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„Die Festpreise sind ein Service für unsere Bauern“

Lesezeit: 5 Minuten

Die Osterhusumer Molkerei aus Witzwort bietet ihren Mitgliedern Festpreise an. Wie funktioniert das? Wie sind die ersten Erfahrungen?


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Frank Petersen wagt eine Prognose, obwohl die Osterhusumer Meierei Witzwort aus Schleswig-Holstein gerade erst mit den Festpreisen gestartet ist: „Im Durchschnitt von zehn Jahren kommen Betriebe mit oder ohne Festpreis vermutlich auf den gleichen Milchpreis. Allerdings dürften die Betriebe mit preislicher Absicherung die Jahre mit niedrigen Milchpreisen viel besser überstehen.“


Deshalb ist der Aufsichtsratsvorsitzende überzeugt, dass Festpreise ein sinnvolles und effektives Risikomanagement für Milchviehbetriebe sind.


Die Genossenschaft verarbeitet rund 220 Mio. kg Milch. Etwa 100 Mio. kg stammen von den eigenen 100 Mitgliedern. 120 Mio. kg Milch kauft die Molkerei von Landwirten, Milcherzeugergemeinschaften oder Molkereien zu.


Produktionsschwerpunkt ist Frischmilch. Nach eigenen Angaben ist die Osterhusumer Molkerei hinter dem Deutschen Milchkontor und Arla der drittgrößte Frischmilchlieferant für den deutschen Lebensmittelhandel.


Molkerei startet Absicherung:

Die Kontrakte der sogenannten Weißen Linie, zu der Frischmilch gehört, fechten Molkereien und Handel zweimal jährlich aus. „Viele Nachbarmolkereien setzen auf die Produktion von Pulver und Butter und passen ihre Auszahlung direkt an den Markt an. Durch die Halbjahresverträge laufen wir vorweg oder hinken hinterher“, sagt Geschäftsführer Christoph Bossmann.


Deshalb ist die Molkerei schon vor fünf Jahren in das Börsengeschäft eingestiegen. Mit dem internationalen Handelsunternehmen FC Stone hat sie Butter- und Magermilchpulverkontrakte an der Börse European Energy Exchange (EEX) in Leipzig abgeschlossen – und Erfolge verbucht. „Als die Verwertung der Frischmilch nur bei 20 ct/kg lag, konnten wir an der Börse höhere Preise absichern und somit unsere Auszahlung stützen“, sagt Bossmann.


Milchbauern ziehen nach:

Schnell wünschten sich die Mitglieder, auch ihren Milchpreis an der Börse abzusichern. Dazu hat die Molkerei mit dem ife-Institut in Kiel und dem Unternehmen H.J. Kiefer ein Festpreismodell entwickelt. Es ist seit April 2018 am Start und gilt nur für die Mitglieder.


Interessierte Milcherzeuger müssen einen Vertrag mit der Molkerei abschließen. Wichtigste Botschaft: „Festpreise sind ein Absicherungsinstrument, keine Garantie für höhere Preise. Die Festpreise können höher, aber auch niedriger als der tatsächliche Auszahlungspreis sein.“


Eine Bankbürgschaft oder Ähnliches brauchen die Landwirte nicht vorweisen. Die Molkerei sorgt für die nötige Liquidität für das Börsengeschäft. Die Erzeuger müssen mindestens 10000 kg Milch pro Monat absichern, maximal jedoch 50% ihrer Monatsmenge. In der Startphase bietet die Molkerei bis 1 Mio. kg pro Monat zum Festpreis an, später könnte das auch mehr sein.


Die Abwicklung läuft über die Internetseite der Molkerei. Jeden dritten Montag im Monat veröffentlicht sie die Festpreisangebote für die nächsten zwölf Monate. Diese leiten sich aus den Börsenkursen für Pulver und Butter ab. Jeder Monat hat somit einen eigenen Festpreis.


