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Glyphosat: So setzen es Landwirte wirklich ein

Lesezeit: 6 Minuten

Glyphosat ist bei uns in die öffentliche Kritik geraten, obwohl der Einsatz deutlich niedriger ist als in den USA, Kanada und Australien. Eine neue Umfrage zeigt, wie und warum Landwirte hierzulande den Wirkstoff tatsächlich nutzen.


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Der Einsatz von Glyphosat ist weit verbreitet, aber auch umstritten. Speziell die unterschiedlichen Bewertungen der gesundheitlichen Risiken des Wirkstoffes sorgen derzeit für Diskussionen (siehe dazu Seite 13 dieser Ausgabe).


Die Einführung gentechnisch veränderter herbizidtoleranter Kulturen wie Mais, Soja und Baumwolle Mitte der 90-iger Jahre hat den Glyphosat-Verbrauch weltweit stark steigen lassen. In der EU ist ihr Anbau verboten. Dennoch ist der Wirkstoff auch bei uns unter Beschuss geraten. Zugelassen ist er in Deutschland als Herbizid und unter bestimmten Bedingungen als Sikkationsmittel zur Ernteerleichterung.


Wie und warum Landwirte Glyphosat bei uns tatsächlich einsetzen, darüber ist jedoch relativ wenig bekannt. Daher haben Wissenschaftler der Universität Göttingen im letzten Winter eine bundesweite Umfrage zum Glyphosat-Einsatz durchgeführt. Daran haben über 2 000 Landwirte teilgenommen. Das ermöglicht einen detaillierten Einblick in die Glyphosat-Anwendung auf deutschen Äckern. Hier stellen wir erste Ergebnisse der Umfrage vor.


Glyphosat auf 37 % der Fläche:

Im letzten Anbaujahr haben 15 % der befragten Landwirte komplett auf Glyphosat verzichtet. Vor allem in Grünland­regionen wenden sie es wenig an, da man Glyphosat hier nur beim Umbruch bzw. bei Neueinsaat nutzt. Der Einsatz im vergangenen Anbaujahr war durchschnittlich. Die feuchte Witterung während und nach der Getreideernte hat nur bei 10 % der Befragten für einen höheren Einsatz gesorgt. Auf 37,1 % der Ackerfläche (AF) wenden die befragten Betriebe jährlich den Wirkstoff Glyphosat an. Dabei ist zwischen diesen drei Anwendungen zu unterscheiden:


  • Stoppelbehandlung: Sie dient unter anderem dazu, Auflaufgetreide oder Wurzelunkräuter im Anschluss an die Ernte einer Druschfrucht zu bekämpfen. Sie erfolgt entweder auf einem Stoppelacker ohne Bodenbearbeitung oder nach einem flachen Arbeitsgang mit dem Grubber oder der Scheiben­egge. Diese Anwendung erfolgt auf etwa 22,2 % der AF. Sie ist die wichtigste Anwendung für Glyphosat.
  • Vorsaatbehandlung: Diese führt man direkt vor der Aussaat einer Hauptfrucht durch. Sie dient dazu, Unkräuter und Ungräser oder Aufwuchs wie Zwischenfrüchte zu beseitigen, um so „reinen Tisch“ zu machen. Diese Maßnahme führen Landwirte auf 12,7 % der AF durch. Besonders bedeutsam ist sie auf Betrieben mit einem hohen Anteil an Sommerfrüchten (Mais, Rüben).
  • Die Sikkation dient der Ernteerleichterung von Druschfrüchten bei Lagerbildung oder Zwiewuchs/Durchwuchs. Sie erfolgt auf 2,2 % der Fläche, aber in der Regel nur teilflächen- bzw. schlag­spezifisch.


Regionale Unterschiede:

Ein genauerer Blick auf die Agrarregionen verrät, dass erhebliche Unterschiede in der Höhe der Anwendung bestehen. Daher haben wir folgende drei Regionen unterschieden:


  • Region Nord-West: Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein
  • Region Ost: Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen
  • Region Süd: Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland


Die Sikkation führen am häufigsten Betriebe im Nord-Westen und Osten durch (Übersicht 1). Vor allem auf Standorten mit hohem Fuchsschwanzbesatz (z. B. Küstenregionen) und in Kartoffelfruchtfolgen wenden Landwirte diese Maßnahme häufig an, um Durchwuchs zu bekämpfen. Der Anteil der Stoppelapplikation ist auf ostdeutschen Betrieben mit 28 % behandelter Fläche mehr als doppelt so hoch wie in den übrigen Regionen. Die Vorsaatbehandlung nutzen besonders Betriebe in der Region Nord-West (18 %) und Süd (rd. 15 %).


