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#beebetter-Award: Landwirt Jochen Kanders schützt aktiv Wildbienen

Landwirt Jochen Kanders hat mit seinem Engagement für Wildbienen den #beebetter-Award des BurdaVerlags gewonnen. Wie kam es dazu? Wir haben nachgefragt.

Lesezeit: 7 Minuten

Jochen Kanders (45) führt in fünfter Generation einen Familienbetrieb im nordrhein-westfälischen Uedem. Übernommen hat er ihn 2006, mit Mastschweinen, Milchkühen und Ackerbau. Heute bewirtschaftet er auf dem nun viehlosen Betrieb 81 ha Acker- und 4 ha Grünland sowie 14 ha Wald.

Herr Kanders, im Oktober haben Sie den 1. Platz in der Kategorie Landwirtschaft bei dem #beebetter-Award entgegengenommen. Wie war das für Sie?

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Kanders: Das war grandios! Ich habe mich sehr gefreut, dass sich die ­Projekte so entwickelt haben. Aber es ist eine Gesamtleistung. Wir alle, also auch unsere Blühpaten, haben zu ­diesem Preis beigetragen.

Was ist das Besondere an Ihrem ­Konzept, was hat die Jury überzeugt?

Kanders: Unsere Blühflächen fördern gezielt Wildbienen in der Feldmark, diese Insekten haben wir im Fokus. Was auf den Flächen los ist und wie viel sie der Natur bringen, wissen wir übrigens ganz genau. Denn einige Flächen ­werden regelmäßig ehrenamtlich vom Insektenkundler und Nabu-Mitglied Hermann-Josef Windeln kartiert. Um ehrlich zu sein, war ich zunächst sehr skeptisch. Heute bin ich aber dankbar über seine Arbeit und den Kontakt.

Das heißt, Sie profitieren von der ­Kartierung?

Kanders: Unbedingt! Dieses Jahr im Juli hat Herr Windeln u. a. 324 verschiedene wirbellose Arten gefunden. Darunter Käfer, Wanzen, Spinnen, Wespen und eben auch 36 Wild­­bienenarten. Neun von diesen Wildbienenarten stehen auf der Roten Liste hier in Nordrhein-Westfalen.

Wie kamen Sie überhaupt zu den Blühpatenschaften?

Kanders: Den ersten Kontakt mit Blühmischungen hatte ich 2017, als ich Saatgut gewonnen habe. Die ausgesäte Flächen habe ich regelmäßig mit meiner Familie besucht, wir haben uns eine Weile dort aufgehalten und es sehr genossen. Es gab viel zu entdecken, überall flogen Insekten, auch uns unbekannte, die Luft war voller Summen.

Es hat mich ehrlich fasziniert, durch einen so geringen Aufwand eine so große Wirkung zu erzielen. Dann kam 2019 das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ in Bayern auf. Ich war gerade dort, um einen Anhänger zu kaufen und habe die Betroffenheit der Landwirte direkt mitbekommen.

Bayern und Nordrhein-Westfalen ­liegen weit auseinander. Warum hat Sie das so bewegt?

Kanders: Als Landwirt wollte ich mir solch ein Gesetz nicht vor die Nase setzen lassen! Jeder, der für das Volksbegehren unterschrieben hat, muss doch auch die Motivation haben, sich über sein Autogramm hinaus direkter zu engagieren. Deshalb habe ich 2019 als einer der ersten Landwirte in NRW Patenschaften für meine Blühflächen auf eBay-Kleinanzeigen angeboten. Zurzeit kosten 100 m² Bienenweide 50 € im Jahr. Die Laufzeit beträgt zwei Jahre, damit ich gut planen kann und sich der Aufwand lohnt.

Mit wie vielen Paten sind Sie gestartet?

Kanders: Rund 180 waren es, darunter auch Pfadfinder. Das hat mich besonders gefreut. Sie haben auch direkt einen Spendenlauf organisiert und so für das Projekt 1 000 € gesammelt. Allerdings hätte ich in Summe mehr Paten erwartet. Da hat sich wieder gezeigt: Es ist sehr einfach, von anderen etwas zu verlangen, ohne selbst etwas zu tun.

Einer der ersten Blühpaten war …

Kanders: … Hermann-Josef Windeln, vom Nabu, er ist auch Mitglied des ­entomologischen Vereins Krefeld. Wir haben uns 2020 versuchsweise an ­einem Blühstreifen getroffen und uns gut unterhalten. Dabei zeigte sich, dass wir ähnliche realistische Ansichten haben. Wir waren auf einer Wellenlänge. Er hat angeboten, meine Flächen zu ­kartieren, direkt begonnen und ganze vier Stunden nach Insekten gesucht.

Das klingt nach einer guten ­Zusammenarbeit.

Kanders: Das ist sie, vor allem ist sie lehrreich. Ich habe z. B. gelernt, in den Blühstreifen zu verharren und auf Kleinigkeiten zu achten. Ja, das kostet Zeit. Aber es ist unheimlich spannend. Denn die große Masse der Insekten sind nur 2 bis 3 mm klein. Und auch Wildbienen sind, bis auf die Hummel natürlich, viel kleiner, als ich vorher dachte. Ich lasse jetzt zu, dass es mich interessieren darf. Gerade erst habe ich mir ein Buch gekauft, dass sich ausschließlich mit Wildbienen beschäftigt. Wie sie nisten und aufwachsen, wie wichtig Sandflächen, die Sandarinen, sind. Ich entdecke immer neue Highlights.

