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Globale Wasserkrise

Wassermangel: Landwirtschaft muss sich vorbereiten

Der Chef der Bayer CropScience GmbH geht davon aus, dass die Landwirte künftig noch sorgsamer mit der Ressource Wasser umgehen müssen. Technologie und Know-how könnten dabei entscheidend mithelfen.

Lesezeit: 8 Minuten

Das zurückliegende Vegetationsjahr hat in vielen Teilen Deutschlands im Extrem gezeigt, wie abhängig die Landwirtschaft vom Wetter und insbesondere von einer auskömmlichen Niederschlagsversorgung ist. Wochen- und monatelang wenig bis gar kein Regen waren im Frühjahr und Frühsommer keine Seltenheit

Während Trinkwasserknappheiten - derzeit noch – vor allem ein Problem von Entwicklungsländern sind, müssen sich deutsche Landwirte aber schon heute oft genug mit Dürren und unter Trockenheit leidenden Feldbeständen auseinandersetzen. Laut den Prognosen vieler Klimatologen werden solche Wetterlagen in Zukunft wohl noch häufiger werden, was Anpassungen in den landwirtschaftlichen Betrieben unumgänglich machen dürfte.

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Auf neue Bedingungen reagieren

Für die Bayer AG ist der Umgang mit der Ressource Wasser – ob national oder international – seit langem ein wichtiges Thema. Der Konzern unterstützt deshalb die Kampagne der Marathonläuferin Mina Guli, die aktuell mit 200 Marathons innerhalb eines Jahres auf die sich weltweit zunehmenden zuspitzende globale Wasserversorgungslage aufmerksam macht.

Laut dem Geschäftsführer der Bayer CropScience Deutschland GmbH, Peter Müller, müssen aber auch Landwirtschaft und Politik in Europa auf die neuen Bedingungen reagieren. Wir haben mit ihm über die richtigen Instrumente für den Ackerbau, aber auch bestehende Hemmschuhe für deren Einsatz gesprochen.

Herr Müller, einige Prognosen von Klimaforschern deuten darauf hin, dass die sich jährlichen Niederschläge in Deutschland womöglich in Summe nicht so sehr verändern werden – wohl aber ihre Verteilung über das Jahr hinweg. Wie verändert sich der Ackerbau, wenn wir tendenziell nasse Winter und dafür regelmäßige Frühjahrs- und Sommerdürren bekommen?

Müller: Der Ackerbau wird sich anpassen müssen. Einen entscheidenden Erfolgsfaktor sehe ich darin, dass entsprechende klimaresiliente Sorten und leistungsfähiges Saatgut entwickelt werden und zur Verfügung stehen. Hier steht die Züchtung noch vor großen Herausforderungen. Die Schaffung eines rechtssicheren Rahmens für moderne Züchtungsmethoden wäre ein Anfang bzw. ist längst überfällig.

Eventuell werden auch neue Kulturpflanzen wie etwa Quinoa ihre Daseinsberechtigung erhalten.

Auch der Anbau von Sonnenblumen dürfte sich weiter ausdehnen. Soja kann in nördlichen Regionen interessanter werden. Tiefwurzelnde Kulturen haben bei Wasserknappheit sicher einen Vorteil. Nach dem Willen der Bundesregierung soll mittelfristig auch Hanf eine mögliche Alternative sein. Natürlich müssen neben den ackerbaulichen Konzepten auch entsprechende Vermarktungsstrukturen für neue Kulturen umgesetzt werden.

Brauchen wir eine neue Form von Wassermanagement, beispielsweise mehr Rückhaltebecken oder andere Formen der Wasserspeicherung? Ist künstliche Bewässerung in Deutschland ein Zukunftsmodell?

Müller: Wenn es sich bewahrheitet, dass die Menge des Wassers per se nicht das Problem ist, sondern die Verteilung der Niederschläge, müssen neue Wege einer „Wasserbevorratung“ gefunden werden. Das bedeutet, dass sich die Landwirtschaft stärker als bislang in die Problemlösung einbringen muss. Das wiederum setzt voraus, dass Landwirtinnen und Landwirte Zugang zu innovativen Praktiken haben müssen.

