agrar-Lesern für Unklarheiten gesorgt. Viele wünschten sich eine Stellungnahme von Prof. Taube. Bitte sehr.

Lesezeit: 6 Minuten

2021 steht die Novellierung der Stoffstrom-Bilanzverordnung (StoffBilVO) an. In Vorbereitung darauf hat das Umweltbundesamt eine Stellungnahme mehrerer Wissenschaftler veröffentlicht.

Darin kritisieren sie den derzeitigen N-Saldo von 175 kg N/ha (brutto) als zu hoch, um die aktuellen Stickstoffprobleme in den Griff zu bekommen. Die Gruppe der Wissenschaftler um Herrn Prof. Taube schlägt als Alternative das 120/120-Modell vor.

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In der top agrar-Meldung vom 19.11.2020 haben die Inhalte dieses Konzeptes für Unklarheiten gesorgt und viele Leser haben sich eine Stellungnahme von Prof. Taube gewünscht. top agrar hat nachgefragt.

Interview

top agrar: Anlässlich der bevorstehenden Novellierung der StoffBilVO haben Sie in Zusammenarbeit mit weiteren Wissenschaftlern das sogenannte 120/120-Modell vorgeschlagen, das den N-Saldo in der Stoffstrombilanz bei 120 kg N/ha deckeln soll. Was sind die Kernelemente bzw. Kernziele dieses Modells?

Prof. Taube: Laut Düngegesetz von 2017 wird ab 2021/22 eine novellierte Stoffstrombilanz für alle Betriebe bindend. Um die Ausgestaltung im Sinne guter landwirtschaftlicher Praxis zu fördern (was mit der bisherigen StoffBilVO nicht gelungen ist), haben wir einen Vorschlag unterbreitet, der sicherstellt, dass auf Basis der Brutto-Hoftor-Bilanz (also letzten Endes auf Basis von Belegen aus der Buchführung) Grenzwerte für Stickstoffüberschüsse geschaffen werden, die hohe Ertragsleistungen und geringe Umweltbelastungen kombinieren und vor allem das Ziel haben, Planungssicherheit für die Betriebe bis 2030 zu erreichen.

Das heißt, man muss jetzt umdenken: statt eines Netto-Saldos, der die so genannten unvermeidbaren Verluste aus organischen Düngern einbezieht und bei dem am Ende alle den Wert von max. +50 kg N/ha aus der alten DüV von 2017 einhalten mussten (durch die DüV 2020 entfallen), zählen nun die Brutto-Hoftorsalden.

Ein reiner Ackerbaubetrieb startet mit dem Grenzwert von 50 kg N/ha Bilanzüberschuss (wie bisher) In Abhängigkeit der Intensität der Tierhaltung/Biogaserzeugung steigt der erlaubte Bruttosaldo auf einen Maximalwert von 120 kg/ha an und bleibt dann ab einem Anfall (N-Ausscheidungen laut DüV 2020) von 120 kg N/ha aus Tierhaltung auf diesem Niveau stabil. So bleiben die unternehmerischen Freiheiten innerbetrieblich erhalten und der Anreiz, organische und organisch/mineralische Dünger effizient zu nutzen, wird erhöht.

top agrar: Das Konzept hat bei den Landwirten zu Unsicherheit geführt. Es besteht die Befürchtung, dass die Höhe der organischen Düngung in diesem Konzept bei 120 kg Norg./ha begrenzt werden soll. Ist die Sorge berechtigt?

Prof. Taube: Nein, das Konzept sagt nur, dass ab einem Anfall aus der Tierhaltung von 120 kg N/ha, der erlaubte N-Saldo, also der Überschuss in der Stoffstrom-Bilanz, bei + 120 kg N/ha gedeckelt wird.

Der Saldo, nicht die Düngung! Natürlich können Landwirte weiterhin mehr als 120 kg N je ha z.B. in Form von Gülle ausbringen, wenn ein entsprechender Pflanzenbedarf vorliegt, nur der erlaubte Saldo steigt dann nicht weiter an. Das bedeutet, diese Betriebe müssen ihren Mineraldüngereinsatz reduzieren, um so die Güllewirkung zu steigern.

Es liegen viele Daten vor, die zeigen, dass die Masse der guten Landwirte mit diesem Ansatz gut zurechtkommt, insbesondere nachdem sie durch die DüV 2020 entsprechend sensibilisiert sind.

