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Die „fünf Großen“ erfassen die Hälfte der Milch

Lesezeit: 6 Minuten

Einige Molkereien wachsen rasant. Inzwischen verarbeiten fünf Unternehmen fast die Hälfte der deutschen Milch. Beim Milchpreis müssen sie aber noch besser werden …


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Der Strukturwandel in der deutschen Molkereiwirtschaft beschleunigt sich. Jüngstes Beispiel ist die Übernahme der Milch-Union-Hocheifel (MUH) aus Pronsfeld durch den deutsch-skandinavischen Molkerei-Konzern Arla.


Unangefochtener Spitzenreiter mit 6,90 Mrd. kg ist das Deutsche Milchkontor (DMK) mit Sitz in Zeven (Übersicht 1). Der Branchen-Primus verarbeitet damit rund ein Viertel der deutschen Milch und ist in sieben Bundesländern vertreten (Übersicht 2, Seite R 8).


Die Unternehmensgruppe Theo Müller (Bayern, Sachsen) liegt mit 2,10 Mrd. kg auf Platz zwei. Dicht dahinter rangieren die Hochwald-Nahrungsmittelwerke aus Thalfang mit 2,05 Mrd. kg und Werken in Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Bayern.


Arla steigert durch die MUH-Übernahme die verarbeitete Milchmenge in Deutschland schlagartig um 1,32 Mrd. kg auf 1,93 Mrd. kg und liegt damit auf Platz vier. Mit Standorten in Nord- und Süddeutschland sowie dem Rhein-Main-Gebiet ist Arla strategisch gut verteilt.


Mit etwas Abstand folgt die Molkerei Ammerland aus Wiefelstede in Niedersachsen mit 1,15 Mrd. kg auf Platz fünf.


Somit liegen vier Genossenschaften und eine Privatmolkerei (Müller) auf den vorderen Rängen. Zusammen verarbeiten die „fünf Großen“ 14,13 Mrd. kg Milch. Das ist rund die Hälfte der insgesamt in Deutschland verarbeiteten 29,77 Mrd. kg Milch. Der Rest verteilt sich auf immer noch ca. 150 Molkereien.


Stark gewachsen:

Alle fünf Molkereien sind in den letzten Jahren gewachsen, aber mit unterschiedlichen Strategien.


Das DMK hat sich 2010 durch die Fusion von Nordmilch und Humana, den beiden ehemals größten Unternehmen, auf Platz eins katapultiert. Arla ist durch einen aggressiven Wachstumskurs mit Übernahmen von Hansa-Milch, Allgäuland und MUH in den Jahren 2011 und 2012 auf Platz vier vorgerückt. Hochwald, Müller und Ammerland haben ebenfalls kleinere Übernahmen gestemmt, sind aber in den letzten Jahren vor allem durch eine höhere Milchanlieferung gewachsen. Allein bei Ammerland hat sich die Anlieferung in den letzten zehn Jahren verdoppelt!


Eine steigende Milchanlieferung trifft auf alle fünf zu. „Die Molkereien liegen in den Gunstregionen der Milchproduktion. Die Erzeuger haben leistungsfähige Betriebe und weiten die Produktion fortlaufend aus“, sagt Dr. Björn Börgermann vom Milchindustrie-Verband in Berlin.


Bei den Genossenschaftsmolkereien kommt ein weiterer Faktor hinzu: Sie garantieren ihren Mitgliedern eine uneingeschränkte Milchabnahme – auch nach dem Quotenende 2015. Das gibt den Milcherzeugern Sicherheit. So wollen zurzeit vermehrt Landwirte, die ihre Milch über Erzeugergemeinschaften vermarkten, Mitglied beim DMK werden.


Milchpreis ist zu niedrig.

Große, und vor allem breit aufgestellte Unternehmen wie das DMK oder Arla haben den Vorteil, dass sie die Milchströme bis zu einem gewissen Maß in die Verarbeitung lenken können, die gerade die höchste Verwertung bietet. Dadurch sind sie unanfälliger, wenn die Preise einzelner Verwertungen abschmieren. „Diese Flexibilität ist von hoher Bedeutung“, sagt Dr. Hans-Jürgen Seufferlein vom Milcherzeugerverband Bayern.


Die „fünf Großen“ haben auch die Effizienz in den letzten Jahren verbessert: Das DMK besitzt in Edewecht eine der modernsten und leistungsfähigsten Käsereien Europas und hat in Everswinkel den leistungsfähigsten Standort zur Doseneis-Herstellung. Mit der MUH-Betriebsstätte in Pronsfeld hat sich Arla einen der größten und leistungsfähigsten Standorte zur Trinkmilchproduktion gesichert. Müller hat in Leppersdorf eine der modernsten und größten Molkereien Europas und ist führend bei der Becherabfüllung. In Wiefelstede führt Ammerland eine der effektivsten Käsereien Deutschlands. Damit sind die fünf Molkereien in einigen Segmenten auch Kostenführer.


