Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

Aus dem Heft

Gibt es ein Kanister-Kartell?

Lesezeit: 4 Minuten

Mehrere Agrar-Großhändler sollen die Preise für Pflanzenschutzmittel abgesprochen haben. Erste Durchsuchungen haben Anfang März stattgefunden.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Habe ich 15 Jahre lang meine Pflanzenschutzmittel (PSM) zu teuer eingekauft? Das haben sich viele Landwirte in den vergangenen Wochen gefragt. Denn die Nachricht von der Durchsuchung von allen 5 Hauptgenossenschaften, dem Deutschen Raiffeisenverband (DRV) und zwei privaten Großhändlern schlug Anfang März ein wie eine Bombe.


Die Unternehmen sollen sich bei der Kalkulation von Großhandels- und Endverkaufspreisen für PSM abgesprochen haben, so die Mitteilung des Bundeskartellamtes in Bonn. Die Kartellwächter ermitteln im Einzelnen gegen:


  • BayWa AG, München
  • Agravis Raiffeisen AG, Hannover
  • RWZ Kurhessen-Thüringen GmbH, Kassel
  • RWZ Rhein-Main GmbH, Köln
  • ZG Raiffeisen eG, Karlsruhe
  • HaGe Nord AG mit der Tochter BSL GmbH, Kiel
  • Agro GmbH, Holdorf
  • Deutscher Raiffeisenverband (DRV).


In Kiel hat es keine Durchsuchung gegeben, sondern nur einen Brief der Kartellwächter. Bei den übrigen Unternehmen haben aber insgesamt rund 45 Mitarbeiter Büros und Computer durchsucht. „So was macht Eindruck“, ist aus der Agravis-Zentrale zu hören.


Bislang nur Anfangsverdacht.

Von den betroffenen Händlern war zunächst wenig zu erfahren. Fast alle Unternehmen ließen – teils per Pressemitteilung, teils auf Nachfrage – verlauten: Man bestätige die Ermittlungen der Kartellwächter, wolle uneingeschränkt mit ihnen zusammenarbeiten und die Vorwürfe aus dem Weg räumen. Einige teilten mit, man wisse noch nicht, was ihnen konkret vorgeworfen würde.


Clemens Große Frie von Agravis nahm eine Woche später Stellung: „Ich weiß, was wir getan haben – und was wir nicht getan haben.“ Konkret werde gegen drei Agravis-Mitarbeiter ermittelt, die man aber voll unterstütze, teilte der Konzern vergleichsweise offen mit.


Ganz auf eine Stellungnahme verzichtete dagegen der private PSM- und Dünger-Großhändler aus Holdorf: „Kein Kommentar“, hieß es von dort.


Die Kartellwächter selbst wurden etwas konkreter: Es gehe um Absprachen im PSM-Verkauf. Ob das über die gesamte Handelskette vom Großhändler über die Waren- und Absatzgenossenschaften bis zum einzelnen Landwirt gilt, wird aus der Mitteilung aber nicht ganz deutlich. Weitere Infos müssten die betroffenen Unternehmen herausgeben, hieß es von dort.


Dass an dem Verdacht verbotener Absprachen etwas dran sein könnte, ist wohl nicht von der Hand zu weisen: Der Durchsuchungsbeschluss wird von einem Gericht nur bei einem ausreichenden Verdacht genehmigt. Allerdings begründet das Kartellamt die Anträge oft mit der Notwendigkeit der Beweis­sicherung, was den Gerichten genügt.


Wer hat „gesungen“?

Bis zum Redaktionsschluss gab es keine konkreten Verdachtsmomente. Die Verflechtungen der betroffenen Unternehmen untereinander bieten allerdings Anlass für Spekulationen. So ist der Großhändler Agro Holdorf über zahlreiche Beteiligungen mit vielen privaten und genossenschaftlichen Händlern verbunden. Über eine genossenschaftliche Beteiligungsgesellschaft sind mehrere Primärgenossenschaften involviert.


Fraglich ist auch, woher das Kartellamt überhaupt die notwendigen Informationen bekommen hat. Bei vielen früheren Wettbewerbsverfahren waren es Kronzeugen (s. Kasten), die die entscheidenden Hinweise gaben. Diese treten meist auf, um straffrei oder mit einem „blauen Auge“ davonzukommen.


Auch im aktuellen Fall sollen die Hinweise aus den nun betroffenen Unternehmen gekommen sein. Denkbar sind Konkurrenten oder Ex-Mitarbeiter.


Große Schadenssumme?

Wie hoch der entstandene Schaden ist (falls es ein Kartell gab), und wer der Leidtragende der möglichen Absprachen ist, ist noch völlig offen. Dass es um etliche Mio. Euro gehen könnte, zeigt Folgendes:


  • Die lange Zeitspanne, in der nun ermittelt wird – immerhin fast 15 Jahre.
  • Die Umsätze mit Pflanzenschutzmitteln: 2013 wurden in Deutschland PSM für rund 1,5 Mrd. € gehandelt.
  • Der Anteil der verdächtigten Unternehmen am Gesamtumsatz dürfte nicht unerheblich sein. Dafür sprechen allein schon die Marktanteile der Konzerne in ihren Gebieten.


Daran lässt sich erahnen, um welche Summen es gehen könnte, selbst wenn eventuelle Absprachen nur wenige Prozent an Mehrerlös gebracht hätten. Falls sich ein Kartell beweisen ließe, würde sich aus der Schadenshöhe die Strafe errechnen (s. Kasten). C. Brüggemann

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.