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Die Angst vor dem Wolf

Lesezeit: 5 Minuten

In den Alpenländern breitet sich der Wolf immer mehr aus und gefährdet die Weidehaltung von Schafen und Rindern. Südplus berichtet, wie sich der Konflikt in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz zuspitzt.


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Die Diskussion um den Wolf hat in Süddeutschland in den letzten Monaten gewaltig an Fahrt aufgenommen. Fast wöchentlich gibt es Meldungen über Wolfsichtungen.


In Bayern geht man derzeit von vier Regionen aus, in denen Wölfe standorttreu leben (siehe Karte rechts):


  • Im Nationalpark Bayerischer Wald gibt es das erste Wolfsrudel.
  • Auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr streift ein Wolfspaar umher.
  • Im Veldensteiner Forst lebt ein weibliches Tier und
  • auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels ein männlicher Wolf.


In Baden-Württemberg gibt es offiziell zwar noch keine standorttreuen Wölfe. Aber auch dort treten Einzeltiere in den letzten Monaten immer öfter in Erscheinung, vor allem im Bodenseeraum und im Schwarzwald. Bundesweit geht man bereits von 70 Rudeln aus.


Erste Wolfsrisse seit 100 Jahren:

Zudem haben Wölfe im Südwesten erstmals seit 100 Jahren nachweislich wieder Nutztiere gerissen. Opfer waren


  • im Oktober 2017 drei Schafe in Widdern im Landkreis Heilbronn;
  • im November 2017 erneut drei Schafe in Bad Wildbad im Landkreis Calw;
  • und im Januar 2018 eine Ziege in Sersheim im Landkreis Ludwigsburg.


Genuntersuchungen ergaben, dass in Süddeutschland Wölfe aus zwei Populationen zusammentreffen. Einige Tiere stammen aus Nord- bzw. Ostdeutschland und damit aus der nordosteuropä-ischen-baltischen Population, andere Tiere aus der südwestalpinen Population. Im Klartext: Die Wölfe drängen derzeit von zwei Seiten nach Süddeutschland.


Landwirte sind aufgebracht.

Auch wenn sich die Schäden bisher in Grenzen halten, treibt die Ausbreitung des Wolfes die Tierhalter in Süddeutschland massiv um. „Es gärt gewaltig, viele Landwirte sind aufgebracht und wütend“, berichtet Dr. Torsten Sommer, der bei der Rinderunion Baden-Württemberg (RBW) die Weidehalter betreut.


Die Landwirte fühlen sich von der Politik im Stich gelassen, weil sie ihre Tiere dem Wolf praktisch schutzlos ausgeliefert sehen. Denn der Wolf darf nicht bejagt werden, weil er unter strengem Artenschutz steht. Und den Herdenschutz halten die meisten Landwirte angesichts der extrem kleinteiligen Strukturen für unrealistisch.


So gibt es zum Beispiel in Baden-Württemberg noch rund 6000 Mutterkuhbetriebe mit durchschnittlich zehn Kühen pro Betrieb. „Wegen der von der Realteilung geprägten Flächenstruktur hat jeder dieser Betriebe seine Tiere auf zwei bis drei Herden aufgeteilt, sodass wir von 15000 bis 20000 Kleinstherden ausgehen“, erläutert Dr. Thomas Schmidt, Zuchtleiter Fleischrinder bei der RBW.


Immense Kosten:

„Um jeder dieser Herden zwei Schutzhunde zur Seite zu stellen, müssten wir 30000 bis 40000 Schutzhunde kaufen, was bei einem Preis von 2000 € pro Tier 60 bis 80 Mio. € kosten würde“, rechnet Schmidt vor. Für entsprechende Zäune veranschlagt der Experte weitere 100 bis 200 Mio. €.


Ähnlich kleinstrukturiert ist die Weidehaltung in Bayern. So gibt es im Freistaat 6000 Schafhalter mit 20 Schafen pro Betrieb, die sich einen teuren Herdenschutz gar nicht leisten könnten.


Wollte man alle 350000 ha von Nutztieren beweideten Flächen wolfsicher einzäunen, müsste man nach Berechnungen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft insgesamt rund 330 Mio. € investieren. Die jährlichen Folgekosten der Investition würden rund 35 Mio. € betragen.


Kein 100%iger Schutz:

Hinzu kommt, dass auch das Zäunen keinen 100%igen Schutz vor dem Wolf bietet. „Sobald es in einer Region zu einem Wolfsriss kommt, werden schlagartig die meisten der Kleinbetriebe in dieser Region die Weidehaltung einstellen“, ist sich René Gomringer, Geschäftsführer des Landesverbands Bayerischer Schafhalter, sicher. Die gleiche Reaktion befürch-ten Experten bei den Mutterkuhbe-trieben.


Die Weidehalter in Süddeutschland sehen deshalb ihre Betriebe bei einer weiteren Ausbreitung des Wolfes ernsthaft in Gefahr und fordern deutlich mehr Unterstützung durch die Politik.


So monieren sie, dass es bisher für die Entschädigung bei Wolfsrissen keinen Rechtsanspruch gibt. In Bayern wie in Baden-Württemberg gibt es dafür eigene Fonds, die von Naturschutzverbänden getragen und von den Ländern bezuschusst werden.


Zudem haften bisher die Tierhalter selbst für Schäden, wenn eine vom Wolf verschreckte Herde Unfälle im Straßen- oder Zugverkehr verursacht. Hier fordern die Verbände eine unbeschränkte Haftpflichtzusage durch den Staat.


In einem Positionspapier fordern 26 berufsständische Organisationen aus Bayern, Österreich und Süddtirol die vollständige Kostenübernahme für sämtliche wirtschaftliche Nachteile, die Landwirten durch große Beutegreifer wie den Wolf entstehen. Dazu gehörten auch sämtliche Präventionsmaßnahmen, soweit diese überhaupt möglich und sinnvoll seien.


Zudem fordern die Bauern der drei Alpenregionen, den strengen Schutzstatus des Wolfes zu lockern, um seinen Bestand regulieren zu können. Weil der Wolf bisher in Anhang 4 der FFH-Richtlinie steht und nicht dem Jagdrecht, sondern dem Naturschutzrecht unterliegt, ist es bisher extrem schwierig, eine Genehmigung für den Abschuss eines Problemwolfes zu bekommen.


Die Landwirte wollen erreichen, dass auch wolfsfreie Zonen eingerichtet werden, weil Einzäunung und Herdenschutzhunde nur in wenigen Regionen sinnvoll und praktikabel seien.


Ob sich die Landesregierungen auf die Weidetierhalter zubewegen, ist derzeit aber noch unklar. Denn auch die Naturschutzverbände in Baden-Württemberg und Bayern machen Druck auf die für den Wolf zuständigen Umweltministerien und wehren sich gegen eine Lockerung von dessen Schutz.


Rückendeckung erhalten die Bauern von den Landwirtschaftsministerien in beiden Bundesländern. Diese haben den Ernst der Lage erkannt und vertreten inzwischen ähnliche Positionen wie die Landwirte. Klaus Dorsch

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