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Wie beeinflusst Wasser den Pflanzenschutz?

Die Qualität des Wassers für die Spritzbrühe ist häufig ein unterschätzter Bereich im Pflanzenschutz. Mit einigen Kniffen lässt sich der Wirkungsgrad oft noch erhöhen.

Lesezeit: 9 Minuten

Unser Autor: Gerrit Hogrefe, N.U. Agrar GmbH, Schackenthal

Wirkt ein ausgebrachtes Pflanzenschutzmittel nicht wie erwartet, steht schnell ein Verdacht im Raum: Der betreffende Schad­erreger ist resistent. Das trifft allerdings nicht immer zu, denn die potenziellen Ursachen für die Minderwirkung einer Maßnahme sind vielfältig.

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Rund 95 bis 99,9 % der Spritzbrühe bestehen aus Wasser. Von den Eigenschaften des verwendeten Wassers hängt ab, wie gut sich Pflanzenschutzmittel in der Spritzbrühe lösen, wie schnell sie abgebaut werden und wie gut sie letztlich wirken – die Qualität des Spritzenwassers bestimmt also den Erfolg des Pflanzenschutzeinsatzes mit. Die Folgen von nicht optimalem Wasser reichen von Minderwirkung bis hin zum Wirkverlust.

Allerdings reagieren nicht alle Pflanzenschutzmittelwirkstoffe gleich auf zu saures oder alkalisches bzw. zu hartes oder zu weiches Wasser. Und häufig haben die Hersteller vorgesorgt.

Welche Eigenschaften und Parameter des Wassers genau auf die Pflanzenschutzmittel wirken, lesen Sie jetzt hier.

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Welche Parameter?

pH-Wert und Wasserhärte abgrenzen

Ob Wasser einer bestimmten Herkunft als Spritzenwasser geeignet ist, entscheiden vorrangig die beiden Parameter pH-Wert und Wasserhärte. Für bestimmte Pflanzenschutzmittelwirkstoffe bzw. Wirkstoffgruppen sind zudem die Temperatur und der Besatz mit organischen (Fremd-)Stoffen wichtig.

Der pH-Wert ist der „negative dekadische Logarithmus der Protonenkonzentration“. Das heißt, je niedriger der pH-Wert ist, umso mehr Protonen (H+) befinden sich in einer Lösung und desto saurer ist das Wasser. Umgekehrt sinkt die Protonenkonzentration bei basischen (alkalischen) Verhältnissen (hoher pH-Wert). Dann sind gleichzeitig mehr (freie) Hydroxyl-Ionen (OH-) in der Lösung vorhanden. Eingeordnet wird der pH-Wert über eine Universalskala zwischen pH 0 (sauer) und pH 14 (basisch oder alkalisch). Stoffe mit pH 7,0 sind als neutral einzustufen.

Die Wasserhärte beschreibt die „Stoffmengenkonzentration der im Wasser gelösten Ionen der Erdalkalimetalle“. Fließt Wasser über Steine oder Sand, lösen sich Minerale und das Wasser nimmt Kationen auf – je länger der Kontakt, desto mehr. Zu den Härtebildnern gehören neben Calcium (Ca2+) und Magnesium (Mg2+) beispielsweise auch Eisen (Fe2+) oder Mangan (Mn2+). Angegeben werden die Werte in Grad deutscher Härte (° dH). In Deutschland werden die drei Härtebereiche weich, mittel und hart unterschieden.

Generell bedeutet ein hoher pH-Wert nicht zwangsläufig, dass auch eine hohe Wasserhärte vorliegen muss und umgekehrt. Ein Beispiel: Wasser aus Brunnen in (an)moorigen Regionen ist meist leicht sauer (pH-Wert 6,0 bis 6,5). Allerdings muss es aufgrund der verhältnismäßig hohen Eisen- und Manganfrachten als „hart“ eingestuft werden.

Übrigens: Auch die Wassertemperatur beeinflusst stark, wie gut sich Pflanzenschutzmittel beim Anmischen lösen. Dabei gilt: je kälter das Wasser, desto schlechter die Löslichkeit.

Wo kommt das Wasser her?

Schon die Herkunft kann einiges über die Wasserqualität aussagen. Vorrangig wird Wasser für Pflanzenschutzanwendungen aus Brunnen gewonnen. Je nach Tiefe des Brunnens und Art des Ausgangsgesteins hat das Sickerwasser unterschiedliche Mengen an Mineralen aufgenommen. Brunnenwasser ist daher meist hart (20 bis 25 °dH), kalt und eher basisch.

In einigen Betrieben wird auch Regenwasser eingesetzt. Hinsichtlich pH-Wert und Wasserhärte hat diese Wasserquelle einige Vorteile: Es ist meist wärmer, leicht sauer und in der Regel sehr weich (0 bis 5 °dH). Das macht es vor allem für härtesensible Wirkstoffe wie z. B. Glyphosat interessant.

