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„Wegen der Schweine stellte ich um“

Torsten Lange war mit seinen Schweinen nicht zufrieden. Ein anderes Ackerbaukonzept sollte Futtergetreide produzieren, das auch den Bedarf an Spurenelementen und Mineralien deckt.

Lesezeit: 5 Minuten

Auf unserem Betrieb wurde schon viel über die regenerative Landwirtschaft gefachsimpelt“, eröffnete Torsten Lange unser Gespräch im vergangenen Frühjahr. Auf seinem Betrieb in Preußisch Oldendorf (Nordrhein-Westfalen) finden zu dem Thema regelmäßig Bodenkurse von Pflanzenbauberaterin Sonja Dreymann aus Kiel statt. Lange selbst hat diesen Kurs 2018 absolviert und versucht seitdem, möglichst viel davon in seinen Betrieb zu integrieren.

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„Letztendlich waren es die Probleme im Stall, die mich zur regenerativen Landwirtschaft brachten“, berichtet der Schweinehalter. Lange beobachtete unruhige Tiere, die auffallend oft an der Einstallung leckten und deren Gesundheitszustand nicht zufriedenstellend war.

Als mögliche Ursache sah seine Beraterin für die Schweinehaltung ein Ungleichgewicht von Nährstoffen und Mineralien im selbst produzierten Futtergetreide. Das war die Initialzündung für Torsten Lange, seinen Ackerbau genauer unter die Lupe zu nehmen.

Weite Fruchtfolge und ganzjährige Bodenbedeckung

„Früher bestand unsere Fruchtfolge aus Weizen, Gerste, Raps – heute haben wir acht bis neun Kulturen im Anbau“, so der Betriebsleiter. „Mit der weiten und vielfältigen Fruchtfolge möchten wir die Biodiversität über und in der Krume fördern. Wir streben so eine höhere Aktivität des Bodens und eine stabile Nährstoffversorgung an.“

Da der Betrieb im Wasserschutzgebiet liegt, gehören Zwischenfrüchte vor Sommerungen und sogar vor Winterungen schon viele Jahre zur Strategie. Seit Kurzem probiert Lange immer häufiger, Untersaaten zu etablieren. Die Untersaat im Raps besteht nur aus Gräsern, die im Sommergersten-Erbsen-Gemenge ist eine Mischung aus Gras und Leindotter.

Die Zwischenfrucht – eine vielfältige Mischung aus abfrierenden und winterharten Arten – sät der Landwirt zeitnah nach der Ernte. Sie soll Nitratauswaschung verhindern, vor allem aber den Bodenorganismen Nahrung liefern. Ihm ist auch wichtig, dass der Bewuchs den Boden vor zu hohen Temperaturen durch direkte Sonneneinstrahlung schützt.

Nach sechs bis acht Wochen fräst der Ostwestfale die Zwischenfrucht auf 3 bis 5 cm ein. Um die Flächenrotte zu verbessern, bringt er dabei ein Ferment aus. Es besteht aus Mikroorganismen und soll das mikrobielle Milieu im Boden so steuern, dass die Rotte schnell und sicher verläuft.

Zum Ausbringen führt Lange vorm Trecker eine Art Düsenbalken mit, der aus einem Fronttank mit Ferment gespeist wird. Sieben bis zehn Tage später folgt der Tiefenlockerer, welcher den Boden belüftet, kombiniert mit einer Cambridgewalze, die ein Austrocknen des Bodens verhindern soll. Nach ein bis zwei Wochen folgt dann die Getreide- und Rapsaussaat. „Ich hoffe, dass sich das Bodengefüge in Zukunft so verbessert, dass ich den Tiefenlockerer dann nicht mehr standardmäßig einsetzen muss.“

Düngestrategie optimiert

Torsten Lange hat auch seine Düngung umgestellt. Ihm geht es heute nicht nur um die Ernährung der Pflanzen, sondern auch um die der Bodenorganismen. Dazu lässt er seine Böden vom Labor „Beratung mal anders“ nach der Albrechtmethode untersuchen. Als weiteres Hilfsmittel zur Düngeplanung nutzt er Pflanzensaftanalysen.

