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Wasser-Greiskraut richtig managen

Das giftige Kraut ist als Verwandter des Jakobskreuzkrautes ebenso schwer zu regulieren. Lösungen bietet ein bayerisches Projekt: Mit vier Punkten können Sie die Kräuter in Schach halten.

Lesezeit: 9 Minuten

Unsere Autoren: Klaus Gehring und Gisbert Kuhn, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Harald Albrecht und Julia Ditton, Technische Universität München (TUM)

Vor allem auf frischen bis feuchten Grünlandstandorten im Alpenvorland Bayerns hat sich das Wasser-Greiskraut (Jacobaea aquatica, früher Senecio aquaticus) in den letzten Jahrzehnten deutlich ausgebreitet. Es wird auch als Wasser-Kreuzkraut bezeichnet und ist ähnlich wie das Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea) aufgrund der in allen Pflanzenteilen vorhandenen Pyrrolizidinalkaloide (PA) als Giftpflanze eingestuft. Auch konserviertes Futter wie Heu oder Silage bleibt giftig.

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Während Jakobskreuzkraut meist auf trockeneren Standorten zu finden ist, wächst das Wasser-Kreuzkraut vorwiegend in Feuchtwiesen. Bereits geringe Besatzdichten gefährden die Futtergewinnung und Grünlandbewirtschaftung. In der Praxis lässt es sich sehr schwierig regulieren. In Einzelfällen ist die Nutzung als Wirtschaftsgrünland bzw. die ökologische Grünlandbewirtschaftung infrage gestellt.

Seit Kurzem gibt es ein Konzept, um gegen das Kreuzkraut vorzugehen. Es ist das Ergebnis eines mehrjährigen Projektes von 2017 bis 2020, gefördert vom Bayerischen Landwirtschaftsministerium. Es besteht aus den Elementen Vorsorge, Diagnose, Therapie und Nachsorge.

1. Vorsorge

Welche Flächen im Betrieb sind gefährdet? Wo herrschen Bedingungen, die das Wasser-Kreuzkraut begünstigen? Um diese Fragen zu beantworten, wurden 238 Wiesen und Weiden von 114 landwirtschaftlichen Betrieben im bayerischen Alpenvorland sowie in der Oberpfalz vegetationskundlich untersucht. Die Betriebsleiter von 103 dieser Betriebe wurden zur landwirtschaftlichen Nutzung der Flächen befragt.

Die Ergebnisse: Das Kreuzkraut-Vorkommen hängt stark mit der Bodenart (Böden mit hohem Wassergehalt) und der Niederschlagssumme zusammen, wie eine Modellierung zeigt. Die Wahrscheinlichkeit eines Befalls steigt ab 380 mm von Juni bis August, vor allem wenn beide Faktoren zusammenkommen. Daraus erklärt sich, dass im Allgäu mit den sehr hohen Niederschlägen und den vielen Mooren der Schwerpunkt innerhalb Bayerns liegt.

In Feucht- und Nasswiesen mit mehr als zwei Schnitten kommt das Wasser-Kreuzkraut häufiger vor. Während diese Flächen vor dem 20. Jahrhundert allgemein ein- bis zweimal pro Jahr genutzt wurden, sind heute bis zu sechs Schnitte üblich. Es könnte sein, dass die niedrigwüchsige Art von stärkerem Lichteinfall bei mehrfachem Mähen profitiert. Mit ihrer bodennahen Blattrosette können sich die Pflanzen nach dem Schnitt schnell regenerieren und schon nach wenigen Wochen wieder fruchten – schneller als viele andere Pflanzenarten am gleichen Standort.

Auch Narbenverletzungen begünstigen die Verbreitung von Wasser-Kreuzkraut. Diese entstehen z. B., wenn der Boden durch mehrmaliges Mähen insbesondere von Feuchtgrünland verdichtet wird.

Zwischenfazit: Vermeiden Sie Narbenlücken in Feuchtwiesen so gut wie möglich. Schließen Sie trotzdem entstandene Lücken schnellstmöglich. Ein zentraler Baustein zur Reduzierung der Wasser-Kreuzkraut-Bestände liegt darin, eine hohe Bewirtschaftungsintensität wieder zu reduzieren.

2. Diagnose

Indem Sie das Wasser-Kreuzkraut richtig bestimmen, vermeiden Sie Fehlbehandlungen. Die meisten Kreuzkrautarten (davon gibt es in Deutschland mindestens 20) kann man leicht an ihren Blüten erkennen. Diese sind ähnlich geformt wie Gänseblümchen, allerdings komplett gelb. Verwechslungsgefahr besteht mit anderen gelbblühenden Korbblütlern (z. B. Löwenzahn, Wiesenpippau, Bocksbart, Rainfarn) oder auch dem Johanniskraut.