Der Glyphosat-Einsatz bei der Stoppel- und Vorsaatbehandlung hängt erheblich von der Bodenbearbeitung ab. Pflügen kann ihn reduzieren. Das ist jedoch nicht auf allen Standorten möglich. Denn etwa 17 % der Flächen sind erosionsgefährdet (Erosionskataster), sodass der Pflugeinsatz hier nicht bzw. nur begrenzt möglich ist. Zudem dient die Mulchsaat in Kombination mit dem Glyphosat-Einsatz dazu, die Wasserführung in den Böden zu sichern. Dies erklärt die hohe Glyphosat-Anwendung zur Stoppelbehandlung im Osten.


Der höhere Anteil der Vorsaatbehandlung in den Regionen Nord-West und Süd ist darauf zurückzuführen, dass dort mehr Sommerungen und Zwischenfrüchte in den Fruchtfolgen stehen. Speziell in milden Wintern dient Glyphosat dazu, vor der ersten Bodenbearbeitung im Frühjahr die Zwischenfrüchte zu beseitigen. Durch das Erfüllen des Greenings mit Zwischenfrucht­anbau ist daher davon auszugehen, dass sich der Anteil der Frühjahrsbehandlungen mit Glyphosat erhöhen wird, wenn keine längeren Frostphasen in den Wintermonaten auftreten.


Teil des Anbausystems:

Auch das Anbauprogramm der landwirtschaftlichen Betriebe entscheidet über die Höhe der Glyphosat-Anwendung. So behandeln Betriebe beim Anbau von Wintergerste (32,9 %), -weizen (30,9 %), Mais (27 %) und Leguminosen (Ackerbohne, Erbse; 26,4 %) knapp ein Drittel der Anbaufläche einmal pro Jahr mit Glyphosat. Bei Rüben (48,4 %) und Winterraps (71,5 %) ist es dagegen wesentlich mehr Fläche. Bei diesen beiden Kulturen ist der Glyphosat-Einsatz höher, da man – anders als bei den übrigen Kulturen – oft die gesamte Fläche behandelt und nicht schlag- bzw. teilflächenspezifisch vorgeht. Glyphosat ist bei diesen Betrieben fester Bestandteil des Anbausystems.


Einschätzung der Landwirte:

Auch unter Landwirten gibt es ein gemischtes Stimmungsbild zum Glyphosat. Sie schätzen seine gute Wirksamkeit gegen Unkräuter, den positiven Effekt auf die Feldhygiene, arbeitswirtschaftliche Vorteile und die erosionsmindernde Wirkung in Kombination mit konservierender Bodenbearbeitung. Kritisch sehen sie aber erhöhte Einträge des Wirkstoffes ins Grundwasser, das lange Brachliegen von vergilbten Äckern nach der Anwendung, den nicht sachgemäßen Gebrauch durch Kleingärtner und den Einsatz zur Sikkation. Auf diesen Einsatzbereich entfallen 6,3% der gesamten Anwendungsfläche der befragten Betriebe (s. Übersicht 2).


Der Betriebstyp und der Standort beeinflussen ebenfalls sehr stark die Anwendung von Glyphosat. So ist der Nutzen auf Hochertragsstandorten offenbar niedriger als auf Grenzstandorten. Die Umfrageergebnisse zeigen zudem, dass – anders als in der Öffentlichkeit angeprangert – große Betriebe nicht mehr Glyphosat einsetzen. Nicht die Größe eines Betriebes, sondern seine Arbeitskraftausstattung spielt eine wichtige Rolle. Um Arbeitsspitzen zu bewältigen, setzen Klein- und Großbetriebe bei knappem Arbeitskräftebesatz gleichermaßen auf Glyphosat. Wegen des in der Landwirtschaft herrschenden Fachkräftemangels könnte sich dies künftig noch verschärfen.


Resistenzprobleme:

Aufgrund der zunehmenden Resistenzproblematik bei Herbiziden nutzen Landwirte Glyphosat momentan auch, um resistente Unkräuter bzw. Ungräser zu bekämpfen. Dabei erzielen sie meist sehr zufriedenstellende Ergebnisse. Mittlerweile gibt es jedoch in den USA, Südamerika und Australien, wo seit fast 20 Jahren Glyphosat-resistente Kulturen angebaut werden, zunehmend Unkräuter und Ungräser, gegen die der Wirkstoff nicht mehr wirkt (siehe auch top agrar 11/2014, Seite 64). Seit Kurzem beobachtet man auch Resistenzprobleme in Frankreich.


Es stellt sich daher die Frage, ob es nicht sinnvoll ist, einen Teil der Anwendungen (vor allem auf der Stoppel) durch mechanische Unkrautbekämpfung zu ersetzen. Bei guten Bedingungen könnte ihr Einsatz vorteilhafter sein, um dauerhaft hohe Wirkungsgrade zu erzielen.

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