Auf Sicht ist das System eine Belohnung für die Landwirte, die schon in Verlustminimierung bei Lagerung und Ausbringung investiert haben und vor allem die organischen Dünger zu richtigen Zeitpunkten und angemessenen Dosierungen ausbringen, denn mit dem ‚Verlustfaktor‘ in unserer Berechnungsformel von 0,58 je kg Gülleanfall wird zunächst eine Nutzungseffizienz des anfallenden N aus Tierhaltung von 42% unterstellt, was nicht zu ambitioniert ist.

Bis zum Jahr 2030 werden die erlaubten Salden dann so angepasst, dass das Ziel der Bundesregierung, den sektoralen N-Saldo der gesamten Landwirtschaft in Deutschland laut Nachhaltigkeitsstrategie auf maximal +70 kg N/ha zu reduzieren (derzeit 93 kg N/ha), erreicht wird.

top agrar: Ist das 120/120- Modell eigentlich ein ganz neuer Ansatz?

Prof. Taube: Nein, ist es nicht. Ich habe das vorliegende Konzept in den Grundzügen schon 2016 und 2017 im Agrar- und Ernährungsausschuss des deutschen Bundestages vorgestellt. Es baut auf wesentlich älteren entsprechenden Empfehlungen des VDLUFA auf und folgt der dortigen Empfehlung, neben der Düngeplanung auf Basis der Flächenbilanzierung als robustes Controlling-Instrument des Betriebes die Hoftorbilanzierung zu nutzen.

Es geht immer noch darum, endlich die guten Betriebe dafür zu belohnen, dass sie eine effiziente Verwertung der Mineraldünger und der Nährstoffe aus der Tierhaltung praktizieren und dazu beitragen, unsere Umweltziele zu erreichen.

top agrar: Wie hat das BMEL, als zuständiges Ministerium, auf die Stellungnahme und das Konzept reagiert?

Prof. Taube: Das Konzept wird in den dazu eingerichteten Gremien beraten. Angesichts der Tatsache, dass Deutschland nach wie vor bezüglich der Umsetzung der Nitratrichtlinie, der Wasserrahmenrichtlinie, der Meeresstrategierichtlinie und der NERC-Richtline unter Beobachtung steht und Antworten auf die EU-Farm to Fork-Strategie auf der Agenda stehen, halten wir es als praxisnahe Wissenschaftler für zwingend, den Betrieben endlich Planungssicherheit im Düngerecht zu geben.

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Das 120/120-Modell im Detail

Das 120/120-Modell ist ein Vorschlag, den maximal zulässigen N-Bilanzsaldo der Stoffstrombilanz betriebsindividuell, je nach eingesetzter Menge organischer Dünger, zu staffeln. Das heißt, mit zunehmender organischer Düngung, steigt, bis zu einer Deckelung von 120 kg N/ha (brutto), auch der N-Überhang, der dem Betrieb in der Stoffstrom-Bilanz zugestanden wird.

Die zugrunde gelegte Berechnungsformel sieht dabei wie folgt aus:

50 + 0,58 x kg Norg/ha LF = max. zulässiger betriebliche N-Überschuss (kg N/ha LF)

Dabei bezieht sich der Wert 50 auf den zulässigen N-Überhang, den die DüV 2017 den Betrieben im Nährstoffvergleich eingeräumt hatte. Setzt beispielsweise ein Ackerbaubetrieb keinen organischen Dünger ein, gilt dieser Überhang dann laut dem Modell auch für seine Stoffstrom-Bilanz:

50 + 0,58 x0 kg Norg/ha = max. 50 kg /haÜberhang

Bringt ein Betrieb dagegen organische Düngemittel aus, verändert sich der betriebliche zugestandene N-Überhang. Der organische Stickstoff ist dann zu den 50 kg N/ha hinzuzurechnen. Der Faktor 0,58 soll dabei der geringeren N-Nutzungseffizienz im Vergleich zu Mineraldüngern Rechnung tragen.

Fallen auf einem Betrieb beispielsweise 80 kg Norg/ha (brutto) an, läge sein persönlicher max. zulässiger N-Saldo bei 96 kg N/ha:

50 + 0,58 * 80 kg Norg = max. 96,4 kg N/ha Überhang.

Die Steigerung des betrieblichen N-Überhangs wäre bis zu einem Bilanzsaldo von 120 kg N/ha zulässig. Der wäre gemäß Formel dann bei 120 kg Norg/ha erreicht:

50 + 0,58 x120 kg Norg = max. 119,6 kg N/ha Überhang

Möchte der Betrieb weiterhin die erlaubten 170 kg Norg/ha einsetzten muss er eine passend hohe N-Abfuhr dagegenstellen können, um weiterhin die 120 kg N/ha Überhang einhalten zu können.

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