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Kennen Sie den Marktwert Ihres Windparks?

Lesezeit: 6 Minuten

Ein Erlösgutachten hilft Ihnen zu bestimmen, wie bedarfs-gerecht Ihr Windpark Strom produziert. Damit können Sie die Verhandlungsposition gegenüber dem Direktvermarkter verbessern.


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Direktvermarktung von Windstrom sieht in der Regel so aus: Der Anlagenbetreiber schließt einen Vertrag mit einem Stromhändler und verhandelt mit ihm über die dafür entstehenden Kosten – das war’s. Anschließend kann der Betreiber nur darauf hoffen, dass der Händler bei Vermarktung an der Börse einen Mehrerlös erzielt.


Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz von August 2014 (EEG 2014) sind Betreiber dem Vermarkter noch stärker ausgeliefert: Denn wer ein Windrad oder einen Park mit über 500 Kilowatt (kW) in Betrieb nimmt, ist verpflichtet, den Strom über einen Händler zu vermarkten. Die Wahl zwischen einer Festvergütung nach dem EEG und der Direktvermarktung gibt es nicht mehr (siehe Kasten auf Seite 35).


Besser verhandeln:

Aber künftig könnte sich die Verhandlungsposition des Anlagenbetreibers verbessern. Denn mit einem sogenannten Erlösgutachten kann er den Marktwert seines Windparks bestimmen lassen. Dieser Marktwert wird zwar auch von der Anlagentechnik, aber in erster Linie vom Standort bestimmt. Wenn die Windräder im Verhältnis zu den anderen Windenergieanlagen Strom zu Zeiten einspeisen, in denen der Strompreis an der Börse hoch ist, kann der Vermarkter einen höheren Erlös erzielen. „Das ist an den Standorten der Fall, an denen der Wind zu anderen Zeiten weht als bei den restlichen Standorten von Deutschland“, erklärt Peter Ritter vom Ingenieurbüro CUBE Engineering aus Kassel, das diese neue Dienstleistung anbietet. Denn die Windenergie bestimmt heute wegen der hohen Einspeisemenge den Strompreis mit: Bei viel Windeinspeisung sinkt der Strompreis (Übersicht 1).


Speist der Windpark dagegen asynchron ein (also zu Zeiten, wo andere Windräder stehen), ist an vielen Standorten ein Mehrerlös von 3 % und mehr möglich, zeigen erste Berechnungen von CUBE. Bislang hat der Vermarkter diesen Mehrerlös eingestrichen und sich mit dem Windparkbetreiber nur die Managementprämie geteilt.


Das könnte sich jetzt ändern. „Wenn der Betreiber den Marktwert seiner Anlage bzw. seines Parks kennt, kann er mit dem Stromhändler anders verhandeln“, stellt Ritter in Aussicht.


Beispiel für Marktwert:

CUBE hat das Erlösgutachten beispielhaft für eine Anlage in einem norddeutschen Windpark erstellt. Hierzu haben die Ingenieure über ein Jahr die monatliche Einspeisung einer Anlage für jede Stunde mit dem mittleren monatlichen Referenzmarktwert (siehe Kasten) multipliziert. Anschließend haben sie das Ergebnis mit den summierten Erlösen aus den Börsenpreisen für jede Stunde verglichen. Übersicht 1 zeigt die Einspeisung der Beispielanlage im Vergleich zur mittleren Windstromeinspeisung in Deutschland.


Übersicht 2 zeigt den Marktwert in Prozent zum mittleren Marktwert aller Anlagen in Deutschland. Nur in den Monaten März, August und September lag er bei der Beispielsanlage unterhalb des Durchschnitts, sonst darüber. „Übers Jahr gesehen liegt der Marktwert für diese Anlage also 5 % über dem Mittelwert“, fasst der Ingenieur zusammen. Das bedeutet, dass diese Anlage an diesem Standort im Laufe eines Jahres 5 % mehr Erlös über die Strombörse erzielen kann als der Durchschnitt aller Anlagen in Deutschland.