Der Wasserverbrauch bzw. die effizientere Nutzung von Wasser sollte man insbesondere von den Pflanzen her denken. Das bedeutet, dass wir sehr schnell Pflanzen benötigen, die auch mit weniger Wasser gute Erträge liefern und niederschlagsarme Phasen unbeschadet überstehen können. Mit neuen Züchtungsmethoden wie CRISPR/Cas ist es möglich, trockenheitsresistente Kulturpflanzen praxisreif zu machen, und das in wesentlich kürzeren Züchtungsphasen als bisher.

Die Digitalisierung von Anbauverfahren ist ein weiteres Instrument für einen ressourcensparenden Ackerbau. Gleichzeitig lassen sich damit auch andere Benefits erreichen, etwa ein gezielterer Einsatz von Mineraldünger und Pflanzenschutzmitteln. Zur Umsetzung und Einführung solcher innovativer Anbauverfahren bedarf es jedoch einer viel ausgeprägteren Technologieaffinität und -offenheit, die wir derzeit in der EU, ganz besonders aber auch in Deutschland, noch vermissen. Es fehlt auf allen Ebenen der rechtssichere regulatorische Rahmen und der politische Wille, diesen zu schaffen.

Mehr Bewässerung ist keine Lösung

Betrachtet man sich den gesamten Wasserverbrauch in der Landwirtschaft – man geht weltweit von 70 % der Frischwasserreserven aus – erkennt man aber schnell das ungeheure Potenzial, das in Innovationen steckt. Die Landwirtschaft ist also mit Blick auf die Wassernutzung ein Problemlöser, muss es sogar sein, denn die Erzeugung von Lebensmitteln per se wird niemand ernstlich in Frage stellen können. Über das Wie müssen wir diskutieren.

Eine wassersparende Feldbewirtschaftung, etwa mit reduzierter Bodenbearbeitung oder dem Zwischenfruchtanbau, sind weitere wesentliche Aspekte in der Diskussion um den Wasserverbrauch. Keine Lösung kann es sein, noch mehr Flächen in die Bewirtschaftung zu nehmen, um damit mögliche Ertragsausfälle oder Mindererträge zu kompensieren. Das ginge vor allen Dingen zu Lasten schützenswerter Naturräume.

Ernährungssicherheit war lange selbstverständlich. Spätestens der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat aber gezeigt, wie fragil die Versorgung mit Lebens- und Futtermitteln sein kann. Das gilt eben auch für zunehmende Witterungsrisiken. Welche Lehren sollte die Politik Ihrer Meinung nach aus dieser Erkenntnis ziehen?

Müller: Das Wetter ist seit jeher die größte Herausforderung, die die Landwirtschaft kennt. In Zeiten des Klimawandels verstärken sich Probleme weiter. Und schon vor dem Ukrainekrieg stand das Thema Ernährungssicherung vor allem für den globalen Süden im Fokus. Auch wenn wir hierzulande nach wie vor auf Gunststandorten wirtschaften und insgesamt auf eine doch gute Versorgungslage schauen können, zeigen uns die multiplen Krisen unserer Zeit, dass wir sorgsam mit dem bei uns Erreichten umgehen müssen. Wir müssen unsere Standorte, aber auch unser Wissen, vermehrt dazu nutzen, zur globalen Ernährungssicherung beizutragen.

Politische und gesellschaftliche Rufe nach einem Weniger sind angesichts der kritischen Weltlage kontraproduktiv bis zynisch.

Die Forderung, dass eine Landwirtschaft mit geringeren Umweltwirkungen extensiver wirtschaften muss – das ist der Blick nach hinten, denn dies würde zwangsläufig zu geringeren Erträgen führen. Die Politik muss am Ende dafür Sorge tragen, dass sich die „einfache“ Krise des Zugangs zu Nahrungsmitteln nicht zu einer globalen Krise der Verfügbarkeit auswächst.

Welche Instrumente liefern Forschung und Entwicklung im Agrarsektor, um besser mit der oft knappen, manchmal aber eben auch im Überfluss vorhandenen Ressource Wasser umzugehen?

Müller: Auf diesem Gebiet ist nicht allein die Landwirtschaft gefragt. Der Umgang mit der Ressource Wasser ist eine gesellschaftliche und strukturelle Aufgabe. Ich denke da z.B. an den Deichbau, an Renaturierung und den Aufbau klimaresilienter Landschaftsstrukturen, an Maßnahmen zum Hochwasserschutz oder andererseits Entwässerungskonzepte. Das geht dann bis in die Städteplanung hinein.