Die Pflanzenproben hierfür nimmt der Landwirt dreimal pro Jahr: im Herbst (in Raps und Gerste), zu Vegetationsbeginn und im Laufe der Vegetation. Analysiert werden die Proben im Labor von Nova Crop Control in den Niederlanden. Beide Labore liefern konkrete Düngeempfehlungen, welche Lange versucht, so gut es geht umzusetzen.

Den Bedarf an Stickstoff, Phosphor und Schwefel deckt er dazu in erster Linie über die betriebseigene Schweinegülle und über eine Ammonium-Sulfat-Lösung (ASL). Damit die stets in grüne Bestände ausgebrachte Gülle keine Fäulnisprozesse verursacht, „belebt“ er diese mit Urgesteinsmehl und dem Pflanzenstärkungsmittel In-Wa-Quarz. „Die Gülle wird durch den Zusatz dunkler, fließfähiger und riecht nicht mehr so stark“, beschreibt Lange den Effekt.

Die ASL lässt der Landwirt im Cultanverfahren ausbringen. Kern dieser Methode ist eine lang anhaltende Ammoniumernährung, in der Lange folgende Vorteile sieht:

  • Die Ausgasungs- und Auswaschungsverluste sind geringer.
  • Die Pflanze kann Stickstoff nach Bedarf aufnehmen (das sei gerade in Trockenjahren von Vorteil).
  • Pflanzen mit geringem Nitratanteil sind weniger attraktiv für Schädlinge.

Zeichnet sich später in der Saison ein Stickstoffmangel ab, nutzt Lange spritzfähigen Harnstoff. Schwefel, als wichtiges Element zum Humusaufbau und zur Aminosäure- bzw. Proteinbildung in den Pflanzen, gelangt – neben ASL – über 20 kg/ha Elementarschwefel zur Saat auf den Acker. Um die Bestände ausreichend mit Kalzium und Magnesium zu versorgen, erhalten sie im Frühjahr eine Kopfkalkung mit 4 dt/ha kohlensaurem Kalk.

Die Spurenelementdüngung führt Lange ebenfalls auf Basis der Pflanzensaftanalyse durch. Bislang ergänzte er hauptsächlich Eisen, Mangan, Zink, Kupfer und Molybdän über einen Spurennährstoff-Mischdünger auf Huminstoffbasis.

Fungizide ja – Wachstumsregler nein

Auch seine Pflanzenschutzstrategie hat Lange geändert. Wachstumsregler werden im Betrieb durch einen Systemgedanken abgelöst. Dazu gehören vier Bausteine:

  • Anbau standfester Sorten,
  • Walzen von sich bestockenden Beständen, um die apikale Dominanz der Haupttriebe zu bremsen,
  • Düngung über das Cultanverfahren, um Nährstoffschübe zu verhindern und
  • der Einsatz von Silizium, um die Halmfestigkeit zu fördern.

Den Fungizideinsatz möchte Lange auf Dauer ebenfalls senken. Doch er weiß es aktuell zu schätzen, wenn er seine Triticale – wie in diesem Jahr – gezielt z.B. gegen Mehltau behandeln kann. Um seine Reduktionsziele künftig zu erreichen, sammelt er schon heute erste Erfahrungen mit selbst hergestelltem Komposttee. „Bislang sehe ich die angestrebten Effekte noch nicht, das kann aber daran liegen, dass unsere Böden noch nicht weit genug sind“, so Lange.

War es richtig umzustellen?

Die Schweine seien heute vitaler und ausgeglichener. Da Lange aber an vielen Schrauben gedreht hat, ist der Effekt der regenerativen Landwirtschaft auf das Tierverhalten nicht eindeutig auszumachen.

„Im Ackerbau gibt es aber viele ‚Aha-Momente‘, die mich in meinem Handeln stärken. So sind eine bessere Bodenstruktur und ein besseres Wasserhaltevermögen nicht von der Hand zu weisen. Jedoch gibt es auch Situationen, in denen man die Maßnahmen hinterfragen muss. Finanziell bietet das System bislang keine Vorteile. Zwar ist der Aufwand der Bodenbearbeitung geringer, der für Betriebsmittel bislang jedoch höher“, zieht Lange Bilanz.

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