Konkret bedeutet das: Im Jahr 2014 lag der Referenzmarktpreis für Onshore-Windenergieanlagen bei 3,33 ct pro kWh (2013: 3,96 ct/kWh). Bei 5 % Mehrerlöse gegenüber dem Durchschnitt könnte der Anlagenbetreiber ca. 0,17 ct/kWh zusätzlich einnehmen. Bei einer einzelnen Anlage mit 2,3 Megawatt (MW) Leistung und 3 800 Vollaststunden wäre das ein Plus von rund 15 000 € im Jahr. Für einen Windpark mit mehreren Anlagen multipliziert sich der Mehrerlös ungefähr mit der Anlagenzahl, sodass sich der Mehrerlös z. B. bei 5 Anlagen auf rund 75 000 €/Jahr aufaddiert.


Wie sich allerdings die Börsenpreise und damit die Mehrerlöse entwickeln werden, hängt von der Entwicklung des Kraftwerksparks und damit von vielen politischen Entscheidungen und dem wachsenden europäischen grenzüberschreitenden Stromhandel ab.


Das Erlösgutachten baut entweder auf einem Windgutachten oder einjährigen Betriebsdaten von dem Windpark auf. Je nach Anzahl, Anlagentyp und verfügbaren Daten kostet das Gutachten ab 2400 €.


Hilfe bei Verhandlungen:

Bisher haben die Windparkentwickler und Banken nur die Energieerträge aus den Windgutachten betrachtet. Mit der Betrachtung der Erlöse kommt nun eine weitere Komponente hinzu. Denn nicht der Energieertrag allein bestimmt die Höhe der Einnahmen, sondern die Markterlöse. Damit hat der Betreiber nicht nur eine bessere Verhandlungsposition beim Stromhändler, sondern auch bei der finanzierenden Bank.


Gleichzeitig kann dieses Gutachten helfen, schon bei der Planung schlechte Standorte zu identifizieren. „Standorte mit einem Marktwert, der 3 % unter dem Durchschnitt liegt, sind besonders an windschwachen Standorten kritisch zu bewerten“, erläutert Ritter.


Noch ist das Erlösgutachten neu. „Die ersten, die sich diesem Thema angenommen haben, sind die Windenergieanlagenhersteller und die Betreiber, die sich einen (neuen) Vermarkter suchen“, beschreibt Ritter.


Es gibt noch Skepsis:

„Prinzipiell ist erst einmal nicht davon auszugehen, dass eine asynchrone Stromproduktion zu Mehrerlösen führt“, bewertet Jan Aengenvoort vom Direktvermarkter Next Kraftwerke aus Köln die Dienstleistung. Es könne zwar sein, dass die einzelne Windkraftanlage oder Solaranlage aufgrund bestimmter Standortfaktoren asynchron produziert, was aber nicht bedeutet, dass sie zu besseren Viertelstunden im Vergleich zum Gesamtpark produziert.


Auch der Stromhandel bei Next berücksichtigt bei den verwendeten Wetterprognosen die standortbedingten Besonderheiten von Einzelanlagen. Eine Prognose von Mehrerlösen, die sich daraus ergeben, ist laut Next mit Vorsicht zu genießen. „Die Prognosen basieren zu einem großen Teil auf historischen Werten und nicht auf naturgegebenen Konstanten, deren erneutes Eintreten exakt vorhergesagt werden könnte“, erklärt Aengenvoort. Auch kann sich der durchschnittliche Marktwert des jeweiligen Energieträgers an der Spotbörse verändern.


Es sei heute schon übliche Praxis, dass Direktvermarkter die Leistungsfähigkeit eines Windenergiestandortes berücksichtigen, wenn sie eine Wind-energieanlage oder einen Windpark in ihr Portfolio aufnehmen, bestätigt auch der Direktvermarkter EWE aus Oldenburg. Zumeist würden die realen Erträge der zurückliegenden 12 Monate berücksichtigt. Entscheidend sei, ob der Standort über oder unter dem bundesweiten Schnitt liege.


Gutachten künftig gefragt?

Die Bedeutung von Erlösgutachten zur Ermittlung des Marktwertes von Windanlagen wird zwar für Projektierer zukünftig für die Finanzierung von Windparks an Bedeutung gewinnen, ist der Stromhändler Statkraft aus Düsseldorf überzeugt. Der Vermarkter hat aber festgestellt, dass der Marktwert eines Windparks über die Zeit nicht immer stabil ist. Deshalb sei die Prognose von Marktwerten keine exakte Wissenschaft. Insofern bleibe abzuwarten, ob sie auch für die Vermarkter eine wesentliche Rolle spielen werden.

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