Weil auch die Insektizidpalette ausdünnt, rücken schon fast vergessene Krankheiten wieder in den Fokus – die Vergilbungsvirosen. Seit dem Verbot der Neonicotinoid-haltigen Beizen ist die Gefahr des Befalls durch das Rübenvergilbungsvirus sprunghaft angestiegen.
So zeigten sich bereits im ersten Jahr ohne den bewährten Beizschutz (2019) die Folgen z.B. auf rheinischen Rübenfeldern. Schon im Frühjahr, kurz vor dem Auflaufen der Rüben, kam es vielerorts zu starkem Befall mit Schwarzen Bohnenläusen, der teils zu erheblichen Saugschäden führte.
Die Grüne Pfirsichblattlaus trat zwar seltener auf, von ihr geht aber ein besonders hohes Risiko als Überträger (Vektor) von Viruserkrankungen aus. Die typischen Symptome viruskranker Rüben (orangegelbe Verfärbungen beim BMYV bzw. fahlgelb verfärbte Blattspreiten mit Nekrosen beim BYV) sind meist nur noch den älteren Landwirten bekannt. Denn durch die Neonic-Beizen traten Infektionen seit 25 Jahren praktisch kaum auf.
Über das gesamte Rheinland gesehen, lag die Ausbreitung der sichtbaren Vergilbungsnester im vergangenen Jahr zwar noch unter 1 % der Rübenfläche, wodurch der wirtschaftliche Schaden überschaubar blieb. Bemerkenswert ist jedoch das hohe Schadpotenzial der Viren.
Doch wie können Rübenanbauer jetzt reagieren? Ein besonderes Augenmerk kommt der Bekämpfung der Grünen Pfirsichblattlaus zu. Der Bekämpfungsrichtwert liegt bei 10 % befallener Blätter bis Reihenschluss, für die Schwarze Bohnenlaus neuerdings bei 30 %. Nach Reihenschluss steigt der Wert bei beiden Lausarten auf 50 %. Um die Richtwerte möglichst genau zu treffen, wurden bundesweit neue Blattlaus-Monitoring-Systeme eingerichtet. In Nordrhein-Westfalen wird dies z. B. vom Landwirtschaftsministerium gefördert. Nach wie vor bleiben eigene intensive Feldkontrollen angeraten.
In puncto Insektizidverfügbarkeit gab es in diesem Jahr eine Notfallzulassung für den Einsatz von Carnadine und Mospilan SG. Wichtig sind auch vorbeugende Maßnahmen wie eine gute Feldhygiene und das Beseitigen von Infektionsquellen. Jeder virusbeladene Rübenkopf, der nach einem milden Winter im nächsten Frühjahr an der Bodenoberfläche neu austreibt, bietet Läusen die Möglichkeit, sich mit dem Rübenvergilbungsvirus zu beladen. Diese können dann wieder junge Rüben infizieren.
Alfons Lingnau, RRV