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Leserbrief

Umzingelt von Öko: Konventionelle Bauern leiden unter Käferinvasion

Familie Fiederling ärgert sich über die Bevorzugung des Ökolandbaus. Ein Aus der konv. Landwirtschaft hätte Folgen. Bei der Käferinvasion von benachbarten Ökoflächen sieht sie sich alleine gelassen.

Lesezeit: 7 Minuten

Ein Leserbrief von Familie Fiederling aus Helmstadt (Kreis Würzburg):

Wie sollen die heute überlebenswilligen Bauern in der Natur OHNE(!) die Natur produzieren? - In Erwartung steht genau diese Quadratur des Kreises!

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Die Landwirtschaft wusste eigentlich schon immer, sich den Erfordernissen der Natur weitgehend erfolgreich anzupassen - auch ohne Volksbegehren zum Artenschutz. Die für Bayern angestrebte 30 % Öko-Landbau oder mittelfristig in Baden-Württemberg gewünschten 50 % werden Konsequenzen nach sich ziehen – positive wie negative.

Das große Problem an dieser nicht grundsätzlich vernetzend durchdachten, daher mit schwerwiegenden Fehlern behafteten „ökologischen Nachhaltigkeit“ ist, dass man schlussendlich noch immer nicht erkennen will, dass sich damit rasant Nachteile weiterentwickeln. Diese stellt nicht nur eine massive Bedrohung für die konventionelle Landwirtschaft dar, sondern stellt fatalerweise sukzessive die hehren Zielsetzungen des Öko-Landbaus selbst in Frage.

Die sich stetig verschärfenden Restriktionen, rechtsverbindlichen Vorgaben und Erlasse erreichen ausschließlich unsere Bauernhöfe und bleiben genau dort verhaftet. Die wenigsten Partner der Landwirtschaft in den vor- und nachgelagerten Bereichen fühlen sich in solcher Weise überhaupt schon angesprochen. Ein „WIR“ ist einem allseits verpflichtenden „DU MUSST“ in Richtung Bauern gewichen.

Das nimmt seine Anfänge in der Agrarpolitik, wo ein nur marginales Restvölkchen an ackernden Bauern als Wählerklientel schlichtweg vernachlässigbar ist. Ein beherztes Vorgehen gegen den Klimawandel kann man also plakativ am ehesten im Bauernumfeld medial feiern. Anderen deutschen Vorzeige-Industriezweigen (Automobilindustrie etc.) will man da nicht wirklich weh tun, siehe Mercosur-Handelsabkommen.

Ausgemerzt geglaubte Käfer kommen zurück

Dass man dabei aber blindwütig in einem überambitioniert lückenhaft durchdachten Aktionismus genau das Gegenteil von dem erreicht, möchte ich an nachstehendem Beispiel aufzeigen:

In der diesjährigen Ernte im Raum Würzburg tauchten zunächst unbekannte Käfer auf, weshalb der Handel die angediente Ware ablehnte. Nach intensiver Recherche standen zwei Käfer im Fokus: Zum einen der Spitzsteißige Rübenrüssler (seit den 1940er „schmerzlich“ vermisst), zum anderen ein Blattrandkäfer. Beide Käfer ernähren sich vom grünen Blatt, ersterer bevorzugt als gefürchteter Schädling in den Zuckerrüben, der zweite bevorzugt insbesondere Leguminosen.

Gerade für den Blattrandkäfer ist das Nahrungsangebot mittlerweile in einigen Gegenden schon überwältigend. Dieser Käfer ist flugfähig und besiedelt ärgerlicherweise auch erntereife Getreidefelder; und das invasiv in Massen, d.h. wo dieser anzutreffen ist, findet man ihn auch im frisch gedroschenen Erntegut; nach den erneut verschärften Einheitsbedingungen des Deutschen Getreidehandels ein absolutes No-go-Kriterium. So darf weder „lebendes noch totes Tier“ im angedienten Getreidegut direkt vom Feld zu finden sein.

Was also kann der davon überrumpelte Bauer in einer solchen Situation nun tun, der diesen Schädling in Massen auf dem Anhänger spazierenfährt? Wohlgemerkt, es handelt sich um keinen Vorratsschädling. Der Käfer hat im Getreideerntegut keine Überlebenschancen.

Für konventionelle Betriebe ein Riesenproblem, während sich der Öko-Landbau damit arrangiert zu haben scheint. Gelten die Einheitsbedingungen des Deutschen Getreidehandels nicht für Ökobetriebe? Wann endlich reift der längst überfällige Gedanke, dass eine solche Ausgestaltung der Verträge auf Sittenwidrigkeit im Verlaufe sich rasant verändernder Rahmenbedingungen infolge höherer Gewalt zu überprüfen sind? Anstelle dessen übt sich die aufnehmende Hand unantastbar, vollkommen unbeschadet in einem filigran ausgefeilten Status quo glasklar definierter Einseitigkeit der jeweiligen Rechte und Pflichten dieser Vertragspartner, wovon man freiwillig auch nicht abzuweichen gedenkt!

