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Kartoffeln wachsen nicht auf Bäumen

Lesezeit: 5 Minuten

Die „GemüseAckerdemie“ ist eine neue, erfolgreiche Form der Öffentlichkeitsarbeit für die Landwirtschaft. Auf schulnahen Ackerflächen lernen Kinder, wie man Gemüse anbaut, erntet und vermarktet.


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Auf dem Gemüsefeld geht es unter den Kindern munter zu: „Ich hab ne’ 3+ in Französisch!“, „Gehst Du auch zu Pauls Party?“, „Wo fährst Du in den Ferien hin?“ Beim Hacken kann man sich gut unterhalten. Denn nicht nur das Gemüse, auch das Unkraut gedeiht im Gemüsegarten der Realschule in Wegberg prächtig.


Das Ackerstück, auf dem die Kinder Möhren und Radieschen anbauen, liegt direkt neben ihrer Schule. Einmal über den Schulhof laufen, das Werkzeug aus dem Schuppen holen – und schon kann es losgehen! Denn „Ackern schafft Wissen“, zumindest, wenn man dem Motto der GemüseAckerdemie glaubt. Ohne das Team dieses deutschlandweiten Projektes hätten die Kinder kein Stück Boden zum Umgraben, Säen und Ernten.


Die GemüseAckerdemie legt bundesweit nicht nur Schulgärten an, sie bietet auch Landwirten die Möglichkeit, mit Lehrern und Kindern in Kontakt zu treten. Das Projekt greift oft auf Teilstücke schulnaher Äcker zurück. „Wir wollen, dass die Kinder die gesamte Wertschöpfungskette der Lebensmittel kennenlernen“, erklärt der Gründer, Dr. Christoph Schmitz (32). „Was wir machen, greift aber weiter. Die Schüler pflegen ihre eigene Parzelle und verkaufen das Gemüse nach der Ernte auch selbst.“ Der gebürtige Rheinländer stammt von einem Ackerbaubetrieb und hat Agrarwissenschaften in Bonn und Göttingen studiert. Mit tatkräftiger Hilfe seiner Schwester, die selbst Lehrerin ist, startete er die Gemüse- Ackerdemie an einer Schule in Bedburg in Nordrhein-Westfalen. Mittlerweile können Kinder an 20 Standorten in vier Bundesländern (Berlin, Brandenburg, Niedersachsen und NRW) das „Ackern“ erlernen. Auch eine Kita und ein Sportverein sind 2015 erstmals dabei.


In der Startphase 2013 stellte sich dabei schnell heraus: Die Hauptbeteiligten begegnen dem Projekt mit unterschiedlichen Erwartungen:


  • Besonders die Kinder muss man motivieren, damit sie sich, statt an der Fußball-AG teilzunehmen, um den Schulgarten kümmern.
  • Die Schule sucht ein Angebot, das durchdacht und gut vorbereitet ist.
  • Die Lehrer wünschen sich Schulungen, in denen sie sich das nötige Wissen aneignen können.
  • Die Landwirte benötigen einen Anreiz, sich mit dem Projekt zu befassen, um es gegebenenfalls zu unterstützen.
  • Das Team der GemüseAckerdemie ist auf das Know-how verschiedener Akteure angewiesen, um das Projekt zu stemmen.


Motivieren und faszinieren:

Interaktive Begleitung und eine geschickte Kommunikation, z. B. mit einem Blog, in dem die Kinder regelmäßig Fotos von den Erlebnissen auf ihrem Ackerstück „posten“ oder ein Online-Spiel, in dem sie ihr neu gelerntes Wissen zeigen, gehören daher fest zum Programm.