Ausschließlich Regenwasser zu verwenden, empfiehlt sich allerdings nur bedingt: Eine geringe Wasserhärte führt auch immer zu einer starken Schaumbildung. Weiterhin kann Regenwasser Schmutzpartikel von Dächern enthalten. Problematisch sind diese organischen Verbindungen vor allem für blattaktive Wirkstoffe mit hohem Kfoc-Wert (Affinität zur Anlagerung an organische Substanz), da deren Aufnahme damit erschwert wird. Stark getrübtes Wasser sollte man daher nicht für Pflanzenschutzmaßnahmen verwenden.

Gesondert ist Stadtwasser zu betrachten: Das Wasser aus dem öffentlichen Netz ist bezüglich der Parameter grundsätzlich wie eigenes Brunnenwasser einzustufen. Allerdings muss Trinkwasser gemäß der Trinkwasserverordnung einen pH-Wert zwischen pH 6,5 und pH 9,5 aufweisen. Hat der Versorger das Wasser aufbereitet und z. B. Härtebildner entfernt, kann es eine interessante Alternative für einzelne ­Anwendungen sein. Allerdings ist es vergleichsweise kostspielig.

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pH-Wert

Einfluss auf Abbaurate und Löslichkeit

In der Bewertung der Spritzenwasserqualität nimmt der pH-Wert eine zentrale Rolle ein. Er beeinflusst zum einen die Geschwindigkeit von hydrolytischen Abbauprozessen. Zum anderen verändert er auch physico-chemische Eigenschaften der Wirkstoffe wie z. B. die Wasserlöslichkeit oder den Octanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten (log ­Po/w-­Wert).

Pyrethroide: schneller Abbau bei niedrigem pH-Wert

Die Abbaugeschwindigkeit eines Wirkstoffs wird für gewöhnlich als DT50-Wert angegeben. Das ist die Halbwertzeit eines Wirkstoffes bei gegebenem pH-Wert. Er gibt die Zeit in Tagen an, in der ein Wirkstoff zur Hälfte abgebaut ist.

Die meisten Pflanzenschutzmittel wirken im schwach sauren Bereich der Spritzbrühe von pH 6,0 bis 6,5 am besten. Je höher der pH-Wert und je höher damit der Gehalt an freien Hy­dro­xyl-Ionen ist, umso schneller geht der Abbau vonstatten, wie die Übersicht 3 beispielhaft zeigt: Weist Wasser einen pH-Wert von 9 auf, reduziert sich die Wirksamkeit des fungiziden Cymoxanil sowie des herbiziden Desmedipham in weniger als einem Tag. Bei einem pH-Wert von 5 liegt der DT50-Wert hingegen bei gut 100 Tagen.

Prominentestes Beispiel für die schnellere alkalische Hydrolyse bei hohen pH-Werten sind die Pyrethroide. Durch Anlagerung von Hydroxyl-Ionen (OH-) werden die Wirkstoffmoleküle derart verändert, dass das „Schlüssel-Schloss-Prinzip“ im Zielorganismus nicht mehr einwandfrei funktioniert. Somit verliert der Wirkstoff an Wirksamkeit. Bei den Insektiziden sind neben den Pyrethroiden auch Organophosphate (Dimethoate, Chlorpyrifos) betroffen. Die Wirkstoffgruppe der ­Neonikotinoide wird hingegen nicht beeinträchtigt.

Sulfonylharnstoffe: ­besser wirksam bei hohem pH

Wie stark die Wasserlöslichkeit einiger Wirkstoffe vom pH-Wert des Wassers abhängt, wird am Beispiel der Sulfonylharnstoffe am deutlichsten. Während sich vom Wirkstoff Mesosulfuron-methyl bei pH 4 nur 2 mg/l lösen lassen, sind es bei pH 9 über 15.000 mg/l.

Das bedeutet, dass die volle zugelassene Aufwandmenge von Mesosulfuron-methyl (15 g/ha) bei pH 9 in 1 l Wasser gelöst werden kann. Bei pH 4 werden dafür 7.500 l benötigt.

Auch bei praxisüblichen, neutralen pH-Werten können nur knapp 500 mg/l in Lösung gebracht werden. Sehr geringe Wasseraufwandmengen (weniger als 100 l/ha) sind deshalb auch aus Sicht der Löslichkeit kritisch zu sehen – insbesondere, da meist die geringe Wassertemperatur die Löslichkeit zusätzlich begrenzt.

Einige Sulfonylharnstoff-haltige Produkte bringen in der Formulierung bereits basische Puffer mit, um dem Zusammenhang aus pH-Wert und Löslichkeit Rechnung zu tragen. Allerdings sinkt bei Sulfonylharnstoffen mit steigenden pH-Werten die „Fettlöslichkeit“. 

Fettlöslich oder nicht?

