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Die Ferkelerzeuger brauchen dringend Hilfe

Lesezeit: 6 Minuten

Die deutschen Ferkelerzeuger stehen massiv unter Druck. Rechtliche Vorgaben, steigende Kosten und stagnierende Erlöse belasten viele Betriebe schwer. Ein Weckruf von Peter Spandau, LWK Nordrhein-Westfalen.


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In den letzten Monaten haben die Medien intensiv über die existenzbedrohende Preiskrise in der Milchviehhaltung berichtet. Weitestgehend unbeachtet blieb, dass die Ergebnisse der deutschen Ferkelerzeuger noch katas-trophaler und die Eigenkapitalverluste noch höher waren. Ein Grund mag sein, dass Sauenhalter nicht sofort nach dem Staat rufen, wenn die Preise schlecht sind. Die Veredler kennen das Auf und Ab der Märkte. Und sie wissen: Angebot und Nachfrage regeln den Preis.


Wirtschaftlicher Druck herrscht in der Ferkelerzeugung aber auch deshalb, weil der Gesetzgeber die Betriebe immer stärker unter Druck setzt. Der Umbau auf Gruppenhaltung im Wartestall, die Diskussionen um die Kastenstände im Deckzentrum, die Forderung nach Bewegung für laktierende Sauen im Abferkelstall, das anstehende Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration und das anvisierte Kupierverbot für den Ringelschwanz führen zu drastischen Kostensteigerungen in der Sauenhaltung.


Nur noch 9000 Betriebe:

Wenn die Politik so weitermacht und den Betrieben immer wieder neue Haltungsauf-lagen aufs Auge drückt, wird der Strukturwandel künftig noch schärfer. Dabei ist die Situation ohnehin schon dramatisch. Hielten in Deutschland 1996 noch gut 65000 Betriebe Sauen, waren es im Jahr 2016 nur noch 9000 Höfe. Das entspricht einem Rückgang von rund 86% in 20 Jahren! Im gleichen Zeitraum fiel der Sauenbestand von 2,55 Mio. Tiere auf nur noch 1,92 Mio. Sauen. Bei keiner anderen Nutztierart gab es einen ähnlich hohen Bestandsabbau.


Ganz anders war die Entwicklung im Hinblick auf die Produktivität. Die Betriebszweigauswertungen zeigen, dass die Ferkelerzeuger die Zahl der verkauften Ferkel pro Sau und Jahr in den letzten Jahren massiv gesteigert haben. Wie die Übersicht 1 zeigt, wurden im Wirtschaftsjahr (WJ) 1996/1997 knapp 20 Ferkel pro Sau und Jahr verkauft. Im WJ 2015/2016 waren es fast 28 Ferkel. Ein richtiger Leistungsschub setzte seit dem Wirtschaftsjahr 2006/2007 ein. Jedes Jahr stiegen die Leistungen um fast 0,65 Ferkel an.


Die Zahlen lassen vermuten, dass sich die wirtschaftliche Lage in der Ferkelerzeugung dank der extremen Leistungssteigerungen erheblich verbessert haben muss. Doch das Gegenteil ist der Fall. Ein Blick auf die Direktkostenfreie Leistung (DkfL) zeigt, dass diese zwischen den WJ 1996/1997 und 2015/2016 von fast 600 € auf unter 500 € deutlich gefallen ist. Der Trend ist eindeutig negativ, wie Übersicht 2 verdeutlicht. Das heißt im Klartext: Der enorme Leistungsanstieg in der Ferkelerzeugung mit einem Plus von über 40% mehr verkauften Ferkeln pro Sau und Jahr hat nicht ausgereicht, um die steigenden Kosten auszugleichen.


Seit 20Jahren gleiches Geld:

Bei der Suche nach den Gründen für diese Entwicklung lohnt es sich, einen Blick auf die Ferkelnotierungen zu werfen. Im Mittel lag die durchschnittliche Ferkelnotierung von 1996 bis 2016 in Nordwestdeutschland bei 44,50 € netto je 25 kg-Ferkel (siehe Übersicht 3). Zwar schwankte die Notierung in diesem Zeitraum zwischen 18 € und 80 € pro Ferkel, im Trend bekommen die Ferkel-erzeuger aber heute noch genauso viel Geld für ein Ferkel wie vor 20 Jahren.


Ganz anders sieht die Situation auf der Kostenseite aus. Die Direktkosten lagen im WJ 1996/1997 bei 593 € je Sau bzw. knapp 30 € je Ferkel. Im letzten Wirtschaftsjahr schlugen sie hingegen mit 1129 € pro Sau bzw. über 40 € pro Ferkel zu Buche. Kostentreiber sind insbesondere die Futterkosten, die sich nahezu verdoppelt haben. Ursachen sind im Wesentlichen die deutlich höheren Futterverbräuche und massive Kostensteigerungen beim Ferkelfutter. Aber auch die Aufwendungen für die Tiergesundheit sind gestiegen, und zwar von knapp 60 € auf aktuell 160 € je Sau und Jahr. Deutlich teurer geworden ist außerdem der Stallbau.