Kann die konventionelle Züchtung schnell genug angepasste, resilientere Sorten liefern oder brauchen wir die Neuen Züchtungstechnologien, wenn wir die Produktivität auf den deutschen oder europäischen Nutzflächen erhalten wollen?

Müller: Die konventionelle Züchtung hat bis heute bereits sehr gute Ergebnisse gebracht und es geht nicht darum, dies in Frage zu stellen. Jedoch hat sich das Tempo geändert, mit dem neue Lösungen notwendig werden. Hier stößt die klassische Züchtung inzwischen an ihre Grenzen. Das betrifft die Dauer für die Entwicklung neuer Sorten ebenso wie deren Kosten. Daher muss der Werkzeugkasten für die Pflanzenzüchtung erweitert werden.

Mit neuen Züchtungstechnologien sind wir viel schneller, aber auch flexibler. So lassen sich beispielsweise resiliente Sorteneigenschaften alter Rassen gezielt und vergleichsweise schnell in Hochertragsleistungssorten einkreuzen und damit letztendlich auch bewahren. Gezielte Kreuzungsergebnisse, kombiniert mit digitalen Anwendungen, haben genau das Potenzial, das jetzt gebraucht wird, um die Produktivität auf unseren Flächen zu erhalten und gleichzeitig die Umweltwirkungen zu begrenzen.

Ein gutes Beispiel ist das Reduktionsziel im Rahmen des Green Deal. Wir wissen, dass wir den Pflanzenschutzmitteleinsatz ohne Ertragsgefährdung je nach Witterung, Kultur und Standort halbieren könnten, und zwar ohne ein einziges weiteres Verbot, sondern nur durch den Einsatz innovativer Verfahren. Diese aber werden den Landwirtinnen und Landwirten verwehrt.

Können Sie das Zögern der politisch Verantwortlichen in Berlin und Brüssel beim Thema Crispr/CAS und Co nachvollziehen? Was muss die Politik hier tun, um die Landwirte bestmöglich zu unterstützen?

Müller: Der Begriff „Zögern“ ist in meinen Augen eine Untertreibung. In den letzten Jahren habe ich eine strikte Ablehnungshaltung festgestellt. Die ist in der Tat kaum nachvollziehbar. Sie widerspricht auch komplett der Idee der Nachhaltigkeit. Alle ernst zu nehmenden wissenschaftlichen Erkenntnisse belegen, dass die postulierten Gefahren, die angeblich von CRISPR/CAS & Co. Ausgehen, ganz einfach nicht vorhanden sind.

Das scheint sich nun auch langsam auf EU-Ebene durchzusetzen. In der EU ist ein Gesetz für die Zulassung und Kennzeichnung von Sorten geplant, die mit neuen geomischen Techniken gezüchtet wurden. Eine Folgenabschätzung ist geplant. Erwartungsgemäß gibt es aber auch nach wie vor massiven Widerstand. Bayer wird sich deshalb mit seinem Know-how und seinen Angeboten in die Debatte einbringen, auch im Vorfeld der im März stattfindenden Wasserkonferenz der Vereinten Nationen.

Welche Verfahren und Innovationen werden in Zukunft wichtig werden, wenn es um den Umgang mit trockeneren Bedingungen auf dem Feld geht?

Müller: Die Landwirtinnen und Landwirte werden alle Register ziehen müssen, die ackerbaulich zur Verfügung stehen. Eine klimaresilientere Bewirtschaftung wird wohl auch auf jedem Standort anders aussehen. Ganz sicher wird die Bedeutung der reduzierten Bodenbearbeitung bzw. von Direktsaatverfahren zunehmen, was gleichzeitig andere positive Effekte bringt, etwa bei Erosionsgefahr, für den Humusaufbau oder die Biodiversität des Bodenlebens. Gleiches gilt für den Zwischenfruchtanbau. Landwirtschaft der Zukunft wird sicher eine andere sein als heute. Sie wird integrativ sein und die dogmatische Diskussion ökologisch versus konventionell wird man hoffentlich überkommen. Es wird darum gehen, das Beste aus allen Ideen zusammenzuführen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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