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topplus Serie "Fachwissen Pflanzenbau "

Wie gelangen Wirkstoffe in die Pflanze?

Pflanzenschutzmittel auf Pflanzen zu bringen, ist nicht unbedingt schwer. Damit sie darauf aber haften bleiben und dann ins Blatt diffundieren, bedarf es allerdings Fingerspitzengefühl.

Lesezeit: 8 Minuten

Ein Fachbeitrag von Prof. Dr. Klaus Schlüter, ehemals Fachhochschule Kiel

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Die Autoren der Serie „Fachwissen Pflanzenbau“ stellen Zusammenhänge im Pflanzenbau kurz und ­knackig (wieder) her. Der aktuelle Themenblock heißt „Pflanzenschutz und Wachstumsregler“. Schon erschienen sind „Boden“, „Bodeneingriff“, „­Pflanzenphysiologie“ sowie „Fruchtfolge, Zwischenfrüchte, ­Kulturen“. Alle Beiträge finden Sie auf unserer Übersichtsseite.

Pflanzenschutz – konventionell und biologisch – soll Schäden an Kulturpflanzen durch Krankheiten und tierische Schädlinge verhindern. Eine weitere wichtige Funktion ist, Unkräuter und Ungräser mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen zu unterdrücken. So haben die Herbizide 2022 gut 50 % der ausgebrachten jährlichen Wirkstoffmenge in Deutschland ausgemacht.

Damit alle Präparate sicher wirken können, muss beim Applizieren der Spritzbrühetropfen ein guter Kontakt zur Pflanze hergestellt werden. Für die biologische Wirkung ist entscheidend, wie sich die Wirkstoffe anschließend auf oder in der Pflanze verteilen. Wichtig ist dabei die Struktur der Pflanzenoberfläche. Diese ist von einer komplexen Kutikula überzogen (meist als Wachsschicht bezeichnet). Wasser perlt daran mehr oder weniger stark ab, Spritzbrühetropfen müssen dagegen möglichst gut verlaufen und eintrocknen.

Die Wirkstoffe dringen dann entweder in das Gewebe ein oder bleiben auf der Wachsschicht als Kristalle liegen. Zusatzstoffe wie z. B. Netzmittel bewirken, dass sich Tropfen auf der Pflanzenoberfläche ausbreiten und Haftmittel verkleben feste Wirkstoffe mit dem Blatt. So lässt sich eine hohe Bioverfügbarkeit erreichen – also die Geschwindigkeit und der Umfang der Wirkstoffaufnahme bis zu dem Ort, an dem die biochemische Wirkung im Schadorganismus erfolgt.

Nachfolgend beschreibt der Beitrag, warum für die Aufnahme der Pflanzenschutzwirkstoffe der Blattaufbau ebenso entscheidend ist wie der Randwinkel des Tropfens und eine gequollene Kutikula.




Teil 1: Blätter „verstehen“ –Die Grundlagen des ­Blattaufbaus

Die Blätter der ein- und zweikeimblättrigen Pflanzen unterscheiden sich im Feinbau. Daher lagern sich Wirkstoffe unterschiedlich an und durchdringen die Blätter auch auf verschiedene Art und Weise.

Zweikeimblättrige Pflanzen

Blätter der dikotylen (zweikeimblättrigen) Nutzpflanzen wie z.B. Raps, Kartoffel, Zuckerrübe, Leguminosen, Obst oder Gemüse besitzen auf beiden Blattseiten ein lebendes Abschlussgewebe.

Dieses wird auch als Epidermis bezeichnet. Direkt darauf liegt die aus Kutin und Wachsen zusammengesetzte Kutikula, die mit der Zellwand verwachsen ist. Ihre Bestandteile sind dachziegelartig miteinander verwoben (siehe Teil 4). So verhindern sie, dass Wasser verdunstet. Manche Blätter tragen auf der Oberfläche feine Härchen oder spezielle Wachskristalle, wodurch die Kutikula eine unregelmäßige Oberfläche bekommt.

Mitten im Blatt findet die Fotosynthese statt: Dem Licht zugewandt und deshalb auf der Blattoberseite liegt das Palisadengewebe mit einer besonders großen Anzahl an Chloroplasten, darunter folgt das Schwammgewebe. Chloroplasten wandeln Lichtenergie in chemische Energie um und binden Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Luft. So können Pflanzen alle für sie lebenswichtigen Stoffe synthetisieren. Palisaden- und Schwammgewebe sind von Luftkammern (Interzellularen) für den Gasaustausch durchzogen.