Das Team hinter der GemüseAckerdemie besteht aus rund 10 Mitarbeitern, die aus vielen verschiedenen Berufsbereichen stammen. „Das ist wichtig, weil es ein komplexes Projekt ist, das auch sehr unterschiedliche Hintergründe braucht“, erklärt Schmitz. „Experten für die Landwirtschaft sind dabei genauso gefragt, wie Mediengestalter und Personen, die sich im Bereich Betriebswirtschaft und Pädagogik auskennen.“


Auch Degenhard Neisse (51), Landwirt mit 200 ha Ackerbau aus Erfstadt, ist von der GemüseAckerdemie überzeugt (siehe Kasten S. 132). „Die Kinder haben Spaß an der Arbeit auf dem Acker und sind wissbegierig. Es fasziniert sie, zu sehen, wie aus Knollen Kartoffeln wachsen, wie die Blüten aussehen und wie lange es von der Aussaat bis zur Ernte dauert“, erzählt Neisse. Frontalunterricht in der Schule, das wäre nichts für ihn. Auf der städtischen Fläche, die er für eine benachbarte Schule 2014 „urbar“ gemacht hat, kann er sein Wissen anschaulich weitergeben, Knollen direkt aus dem Boden holen, aufschneiden und zeigen, wie sie aussehen und schmecken.


Die 20 Schulgärten liegen aber längst nicht alle nur in Städten. „Auch die Kinder ländlicher Familien haben immer weniger Kontakt zum Ackerbau“, erklärt Christoph Schmitz. Hofexkursionen sind spannend für die Schüler, weil sie ihnen Einblicke in das Geschehen auf einem Betrieb vermitteln. Sie zeigen aber oft nur eine Momentaufnahme. Im Schulgarten können die Kinder selbst erfahren, wie eine Möhre den Sommer über wächst und wie man Einfluss darauf nimmt.


In jedem Schulgarten der Gemüse­Ackerdemie gibt es einen Mentor, der die Lehrer unterstützt. Das kann ein Rentner, eine Mutter, ein Vater oder auch ein Landwirt sein.


„Für unser Projekt suchen wir möglichst schulnahe Parzellen. Die Flächen sind jeweils 150 bis 500 m2 groß und in 5 bis 15 Minuten zu erreichen“, erklärt Schmitz. Darüber hinaus gibt es keine Verpflichtungen für interessierte Bauern. Das Projekt basiert auf freiwilliger Unterstützung. Beim Acker der Realschule in Wegberg engagiert sich z. B. Landwirtin Marita Langerbeins (56). Sie ist „Mentorin“ und stellt einen Teil ihres Ackers zur Verfügung. „Mein Enkelsohn ist in der Schulgarten-AG“, erzählt sie. „Für mich ist es bereichernd, einmal in der Woche mit den 20 Kindern zu ackern. Wir sammeln Kartoffelkäfer, ich erkläre ihnen, wie man Unkraut von Kulturpflanzen unterscheidet oder grabe mit ihnen Kartoffeln aus.“


Nach der Ernte ist die Ackersaison für die Schüler aber noch nicht vorüber. In der „Vor- und Nachackerzeit“ lernen sie in rund 20 Modulen im Klassenzimmer einiges über Bodenkunde, Fruchtfolgen und Pflanzenschutz. Zusätzlich behandeln sie Fragen zur Wirtschaft und Ernährung, z. B. „Woher kommen die Tomaten im Winter?“ und „Warum sind Obst und Gemüse gesund?“.


Die Kinder bauen über die Saison verteilt rund 40 verschiedene Gemüsearten in ihren Gärten an. Ob Erbsen, Bohnen oder Tomaten: Nach der Ernte zählen und wiegen sie alles und verkaufen es an ihre „Ackerpaten“.


Landwirt Degenhard Neisse sieht auch das einfache Wissen, das die Kinder an ihr Umfeld weitergeben können, als Erfolg. „Ich freue mich, wenn die Schüler mit ihren Eltern an einem Feld vorbeilaufen und erkennen, ob hier Zuckerrüben oder Kartoffeln wachsen“, erzählt er.Katharina Meusener

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