Die neue TA-Luft betrifft die Rindviehhaltung sehr stark. Warum?
Spandau: Die Bundesregierung hat sich im Rahmen der europäischen NERC-Richtlinie verpflichtet, die Ammoniak-Emissionen bis 2030 um über 30% zu senken. Allein über das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImschG) wird das nicht gehen. Denn das trifft fast ausschließlich Schweine- und Geflügelbetriebe.
Rinderhalter fallen wegen des Schwellenwertes von 600 Tierplätzen nur in wenigen Fällen darunter. Deshalb will Bundesumweltministerin Barbara Hendricks auch die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft) verschärfen. Sie gilt in entscheidenden Teilen für alle Tierhaltungsbetriebe.
Was heißt das für Rinderhalter?
Spandau: Sie müssen mit deutlichen Einschränkungen beim Stallbau bzw. bei Stallerweiterungen rechnen. Dafür sorgt die Aufnahme des sogenannten Stickstoff-Depositionsleitfadens in die Schutzanforderungen der TA-Luft. Er berücksichtigt den Stickstoff-Eintrag aus der Tierhaltung in Ökosysteme. Zu den Ökosystemen zählen nicht nur Naturschutzgebiete, sondern beispielsweise auch Wald. Oftmals ist die Vorbelastung durch bestehende Betriebe allerdings bereits so groß, dass die Mehrbe-lastung einen Neubau oder eine Erweiterung verhindert.
Können Rinderhalter mit baulichen Lösungen reagieren?
Spandau: Eben nicht. Es gibt keine praxisreife Ammoniak-Reduktion für die üblicherweise freigelüfteten Rinderställe. Im Klartext: Unabhängig von der Bestandsgröße droht vielen Rinderhaltern, künftig keine Baugenehmigung mehr zu bekommen oder für weniger Tiere als gewünscht.
Und der Bau verteuert sich: Die Behörden können ein Zeltdach oder eine feste Abdeckung für Güllebehälter verlangen. Die bisherige Ausnahme, dass bei Rindergülle die Schwimmdeckenbildung eine ausreichende Minderung erreicht, soll entfallen.
Wann gilt die neue TA-Luft?
Spandau: Aktuell liegt ein überarbeiteter Referenten-entwurf vor. Die Bundes-umweltministerin hat die feste Absicht, diesen noch in dieser Legislaturperiode in Kraft zu setzen. Das müsste vor der Sommerpause geschehen. Wenn die Verbände nicht noch einmal deutlich intervenieren, droht Rinderhaltern in weiten Teilen ein Baustopp – oder wieder zwangsbelüftete Ställe mit Abluftfiltern.