Wasser-Kreuzkraut wird 15 bis 50 cm hoch, ist zwei- bis mehrjährig und überwintert als Blattrosette. Im zweiten Jahr blüht es zum ersten Mal, nach der Mahd kann es schnell wieder blühen und fruchten. Die mehr als 10 000 Samen je Pflanze sind flugfähig auf 50 bis 100 m, bleiben mehr als zehn Jahre keimfähig und können so eine langlebige Samenbank im Boden bilden.

Das Kraut wächst auf Feucht- bzw. Nasswiesen und auf gedüngten Moorwiesen – seltener auch in ungenutzten Niedermooren. Bis zu einem gewissen Grad wird es durch Düngung gefördert. Die Art ist vor allem im südlichen und nordwestlichen Deutschland regional verbreitet.

Zwischenfazit: Beobachten Sie die Grünlandnarbe langfristig, um die Befallsstärke abzuschätzen. Das ist entscheidend für die Verwendung des Aufwuchses. Als Toleranzschwelle kann  1 Pflanze auf 10 m²  gelten. Eine schriftliche Dokumentation, mit Skizzen, kann bei der Festlegung von Bereichen helfen, in denen normal weiterbewirtschaftet werden kann bzw. in denen Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt werden sollten.

3. Therapie

Um Regulierungskonzepte zu entwickeln, wurden Feldversuche auf konventionell und ökologisch bewirtschafteten Flächen durchgeführt.

Konventionell: Auf sieben Standorten im Pfaffenwinkel und im Allgäu wurden je nach Standortsituation drei Hauptregulierungsmaßnahmen angewendet:

  • Chemische Regulierung mit 2,0 l/ha Simplex als Standardbehandlung im Spätsommer 2017.
  • Mechanische Regulierung durch regelmäßiges Ausstechen mit einem Teleskop-Unkrautstecher (Typ Fiskars, SmartFit).
  • Unterdrückung durch Ausdunkelung (Lichtverfügbarkeit reduzieren), indem man auf eine Schnittnutzung in der Vegetationsperiode von 2017 bis 2019 verzichtete. Die Bestände wurden lediglich vor Vegetationsende gemulcht bzw. im Jahr 2019 geerntet.

Auf allen Flächen wurde bei Bedarf nach- bzw. übergesät, ergänzend gedüngt und gezielt Einzelpflanzen ausgestochen. Das Ausstechen war somit sowohl eine Kernmaßnahme auf den dafür ausgewählten Standorten, als auch eine Ergänzung gegen neu auftretende Einzelpflanzen, z. B. nach der chemischen Regulierung.

Übersicht 1: Die Verfahren im Vergleich

Die  chemische Behandlung  mit Simplex auf vier Standorten im Herbst 2017 konnte die Besatzdichte von Wasser-Kreuzkraut um 48 bis 63 % reduzieren (signifikant, siehe Übersicht 1). Die Kernmaßnahme  Ausdunkeln  konnte auf den vier Versuchsstandorten das Wasser-Kreuzkraut teils um 75 % reduzieren, ­allerdings auch den Besatz steigern. Ein wichtiger Faktor war dabei der einzelne Standort (Beschattungsleistung). Das  Ausstechen  an zwei Versuchsstandorten mit geringem Druck verringerte den Besatz um durchschnittlich 63 %.

Die chemische Regulierung und das Ausdunkeln reduzierten signifikant die giftigen PA-Gehalte im Grünlandaufwuchs. Auf den Standorten mit der Maßnahme Ausstechen waren die Gehalte aufgrund der geringen Besatzdichte so niedrig, dass sich keine Ver­änderung feststellen ließ. Über die Futterqualitätsparameter ließ sich kein signifikanter Unterschied der PA-Gehalte messen.

Auf die Artenvielfalt wirkten die geprüften Maßnahmen nur begrenzt. Allerdings reduzierte der Einsatz von Simplex die Anzahl der Kräuter.

Ökologisch: Die Probeflächen auf sieben verschiedenen Ökobetrieben im bayerischen Allgäu waren mit 6,2 Pflanzen/m² zu Versuchsbeginn mäßig mit Wasser-Kreuzkraut befallen. Dennoch lagen diese Werte weit über der toxikologischen Toleranzschwelle von 1 Pflan­ze je 10 m2. Über vier Jahre wurden in Parzellen folgende Varianten getestet:

  • 4 Schnitte und 40 m³ Gülle (von Anbauberatern für Region empfohlene Grünlandnutzung),
  • 4 Schnitte (2 x Ernte, 2 x Mulchen) und 60 m³ Gülle,
  • 4 Schnitte und 40 m³ Gülle, manuelles Ausstechen nach jedem Schnitt,
  • 3 Schnitte und 40 m³ Gülle und
  • 2 Schnitte, 20 m³ Gülle.

Übersicht 2: Ergebnisse des Ökologischen Versuchs

Die Ergebnisse zeigten, dass sich der Besatz durch eine gezielt auf die Reduktion von Wasser-Kreuzkraut ausgerichtete Bewirtschaftung deutlich verringern lässt. Der  viermalige Schnitt mit regelmäßigem Ausstechen  verringerte den Besatz nach vier Jahren um 89 % gegenüber der regionaltypischen Nutzung.

