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Kartoffeln: Knapp und teuer

Lesezeit: 6 Minuten

Die Dürre hat zu mäßigen Kartoffelerträgen und festen Preisen geführt. Bei attraktiven Offerten sollten Landwirte aber zeitnah verkaufen, rät Christoph Hambloch, AMI.


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Der Kartoffelmarkt glich 2018 einer Achterbahnfahrt. Erst ging es aufwärts, dann blieb die Nachfrage aus und die Preise sanken. Anschließend machten sich Anbauer Sorgen wegen der Dürre. Die befürchteten Ausfälle bei Anschlusssorten und der Haupternte haben sich inzwischen bestätigt und den Markt wieder gedreht.


Anfang August waren alle Überschüsse aus Frühgebieten geräumt, weil die Verarbeitungsindustrie begann, sich jeglichen tauglichen Rohstoff zu sichern. Falls Landwirte bestehende Kontrake nicht oder nur zum Teil erfüllen können, wurde bzw. wird das teils recht kulant gehandhabt. Denn Deckungskäufe sind schwierig bis unmöglich. Offene Fragen und stellenweise auch Streitigkeiten werden nach Branchenangaben im September geklärt werden.


Fakt ist: Die guten Preisofferten der Verarbeiter stützen sogar den Speisemarkt. Hier halten sich die Kurse denn auch seit Ende Juli entgegen dem normalen Saisonverlauf auf einem hohen Niveau. Und auch im weiteren Verlauf sprechen die Rahmenbedingungen für durchaus attraktive Kartoffelpreise.


Verbreitet Ernteeinbußen:

In den für die Herbst- und Winterpreise neben Deutschland wichtigen EU-Regionen Frankreich, Benelux sowie Großbritannien verlief das Jahr ähnlich wie bei uns. Dort herrschte zudem auch Dürre.


In Frankreich hinken die Erträge aller Konsumkartoffeln den Vorjahren etwas hinterher. Beobachter sprachen Mitte August bei Speisekartoffeln aber noch von einer auskömmlichen Ernte. Denn die Ertrags- und Qualitätsbildung vieler Sorten war abgeschlossen. Bei späten Sorten für die Verarbeitung und die Stärkeherstellung ist das anders. Hier drohen durchaus spürbarere Ernteeinbußen, da die Voraussetzungen für die entscheidende Ertragsbildung trotz Beregnung im August ungünstig blieben.


Die größten Schäden hat die Dürre in Belgien verursacht, denn dort stehen nur sehr wenige Flächen unter Beregnung. Die Niederschläge in der zweiten Augustdekade haben nur bedingt noch etwas geholfen. Besser sieht es in den Niederlanden aus, wo mehr beregnet wird. Die Briten gehen hingegen von einer noch schlechteren Ernte als 2012 aus. Damals mussten sie riesige Kartoffelmengen auf dem europäischen Kontinent zukaufen. Das könnte 2018/19 schwierig werden, denn Polen, Tschechien, Österreich und Teile Skandinaviens melden ebenfalls erhebliche Ertragseinbußen durch Hitze und Dürre.


Riesige Ertragsunterschiede:

Die Erträge sind nicht nur niedriger als sonst. Je nach Region, Boden, Sorte und vor allem der Beregnungsmöglichkeiten, liegen sie zudem weit auseinander. Außerdem wird stellenweise sogar über Qualitätsbeeinträchtigungen geklagt. Eventuell gilt das auch für Deutschland:


  • Im Osten und in Schleswig-Holstein gibt es die größten Ernteeinbußen. In Thüringen, Sachsen oder Sachsen-Anhalt sind selbst Totalausfälle keine Seltenheit. Zudem waren die Böden mitunter so verhärtet, dass nicht zeitgerecht gerodet werden konnte und die Knollen der Witterung sowie Schädlingen und Krankheitserregern ausgesetzt blieben. Schäler, Verarbeiter und Abpacker werden sich also teilweise andere Rohstoffquellen suchen müssen.
  • Im Osten Bayerns, wo Kartoffeln für den Export und die Chipserzeugung angebaut werden, gibt es massive Ertragseinbußen und Versorgungslücken.
  • Im Südwesten sicherte dagegen meistens Beregnung die Erträge ab. Ohne war allerdings selbst auf besten Böden nicht viel zu holen. Die Erträge sind insgesamt zufriedenstellend, die Region ist aber ohnehin Zuschussgebiet und auf überregionale Lieferungen angewiesen.
  • Der Westen hatte noch Glück. Für den Speisemarkt und die Frittenherstellung kommen dort genug Kartoffeln zusammen. NRW muss aber in einen trockenen Süden mit schwachen Speisekartoffel-Erträgen und einen unter Beregnung stehenden Norden mit noch akzeptablen Frittenkartoffel-Erträgen aufgeteilt werden.
  • In Niedersachsen ist insgesamt auch keine normale Erntemenge zu erwarten. Allerdings sichert in der Osthälfte verbreitet Beregnung die Erträge ab. Vor allem bei den Speisekartoffelproduzenten sah es bis zuletzt noch recht gut aus. In der Westhälfte blieben dagegen die Stärke- und Verarbeitungsknollen deutlich hinter ihren Ertragsmöglichkeiten zurück.


Die relativ große Ertragssicherheit in Niedersachsen dürfte dafür sorgen, dass Deutschland noch auf eine Erntemenge von rund 10 Mio. t Kartoffeln kommt. In Frankreich rechnen Statistiker mit 8 Mio. t. Das entspricht annähernd der Vorjahresernte. Belgien könnte dagegen auf das schwache Niveau von 2013 und Großbritannien auf das von 2012 zurückfallen. Die Niederlande werden wohl nicht mehr Kartoffeln als 2016 haben. Damit würde sich die Ernte in Westeuropa auf knapp 33 Mio. t summieren. Gegenüber dem Vorjahr fehlen damit rund 6 Mio. t (s. Übersicht).


Droht Qualitätsdesaster?

Die Witterung des Jahres 2018 hat aber nicht nur die Erträge erheblich verschlechtert. Sie dürfte zudem Auswirkungen auf die Qualitäten der Erdäpfel haben. Es gibt verbreitet mehr Schorf. Im Südwesten meldeten Beobachter überdies bereits Totalausfälle wegen Drahtwurmbefalls. Physiologisch alte Kartoffeln werden früh keimen und Druckstellen bekommen, die sich dann bei hohen Stärkegehalten auch noch schwarz und blau verfärben werden.


Möglicherweise ist das aber sogar noch harmlos gegenüber der Gefahr, die von Durchwuchs droht. Zum Redaktionsschluss galten sehr viele Bestände in Westeuropa bereits als „infiziert“. Im Extremfall kann das wie bereits vor einigen Jahren dazu führen, dass viele Knollen glasig werden und nicht mehr lagerfähig sind. Das würde vor allem die Verarbeiter hart treffen.


Absatzchancen zeitnah nutzen:

Noch ist vieles offen, aber ein Hochpreisjahr ist ziemlich sicher. Die Bäume wachsen allerdings wohl nicht in den Himmel. Die kleine Ernte ist bereits weitgehend eingepreist, und der Markt sucht außerdem schon nach Wegen, um trotz kleinerer Mengen zu funktionieren:


  • Verarbeiter senkten z.B. ihre Anforderungen bei den Mindestgrößen und kaufen zudem seit Wochen alles, was halbwegs geeignet ist. So werden die Vorräte für 2019 geschont.
  • Der globale Absatz von Kartoffelprodukten hat einen hohen Anteil am Verkauf, und für den Weltmarkt gibt es andere Herkünfte als die aus der EU.
  • Abpacker haben zudem schon begonnen, Frühkartoffeln im Mittelmeerraum zu ordern. Die könnten ab April 2019 zu uns strömen. Sorten, die sonst z.B. aus Ägypten nach Russland gehen, könnten zudem auch nach Südeuropa umgeleitet werden.


Wer das Risiko scheut und jetzt attraktive Preise geboten bekommt, sollte zeitnah vermarkten. Das gilt zumindest für Teilmengen. Immer wieder hat gerade der Kartoffelmarkt in den vergangegen Jahren vollkommen anders reagiert als erwartet, und zwar plötzlich.


Kontakt:joerg.mennerich@topagrar.com

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