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Heizen mit Hecken

Lesezeit: 7 Minuten

Heckenpflege managen und mit den Hackschnitzeln die Landschaftspflege finanzieren: Das ist die Aufgabe des Heckenkoordinators im Münsterland.


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Hecken und Knicks brauchen regelmäßige Pflege, damit sie dicht wachsen. Auf den Stock setzen nennt man im Münsterland die arbeitsintensive und aufwändige Arbeit. Doch vielen Betrieben fehlt in der veredelungsstarken Region einfach die Zeit. Und für eine einzelne Hecke rückt kein Lohnunternehmer mit Baggerzange und Hacker an.


Koordinierte Pflege:

Heckeneigentümer und Lohnunternehmer zusammenzubringen, das ist der Job von Benedikt Brink. Brink ist Heckenkoordinator im Kreis Steinfurt, ganz im Norden von Nordrhein-Westfalen. Der Kreis war die Keimzelle der Idee, mit den Hackschnitzeln die Pflegearbeiten zu bezahlen. Die Besitzer können ihre pflegebedürftigen Hecken beim Koordinator melden, er bündelt die Einsätze und schreibt den Auftrag an Lohnunternehmer aus. Die Unternehmer treten dann als Selbstwerber auf, vermarkten die Hackschnitzel und decken damit die Kosten.


Die Pflege wird in Absprache mit den Heckeneigentümern und nach den Pflegegrundsätzen aus dem Projekt durchgeführt. So müssen bespielsweise gekniffene Bäume nachgeschnitten werden, um einen guten Neuaustrieb zu bekommen, oder es werden die zu pflegenden Heckenlängen nicht zu lang gewählt, damit der Eingriff minimal bleibt. Im Verlauf eines Jahres können dann die noch fehlenden Heckenabschnitte gepflegt werden.


Die Idee hat auch anderen gefallen, so dass sich im Rahmen der Euregio-Förderungen auch die anderen Münsterlandkreise Borken, Coesfeld und Warendorf mit eigenen Heckenmanagern beteiligt haben. In Niedersachsen ist die Grafschaft Bentheim als passiver Partner dabei, und wie es sich für ein Euregioprojekt gehört, drei Naturvereinigungen in der direkt benachbarten niederländischen Region Achterhoek. Der Steinfurter Heckenkoordinator Brink ist Dipl.-Ing. in der Landschaftsentwicklung. Doch er findet viel wichtiger, dass er aus der Gegend stammt und die Sprache der Landwirte spricht. Denn das Projekt funktioniert nur, wenn sich alle Beteiligten kennen und vertrauen.


Ziemlich ausgefeilt ist mittlerweile das Meldeverfahren für die Hecken. Die Kommunen oder Landwirte können ihre Hecken per Telefon oder – bequemer – online melden. Dazu erhält der Kunde einmalig einen Zugangscode. Auf Luftbildern kann er die Hecken anzeichnen. Meist außerhalb der „heißen“ Saison im Winter sieht sich Benedikt Brink die Hecken direkt vor Ort an. Zusammen mit dem Kunden markiert er dann Bäume (Überhälter) oder Heckeninseln, die stehen bleiben sollen.


Jeweils fünf bis sechs Hecken in der Nähe fasst der Koordinator nach Möglichkeit zu Losen zusammen, die er bei Lohnunternehmern ausschreibt. Denn die Maschinen brauchen pro Einsatzort möglichst viel Futter, damit sie nicht so oft umgesetzt werden müssen.


Zur Ausschreibung des Auftrages gehört eine genaue Beschreibung der Hecken. Dazu nutzt der Koordinator ein spezielles Computer-Programm, um eine einheitliche Bewertung sicherzustellen. Außerdem beurteilt er die Befahrbarkeit der Flächen in vier Stufen: 1 = Sumpf und 4 = Wirtschaftsweg. Ein Luftbild mit allen Objekten des Loses rundet seine Ausschreibungsunterlagen ab.


Möglichst regional:

Meistens werden die Unterlagen an zwei bis vier Unternehmen möglichst in der Nähe des Einsatzortes geschickt. Die Regionalität wird in dem Projekt groß geschrieben. Unnötig weite Transporte will man unbedingt vermeiden, immerhin misst der Kreis Steinfurt ganze 65 km in seiner maximalen Ausdehnung. „Wir möchten die Entfernungen möglichst gering halten.“ Außerdem wollen die Heckenpfleger die Ware möglichst nicht an Großkonzerne vermarkten, die Wertschöpfung soll den regionalen (Familien-) Unternehmen zugute kommen.


Mittlerweile kennt man sich. Die Unternehmer der Region können aufgrund der Unterlagen von Brink ziemlich genau beurteilen, wie sich das Projekt für sie rechnet. Es ist zwar das Ziel, möglichst kostenneutral für den Eigentümer zu arbeiten, jedoch sind manche Standorte und auch Heckenzustände so, dass Kosten entstehen können. Hier liegt es dann beim Heckenbesitzer zu entscheiden, ob ihm eine durchgeführte Heckenpflege das „wert“ ist. Im Rahmen der freien Vergabe kann sich der Heckenbesitzer immer für den Unternehmer seiner Wahl entscheiden. Und bis zur Unterschrift hat der Eigentümer jederzeit ein Rückzugsrecht: „Wir sind nur dann erfolgreich, wenn die Kunden auch zufrieden sind. Die Landwirte sind untereinander so gut vernetzt, dass man sich Wildwestmethoden in diesem Geschäft nicht leisten kann.“


Brink erstellt zwar den Dienstleistungsvertrag, doch der wird dann zwischen Heckenbesitzer und Unternehmer abgeschlossen. Der Koordinator ist nur Vermittler.