Der dreimalige Schnitt kurz vor der Blüte verringerte den Besatz um 74 %. Die Bodensamenvorräte wurden dabei um 73 bzw. 56 % reduziert. Offensichtlich lassen sich also nicht nur durch das sehr aufwändige manuelle Ausstechen gute Bekämpfungserfolge erzielen, sondern auch durch gezielte Schnitte jeweils vor dem Aussamen.

Auch die Zweischnittnutzung verringerte den Besatz im vierten Jahr um 84 %. Die geringe Abnahme der Samenvorräte um nur 24 % und der vorübergehende Anstieg der Individuenzahl im dritten Jahr zeigen aber, dass die Schnitte im Juli und Oktober die Blüte im Hochsommer nicht konsequent unterdrücken konnten.

Das zweimalige Mulchen in der Vierschnittvariante erzielte nicht die erwartete Ausdunkelung der Kreuzkraut-Rosetten und erhöhte sogar leicht die Besatzdichte. Im Mittel verringerten sich die PA-Gehalte durch die Behandlungen im Aufwuchs deutlich.

Allerdings ließ sich mit keiner der geprüften Varianten über die vier Versuchsjahre die Problemart vollständig bekämpfen. Zudem verringerte sich der Anteil im Bodensamenvorrat langsamer als im Bestand, was sich durch die Ausbildung langlebiger Samen durch das Wasser-Kreuzkraut erklären lässt.

Zwischenfazit: Passen Sie das Management je nach Befall, Bewirtschaftung und naturschutzrechtlicher Situation der Fläche an. Gegen geringen Anfangsbefall hilft  Ausstechen  und auch dort, wo eine chemische Regulierung nicht möglich oder sinnvoll ist. Bei starkem Befall ist es allerdings mit sehr großem Aufwand verbunden.

Besonders leistungsfähig und effektiv hat sich die  chemische Bekämpfung  mit Simplex erwiesen. Doch in der konventionellen Bewirtschaftung ist der Einsatz eingeschränkt und im Ökolandbau nicht möglich. Auch auf Flächen, die für den Naturschutz wichtig sind oder bei vertraglichen Verpflichtungen im Rahmen von Extensivierungsprogrammen ist diese Maßnahme ausgeschlossen. Je nach Bundesland ist die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung zu prüfen, die in Bayern auch für eine Flächenbehandlung notwendig ist.

Wirksam ist auch ein  angepasstes Mahd­regime , wie auch die Versuche im ökologischen Anbau ergaben. Denn zum richtigen Zeitpunkt kann die Mahd das Blühen und Aussamen verhindern. Zudem lässt sich durch eine geringe Schnittfrequenz dem Wasser-Kreuzkraut das Licht wegnehmen: Je länger andere Wiesenpflanzen hochwachsen, desto mehr können sie die am Boden liegende Blattrosette des Kreuzkrautes beschatten bzw.  ausdunkeln .

Im Maximalfall kann man nur noch einmal pro Jahr schneiden oder den Schnitt für mehr als ein Jahr ganz unterlassen (ggf. Mulchen vor dem Winter als Pflegemaßnahme). Kombiniert ergibt sich folgende Strategie: Zögern Sie jeden Schnitt, auch den ersten, bis zur Blütezeit vom Wasser-Kreuzkraut im Juni hinaus. Damit wird auch die Zahl der Schnitte pro Jahr vermindert. Spe­ziell auf feuchten und nassen Futterwiesen sollten nicht mehr als drei Schnitte pro Jahr gewonnen werden.

Als letzte Maßnahme auf besonders stark kontaminierten (und nassen) Teil- oder Randflächen ist eine veränderte Nutzungsart sinnvoll. So ließe sich z. B. eine nasse Futterwiese in eine Streuwiese umwidmen (z. B. im Alpenvorland). Die Bewirtschaftung aufzugeben und auf die Nutzung zu verzichten, ist die radikalste Einschränkung, kann aber die Probleme mit dem Wasser-Kreuzkraut für den Gesamtbetrieb im Einzelfall deutlich abschwächen.

4. Nachsorge

Um Wasser-Kreuzkraut nachhaltig zu regulieren, ist ein langjähriges, integriertes Bekämpfungskonzept notwendig. Wer die Giftpflanze erfolgreich auf den Flächen reduzieren bzw. beseitigen will, sollte das Flächenmanagement auf die Bekämpfung ausrichten – und nicht mehr ausschließlich auf Futterertrag und -qualität. Solch ein Kompromiss kann in Einzelfällen mit starken Abstrichen bei der Produktion verbunden sein. Kontrollieren Sie in jedem Fall ehemals befallene oder immer noch mit einem Restbesatz befallene Flächen regelmäßig, um bei Bedarf Gegenmaßnahmen einleiten zu können.

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