Damit Wirkstoffe ins Pflanzenblatt eindringen können, müssen sie sowohl die Kutikula als auch die epikutikulären Wachse überwinden (siehe „Wie gelangen Wirkstoffe in die Pflanze?“, Ausgabe 2/2023 und „Wirkstoffverteilung in der Pflanze“, Ausgabe 3/2023). Je besser sich die Stoffe an Fett binden und desto weniger gern ans Wasser, desto besser können sie in die Pflanzen diffundieren.

Wie hydrophil (wasserliebend) oder lipophil (fettliebend) die Wirkstoffe sind, gibt der dekadische Logarithmus des Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten (log Po/w-Wert) an. Stoffe sind eher hydrophil bei Werten kleiner 0, eher lipophil bei Werten größer 0. Wie stark der pH-Wert den log Po/w-Wert beeinflusst, zeigt Übersicht 4: Je saurer das Wasser, desto eher sind die Wirkstoffe lipophil.

Im Fall der Sulfonylharnstoffe entsteht ein Zielkonflikt zwischen der Wasserlöslichkeit und dem Eindringverhalten in die Pflanze. Um diesem Problem zu begegnen, kann man den Wirkstoff zunächst im basischen Milieu lösen. Anschließend wird durch Ansäuerung der log Po/w-Wert erhöht und somit das Eindringen in die Pflanze gewährleistet.

Bei mehrkomponentigen Sulfonylharnstoffprodukten erfüllt diese Aufgabe der separate Formulierungshilfsstoff. Wichtig ist dann, die Einfüllreihenfolge einzuhalten (mehr dazu im nächsten Beitrag der Serie).

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Wasserhärte

Hartes Wasser begünstigt Komplexbildungen

Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln tragen im Wasser meist negative Ladungen. Daran binden sich die im harten Wasser gelösten positiven Kationen wie Ca2+ oder Mg2+. Ein Kation kann mehr als zwei Wirkstoffmoleküle der Pflanzenschutzmittel binden.

Das heißt: Je härter das Wasser, desto mehr freie Kationen sind dort enthalten und desto schneller wird aktiver Wirkstoff gebunden. So entstehen unwirksame Komplexe wie z. B. wasserunlösliche Salze. In der Folge kommt es zu Minderwirkungen der Pflanzenschutzmaßnahme. Durch die Komplexbildung können die Mittel auch ausflocken. Dann sind schnell Filter und Düsen verstopft.

Glyphosat: Komplexbildung möglichst ­vermeiden

Das Bilden von Komplexen (nicht das Ausflocken) ist insbesondere für den herbiziden Wirkstoff Glyphosat beschrieben. Durch Bindung zweier Glyphosatmoleküle an ein Calcium-Ion kommt es zu einem Wirkungsverlust von über 70 %.

Um der Komplexbildung vorzubeugen, kann man vor dem Glyphosat Ammoniumsulfat (Schwefelsaures Ammoniak, SSA) hinzugeben. Dadurch wird Calcium ausgefällt, es bildet sich Gips (CaSO4). Die Ausfällungen bereiten in der Regel keine Probleme in der Spritze. Vorteilhaft ist dauerhaftes Rühren.

Eleganter ist jedoch die sogenannte Chelatisierung. Dabei werden freie Chelatgitter ins Wasser gegeben, an die sich die Härtebildner binden. Sie können dann keine Komplexe mehr mit den Wirkstoffen eingehen. Einige phosphorhaltige Blattdünger enthalten z. B. freie Chelatgitter, um die Bildung schwer löslicher Calciumphosphate bei hartem Wasser zu unterbinden.

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Praxistipps

Spritzenwasser ­optimieren oder nicht?

Um bei Pflanzenschutzmaßnahmen den höchsten Wirkungsgrad zu erzielen, ist es zunächst unumgänglich, die Qualität des eigenen Spritzenwassers zu kennen. Den  pH-Wert  kann man z. B. hinreichend genau mit einem elektronischen pH-Meter ermitteln (Teststreifen sind zu ungenau). Um die  Wasserhärte  zu bestimmen, eignen sich Teststreifen nur bei Werten von unter 25 °dH. Ein elektronisches Verfahren gibt es nicht – in vielen Fällen wird deshalb eine Laboranalyse notwendig sein.

Zudem empfiehlt es sich, die Anforderungen der eingesetzten Wirkstoffe (pH-Werte!) zu kennen. Berücksichtigen Sie dabei, dass einige Produkte bereits ­pH-Wert-beeinflussende Formulierungen besitzen und unter Umständen bereits den für den Wirkstoff notwendigen optimalen pH-Wert einstellen (senken) können.

Andernfalls lässt sich der pH-Wert durch Zugabe von organischen Säuren (Zitronensäure) oder kommerziellen Wasserkonditionierern senken. Für den weniger wahrscheinlichen Fall einer notwendigen pH-Erhöhung eignet sich Bor-Blattdünger. Sie stellen bereits in ge­ringen Konzentrationen pH-Werte um 8,5 ein.

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