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Kleinwind, Solar und Speicher: Ideales Trio

Lesezeit: 7 Minuten

Immer mehr Landwirte nutzen Speicher, um möglichst viel selbst erzeugten Solar- oder Windstrom zu nutzen. Drei Landwirte aus Schleswig-Holstein berichten über ihre Erfahrungen.


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Thies Paulsen ist „sturmerprobt“. Der Landwirt aus Drelsdorf bei Husum wohnt nur 8 km von der Nordseeküste entfernt. Windgeschwindigkeiten von 8 m/s und mehr sind hier keine Seltenheit. „Ich hatte schon zwei Photovoltaikanlagen, wollte aber auch den Wind zur Energieerzeugung nutzen. Darum habe ich im Jahr 2011 ein Kleinwindrad installiert“, beschreibt der Landwirt, der einen Milchviehbetrieb mit 140 Kühen und 50000 kWh Jahresstromverbrauch hat. Da die Solaranlagen aus den Jahren 2004 und 2010 nicht für den Eigenverbrauch konzipiert wurden, wollte er sich mit dem Windrad unabhängiger von seinem Energieversorger machen.


Paulsen entschied sich für ein Windrad mit 6 kW Leistung des Herstellers Easywind auf einem 19 m hohen Mast. Typische Merkmale: Das Fabrikat hat vier Flügel und einen Asynchrongenerator, es benötigt also keinen Wechselrichter. Das Windrad produziert im Jahr zwischen 9000 und 10000 kWh Strom. „Es könnten noch 1000 kWh im Jahr mehr sein, wenn es nicht hinter einer Baumreihe stehen würde, die für Verwirbelungen sorgt“, sagt Paulsen.


Zuerst nur 60% genutzt:

Von dem Windstrom konnte er anfangs nur 60% selbst nutzen. Vor allem nachts, wenn das Windrad lief, hatte er kaum Verbrauch. Weil er für den eingespeisten Strom nur 8 ct/kWh Vergütung erhält, hat er im Jahr 2014 eine Batterie ergänzt. Das Modell der Firma „Sonnen“ arbeitet mit Lithium-Eisenphosphat-Akkus und hat eine Ladekapazität von 20 kWh. Da davon aber nur maximal 70% entladen werden können, beträgt die Nutzkapazität 14,2 kWh. „Heutige Modelle haben ein besseres Batteriemanagementsystem auf Zellebene. Sie bieten eine Entladetiefe von 96%“, erklärt Albert Klaas, Geschäftsführer von Elektro-Klaas aus Albersdorf bei Heide (Holstein). Klaas hat mittlerweile in der Region rund 600 Batteriespeicher installiert, viele davon bei Landwirten.


Die Kapazität der Batterie ist an die Stromproduktion des Kleinwindrades angepasst. Sie speichert fast den gesamten Windstrom, sodass Paulsen auf 98% Selbstverbrauch kommt. Eine Batterieladung reicht aus, um morgens etwa 1,5 Stunden lang zum Melken Strom zu liefern. Um möglichst viel Windstrom nutzen zu können, lässt Paulsen die Melkanlagenreinigung nachts laufen.


Die Steuerung der Batterie ist so ausgelegt, dass der Batteriewechselrichter innerhalb von 3,8 Sekunden die Leistung des Erzeugers nachregelt. „Bei Photovoltaik ist die Produktion sehr gleichmäßig. Anders dagegen bei der Kleinwindkraft, die je nach Windböen die Leistung sehr schnell verändern kann“, erklärt Klaas. Der Batteriewechselrichter ist das Nadelöhr, da er den erzeugten Wechselstrom aus dem Hausnetz zur Speicherung in Gleichstrom umwandelt.


Die Batterie hat 18000 € gekostet, also rund 1200 €/kWh Speicherkapazität. Das Kleinwindrad dagegen schlug mit 25000 € zu Buche. Dank der Kombination von Speicher und Kleinwindrad spart Paulsen bei einem aktuellen Strompreis von 28 ct/kWh im Jahr in windreichen Jahren rund 2800 € ein. Davon muss er die anteilige EEG-Umlage in Höhe von rund 2 ct/kWh abziehen, die für die selbst verbrauchte Strommenge anfällt (rund 200 €/Jahr).


„Die Einsparung reicht aus, um das Kleinwindrad zu bezahlen und einen kleinen Gewinn zu erwirtschaften“, kalkuliert er. Die Batterie lässt sich davon jedoch nicht in der gleichen Zeit wie das Windrad amortisieren, sie bleibt für ihn ein Zuschussgeschäft. „Dennoch sehe ich in der Technik einen wichtigen Schritt für die künftige Energieversorgung“, sagt Paulsen.


Wenn er in wenigen Jahren für die erste seiner Photovoltaikanlagen keine Einspeisevergütung mehr bekommt, will er sie in Verbindung mit der Batterie nutzen, um noch mehr Strom selbst zu produzieren. Damit könnte sich auch die Batterie für ihn rechnen, da er für den eingespeisten Strom nur den Börsenstrompreis von 2 bis 3 ct/kWh erhalten würde. „Heutige Speicher liegen bereits unter 1000 €/kWh. Damit sinkt die Amortisationszeit auf acht bis zehn Jahre“, berichtet Klaas.