Die konventionellen Bauern - mit allseits agrarpolitisch forciert zunehmender Tendenz vom ökologischen Landbau förmlichst umzingelt - müssen sich kurzfristig also den Kopf darüber zerbrechen, wie man unter bestenfalls „sterilen Bedingungen“ die Erzeugnisse vom Feld fährt, bei einem kurz- bis mittelfristig auf allenfalls noch 50 % reduzierten Pflanzenschutzmitteleinsatz.

Sollten diese doch extrem konträren Bestrebungen, kaum mehr miteinander vereinbar, nicht endlich vielleicht doch zu der Einsicht erstarken lassen, dass die nachgelagerten Bereiche keineswegs weiterhin unbehelligt die harte Keule über den Köpfen der Familienbauernhöfe schwingen dürfen, von Seiten der Politik wissentlich abgesegnet? Die Begehrlichkeiten um satte Renditen der Plattformen unserer Nullen und Einsen dürfen schlussendlich die Interessenlage der deutschen Bauern nicht vollkommen überwuchern.

Ökoflächen bieten Schutz für Käfer

Konventionell bewirtschaftete Flächen werden mittlerweile in Vielzahl von Ökoflächen umgeben, letztere im Besonderen bieten diesen Käfern Schutz und Raum. Da der Biobauer keine Handhabe gegen die Tiere hat, breiten sie sich invasiv aus. Jene Protagonisten, die den Öko-Landbau in dieser Art und Weise radikal fortzuentwickeln gedenken, wissen bis heute nicht die mannigfaltigen Problemstellungen ehrlich aufzuzeigen. Schon ein einzelner Käfer könnte dieses extrem wacklige Konstrukt ins Wanken bringen. Der Larvenfraß eben dieses Blattrandkäfers an den Knöllchen und Wurzeln verursacht eine nicht unbeträchtliche Ertragsschädigung an den Leguminosen, ein weitreichendes Problem gerade für den Ökolandbau. Das Stickstoffdepot für die kommende Vegetation verschwindet förmlichst in den Larvenmägen, und keiner hat es bemerkt? Ein ganzes System könnte dadurch von heute auf morgen in sich zusammenbrechen.

Wenn der Biolandbau einen Schädling heranzüchtet, der schon dagewesenen biblischen Plagen gleichkommt, sollte man in Vorsorge Lösungen schon heute in petto haben bzw. dem Sektor Alternativen bereithalten, um eine biologische Überlebensstrategie für diese Art der Landwirtschaft sichern zu können.

Während sich die konventionellen Bauern dagegen im direkten Ernteverlauf wahrlich nicht schützen können, stehen die Handelspartner in einer noch weiter verschärfteren Fassung ihrer

„Allgemeinen Bedingungen des Deutschen Getreidehandels“ in der Erwartungshaltung, dass jeder Bauer mit einer kaum mehr zu schulternden Elastizität innerhalb seines Miniaturunternehmens ad hoc eine solche Problemstellung ganz alleine zu bewältigen vermag. „DU(!), BAUER, MUSST...“

Demnach wird von den heute noch überlebenswilligen Bauern rigoros eingefordert, dass sie nicht nur die vorstehenden Konsequenzen des Klimawandels vollkommen eigenständig handhaben sollen, sich die zwischenzeitlich grundlegenden Veränderungen unserer Produktionsbedingungen vergegenwärtigend; nein, jeder einzelne dieser zumeist leidenserprobten Einzelkämpfer muss im Bedarfsfall mittels flugs aus dem Hemdsärmel gezauberten Lösungsmodellen für die Lebensmittelindustrie quasi als bäuerliche Haftpflichtversicherung für unsere Mutter Natur einspringen! Das ist schlichtweg unmöglich.

Aufgrund der Folgen des Klimawandels nehmen im übrigen - nicht nur die konventionellen Betriebe - erheblichen Schaden, obendrein getoppt von mehr oder weniger schwachsinnigen Restriktionen, die nicht selten am angestrebten Sachverhalt gehörig vorbeischrammen, wird sich auch der Öko-Landbau in Zukunft mit drastischen Problemen konfrontiert sehen, für die es kurzfristig sicherlich keine Allheilmittel gibt.

Es verlieren dabei nicht nur die deutschen Bauern, das trifft alle europäischen Kollegen, ja im eigentlichen die Landwirtschaft weltweit; direkt aber schädigt das in erster Linie kurz- bis mittelfristig auch die deutschen Verbraucher, die im Endeffekt nicht mehr gesichert wissen, was bald noch auf ihren Tellern landet.

Sollte es hinter verschlossener Tür der stählerne Wille der Politik sein, die deutschen Bauern mittelfristig vollkommen vom Bildschirm verschwinden zu lassen, so darf ich, ein konventioneller Ackerbauer, ein ernstgemeint großes Kompliment aussprechen, dass man aussichtsreich auf einem sehr vielversprechenden Weg ist...!!!

Viel Erfolg also beim Volksbegehren in Baden-Württemberg! - Karl der Käfer überlebt, das steht heute schon gesichert fest. Die deutschen Bauern aber, die sterben ganz leise unbemerkt dahin, wenn man nicht endlich zur Einsicht erstarkt, dass man nur gemeinsam zielführende Lösungen erarbeiten kann, ohne diese durchaus leiderprobten Sklaven der Neuzeit gänzlich zwischen den Mühlsteinen von Politik und Agrarindustrie zu pulverisieren.“

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