Allerdings spiegelt sich das nicht unbedingt im Milchpreis wider. Im vergangenen Jahr haben nur Ammerland und Müller überdurchschnittlich ausgezahlt, die anderen drei Molkereien lagen unter dem Bundesschnitt von 34,8 Cent/kg (4,0 % Fett).


Viele Baustellen:

Um künftig mehr Milchgeld auszahlen zu können, müssen die „fünf Großen“ an mehreren Baustellen arbeiten:


  • Wertschöpfung: Aufgrund der vielen Fusionen und Übernahmen müssen die Produktportfolios dringend bereinigt werden. Vor allem das DMK (Nordmilch- und Humana-Produkte) und Arla (Hansa-Milch- und MUH-Produkte) führen innerhalb des Unternehmens viele ähnliche Artikel – und vor allem viele Massenprodukte. „Ziel für alle muss sein, Produkte mit hoher Wertschöpfung zu fördern und Standardware zurückzufahren“, fordert ein Branchenkenner.
  • Standorte: Ammerland und Müller sind bei der Standortstruktur bereits gut aufgestellt, die anderen müssen nachbessern. Das DMK verfügt noch über 23 Produktionsstandorte. Bis 2014 sollen zehn Standorte optimiert und die Werke in Strückhausen und Magdeburg geschlossen werden. Arla hat direkt nach der Übernahme von Allgäuland den Standort in Riedlingen dicht gemacht. Gleiches droht dem Werk in Kissleg. Die Standorte in Sonthofen und Bad Wörrishofen müssen dringend saniert werden. Auch die sieben deutschen Produktionsstandorte (sowie ein Werk in den Niederlanden) von Hochwald müssen nach Einschätzung von Molkereiexperten maßgeblich saniert bzw. restrukturiert werden.
  • Marken: Standardprodukte sind austauschbar – starke Marken hingegen nicht: Die Privatmolkerei Müller verfolgt seit Jahren erfolgreich eine strikte Marken-Strategie. Arla ist mit Marken wie Kaergarden, Buko und Lurpark ebenfalls bestens aufgestellt. Ansonsten hat nur das DMK mit Milram und Hochwald mit Bärenmarke noch eine bedeutende Marke aufgebaut.
  • Werbung: Zu welchem Bekanntheitsgrad Werbung führen kann, hat Müller eindrucksvoll bewiesen. Hier müssen vor allem die Genossenschaftsmolkereien mehr tun. Werbung kostet zwar zunächst Geld, macht sich langfristig aber bezahlt.
  • Internationalisierung: Die deutschen Molkereien haben den Export in wachsende Drittlandsmärkte verschlafen und hinken nun hinterher. Arla ist weltweit bereits stark verflochten und hat auf vielen Wachstumsmärkten bereits Produktions- oder Vertriebsstandorte. Müller ist zumindest in Großbritannien und Tschechien gut vertreten. Die Internationalisierung der anderen Molkereien steckt noch in den Kinderschuhen. Beispielsweise gründen das DMK oder Ammerland gerade erst ein Vertriebsbüro in China bzw. Asien.
  • Forschung: Um die Binnennachfrage zumindest zu halten, sind neue Produkte gefragt. „Wir brauchen nicht den 25. Erdbeerjoghurt, sondern neue, bessere Ideen“, sagt ein Insider. Allerdings haben bisher nur das DMK und Müller mit jeweils ca. 20 Mitarbeitern eine nennenswerte Abteilung für Forschung und Entwicklung.


Wie geht’s weiter?

Unabhängig von den aktuellen Baustellen werden die fünf Molkereien auch in Zukunft weiter wachsen. „Der Konzentrationsprozess wird weitergehen“, sagt Dr. Börgermann. Das sieht auch Dr. Seufferlein so und ergänzt: „Während in der Vergangenheit vor allem fußkranke Molkereien übernommen wurden, scheinen heute strategische Übernahmen an der Tagesordnung zu stehen.“


Allein durch die Größe und das Auftreten der fünf Marktführer steigt der Druck auf andere Molkereien. Und die Unternehmen machen auch keinen Hehl daraus, weiter wachsen zu wollen. „Wir sind offen für weitere Kooperationen und Fusionen“, sagt zum Beispiel DMK-Geschäftsführer Dr. Josef Schwaiger.


Für die betroffenen Milcherzeuger hat der Trend zu großen Molkerei-Konzernen aber auch eine zweite Seite: Der Wechsel zu einer anderen Molkerei ist oft kaum noch möglich. Der Informationsweg von der Molkerei zu dem Lieferant wird länger. Und auch die Mitbestimmungsmöglichkeit wird mit zunehmender Größe der Genossenschaft kleiner.


Ob sich der Handel von den Großmolkereien beeindrucken lässt, muss sich erst noch zeigen. Eine Probe aufs Exempel werden die Verhandlungen über Produkte der weißen Linie im Herbst dieses Jahres sein. P. Liste

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