Solarstrom und Speicher:

Auch Holger Thiessen aus Immenstedt bei Heide führt einen Milchviehbetrieb mit 130 Kühen. Im Jahr 2013 ist ein neues Melkhaus dazugekommen. Gleichzeitig hat er stromsparende Technik eingebaut, wie eine frequenzgesteuerte Vakuumpumpe oder einen Plattenwärmetauscher, mit dem er die Milch vorkühlt und Tränkewasser anwärmt. Damit kommt er auf einen Stromverbrauch von 27000 kWh pro Jahr.


Auf dem Stalldach liegt eine 40-kW-Photovoltaikanlage, mit der Thiessen Solarstrom für den Eigenbedarf produziert. „Ich kann davon rund 30% bzw. in sonnenreichen Jahren 10000 kWh im Jahr selbst verbrauchen“, hat er festgestellt.


Batterie mit 24 kWh:

Um den Eigenverbrauch zu erhöhen, hat er im März 2017 eine Batterie mit 24 kWh Speicherkapazität ergänzt. Damit hat sich der Eigenverbrauchsanteil auf 50% deutlich erhöht. Grund: Jetzt kann er auch zum Melken morgens und abends Solarstrom nutzen. „Das war vorher nicht möglich. Denn bis die Anlage am Vormittag richtig Strom produziert, ist das Melken beendet“, erklärt der Landwirt. Wenn abends noch länger die Sonne scheint, lädt die Photovoltaikanlage die Batterie noch einmal voll. Dann reicht eine Ladung aus, um den Strombedarf nachts und für die komplette Melkzeit morgens zu decken.


Die Spülung der Melkanlage stellt er nach dem Melken von Hand an. „Das mache ich an Tagen, an denen die Sonne scheint, weil ich dann mehr Solarstrom selbst nutzen kann“, sagt Thiessen. „Die Steuerung der Batterie ist so ausgelegt, dass der Strom von der Solaranlage erst im Betrieb verbraucht wird“, ergänzt Klaas. Erst, wenn die Photovoltaikanlage mehr produziert als verbraucht wird, speichert die Batterie den Strom. Ist diese voll, fließt er ins öffentliche Netz.


Für Thiessen ist neben der Speicherkapazität der Batterie auch die Entladeleistung von 15 kW wichtig. Das bedeutet: Die Batterie kann bis zu 15 kW Leistung auf einmal freigeben. „Wenn wir melken, verbraucht allein die Vakuumpumpe 10 bis 12 kW, dazu kommt die Kühlung und die Reinigung“, zählt Thiessen auf – in der Spitze sind dies 22 kW, also mehr, als die Batterie auf einmal an Leistung zur Verfügung stellen kann.


Aus diesem Grund versucht er, an sonnigen Tagen zumindest die Reinigung später einzuschalten, um die Stromspitze niedrig zu halten. Er rät Berufskollegen, bei der Auswahl des Speichers auch auf diese Lade- und Entladeleistung zu achten. Für seinen Betrieb ist die Größe des Speichers ansonsten ideal. „Wäre er größer, würde die Batterie im Winter oft nicht richtig voll werden und wäre sehr teuer“, sagt der Landwirt.


Solar, Wind und Batterie:

Milchviehhalter Dirk Hamann aus Bahrenhof bei Bad Segeberg erzeugt seit 2011 mit einer Photovoltaikanlage (29,6 kW) Strom für den Milchviehbetrieb mit 50 Kühen selbst. Im Jahr 2015 hat er ein Kleinwindrad der Firma PSW mit 15 kW ergänzt, im Jahr 2016 kam eine Batterie mit 30 kWh nutzbarer Leistung des Herstellers Sonnen dazu. Der Selbstversorgungsgrad liegt bei 48%.


„Kleinwindrad und Photovoltaik ergänzen sich sehr gut“, hat der Landwirt festgestellt. Denn das Windrad produziert auch nachts Strom, kann dafür aber in der Leistung innerhalb von Sekunden zwischen 2 und 10 kW sehr schnell schwanken. Zusätzlich ändert sich das Windangebot von Jahr zu Jahr, während die Sonneneinstrahlung planbarer ist. Die Photovoltaikanlage produziert im Gegensatz dazu also sehr gleichmäßig Strom, dafür aber nur tagsüber und vor allem im Winter weniger. 84% des Windstroms kann er selbst nutzen, bei der Solaranlage sind es 66%.


Neues Elektroauto:

Die PV-Anlage hat 80000 € gekostet, das Windrad und die Batterie jeweils 50000 €. Für ihn rechnet sich die Anschaffung, weil er noch unter das EEG 2009 fällt und für den selbst verbrauchten Eigenstrom eine Vergütung von 25,01 ct/kWh erhält. Für den selbst genutzten Windstrom muss er dagegen die anteilige EEG-Umlage zahlen. Mehr Strom will er jetzt mit einem Elektroauto nutzen. Dafür hat er einen Renault ZOE mit 40-kWh-Akku angeschafft. Er hat eine Reichweite von 300 km.


Kontakt:


hinrich.neumann@t-online.de

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