Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Österreich

Stolbur-Bakterium richtet große Schäden in Kartoffeln an

Die Stolbur-Krankheit führte in den letzten Jahren in Ostösterreich zu deutlichen Ertragsausfällen bei Kartoffeln. Erfahren Sie hier alles zu den aktuellen Versuchsergebnissen und Bekämpfungsmöglichkeiten.

Lesezeit: 5 Minuten

Unsere Autoren:

  • Monika Riedle-Bauer, HBLA und Bundesamt für Wein- und Obstbau, Klosterneuburg,
  • Günter Brader, Austrian Institute of Technology, Tulln,
  • Anita Kamptner, LK NÖ, St. Pölten

Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

In Österreich melden einige Betriebe sehr große Einbußen durch Stolbur an Kartoffeln. Besonders 2018 und 2019 gab es in zahlreichen Regionen enorme Schäden. 2020 gestaltete sich die Situation insgesamt zwar besser, aber in Einzelfällen wurde ebenfalls ein starkes Krankheitsauftreten beobachtet. Daher stellen wir Ihnen die Krankheit hier näher vor.

Die wichtigsten Symptome

Infektionen mit dem Stolbur Phytoplasma (Bakterium) an Kartoffeln machen sich im Feld meist ab etwa Ende Juni bemerkbar. Die Blätter rollen sich nach oben ein und verfärben sich gelb oder, je nach Sorte, auch rötlich-violett. Der Wuchs ist starr aufrecht, in den Blattachseln können sich Luftknollen bilden. Viele der betroffenen Pflanzen welken und sterben ab. Die Knollen bleiben kleiner, sind verformt und zeigen gummiartige Konsistenz. Knollen infizierter Pflanzen treiben fädig aus und bilden keine vitalen Pflanzen.

Ackerwinden als Zwischenwirt

Die Stolbur-Erreger breiten sich über einen komplizierten Zyklus aus. Dabei werden die Erreger von infizierten Unkräutern vor allem über Windenglasflügelzikaden auf die Kulturpflanzen übertragen. Für die Infektionen an Kartoffeln sind derzeit ausschließlich Ackerwinden als Zwischenwirt verantwortlich.

Die Ackerwinden sind gleichzeitig Wirte für die Bakterien und die Zikadenlarven, dadurch können sich bakterieninfizierte Zikaden entwickeln. Wir gehen davon aus, dass die Zikaden überwiegend von Brachen, Straßen- und Wegrändern, Böschungen etc. in die Kartoffelfelder zufliegen und sich allenfalls untergeordnet im Kartoffelfeld entwickeln.

Kurz gehaltene Begrünungen bzw. das Aufreißen der Vegetationsdecke beim Mulchen fördern sehr stark die Ausbreitung der Ackerwinde. Keine oder nur eine kurze Gründecke schafft zudem warme, trockene Bedingungen, die den Zikaden besonders zusagen.

Dies untermauert ein Versuch in Langenzersdorf. In einer Brache haben wir einen Vergleichsversuch durchgeführt. Im Luzernebestand führte der höhere Bewuchs dazu, dass sich wenige Ackerwinden entwickeln konnten und die wenigen vorhandenen Pflanzen kaum infiziert waren. Im Gegensatz dazu war im regelmäßig kurz gemulchten, gestörten Bereich die Ackerwindendichte hoch und die Mehrheit der Pflanzen war mit Stolbur infiziert.

Wie wirkt sich die Krautabtötung zu unterschiedlichen Zeitpunkten auf die Symptomentwicklung der Knollen aus? Dazu haben wir in Guntersdorf die Sorten Belmonda, Ditta, Pepino, Pocahontas und Valdivia zu mehreren Zeitpunkten geschlägelt, wie Übersicht 2 zeigt.

Der Effekt einer frühen Krautabschlägelung auf die Stolbur-Symptome der Knollen war nicht einheitlich. Bei Belmonda, Ditta und Valdivia wurden bei frühem Abschlägeln weniger symptomtragende Knollen gebildet. Bei Pocahontas und Pepino war dagegen auch bei frühem Abschlägeln der Anteil symptomatischer Knollen hoch. An allen Sorten führte ein frühes Abschlägeln zu deutlich verringerten Erntegewichten.

Grosse Sortenunterschiede

Die Sortenwahl ist ein wichtiger Baustein einer Stolbur-Bekämpfung. Tosca, Alonso Agria, Hermes und Ditta waren in unseren Beobachtungen anfällig bzw. werden als anfällig beschrieben. Diego, Innovator und Valdivia erwiesen sich als vergleichsweise robuster.