Persönlicher Kontakt:

Die Unterschriften beider Seiten sind sehr wichtig. Der Auftraggeber muss bestätigen, dass er der Eigentümer oder Nutznießer der Hecke ist. In der Startphase des Projekts gab es dann und wann schon mal Generationsprobleme, wenn der Junior die Pflege in Auftrag gab, der Senior und Eigentümer den Unternehmer dann aber von der Fläche schickte…


Trotz des ausgefeilten Verfahrens: Ohne persönliche Ansprache geht es nicht, ist sich Benedikt Brink sicher. „Man muss sich einmal in die Augen gesehen haben, dann klappt es auch.“ Das gilt vor allem für Erstkunden. Brink verweist auf eine hohe Kundenzufriedenheit. Wenn einmal eine Hecke so gepflegt wurde, melden die meisten Auftraggeber weitere Projekte an. Gute Arbeit bringt deutlich mehr Neukunden als Werbung oder Vorträge auf Winterversammlungen.


Wichtig: Jeder Vertrag gilt nur für eine Pflege, der Eigentümer muss also nicht befürchten, dass die einmal bestellten Heckenpfleger in Zukunft automatisch regelmäßig Hand ans Holz legen.


Ziel des Projekts ist die kostendeckende Pflege der Hecke. Die Zusammensetzung der Hecke hat darauf natürlich größten Einfluss. „Wir pflegen natürlich auch die schlechteren Stücke, dafür muss dann auch mal eine Reihe Erlen dabei sein“, umschreibt Benedikt Brink das System.


Im Schnitt rechnet er mit einem Ertrag von 30 bis 40 Schüttraummetern (Srm) pro 100 m münsterländische Hecke bzw. 0,06 Srm/m².


Die Erlöse des Unternehmers richten sich nach der Qualität. Bei unserem Besuch Anfang 2012 erbrachte gesiebte, trockene Stammware (1A-Material) 22,50 bis 23 € pro Srm, Hackschnitzel aus der Landschaftspflege wurden mit rund 17,50 € gehandelt. Nasse Ware mit hohem Strauchanteil, die höchstens von Heizkraftwerken verarbeitet werden kann, kostete nur 6 €. Diese Sortimente sind allerdings nicht das Ziel. Brink will Qualität liefern. Wenn es gut läuft und die Qualität stimmt, zahlt der Lohnunternehmer auch 2 bis 3 € pro Srm an den Besitzer aus.


Das Prinzip ist ein bisschen das gelebte „geben und nehmen“. „Es muss halt auf beiden Seiten passen“, so Brink. Fairness und Vertrauen ist entscheidend für einen erfolgreichen Ablauf der Aktion.


Der Heckenkoordinator legt Wert da­rauf, dass die Pflegemaßnahmen nur dann starten, wenn die Fläche wirklich befahrbar ist. Flurschäden kann und will sich Brink nicht leisten. Das Zeitfenster ist eng. Bis Ende Februar muss der Schnitt erledigt sein. Der Hacker kann bis Ende März arbeiten, dann ist auch damit Schluss, und die Landwirte müssen ihre Flächen ohnehin wieder befahren können.


Pflege mit dem Bagger:

Meist laufen die Arbeiten getrennt, vor allem weil der Hacker schlagkräftiger ist. Den Schnitt übernimmt heute meist der Bagger mit einer Schneidzange. Die Zangen sind robust, haben aber Nachteile: Sie spalten das verbleibende Holz mitunter bis in die Wurzel, was schlecht für den Wiederaustrieb ist. Brink sieht deshalb einen Trend zu Systemen, die mit schnell rotierenden Sägen arbeiten. Die mit Hartmetall bestückten Blätter vertragen den Kontakt mit Weidedraht-Resten besser als Fällköpfe mit Kettensägen. Manche Kommunen unter Brinks Kunden schreiben den Sägeschnitt mittlerweile vor.


Der technisch korrekte Ablauf ist die eine Seite des Jobs als Heckenkoordinator. Benedikt Brink weiß aber auch, wie wichtig die öffentliche Kommunikation in der Heckenpflege ist. Spaziergänger reagieren oft allergisch, wenn sich ein „riesiger“ Bagger am Gehölz vergreift. Anrufe aufgeregter Bürger bei der Polizei oder der Ordnungsbehörde kommen vor. Deshalb stellen die Heckenpfleger spezielle Schilder auf, die den Bürgern die Aktion erklären. Auch auf der Homepage www.energiequelle-wallhecke.de können sich die Menschen informieren.


Benedikt Brink ist mit Elan dabei. Er hofft, dass die Position des Heckenkoordinators mit dem Ende des Projekts zu einer ständigen Einrichtung wird. Die ungenutzten Energiereserven aus den Wallhecken sind noch groß.


G. Höner

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