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„Ich kann nicht planen, nur reagieren“

Lesezeit: 5 Minuten

Die Dürre wirkt sich bei der Agro-Farm bis zur Aussaat aus. Kurzfristig reagieren ist kaum möglich.


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Brandenburg im September 2018: Aufs Feld zu laufen fühlt sich an, als hätte jemand eine 10 cm hohe Schicht braunes Mehl darauf verteilt. Der Schlepper mit der Drille ist in seiner riesigen Staubwolke so gut wie verschwunden.


„Wir werden wohl bei 1 Mio. € Verlust ankommen.“ Gerd Peters klingt nicht mal mehr bitter, nur noch resigniert, wenn er das Betriebsergebnis der Agro-Farm Nauen GmbH überschlägt, deren Geschäftsführer er ist. Die katastrophale Wettersituation seit April hat im brandenburgischen Havelland bisher ungekannte Folgen nach sich gezogen. Und es ist noch nicht vorbei, denn Regen hat es bislang auch für die Herbstaussaat nicht gegeben. „Normal sind bei uns 510 mm Jahresniederschlag, bis zum 11. September hatten wir insgesamt 220, davon 18 im August und ganze zwei im September.“


Die Jahrhundertdürre:

Als Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Havelland kennt Peters einige Berufskollegen, vor allem im nahegelegenen Westhavelland, die mittlerweile vor der Betriebsaufgabe stehen: „Dort werden die Viehbestände drastisch reduziert. Viele fragen den Händler schon nicht mehr nach Preisen, sondern nur noch: Wann kommst Du? Keiner von uns aktiven Landwirten kann sich an so etwas erinnern.“


Doch Peters will sich nicht unterkriegen lassen. „Zum Glück sind wir breit aufgestellt und können die herben Verluste einigermaßen auffangen. Investi-tionen werden wir uns zwar verkneifen, aber wir müssen kein Land verkaufen und werden auch niemanden entlassen.“


Der 2500 ha große Betrieb, keine 40km westlich von Berlin auf der „Nauener Platte“ gelegen, produziert neben Marktfrüchten und Futtergetreide in erster Linie Substrat für die 1-MW-Biogasanlage. Für diese ist Peters vorsichtig optimistisch: „Unseren Substratbedarf können wir schon irgendwie decken. Ich habe bereits alles zugekauft, was ich bekommen konnte. Rund 35 bis 40 €/t habe ich bezahlt, das ist zwar relativ viel, aber noch fair. Ich habe schon von ganz anderen Preisangeboten gehört…“


Das zweite Standbein des Ackerbaubetriebes sind die Erzeugung und der Vertrieb von Pferdefutter. „Unsere Stammkunden können wir beliefern. Aber Anfragen aus umliegenden Bundesländern können wir nicht bedienen“, so Peters.


Trocken listet der Geschäftsführer die Zahlen auf, die zum trostlosen Betriebsergebnis in diesem Jahr beigetragen haben: „Das Getreide war gar nicht mal so schlecht, vor allem waren die Qualitäten in Ordnung. Beim Weizen haben wir ca. 50 dt/ha, bei Gerste gut 60 dt/ha eingefahren. Auch der Raps war mit 29 dt/ha besser als bei manch anderem. Trotzdem haben wir nicht einen Kontrakt erfüllen können.“


Einen regelrechten Einbruch musste das Unternehmen beim Silomais hinnehmen, der nach der Aussaat praktisch keinen Regen bekam: „Den ersten Mais mussten wir am 20. Juli häckseln, der war 80 cm hoch, hatte keinen Kolben und drohte vollends zu vertrocknen. Die Haupternte folgte am 20. August. Der durchschnittliche Ertrag lag auf 33% Trockensubstanz gerechnet bei mageren 20 bis 22 t/ha.“


Getreide-GPS statt Roggen:

Weil die Silomaiszukäufe die Substratlücke bei Weitem nicht schließen können, hat sich Peters entschieden, im Herbst statt des Marktfrucht-Roggens lieber Getreide-GPS zu säen. Zudem will er die Zwischenfruchtaufwüchse für die Biogasanlage nutzen.


Neben Mais schwächeln auch die Rüben. Etwa 100 ha werden seit Jahren im Betrieb angebaut, ein Teil geht in die Fabrik, den anderen Teil lagert er gemust in Lagunen und nutzt ihn als Subs-trat. Doch in diesem Jahr, nachdem die Proberodungen nur 380 dt/ha ergeben haben, steht Peters vor dem nächsten Problem. „Normal sind bei uns etwa 900 dt/ha Ertrag. Die Zuckerfabrik hat bereits angedeutet, dass sie die Verträge erfüllt haben möchte. Aber das ist unmöglich. Ich brauche das Substrat.“


Katastrophale Herbstaussaat:

Dramatisch geht die Lage bei der Herbstaussaat weiter. „Bis zum 25. August hatten wir 300 statt der geplanten 400 ha Raps gesät. Aber der liegt wegen der völlig ausgedörrten Bodenoberfläche zu tief und läuft so gut wie nicht auf“, erklärt Peters. Im kommenden Jahr wird Brandenburg nach seiner Ansicht weit weniger gelb blühen als sonst. „Was werden die Imker sagen“, fragt sich Peters.


Mit der Saat des Weizens wurde Mitte September gestartet. „Die Züchter und Berater sagten: Anfangen. Vielleicht fällt ja in dieser Woche noch Regen“, hofft Peters. „Vor dem Weizen hätten wir pflügen müssen, um eventuelle Wirkstoffrückstände aus der Behandlung der Vorfrucht zu beseitigen. Aber den Pflug bekamen wir nicht in den harten Boden.“ Um Anregungen für die weitere Vorgehensweise zu bekommen, tauscht sich der Geschäftsführer regelmäßig mit Berufskollegen und Züchtern aus.


Für die Zukunft hat ihn das Jahr 2018 in seiner Überzeugung bestärkt, sich weiter auf die Energieerzeugung zu konzentrieren: „Neben unserer Futterstrecke werden wir uns immer weiter von der Marktfruchtproduktion in Richtung Energie bewegen. Da sehe ich wegen der Preissituation mehr Kontinuität.“ Aber auch dafür braucht es Regen. Und so hofft Peters, dass diese aussichtslose Situation bald zu Ende ist: „Alle Strategien nützen nichts, wenn überhaupt kein Wasser im Boden ist!“


Fest wird sein Ton, wenn er über die Forderungen an die Politik spricht. Peters ist nicht nur Vorsitzender des Kreisbauernverbandes, er ist auch Stadtverordneter. „Bis heute sind die Rahmenbedingungen für die Nothilfe nicht klar. Wie kann das sein? Wir selbst fallen nicht unter die 30%-Klausel. Aber ich sehe doch das Elend bei den Kollegen. Wir brauchen sachlich vernünftige politische Entscheidungen. Das gilt auch für die Düngeverordnung, bei der zurzeit Ausnahmeregelungen für die Erträge in diesem Jahr diskutiert werden.“Catrin HahnKontakt: matthias.broeker@topagrar.com

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