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Biodieselwerke drosseln Verarbeitung

Lesezeit: 5 Minuten

Große Biodieselwerke wie Bunge in Mannheim kämpfen mit massiven Absatzproblemen. Billigimporte aus Übersee sind der Grund. Das deckelt derzeit die Rapspreise. Allerdings gibt es einen Hoffnungsschimmer.


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Seit den frühen Morgenstunden liegt ein Schiff mit 1000 t Raps an Bord am Kai der Firma Bunge in Mannheim. Die Fracht wird in wenigen Stunden gelöscht. Andreas Vogt, Geschäftsführer der Bunge Deutschland GmbH, beobachtet das Entladen jedoch mit Sorge: „Wegen langfristiger Kontrakte müssen wir den Raps abnehmen, aber wir können unser Biodieselwerk nur zur Hälfte auslasten.“


Importe aus Übersee:

Ursache der Krise sind Importe von billigem Biodiesel vor allem aus Argentinien, aber auch aus Indonesien. Sie sorgen für ein Überangebot, das zu Absatzschwierigkeiten und fallenden Preisen führt. Von September 2017 bis März 2018 gelangten 1 Mio. t Biodiesel in die Europäische Union – etwa 9% der gesamten Menge von 12 Mio. t, die europäische Biodieselwerke jährlich herstellen. Bis August 2017 dagegen gab es kaum Importe.


Grund für den gestiegenen Export sind hohe Exportsubventionen. Zudem haben die USA Strafzölle auf Biodiesel aus Argentinien erhoben. Die Menge drängt jetzt auch auf den europäischen Markt. „Argentinischer Biodiesel ist rund 70 €/t günstiger als heimischer Biodiesel aus Rapsöl“, erklärt Elmar Baumann, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Für die Mineralölkonzerne ist es also attraktiver, diesen Biodiesel in fossilen Diesel beizumischen, um die Treibhausgas-Minderungsquote (THG-Quote) zu erfüllen.


Werke drosseln Leistung.

Deutsche Werke haben im vergangenen Jahr 3,1 Mio. t Biodiesel produziert. Nach Schätzung des VDB könnte die Produktion in diesem Jahr auf 2,3 Mio. t sinken. Das bekommt auch Bunge zu spüren. Das Unternehmen verarbeitet normalerweise bis zu 1,2 Mio. t Raps im Jahr – etwa ein Viertel der in Deutschland geernteten Rapsmenge. 60% des hergestellten Öls vermarktet Bunge als Speiseöl, 40% wird unter Zugabe von Methanol im eigenen Biodieselwerk zu Biodiesel umgeestert.


Das Biodieselwerk hat eine Verarbeitungskapazität von 120000 t pro Jahr. „Wenn es voll ausgelastet ist, beladen wir in der Woche ein bis zwei Schiffe sowie 60 bis 70 Lkw mit Biodiesel“, erklärt Vogt. Wegen der Absatzkrise kommen aktuell jedoch nur zwei bis drei Schiffe pro Monat.


In diesem Jahr könnte Bunge etwa 70% des Öls als Nahrungsmittel verkaufen. Aber dieser Markt kann nicht die komplette Ölmenge, die für die Biodieselproduktion verwendet wird, aufnehmen. „Die Situation ist angespannt, wir erwarten erste Insolvenzen noch in diesem Jahr“, sagt Baumann.


Neben dem Mannheimer Biodieselwerk sind auch die Werke von ADM in Mainz sowie von Natural Energy West (NEW) in Marl betroffen. NEW hat seit Mitte April seine Produktion auf die Hälfte zurückgefahren. Die gedrosselte Produktion hält die Firma nur aufrecht, um bestehende Lieferverträge für Biodiesel und für das Koppelprodukt Pharmaglycerin zu bedienen.


NEW hat eine Jahreskapazität von 240000 t Biodiesel. Als Rohstoff verwendet der Hersteller fast nur Raps aus Deutschland. „Wenn sich Bundesregierung und Europäische Kommission nicht gegen die Handelspraktiken wehren, werden die Industrie und die Landwirtschaft existenziell geschädigt“, sagt NEW-Geschäftsführer Detlef Volz.