Wie viele Paten haben sie aktuell?

Kanders: Gerade sind es 135 Patenschaften, die meisten laufen allerdings zum Jahresende hin aus. Ich bin sehr gespannt, wie viele Paten dann für die nächsten zwei Jahre verlängern.

Und wie bleiben Sie in Kontakt?

Kanders: Einige Paten sind in einer WhatsApp-Gruppe organisiert. Die erreiche ich auch mal zwischendurch mit einem Foto, einer kurzen Erklärung usw. An alle Paten sende ich regelmäßig eine Info-E-Mail mit den neuesten Entwicklungen. Dort kann ich auch gut etwas ausführlicher werden oder Probleme erklären. Ich bin natürlich auch bei Facebook und Instagram unterwegs, lade aber auch ganz analog alle Paten jährlich zu einem Patentag an die Bienenweide ein.

Lassen Sie uns kurz über Zahlen sprechen. Wie groß sind Ihre Projekte jetzt?

Kanders: Blühpflanzen wachsen auf mehreren Teilflächen mit insgesamt 3,6 ha. Rund 2,1 ha davon werden durch die Blühpatenschaften finanziert. Seit Kurzem läuft ein Bodenbrüterprojekt von der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft auf zwei Flächen mit gut 1,9 ha. Es wird vergütet und ist auf 30 Jahre angelegt. Zudem sind da noch die vernetzen Biotope aus passenden Blühpflanzen fürs Niederwild. Von diesen insgesamt 2,0 ha liegen 0,5 ha auf meinen Flächen. Der Rest ist bei Berufskollegen eingesät.

Stehen noch alle Blühflächen aus 2019?

Kanders: Eine Fläche habe ich jetzt umbrechen müssen. Dort sind Gräser so stark durchgekommen, dass keine Nektarpflanzen mehr wuchsen. ­Ansonsten mulche ich zwei Drittel ­einer Fläche einmal im Jahr, Ende ­Februar, Anfang März. Möglichst spät, denn in den abgestorbenen Stängeln überwintern viele Insekten.

Was sagen Ihre Berufskollegen zu ­Ihrem Engagement?

Kanders: Ich bin wohl eher als Bienenversteher abgestempelt. Aber im positiven Sinne und das freut mich. Denn es dient der Sache. Viele Berufskollegen unterstützen mich, sie sehen, dass der Medienrummel auch der Branche dient.

Ist die Insektenwelt inzwischen Ihr neues Hobby?

Kanders: Das mag sein. Allerdings ist das Vernetzen der Biotope meine einzig unbezahlt ehrenamtliche Arbeit. Dazu habe ich im Jagdbezirk kleine Ecken gesucht, die für den Ackerbau uninteressant sind. Waldschatten, krumme Ränder, so etwas. Viele der angesprochenen Landwirte machen mit. Auf den Flächen säe ich ehrenamtlich die ­Blühmischung aus. Aber grundsätzlich und für alle anderen Projekte gilt: wirtschaftlicher Erfolg muss sein. Sonst kann unser Betrieb nicht überleben.

Projekte haben immer wieder Stolperfallen. Wo gab es bislang Probleme?

Kanders: Gleich das erste Jahr war ein Dürrejahr, sodass quasi nur die trockentolerante Phacelia auf den Flächen stand. Die anderen zwölf Arten der ­Mischung sind gar nicht aufgelaufen. Inzwischen säe ich eine Mischung mit 65 ein- und mehrjährigen Arten, die Veitshöchheimer Bienenweide. Je größer die Auswahl der Sorten, desto mehr keimt. Auf den Flächen sind vor allem Brennnesseln und Brombeeren problematisch, teilweise breiten sich auch Disteln und Ampfer aus. Die müssen wir mit der Hand entfernen. Dabei hilft mir eine Gruppe des Nabu Ortsverbandes Issum-Geldern. Das ist halt so in der Natur. Würden wir nicht eingreifen, verbuschen und verwalden diese Flächen.

Was machen Sie mit dem Preisgeld des #beebetter-Awards von 10.000 €?

Kanders: Das Preisgeld ist zweckgebunden, ich investiere es also weiter in die Projekte. Mehr mit Kindern arbeiten, ihnen die Natur näherbringen, das wäre schon was. Einen privaten Kindergeburtstag haben wir kürzlich mit Herrn Windeln an einem Blüh­streifen organisiert. Die Kinder waren begeistert von den Insekten und entdeckten ­immer Neues. Wir mussten gar nichts anderes mehr vorbereiten.

Vielen Dank für das Gespräch!

Der #beebetter-Award

Seit 2019 verleiht der Hamburger ­BurdaVerlag den sogenannten #­bee­better-Award. Ausgezeichnet ­werden Bewerber in den Kategorien Unternehmen, Landwirtschaft, Jugend und Bildung sowie private Initiativen. Zudem wird ein Sonderpreis vergeben.

In der Kategorie „Landwirtschaft“ ­haben bisher folgende Landwirte den ersten Platz belegt:

2019: „Blühende Alb“, ein Zusammenschluss von über 100 Landwirten, siehe www.bluehende-alb.de   

2020: Landwirt Bernd Pieper aus dem niedersächsischen ­Papenburg. Mehr unter  www.bluehwiese-pate.de

2021: Landwirt Franz ­Lehner aus dem nieder­bayerischen Rain, siehe www.ihrbauervonnebenan.de ­­  

2022: Landwirt Jochen Kanders aus Uedem, ­Nordrhein-Westfalen. Mehr ­unter www.welleshof.de   

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