Abgezogen von dem veröffentlichten Wert sind bereits alle Kosten für die Absicherung, die das ife-Institut monatlich berechnet. „Sie schwanken zwischen 1 und 2 ct/kg“, sagt Bossmann.


Am Dienstag veröffentlicht die Molkerei die aktualiserten Festpreise, die sich aufgrund der Kursbewegungen in Leipzig von den Preisen am Montag unterscheiden können.


Einfacher Aufbau:

Am Mittwoch aktualisiert die Molkerei die Festpreise nochmals. Bis 21.00 Uhr müssen die Erzeuger dann ihre Milchmengen melden, die sie zu den Festpreisen absichern möchten. Das geht relativ einfach: In der linken Spalte einer Tabelle sind die Festpreise für den jeweiligen Monat aufgeführt, in die rechte Spalte tragen die Landwirte ihre gewünschte Monatsmenge ein.


Die Molkerei bündelt die gemeldete Menge und gibt sie an das Handelsunternehmen H.J. Kiefer. Dieses versucht, die Menge an der Börse abzusichern. Am Freitag bekommt der Landwirt die Information, ob die Festpreisabsicherung geklappt hat und mit welcher Milchmenge. Möglich ist, dass sie genau wie gewünscht abgesichert ist, sich nur eine geringere Menge absichern ließ oder überhaupt kein Geschäft zustande gekommen ist.


Hat die Absicherung geklappt, gilt der Fespreis erst im vierten Monat nach Abschluss. Wer also im August abgeschlossen hat, konnte frühestens für Dezember den Festpreis sichern (Übersicht). „Damit verhindern wir, dass die Landwirte gegen den Verlauf unseres tatsächlichen Milchpreises spekulieren“, sagt Petersen. Die Festpreise gelten für maximal zwölf Monate, im Beispiel also bis November nächsten Jahres. Möglich ist, dass die Landwirte nur für einzelne Monate einen Festpreis wählen.


Die Verantwortlichen haben das Modell bewusst einfach aufgebaut. „Wir sehen uns als Dienstleister, es ist ein Service für unsere Bauern“, sagt Petersen. Wichtig ist ihm auch, dass keine Kosten für Landwirte entstehen, die nicht mitmachen.


„Resonanz wird steigen.“

Er selbst ist auch nicht dabei, da er vor einigen Jahren aus der Milchproduktion ausgestiegen ist. Die Resonanz unter den Mitgliedern sei aber gut. „Insbesondere junge Betriebsleiter, die investiert haben, sind stark interessiert. Sie kennen die Börsenabsicherung aus der Schule und schätzen die Planungssicherheit“, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende.


Allerdings seien die Festpreise in den letzten Wochen aufgrund der niedrigen Börsenkurse nur bei 30 bis 32 ct pro kg herumgedümpelt. Das sei unattraktiv. Deshalb hätten erst drei Milcherzeuger tatsächlich abgeschlossen: Sie haben sich für September, Oktober und November 2018 Festpreise zwischen 35,8 und 36,3 ct/kg gesichert.


In diesen Monaten erscheint bei den Landwirten auf der Milchgeldabrechnung zum einen der „normale“ Molkereipreis und zum anderen die entsprechende Milchmenge mit dem Festpreis. Die Fett- und Eiweißkorrektur beim Festpreis läuft wie beim Grundpreis.


Unmut aufgrund der unterschiedlichen Milchpreise innerhalb einer Genossenschaft erwarten Bossmann und Petersen nicht: „Wir haben von Anfang an offen und transparent informiert. Und jeder hat ja die Chance, mitzumachen.“ Deshalb sind sie überzeugt, dass das Interesse an den Festpreisen zunehmen wird – spätestens, wenn die Börsenkurse Richtung 40 ct/kg klettern. Und danach sieht es aktuell aus.


Kontakt: patrick.liste@topagrar.com

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