Viele Ferkelerzeuger haben in den letzten Jahren versucht, die negative Entwicklung durch die Steigerung der Arbeitsproduktivität zu kompensieren. Ein Landwirt, der 1996 rund 40 Sauen hielt, versorgt heute 210 Sauen. Möglich ist das nur, weil die Betriebe immer mehr Technik im Stall einsetzen und konsequent auf den Ein-, Zwei-, Drei- oder Vier-Wochenrhythmus umgestellt haben.


Nun könnte man behaupten, dass sich die Sauenhalter aufgrund der extremen Leistungssteigerungen ihr wirtschaftliches Grab selbst geschaufelt haben. Doch dem ist nicht so. Der Anstieg der Schweinemastplätze war im gleichen Zeitraum weitaus höher. Unter dem Strich stieg das Ferkeldefizit in Deutschland also massiv an. Und selbst wenn man die deutschen Ferkelexporte saldiert, liegt der Selbstversorgungsgrad heute unter 90%. Es würde den Ferkel-erzeugern also keinen wirtschaftlichen Vorteil bringen, wenn man die Produktionsmenge reduziert. Die Ferkel kämen dann in noch größerem Ausmaß aus dem benachbarten Ausland. Und der hohe Druck von Importferkeln, der die Situation von Sauenhaltern schwierig macht, wird bleiben.


Mehr Sauen, weniger Gewinn:

Die wirtschaftliche Entwicklung hat viele Betriebsleiter in den letzten Jahren dazu bewogen, überproportional stark zu wachsen. Das gleiche Phänomen erleben wir derzeit übrigens in der Milchviehhaltung. Das Ziel war, die Kosten besser zu verteilen. Welche Auswirkungen die Entwicklung auf das Betriebs-ergebnis hatte, zeigen die Ergebnisse des Testbetriebsnetzes. Hier werden in jedem Bundesland anonymisierte Buchführungsergebnisse ausgewertet. Dadurch kann die wirtschaftliche Entwicklung der Betriebe gut nach-vollzogen werden.


Übersicht 4 auf Seite S5 zeigt das Ergebnis für die spezialisierten Ferkelerzeugerbetriebe in Nordrhein-Westfalen. Seit dem Wirtschaftsjahr 1996/1997 hat sich der Sauenbestand bei den ausgewerteten Betrieben von gut 100 Tiere auf knapp 250 Sauen mehr als verdoppelt. Der Gewinn hingegen stieg im Trend aber nur von rund 37000 € auf 56000 €, also um ca. 50%.


Das rasante betriebliche Wachstum hat bei vielen Sauenhaltern finanzielle Spuren hinterlassen, in vielen Betrieben ist die wirtschaftliche Lage mittlerweile extrem angespannt. Übersicht 5 verdeutlicht das. Lag die Fremdkapital-belastung im WJ 1996/1997 noch bei durchschnittlich 60000 € je Haupterwerber, liegt die Belastung heute bei über 270000 €. Ein deutlicher Anstieg des Fremdkapitals war im letzten, sehr schwierigen Wirtschaftsjahr zu beobachten.


Richtig dramatisch wird die Situation beim Blick auf die Eigenkapitalveränderung. Im Mittel der letzten 20 Jahre war die Entwicklung in der Ferkelerzeugung im Trend deutlich negativ, in vielen Betrieben sind die Kapitalreserven heute aufgebraucht. Aufgrund der desaströsen Entwicklung haben die Sauenhalter ihre wirtschaftliche Handlungsfähigkeit mittlerweile weitestgehend verloren. Um es auf den Punkt zu bringen: Es ist kein Geld mehr da!


Natürlich gibt es Betriebe, die deutlich positivere Ergebnisse einfahren, in der Regel sind das die leistungsmäßig 25% besten Ferkelerzeuger. Sie verkaufen in jedem Wirtschaftsjahr etwa zwei Ferkel mehr pro Sau und Jahr. Aber auch hier zeigt sich: Die Betriebe sind nur dann wirtschaftlich erfolgreich, wenn sie dauerhaft top Leistungen erreichen und die Bestandsgröße deutlich oberhalb von 200 Sauen liegt.


Förderung wichtig:

Geht die Entwicklung so weiter, wird sich die Zahl der aktiven deutschen Sauenhalter in wenigen Jahren auf nur noch 1200 Betriebe reduziert haben. Nun mag mancher Experte den Vorwurf erheben, das sei zu viel der Schwarzmalerei. Aber allein der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zur Kastenstandhaltung im Deckzentrum dürfte dazu führen, dass zahlreiche Sauenhalter in Zukunft das Handtuch werfen, weil sie nicht bereit sind, ihre Produktion erneut auf den Kopf zu stellen.


Jetzt ist die Politik gefragt. Wenn die Ferkelerzeugung in Deutschland bleiben soll, müssen drei Dinge passieren:


  • Für Investitionen, die aus tierschutzrechtlicher Sicht notwendig erscheinen, müssen angemessene Übergangsfristen gewährt werden.
  • Die Investitionen müssen finanziell massiv gefördert werden.
  • In Zukunft müssen die Erlöse bzw. Verbraucherpreise so stark ansteigen, dass die Vollkosten endlich dauerhaft gedeckt werden.-ar-

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