Druck auf Rapspreis:

Die von europäischen Biodieselherstellern vorgenommenen Stilllegungen und Produktionskürzungen werden den Mengen- und Preisdruck auf dem Markt für Rapsöl und Rapssaat weiter erhöhen, erwartet die Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen (UFOP). Bei 56% des in Deutschland hergestellten Biodiesels diente Rapsöl als Rohstoff. Andere Rohstoffquellen waren nach VDB-Angaben Altspeisefette (25%), Soja (8%), Palmöl (7%) und jeweils 2% tierische Fette und Fettsäuren.


Der Ölanteil von über 40% sei der wichtigste Faktor für den Rapspreis. Der Pflanzenölpreis lag laut UFOP zuletzt mit 640 €/t rund 100 €/t unter Vorjahresniveau. Rund die Hälfte der 12 Mio. t Rapsöl, die in der EU produziert werden, fließt in die europäische Biodieselindustrie (Näheres zu den Erzeugerpreisen lesen Sie ab S. 108).


Weiteres Ungemach droht dem hiesigen Rapsanbau mit der Europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie. Diese wird aktuell novelliert und zwischen Kommission, Rat und Parlament auf EU-Ebene verhandelt (Trilogverfahren). Der vorliegende Entwurf der Richtlinie sieht eine Halbierung der Biokraftstoffmenge aus Anbaubiomasse vor. „Da ein Großteil des europäischen Rapses zu Öl für die Biodieselproduktion verarbeitet wird, hätte das massive Auswirkungen auf den Rapsanbau“, warnt Baumann.


Deutlich höhere Exporte:

Etwas Entlastung hatte im ersten Quartal 2018 eine gestiegene Ausfuhr von Biodiesel gebracht. Die Exportmenge lag mit 428620 t gegenüber dem Vorjahreszeitraum knapp 3% höher. Rund 84% der Ausfuhren wurden in Länder der EU-28 geliefert und damit 16% mehr als im Vorjahr, berichtet die UFOP. Größtes Abnehmerland für deutschen Biodiesel sind die Niederlande mit einem Zuwachs von 6% auf 156860 t. Belgien hat sich mit einer Verdopplung auf 47650 t an Polen vorbei auf Platz 2 geschoben, obwohl Polen rund 18% mehr Biodiesel aus Deutschland bezogen hat. Allerdings sind die Exporte in diese Länder aufgrund der Billigimporte aus Argentinien gefährdet. Denn andere EU-Länder nutzen ebenfalls den günstigen Sprit aus Übersee.


EU registriert Billigimporte.

Hoffnung macht den Biodieselproduzenten dagegen eine Entscheidung der EU vom 24. Mai 2018: Die Europäische Kommission will für die kommenden neun Monate Biodieselimporte aus Argentinien registrieren. Sollte sich herausstellen, dass die Importe unzulässig gefördert waren, drohen auch rückwirkend Strafzölle auf die Biodieselimporte. „Damit könnten schon jetzt die Importmengen beschränkt werden, weil für die argentinischen Unternehmen das Risiko der nachträglichen Zahlung von Strafzöllen besteht“, kommentierte VDB-Geschäftsführer Baumann diesen Schritt.


Die Kommission geht davon aus, dass die Produktion von Biodiesel in Argentinien subventioniert wird. Aufgrund der stark angestiegenen Importe aus Argentinien bestehe daher ein Risiko für schwerwiegende wirtschaftliche Schäden für die europäische Biodieselindustrie.


Außerdem hat die argentinische Regierung den Exportsteuersatz von 8% auf 15% des Warenwertes erhöht. Das bringt nach Ansicht des VDB aber nur kurzfristig Entlastung. Nur ein dauerhafter Wegfall der unfairen Praktiken könnte das Problem wirklich lösen.


Kontakt:


hinrich.neumann@t-online.de

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