Wie wirken Insektizide?

Dazu wurden 2019 und 2020 an mehreren Standorten in Niederösterreich insgesamt sieben Versuche mit Insektiziden und Repellents durchgeführt. Die Auswahl der Substanzen erfolgte nach unseren Labor-Vorversuchen. Um die Übertragung der Erreger zu reduzieren, ist eine rasche Wirkung erforderlich. Wünschenswert wäre wegen der Zikadenflugzeit über mehrere Wochen auch eine möglichst lang anhaltende Wirkung.

Diese Varianten wurden eingesetzt:

  • Insektizid (vier Anwendungen im Abstand von 8 bis 10 Tagen; 2019: Registrierte Insektizide mit Knock-down-Effekt aus Wirkstoffklasse Pyrethroide; 2020: Pyrethroide, sowie Acetamiprid),
  • Repellent Diatomeenerde (Silicosec, Biohelp Wien) + Netzmittel, nur 2019;
  • Mikroorganismen sowie chemische Substanzen zur Erhöhung der Abwehrkraft der Pflanze, nur 2020;
  • Unbehandelte Kontrolle.

Wichtiger Hinweis: Die genannten Wirkstoffe/Mittel/Zulassungen gelten für Österreich!

Die Versuche brachten folgende Ergebnisse: 2019 waren zwei von vier Versuchen auswertbar, nämlich jene in Maissau (Sorte Eurostarch) und Rottersdorf (Sorte Tosca). An beiden zeigten Bonituren Mitte und Ende Juli einen deutlichen Effekt der Insektizidanwendungen. Es wurden um ca. 50% weniger kranke Pflanzen gezählt. Im Versuch in Maissau war der Insektizideffekt auch noch Mitte August deutlich sichtbar (in etwa 50% weniger kranke Pflanzen). In der Insektizidvariante war der Anteil an Gummiknollen geringer, es gab weniger Labor-positive Knollen und der Ertrag lag mit 30t/ha um 4t höher als in der Kontrolle.

In Rottersdorf dagegen war der Bestand in allen Varianten Mitte August mehr oder weniger zusammengebrochen. In Bezug auf Gummiknollen und Labortests der Knollen war der Effekt der Insektizidbehandlungen bestenfalls gering, beim Ertrag gab es keinen Unterschied. Die Diatomeenerde zeigte keinen Effekt gegen Stolbur.

2020 war der Zikadendruck erheblich niedriger als 2019. Auf den Gelbtafeln in den Versuchsflächen waren nur ganz vereinzelt Zikaden vorhanden. Zudem war die Wasserversorgung gut. Dadurch blieben die Krankheitssymptome gering. An zwei von drei Versuchsstandorten gab es kein nennenswertes Stolbur-Auftreten.

In Rottersdorf (Sorte Belmonda) zeigten allerdings im Durchschnitt etwas mehr als 2% der Knollen in der Insektizidvariante Stolbur-Symptome, in der Kontrolle über 7%. Die Versuche zur Erhöhung der Abwehrkraft der Pflanze erbrachten wegen zu geringem Befallsdruck keine Ergebnisse.

Rückschlüsse für die Praxis

In allen Versuchen mit Befallsdruck war ein Effekt der Insektizide sichtbar. Es hat den Anschein, dass Insektizideinsatz bei mäßig anfälligen Sorten und/oder nicht allzu hohem Druck eine deutliche Reduktion von befallenen Pflanzen/Knollen bringen kann.

Bei hohem Befallsdruck und einer anfälligen Sorte (Tosca) in Rottersdorf 2019 war aber der Effekt letztendlich zu gering. Bei starkem Druck und/oder anfälligen Sorten verzögert ein Insektizideinsatz zwar die Krankheitsverbreitung, reduziert sie aber nicht entscheidend.

Für einen durchschlagenden Behandlungserfolg wäre es notwendig, über mehrere Wochen stets eine rasche Wirkung gegen zufliegende Zikaden zu erzielen. Das ist vielleicht unmittelbar nach einer Behandlung möglich, mehrere Tage danach aber vermutlich nicht mehr. Weitere Versuche müssen zeigen, ob der Einsatz von Insektiziden gemeinsam mit entsprechender Sortenwahl und anderen Maßnahmen ein Baustein einer zukünftigen Stolbur-Strategie sein kann und soll.

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.