Die Leitbündel bestehen aus Xylem (transportiert Wasser von der Wurzel zum Blatt) und Phloem (transportiert Fotosyntheseprodukte wie Zucker vom Blatt in die Pflanze). Bei Dikotylen verlaufen sie netzartig und unregelmäßig durch das Blatt, so ergeben sich kurze Transportwege. Die Spaltöffnungen mit speziellen Schließzellen für den Gasaustausch liegen zum großen Teil auf der Blattunterseite.

Einkeimblättrige Pflanzen

Zu den Nutzpflanzen mit einem Keimblatt (Monokotyle) gehören vor allem Getreide, Mais und Gräser. Diese haben einen relativ einheitlichen Blattaufbau.

Die beidseitige Epidermis ist mit einer stark wasserabweisenden Kutikula abgegrenzt. Oft liegen darauf kristalline Wachsausscheidungen, die diesen Effekt verstärken (siehe Teil 4).

In der Blattmitte von Gräsern und Getreide befindet sich das gleichmäßig strukturierte Fotosynthesegewebe mit zahlreichen Chloroplasten (Mesophyll). Die Leitbündel mit Xylem und Phloem verlaufen in Längsrichtung, sodass die Blätter im Querschnitt eine wellige Oberfläche aufweisen. Nur bei Mais und anderen C4-Pflanzen ist jedes Leitbündel zudem von einer Hülle spezialisierter Zellen umgeben. Diese trennen die Prozesse der C4-Fotosynthese räumlich und fixieren CO2, bevor es während der Fotosynthese zu Kohlenhydraten aufgebaut wird.

Anders als bei Dikotylen sind die länglichen, schmalen Spaltöffnungen bei Gräsern und Getreide gleichmäßig auf der Ober- und Unterseite verteilt.




Teil 2: Spritzbrühe aufbringen– So haften die Tropfen an den Blättern

Ob die Spritzbrühetröpfchen optimal auf der Pflanze haften, beeinflussen verschiedene Faktoren. Besonderes wichtig sind dabei

  • die Blattstellung, ob horizontal (z. B. Raps, Rüben, Gemüse) oder vertikal (Getreide, Mais, alle Gräser),
  • der wasserabstoßende Effekt der Blattoberfläche sowie
  • die Struktur der Blattoberfläche (Wachskristalle, Blatthärchen).

Eine Vielzahl von Kulturpflanzen ist aufgrund ihrer speziellen Ober­fläche von reinen Wassertropfen schlecht zu benetzen. Dazu gehören u. a. Getreide, Gräser, Mais, Raps, Kohlgemüse, Soja, Leguminosen, Wein und Kernobst. Die dadurch schlechte Anhaftung verhindert, dass sich Spritzbrühetropfen ausbreiten und lässt sie bei grobtropfiger Applikation sogar abrollen. So erreicht der Wirkstoff seine Zielfläche nicht und geht verloren.

Mit einem großen Randwinkel zwischen Spritzbrühetropfen und Blatt bleiben die Tropfen fast kugelrund. Für eine gute Benetzung muss deshalb ein möglichst kleiner Randwinkel erzielt werden.

Bei manchen Pflanzenarten ragen aus der Kutikula auch markante Wachskristalle hervor, sodass eine unregelmäßige Oberfläche entsteht. Auf dieser können die Spritzbrühetropfen nicht zerfließen. Ein bekanntes Beispiel dafür, dass Tropfenanlagerung und Wirkstoffaufnahme durch Wachskristalle erheblich eingeschränkt sind, ist das Ackerfuchsschwanzgras. Die Folge sind Unterdosierung und Wirkungsverlust sowie eine beschleunigte Resistenzbildung der Schadorganismen.

Um die Benetzung zu verbessern, sind deshalb spezielle Additive erforderlich. Diese sind entweder schon in der Formulierung enthalten oder werden beim Anmischen der Spritzbrühe zugefügt. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl sogenannter Zusatzstoffe für die Spritzbrühe, die genau wie Wirkstoffe geprüft und zugelassen werden müssen. Diese Stoffe sollen – je nach Pflanzenart, Präparat, Wasserqualität und Witterung – die Tropfenanlagerung und die Wirkstoffaufnahme weiter verbessern.




