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Hauspreise bremsen Schweinemarkt aus

Lesezeit: 5 Minuten

Bestes Grillwetter und ein knappes Lebendangebot. Ein Garant für steigende Schweinepreise? Nicht in diesem Jahr. Mit Hauspreisen halten die Schlachter die Preise in Schach. ISN-Marktreferent Matthias Quaing erklärt, was schiefläuft.


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Schweinepreise zur besten Grillzeit von gerade einmal 1,40 € pro kg Schlachtgewicht? Mäster und Ferkelerzeuger sind angesichts steigender Kosten und Auflagen frustriert. Die aktuelle Preismisere ist erklärbar:


  • Ein gestiegenes Angebot in Europa,
  • schwächelnde Drittlandexporte und
  • ein rückläufiger Schweinefleischverzehr in Deutschland.


Trotzdem bleibt ein fader Beigeschmack. Denn in den letzten Wochen war das Angebot hitzebedingt wirklich knapp und der Fleischbedarf im Inland recht hoch. In normalen Jahren ist das ein Garant für steigende Kurse. Doch 2018 stellen sich die Abnehmer quer. Der Verdacht: Die Schlachtunternehmen halten die Schweinepreise in Schach, weil das einfacher ist, als im Fleischverkauf höhere Preise durchzusetzen.


Alle blicken auf Deutschland.

Im Fokus steht dabei die Notierung der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften (VEZG), denn der deutsche Fleischmarkt ist der größte in Europa und setzt bei der Preisfindung den Trend. Fast alle anderen Länder warten mit ihren Schweinepreisen auf die deutsche Notierung am Mittwoch. Insbesondere die Notierungen in den Niederlanden, Belgien und Österreich bewegen sich praktisch synchron zum VEZG-Preis.


In Dänemark und den Niederlanden geht man sogar noch einen Schritt weiter. Dort locken Schlachtunternehmen im Kampf um Marktanteile die Erzeuger mit Preisen, die sich an der deutschen Notierung orientieren:


  • Danish Crown will auf Dauer umgerechnet 8 Cent/kg SG über einem Indexpreis auszahlen, der fast zur Hälfte auf der VEZG-Notierung basiert.
  • Die Vion kauft in den Niederlanden nach eigener Aussage mittlerweile 80% der vertraglich gebundenen Schweine auf Basis einer Preisindexgarantie (PIG). Dabei garantiert sie den Landwirten Auszahlungspreise, die mindestens so hoch liegen wie die Preise in Deutschland, Spanien, Dänemark und Belgien.


Mittelstand hängt an VEZG.

Auch innerhalb der Wertschöpfungskette ist die Bedeutung groß. Insbesondere Verarbeiter kaufen ihren Rohstoff häufig in Abhängigkeit vom VEZG-Preis ein. Steigt die Notierung, ziehen automatisch die Teilstückpreise an.


Das ist auch ein Grund, warum sich mittelständische Schlachtunternehmen eine funktionierende Notierung wünschen. Hohe oder gar schwankende Zuschläge erschweren für den Mittelstand den Fleischverkauf eher.


Die Großen der Branche sehen das anders. Denn sie haben die Fleischverarbeitung größtenteils im eigenen Haus und rechnen intern ab. Zudem spielt der Drittlandexport für die Konzerne eine wichtige Rolle. Den Fleischeinkäufer in Hongkong interessiert der deutsche Erzeugerpreis nicht. Er vergleicht lieber die Angebote aus Brasilien, den USA und der EU.


Perfides System:

Tönnies, Vion, Westfleisch und Danish Crown profitieren deshalb viel stärker von niedrigen Einkaufspreisen als der Mittelstand. Die Top 4 der deutschen Schlachtbranche haben mit fast zwei Drittel Marktanteil mittlerweile aber auch die Macht, den Lebendmarkt gezielt unter Druck zu setzen. Insider vermuten, dass sie im Einkauf schon lange nicht mehr an die Schmerzgrenze gehen. Dafür spricht auch das Zuschlagswesen am Lebendmarkt. Landwirte und Händler bestätigen, dass in den letzten Jahren die Zuschläge gestiegen sind. Größere Schweinehalter erzielen bei Vorkosten von 5 € durchaus Zuschläge von 5 bis 6 Cent auf die VEZG-Notierung.


Erschreckend ist auch, dass die Fairness in diesem System offenbar auf der Strecke bleibt. So haben Landwirte und Viehvermarkter den Eindruck, dass die führenden Schlachter immer stärker zwischen „guten“ und „schlechten“ Lieferanten unterscheiden. „Während eine EZG, die an der Preisfindung beteiligt ist, mit Hauspreisen abgespeist wird, hat es den Anschein, dass eigene oder besonders treue Händler mit normalen Preisen zu den Landwirten gehen“, so der Kommentar eines Viehhändlers. Ein Indiz dafür sei, dass zuletzt von „guten“ Händlern trotz Hauspreis kaum Schweine zum VEZG-treuen Mittelstand umdisponiert worden seien. Das sei früher anders gewesen.


Die Erzeugergemeinschaften stehen unter hohem Druck. Liegen die Preise zu niedrig, laufen die eigenen Mitglieder zur privaten Konkurrenz über, die mit Zuschlägen winkt. Liegen sie zu hoch, quittieren die Schlachter die Empfehlung mit Hauspreisen. Das Dilemma: Die Differenz muss die EZG aus eigener Tasche begleichen. Das hält selbst eine solide EZG nicht lange durch.


Wettbewerb erhalten!

Erschwerend kommt hinzu, dass die Hemmschwelle, Hauspreise auszurufen, bei den Schlachtern zu sinken scheint. Das gilt insbesondere für Tönnies. Seit Jahresanfang hat er schon in fünf Wochen die VEZG-Notierung unterlaufen, so viel wie nie zuvor bis zu diesem Zeitpunkt (siehe Übersicht 2). Den Schwarzen Peter alleinig auf Tönnies zu schieben, wäre jedoch zu einfach. Zuletzt bildeten die vier größten Schlachtunternehmen häufig eine Hauspreis-Einheit.


Im Gegensatz dazu ist der Mittelstand in Deutschland verlässlich und verzichtet meist auf Hauspreise. Letztlich kaufen sie dadurch aber teurer ein und haben einen Wettbewerbsnachteil.


Wenn sich die Machtverhältnisse weiter Richtung rote Seite verschieben, werden VEZG bzw. Schweinehalter immer mehr entmachtet. Schon jetzt ist der Einfluss der vier größten deutschen Schlachter auf die Notierung und damit den EU-Schlachtschweinemarkt groß. Gerade in Zeiten, in denen der Drittlandexport schlecht läuft und exportabhängige Schlachtunternehmen stärker unter Druck stehen, geben sie den Druck an Erzeuger weiter.


Schweinehalter müssen auf der Hut sein: Prüfen Sie nicht nur jetzt eine Vermarktung an preistreue Schlachtunternehmen. Aktuell versuchen Schlachter, Mäster vertraglich an sich zu binden, z.B. im Hinblick auf Tierwohlschweine oder eine antibiotikafreie Mast. Was helfen augenscheinlich gute Konditionen, wenn an der VEZG-Notierung gesägt wird. Langfristige Lieferverträge zu kurzfristigen Verkaufspreisen: Das passt nicht zusammen! Kontakt:


andreas.beckhove@topagrar.com

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