Teil 3: Verdunstung hilft mit– Entscheidend ist der Randwinkel

Bei optimalen Bedingungen benetzen Spritzbrühetropfen die Blattoberfläche so, dass sich der gewünschte kleine Randwinkel ergibt. Durch die Verdunstung des Wassers trocknen die Tröpfchen ein. Entscheidend ist dabei, Verluste zu vermeiden, z. B. durch einen kurz nach der Spritzung fallenden Niederschlag. Die Geschwindigkeit der Wirkstoffanlagerung bzw. -aufnahme hängt von den chemischen Eigenschaften der Wirkstoffe und ihrer Formulierung ab. Aber auch die Wasserqualität und eventuelle weitere Zusätze spielen eine Rolle.

Feste Wirkstoffe verbleiben nach dem Verdunsten des Wassers auf oder in der Wachsschicht. Sie können als Kristalle vorliegen oder als sogenannte amorphe (strukturlose) Anlagerung.

Dabei sind sie meist noch mit Additiven verklebt – feste Wirkstoffe sollen möglichst gut und fest an oder in der Wachsschicht haften. Von dort kann der Wirkstoff langsam freigesetzt oder in der Kutikula verteilt werden.

Flüssige Wirkstoffe können aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften meist gut in die Kutikula eindringen und sich von dort im Blatt verteilen. Viele Wirkstoffe wandern nicht direkt durch die lebenden Zellen, sondern nutzen die von Wasser gefüllten Zellwände als Transportwege.




Teil 4: Witterung beeinflusst –Schnelle Aufnahme bei gequollener Kutikula

Bestimmte Pflanzenschutzwirkstoffe – insbesondere die systemischen – durchdringen aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften die Kutikula und wandern in das Gewebe. Das ist möglich, weil sich zwischen den Wachsplättchen und dem Kutin geringe Mengen an Wasser befinden. Deshalb verläuft der Weg der Wirkstoffe zwischen den Plättchen hindurch.

Die Kutikula liegt auf den Zellwänden der Epidermiszellen. Zellwände umhüllen lebende Pflanzenzellen fest und bestehen hauptsächlich aus Zellulosefaserbündeln. Diese sind mit Hemizellulose kreuz und quer vernetzt. Zwischen benachbarten Zellen findet sich außerdem eine Schicht aus Pektin. Zellwände sind aufgrund dieser Struktur von Wasser durchsetzt und ermöglichen so, dass Wirkstoffe sie bis zur angrenzenden Zellmembran der Epidermiszellen durchwandern können. Die Plasmodesmen zwischen den Epidermiszellen sind plasmatische Verbindungen zwischen lebenden Zellen. Sie transportieren verschiedene pflanzliche Stoffe.

Von der Epidermis aus wandern Wirkstoffe in die darunter gelegenen Zellschichten und verteilen sich entsprechend ihrer Eigenschaften.

Wichtig ist Feuchtigkeit

Bei der Aufnahme von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen spielt Feuchtigkeit eine besonders große Rolle, da sie unmittelbar auf die Struktur der Kutikula einwirkt (siehe Übersicht 6).

Bei trockener Witterung sind die Wachsplättchen in der Kutikula dicht gepackt und verhindern den Durchtritt von Wasser in beide Richtungen.

Länger anhaltendes, kühles und feuchtes Wetter bewirkt, dass die Kutikula durch Wassereinlagerung aufquillt – sie wird allerdings nicht „abgewaschen“, wie in der Praxis häufig formuliert. So können flüssige Wirkstoffe schneller bis in die Zellen und Zellwände der Epidermis eindringen.

Vorteil: Blätter nehmen nach Tau oder Regen systemische Wirkstoffe sehr viel schneller und besser auf als bei trockenem Wetter. Das gilt für alle Anwendungsbereiche. Bedeutend ist das vor allem bei den Spezialpräparaten gegen Ungräser, da deren Wachskristalle auf der Blattfläche erschweren, dass sich Spritzbrühe anlagert.



Nachteil: Nachauflauf-Herbizide können Kulturpflanzen nach kühlfeuchter Witterung belasten oder gar schädigen, weil die Wirkstoffe sehr schnell in das Gewebe gelangen und nicht entgiftet werden.

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